Spruch:
I.) Der in der außerordentlichen Revision enthaltene Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Bestätigung der erstinstanzlichen Zulassung der Klageänderung und der Ablehnung der Unterbrechung des Verfahrens sowie die darin enthaltene Kostenanfechtung werden zurückgewiesen.
II.) Im übrigen wird der außerordentlichen Revision nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 5.384,06 S (darin 897,34 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 2. August 1991 der Konkurs eröffnet wurde und für die der Masseverwalter auf der Klagsseite einschreitet, war Mehrheitseigentümerin einer Liegenschaft mit einem Haus in Wien. An sämtlichen Anteilen der Liegenschaft ist Wohnungseigentum begründet; die Gemeinschuldnerin war Eigentümerin der Wohnungen top 3, 6, 9 und 24. Bis zur Unterfertigung von Mietverträgen benützten die Beklagten - alle bis Dezember 1991 Dienstnehmer einer 1993 im Konkurs verfallenen Tochtergesellschaft der Gemeinschuldnerin - "ihre" Wohnungen in diesem Haus (der Erstbeklagte top 9, der Zweitbeklagte top 24 und der vormals Drittbeklagte, über dessen Vermögen am 27. Mai 1997 der Konkurs eröffnet wurde top 6) prekaristisch. Bei Unterfertigung der mit 31. Mai 1991 rückdatierten Mietvertragsurkunden durch den bereits Anfang Mai 1991 vom Nebenintervenienten abberufenen, aber noch im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin auf Vermieterseite (über Ersuchen der Beklagten) war dieser nicht mehr Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Daß diese Mietverträge mit den Beklagten einvernehmlich aufgelöst ("storniert") wurden, wird im Rechtsmittel nicht mehr in Zweifel gezogen.
Die von den Rechtsmittelwerbern als "Untergerichte" bezeichneten Vorinstanzen verhielten die Beklagten zur Räumung der von ihnen titellos benützten Wohnungen.
Rechtliche Beurteilung
Ad I.): Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien enthält inhaltlich auch einen Revisionsrekurs zu zwei Punkten der Entscheidung zweiter Instanz und eine Kostenanfechtung.
a) Das Erstgericht ließ mit Punkt II.2. seines in das Urteil aufgenommenen Beschlusses die in der Tagsatzung vom 13. Juni 1996 (ON 108 AS 477/II.Band) ohne Zustimmung des Zweitbeklagten vorgenommene Klageänderung dahin, daß der Zweitbeklagte nicht die in der Klage genannte Wohnung top 6, sondern die Wohnung top 24 zu räumen habe, zu. Die zweite Instanz bestätigte diesen Beschluß. Bestätigt das Rekursgericht den Beschluß über die vom Erstgericht zugelassene Klageänderung, so ist ein dagegen erhobener Revisionsrekurs zufolge § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig (8 Ob 4/93; 1 Ob 2226/96a; RIS-Justiz RS0039426). Dies gilt auch dann, wenn die Zulässigkeit einer vom Erstgericht zugelassenen Klagsänderung im zweitinstanzlichen Verfahren geprüft wurde (RZ 1977/42; 5 Ob 558/93), zumal das Gericht zweiter Instanz bei Beurteilung des Vorliegens einer Klageänderung als Rekursgericht und nicht im Rahmen des Berufungsverfahrens tätig wird, die Anfechtbarkeit sich somit nicht nach § 519 ZPO richtet (SZ 57/5; 5 Ob 558/93, 1 Ob 2226/96a ua; Fasching, Lehrbuch2, Rz 1241). Daher ist der Oberste Gerichtshof selbst bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht berechtigt, auf die Rechtsmittelausführungen meritorisch einzugehen (1 Ob 2226/96a ua).
b) Der Antrag der Beklagten auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des bei der näher bezeichneten Schlichtungsstelle am 10. Juni 1996 eingebrachten Antrags auf Feststellung der Hauptmietrechte der Beklagten an den Wohnungen wurde vom Erstgericht mit Punkt II.1. seines in das Urteil aufgenommenen Beschlusses abgewiesen, weil aus näher genannten Gründen kein tauglicher Antrag vorliege; diese Entscheidung wurde von der zweiten Instanz bestätigt. Die obligatorische Unterbrechung nach § 41 MRG kann zwar im Rechtsmittelweg erzwungen werden, weil § 192 Abs 2 ZPO insoweit nicht anwendbar ist (MietSlg 38/33; WoBl 1993/67), und selbst der - erstmals - die Unterbrechung ablehnende Beschluß eines Rechtsmittelgerichts ist bekämpfbar (MietSlg 37.556 mwN; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, § 41 MRG Rz 3), doch gilt der bei Konformatsentscheidungen angeordnete Rechtsmittelausschluß des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO auch für diese Fälle. Ein Eingehen auf das in merito gar nicht konkret ausgeführte Rechtsmittel ist daher auch insoweit dem Obersten Gerichtshof versagt.
c) Der Zweitbeklagte wendet sich auch gegen die zweitinstanzliche Bestätigung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs.
