VwGH Ro 2020/04/0020

VwGHRo 2020/04/00201.2.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz‑Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision 1. der Pensionsversicherungsanstalt, 2. der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau und 3. der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, alle in Wien, alle vertreten durch die Heid & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Kundmanngasse 21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Jänner 2020, Zlen. 1. W131 2225609‑2/51E und 2. W131 2226547‑1/41E, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: H GmbH in A, vertreten durch die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6/5), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §338 Abs1
BVergG 2018 §123 Abs8
BVergG 2018 §13
BVergG 2018 §151
BVergG 2018 §153
BVergG 2018 §154
BVergG 2018 §155
BVergG 2018 §16
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §20 Abs4
BVergG 2018 §31 Abs3
BVergG 2018 §31 Abs5
BVergG 2018 §31 Abs7
BVergG 2018 §347 Abs2
BVergG 2018 §365 Abs1
BVergG 2018 §365 Abs3 Z2
BVergG 2018 §39
BVergG 2018 §50
BVergG 2018 §9 Abs1 Z18
BVergG 2018 §91
EURallg
KAG NÖ 1974 §10b
KAG NÖ 1974 §10b Abs5
KAG NÖ 1974 §10c
KAG NÖ 1974 §10c Abs1
KAG NÖ 1974 §10c Abs1 lita
KAG NÖ 1974 §10c Abs2 Z3
KAG NÖ 1974 §10c Abs2 Z4
KAG NÖ 1974 §10f
KAKuG 2001 §3a
KAKuG 2001 §3a Abs1
KAKuG 2001 §3a Abs2
KAKuG 2001 §3b
VUG 2017
VwRallg
32014L0024 Vergabe-RL
32014L0024 Vergabe-RL AnhV TeilC Nr10 lita
32014L0024 Vergabe-RL AnhV TeilC Nr7
32014L0024 Vergabe-RL AnhV TeilC Nr8
32014L0024 Vergabe-RL Art18 Abs1
32014L0024 Vergabe-RL Art33
32014L0024 Vergabe-RL Art49
32014L0024 Vergabe-RL Art72
32014L0024 Vergabe-RL Art72 Abs1 lita
32014L0024 Vergabe-RL Art72 Abs1 litc subliti
62014CJ0549 Finn Frogne VORAB
62020CJ0023 Simonsen und Weel VORAB
62020CJ0436 ASADE VORAB
62021CJ0213 Italy Emergenza Cooperativa Sociale VORAB
62022CJ0441 Obshtina Razgrad VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RO2020040020.J00

 

Spruch:

Die Revision wird abgewiesen.

Die Revisionswerber haben der Mitbeteiligten zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber (im Folgenden: Auftraggeberinnen), alle vertreten durch die Erstrevisionswerberin, führten für Leistungen der ambulanten Rehabilitation in den WHO‑Rehabilitationsphasen II und III für Versicherte aller beteiligten Sozialversicherungsträger laut Teilnahmeunterlagen ein „2‑stufiges Zertifizierungsverfahren mit vorheriger EU‑weiter Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung über besondere Dienstleistungsaufträge gemäß Anhang XVI gemäß § 151 BVergG 2018“ in XY durch.

2 Die Versendung der österreichweiten Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte am 28. Oktober 2019, die unionsweite Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union am 30. Oktober 2019.

3 Die Bekanntmachung lautet auszugsweise:

„...

II.1.3) Art des Auftrags

Dienstleistungen

II.1.4) Kurze Beschreibung

Die ... [Erstrevisionswerberin] und andere beteiligte Sozialversicherungsträger suchen Betreiber von bestehenden oder geplanten Rehabilitationseinrichtungen in ... [XY], welche Leistungen der ambulanten Rehabilitation in den Phasen II und III im Bereich der Zuweisungsindikationen laut den Planungsgrundlagen (Rehabilitationsplan 2016 und gegebenenfalls Rehabilitationsplan 2020) für Versicherte auf Grundlage von Verträgen erbringen. Beim gegenständlichen Vergabeverfahren handelt es sich um ein zweistufiges Zertifizierungsverfahren mit vorheriger EU‑weiter Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem oder mehreren Betreibern nach den Regeln für besondere Dienstleistungen gemäß § 151 BVergG 2018. ...

II.1.5) Geschätzter Gesamtwert

II.1.6.) Angaben zu den Losen

...

II.2) Beschreibung

...

II.2.4) Beschreibung der Beschaffung

[wie Pkt. II.1.4)]

II.2.6) Geschätzter Wert

II.2.7) Laufzeit des Vertrags oder der Rahmenvereinbarung

Laufzeit in Monaten: 48

...

IV.1.1) Verfahrensart

Verfahren, das Verhandlungen einschließt

 

IV.1.3) Angaben zur Rahmenvereinbarung

Die Bekanntmachung betrifft den Abschluss einer Rahmenvereinbarung

...

IV.2.2) Schlusstermin für den Eingang der Angebote oder Teilnahmeanträge / Schlusstermin für den Eingang von Interessenbekundungen

Tag: 28/11/2019

Ortszeit: 12:00

...“

4 Die Teilnahmeunterlagen enthielten unter anderem folgende Festlegungen:

„...

