Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 4.058,88 (hierin enthalten S 676,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat zwar in Abänderung seines zunächst gegenteiligen (und zufolge des S 52.000,-- übersteigenden Entscheidungsgegenstandes auch durch die Formulierung "jedenfalls unzulässig" unrichtig [siehe § 502 Abs 2 gegenüber § 500 Abs 2 Z 3 ZPO] formulierten) Ausspruchs die Revision gegen sein Urteil gemäß § 508 Abs 3 ZPO für zulässig erklärt, doch liegen die in § 502 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht vor. Die Erledigung des Rechtsmittels kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Haftung des Vermittlers von sog "Letters" (Beteiligungsscheinen) des "European King Club" (kurz: EKC) bereits in mehreren Entscheidungen zu befassen gehabt (1 Ob 182/97i = SZ 70/147; 7 Ob 118/97x [unveröffentlicht]; 7 Ob 79/98p = ÖBA 1998, 891/750) und dort - bei jeweils vergleichbarer Sachlage - die Haftung der (wie hier) auf Provisionsbasis für den EKC tätigen Abschlußvermittler bejaht. Hier wie dort waren die als Beklagte in Anspruch genommenen Personen jeweils als Vertragsgehilfen für den EKC tätig, sodaß dieser den Geschädigten gemäß § 1313a ABGB haftbar wäre (zufolge seiner gerichtsbekannten Vermögenslosigkeit jedoch nicht in Anspruch genommen wurde). Die in diesen Vorentscheidungen erkennenden Senate kamen jedoch nach umfangreicher Darstellung der neueren österreichischen Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten eines Anlageberaters sowie zur Frage der persönlichen Haftung eines Geschäftsgehilfen und deren Voraussetzungen auch zum Ergebnis, daß in Fällen wie dem hier vorliegenden auch der (bloße) Vermittler aus einem (schlüssig) zustande gekommenen Auskunftsvertrag verantwortlich sei, selbst wenn er nicht mit besonderer Vertrauenswerbung hervortrete; der solcherart zustandegekommene Vertrag verpflichte nämlich den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene tatsächlichen Umstände, die für den Anlagenentschluß des Interessenten letztlich von Bedeutung sind. Um dieser Verpflichtung entsprechen zu können, müsse sich der Anlagevermittler selbst auf verläßliche Weise über die Wirtschaftlichkeit (Ertragsfähigkeit) der Anlage informieren, weil seine Auskünfte sonst jeder objektiven Grundlage entbehrten; zumindest aber müsse der Anlagevermittler, sei er dazu nicht im Stande, das dem Interessenten offenlegen. In solchen Fällen gibt sich der Anlageberater wie auch der Anlagevermittler dem Anleger gegenüber den Anstrich der Sachkunde im Sinne des § 1299 ABGB, sodaß er dann auch dem dort geregelten Sorgfaltsmaßstab unterliegt. Zentrales Argument bei der Werbung für die "Letters" war dabei stets die extrem hohe "Verzinsung", die auf dem regulären Kapitalmarkt auch nicht annähernd erzielt werden kann (im hier zur Beurteilung anstehenden Fall sollte sich für den Beklagten bei einem Kapitaleinsatz von bloß S 98.000,-- binnen 48 Monaten "im Rahmen eines Thesaurierungsmodells" festgestelltermaßen ein "Gewinn" von insgesamt S 2,170.000,-- ergeben!). Wer sich als Anlagevermittler betätigt, hat über die dafür erforderlichen und von einem Anlageinteressenten, der gerade bei dieser Vertriebsmethode regelmäßig ohne jede Geschäftserfahrung und ohne jeden ausreichenden konkreten Kenntnisstand ist, erwarteten Kenntnisse zu verfügen bzw offen zu legen, daß dies bei ihm nicht der Fall ist.
Nach den vorliegenden und für den Obersten Gerichtshof maßgebenden Feststellungen handelte es sich beim Beklagten um einen gelernten Einzelhandelskaufmann und Absolventen einer HTL (Elektrotechnik), der eine Schulung als Anlageberater und -vermittler nicht absolviert hatte; er hatte seine Informationen über die "EKC-Letters" ausschließlich diversem Prospektmaterial und (allgemeinen) Informationsveranstaltungen mit anderen EKC-Vermittlern sowie der "Zeitungslektüre" entnommen. Der Kläger seinerseits hatte bloß neun Jahre Sonderschule besucht und anschließend eine nicht abgeschlossene Tapezierer- und Polstererlehre begonnen. Entgegen den Ausführungen in der Revision hatte der Beklagte bei seinen Gesprächen mit dem Kläger sehr wohl dessen "besonderes Vertrauen" für sich in Anspruch genommen, waren doch die Lebensgefährtinnen beider Parteien Schwestern und (wiederum nach den maßgeblichen Feststellungen) der Kläger mit dem Beklagten nur aufgrund dieser besonderen familiären Situation überhaupt über diese Veranlagungsform ins Gespräch gekommen. Daß der Beklagte dabei seine Produkte nicht (auch) auf "besonders missionarische Weise oder religiösem Eifer anpries" (so der Revisionswerber), ist nicht erforderlich. Bei dieser Sachlage kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Beklagte im Zuge seiner Werbung über das gewöhnliche Maß hinaus jedenfalls auch persönliches Vertrauen in Anspruch nahm und der Kläger ihm solches auch entgegenbrachte. Bei diesen Gegebenheiten konnte es daher auch nicht ausreichen, daß der Beklagte dem Kläger gegenüber bloß erklärte, daß "die Investitionen des EKC auch manchmal zu einem Verlust führen können, sei doch jede Geldanlage mit einem gewissen Risiko behaftet und gebe es keine 100 % sichere Sache".
Die Beurteilung, welche Verhaltenspflichten einen solchen Anlageberater bzw -vermittler treffen, richtet sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (2 Ob 2107/96h, 10 Ob 44/97m, 9 Ob 2/98d).
Werden alle diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall - zusammenfassend - zur Anwendung gebracht, so zeigt sich, daß das Berufungsgericht von den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätzen zur Haftung nicht abgewichen ist. Daß hiebei dem Kläger ein von den Vorinstanzen mit dem Ausmaß von 50 % angenommenes Mitverschulden zur Last fällt, hat dieser unbekämpft gelassen. Für ein Abweichen dieser vom Erstgericht wohl begründeten und vom Berufungsgericht bestätigten Verschuldensteilung besteht damit ebenfalls kein Anlaß (vgl die Entscheidungen 1 Ob 182/97i und 7 Ob 118/97x, in denen derartige Verschuldensteilungen ebenfalls gebilligt wurden).
Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, daß sich die berufungsgerichtliche Entscheidung im Rahmen bereits vorhandener und gefestigter Judikatur hält. Mangels Bindung an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes war daher die Unzulässigkeit der Revision wahrzunehmen und wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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