Rekurse gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz über den Kostenpunkt sind seit der 1. Gerichtsentlastungsnovelle RGBl 1914/118 grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig (JB 4 = SZ 2/143 uva, jüngst 4 Ob 389/97b, 1 Ob 64/98p; RIS-Justiz RS0053407). Den Kostenpunkt betreffen alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten entschieden wird. Der Rechtsmittelausschluß gilt nicht nur für die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen, sondern auch über jene des zweitinstanzlichen Verfahrens (SZ 27/66; RZ 1974/47 ua, zuletzt 4 Ob 389/97b). An dieser Auffassung hat die Rspr auch nach dem Inkrafttreten der hier noch maßgeblichen WGN 1989 festgehalten (MietSlg 46.691; JBl 1994, 264; zuletzt 4 Ob 389/97b; Kodek in Rechberger, § 528 ZPO Rz 5).
Der in der außerordentlichen Revision enthaltene absolut unzulässige Revisionsrekurs der beklagten Parteien ist demnach - ohne daß die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels noch zu prüfen wäre - ebenso zurückzuweisen wie die unzulässige Kostenanfechtung durch den Zweitbeklagten.
Ad II.): In der Hauptsache ist die außerordentlichen Revision der beklagten Parteien zulässig, aber nicht berechtigt.
d) Die behauptete Verschweigung des Räumungsanspruchs durch die klagende Partei wurde von der zweiten Instanz als Neuerung unbeachtet gelassen.
Durch das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO wird im Berufungsverfahren das Tatsachenvorbringen und das Beweisanerbieten nur so weit ausgeschlossen, als diese Tatumstände und Beweise nach Inhalt des Urteils und der Prozeßakten nicht schon in erster Instanz vorgekommen sind (zuletzt 7 Ob 724/88; RIS-Justiz RS0042011). Die Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei im Rechtsmittelverfahren stellt dann keine gemäß § 482 ZPO unzulässige Neuerung dar, wenn die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (SZ 37/151; RZ 1978/58; JBl 1988, 730 uva, zuletzt 8 Ob 2301/96g; RIS-Justiz RS0016473). Tatsächlich haben im vorliegenden Fall die Beklagten in der Tagsatzung vom 3. Mai 1996 (ON 99 AS 427/II.Band) vorgetragen, sowohl der Kläger als auch der Nebenintervenient hätten die Benützung der Wohnungen durch die Beklagten über einen längeren Zeitraum hingenommen, sodaß eine stillschweigende Erneuerung der Mietverträge eingetreten sei; überdies werde die Verfristung des Räumungsanspruchs eingewendet. Die zweite Instanz wertete dies zu Recht als zur Beurteilung der "Verschweigung" der Aufhebungsgründe nach den §§ 1117 f ABGB infolge schlüssigen Verzichts nach § 863 ABGB nicht ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen (§ 510 Abs 3 ZPO). Auch in dritter Instanz führen die Beklagten bloß aus, der Einwand, die Erhebung der Räumungsklage sei bereits verfristet gewesen, sei beachtlich, ohne dies auch nur ansatzweise zu konkretisieren.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß der Grundsatz, Auflösungs- bzw Kündigungsgründe müßten ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden, auf Klagen auf Räumung wegen titelloser Benützung wohl nur insoweit anzuwenden ist, als aus der Verzögerung auf die stillschweigende Begründung eines Benützungsrechts geschlossen werden müßte (§ 863 ABGB), das einem solchen Räumungsbegehren entgegenstünde; davon kann nach dem Vorbringen der Beklagten in erster Instanz keine Rede sein.
e) Die Veräußerung der Eigentumswohnungen der Gemeinschuldnerin an die "I*****" ist zufolge § 234 ZPO verfahrensrechtlich ohne Einfluß auf das Verfahren; diese Bestimmung gilt auch für Kündigungs- und Räumungsprozesse (EvBl 1992/49).
f) Die Gemeinschuldnerin war nach den erstgerichtlichen Feststellungen Wohnungseigentümerin in Ansehung der vom Rechtsstreit betroffenen Eigentumswohnungen; die gleichfalls im Konkurs befindliche Konzerngesellschaft der Gemeinschuldnerin war Fruchtnießerin "der gegenständlichen Liegenschaft" (richtig wohl: an den früheren Liegenschaftsanteilen mit den Eigentumswohnungen der Gemeinschuldnerin). Dieses Fruchtgenußrecht als persönliche Dienstbarkeit (§ 509 ABGB) war jedenfalls, wie sich aus dem Grundbuchsauszug betreffend die Liegenschaft EZ ***** (bei ON 109/II.Band) ergibt, nicht verbüchert, sodaß der Konzerngesellschaft nur die Rechtsstellung einer obligatorischen Fruchtnießerin zukommen konnte. Die der Gemeinschuldnerin gehörigen Liegenschaftsanteile wurden, wie die Beklagten selbst jetzt im Rechtsmittel behaupten, an einen Dritten verkauft.
Das dingliche Recht der Dienstbarkeit wird grundsätzlich durch Eintragung im Grundbuch erworben (§ 481 Abs 1 ABGB). Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zulässig (SZ 44/41), binden jedoch nur die Vertragssparteien (SZ 44/41; 8 Ob 622/91 = Jus-Extra OGH-Z 1207; Kiendl-Wendner in Schwimann2, § 524 ABGB Rz 2; Feil, Liegenschaftsrecht 935), sind aber gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch den Einzelrechtsnachfolger (EvBl 1977/68; 8 Ob 622/91) auch diesem gegenüber wirksam. Beides wurde hier von den Beklagten ebensowenig behauptet wie der Umstand, daß der Einzelrechtsnachfolger des Bestellers der vertraglichen, nicht verbücherten persönlichen Dienstbarkeit von dieser Kenntnis gehabt hätte oder doch hätte haben müssen (vgl dazu zuletzt 2 Ob 547/91 = MietSlg 43.042 mwN; RIS-Justiz RS0003028). Auch die Dienstbarkeit der Wohnung kann nach der neueren Auffassung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 587/95 = SZ 68/194 = JBl 1996, 458) unter bestimmten, allerdings eng gezogenen Voraussetzungen offenkundig sein, während bis dahin der Standpunkt vertreten wurde, eine solche Offenkundigkeit komme nur bei solchen unregelmäßigen Dienstbarkeiten in Frage, die ihrer Natur nach Grunddienstbarkeiten seien, nicht aber bei persönlichen Dienstbarkeiten, wie beim Recht des Fruchtgenusses, des Gebrauchs oder des Wohnrechts, weil von außen her das Bestehen einer solchen Dienstbarkeit nicht wahrgenommen werden könne (SZ 28/30; MietSlg 30.050; 8 Ob 622/91; vgl dazu auch Kiendl-Wendner aaO § 481 ABGB Rz 8). Im vorliegenden Fall wurde die Offenkundigkeit des Fruchtgenußrechts von den Beklagten, die die Aktivlegitimation des Masseverwalters bestritten, nicht einmal behauptet. Eine nicht verbücherte, nicht offenkundige Dienstbarkeit erlischt - von hier nicht relevanten regionalen Ausnahmen abgesehen - durch den gutgläubigen Erwerb des belasteten Grundstücks (NZ 1984, 86; RIS-Justiz RS0012151; Petrasch in Rummel2, § 524 ABGB Rz 2, § 481 ABGB Rz 1 f).
Kann somit das nicht verbücherte und infolge Veräußerung der betroffenen Liegenschaftsanteile erloschene Fruchtgenußrecht von der Konzerngesellschaft der Gemeinschuldnerin gar nicht mehr ausgeübt werden, so kommt es nicht mehr darauf an, daß sonst dem bücherlichen Fruchtgenußberechtigten von Miteigentumsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, anstelle des mit dem Fruchtgenuß belasteten Miteigentümers das ausschließliche Recht zur Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsrechte zukommt (so RZ 1994/33 mwN ua; Kiendl-Wendner aaO § 509 ABGB Rz 1, 5; Petrasch in Rummel2, § 509 ABGB Rz 3 mwN) und diese Grundsätze wohl auch auf den bloß obligatorischen Fruchtgenußberechtigten anzuwenden sind. Auch die Frage, wie eine nicht verbücherte persönliche Dienstbarkeit zu behandeln ist, wenn Eigentümer und Fruchtnießer im Konkurs verfallen sind, muß nicht beantwortet werden, insbesondere, ob die Grundsätze des § 24 KO analog anzuwenden wären.
Damit ist es aber auch nicht relevant, welchen Inhalt der zwischen der Gemeinschuldnerin und ihrer Konzerngesellschaft bestehende Konzernvertrag nun tatsächlich hatte. Vielmehr wurde von der zweiten Instanz im Ergebnis zu Recht die Aktivlegitimation des Masseverwalters zur Erhebung der Räumungsklage als gegeben angesehen.
Der Revision ist nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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