1. ALLGEMEINE AUSSCHREIBUNGSBESTIMMUNGEN

1.3 Ausgangslage und Ausschreibungsziele

Unter dem Rechtsbegriff ‚Rehabilitation‘ werden medizinische, berufliche und ‑ soweit erforderlich ‑ soziale Maßnahmen umfasst. ...

In den Zuweisungsindikationen für medizinische Rehabilitation besteht auf Basis der Planungsgrundlagen (Rehabilitationsplan 2016, ‚Reha‑Evidenz‘, ÖSG, ÖSG‑VO, RSGs) ein offener Bedarf an jährlichen Kapazitäten zur Durchführung von ambulanten Rehabilitationsverfahren (...). Dieser Bedarf ist im Rehabilitationsplan 2016 für den Planungshorizont 2020 nach Rehabilitations‑Indikationsgruppen (RIG) in einem Soll‑Ist‑Vergleich nach Versorgungszonen (vgl Tabelle 9b des Rehabilitationsplans 2016) sowie nach Bundesländern dargestellt (vgl insbesondere Tabelle 9c des Rehabilitationsplans 2016). Um diesen Bedarf zu decken, soll die Neuvergabe der versorgungswirksamen Kapazitäten am Eignungsstandort in ... [XY] erfolgen.

Die Auftraggeberinnen suchen daher nunmehr Betreiber von bestehenden oder geplanten Rehabilitationseinrichtungen, welche die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen für die Auftraggeberinnen erbringen und somit maßgeblich zur Abdeckung des gemäß den Planungsgrundlagen bestehenden Bedarfes beitragen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass zeitnahe mit einer Aktualisierung der derzeit in Geltung stehenden Planungsgrundlagen zu rechnen ist (Rehabilitationsplan 2020) und auch der im Rahmen dieser aktualisierten Planungsgrundlagen ausgewiesene Bedarf durch (weitere) Abrufe aus den Rahmenvereinbarungen gedeckt werden kann (siehe auch Punkt 1.6).

1.4 Ausschreibungsgegenstand

Gegenstand der Ausschreibung ist die Erbringung von Leistungen der ambulanten Rehabilitation in den WHO‑Rehabilitationsphasen II und III (...) im Bereich der Zuweisungsindikationen BSR, HKE, PSY, PUL, ONK, NEU, STV laut Rehabilitationsplan 2016 (gegebenenfalls Rehabilitationsplan 2020) für Personen (kurz ‚Versicherte‘) der Auftraggeberinnen in ... [XY], denen diese Leistungen bewilligt wurden.

Die Bewerbung für Teile der zur Verfügung stehenden Kapazitäten (Therapieplätzen bzw Verfahren) ist grundsätzlich als Zentrumslösung möglich, wobei in der Phase II insgesamt mindestens 25 Therapieplätze (bzw 206 Verfahren) in zumindest 3 Indikationen mit einer Mindestkapazität von 5 Therapieplätzen (bzw 41 Verfahren) in jeder angegebenen Indikation ausgewiesen sein müssen; dies jedoch nach Maßgabe der ausgewiesenen Bedarfszahlen laut Rehabilitationsplan 2016 bzw laut ‚Reha‑Evidenz‘. ...

Die Summe der ambulanten Therapieplätze einer Rehabilitationseinrichtung (einer Region) entspricht nach dem Rehabilitationsplan 2016 der Anzahl der maximal gleichzeitig durchführbaren Rehabilitationsverfahren bzw der Anzahl der maximal abschließbaren Rehabilitationsverfahren während eines Zeitraumes, der der durchschnittlichen Behandlungsdauer des Rehabilitationsverfahrens entspricht. Ein ambulanter Therapieplatz in der medizinischen Rehabilitation ist damit die Summe der anteilig notwendigen Einrichtungen und Ressourcen, um das Rehabilitationsverfahren eines Patienten entsprechend den Strukturqualitätskriterien in der durchschnittlichen Behandlungszeit durchführen zu können.

...

Es wird weiters darauf hingewiesen, dass die Angabe der geplanten Kapazitäten im Teilnahmeantrag lediglich Informationszwecken dient und daher unverbindlich ist. Nach Bekanntgabe der konkreten Festlegungen durch die Auftraggeberin in der Aufforderung zur Angebotsabgabe können die in der ersten Stufe bekanntgegebenen Kapazitäten durch die Angebotsabgabe sowohl hinsichtlich der angebotenen Indikationen und Phasen als auch hinsichtlich der konkreten Zahlen adaptiert werden.

...

1.6 Änderungsklausel gemäß § 365 Abs 3 Z 2 BVergG 2018

Bedingung und Art der Änderung:

Vor dem Hintergrund gesundheitspolitischer Ziele der ... [Erstrevisionswerberin] und der anderen am Vergabeverfahren beteiligten Sozialversicherungsträger und abhängig von weiteren ‚externen‘ Faktoren (wie zB der Entwicklung der Situation am Arbeitsmarkt, der demografischen Entwicklung innerhalb Österreichs, Änderungen aufgrund gesetzlicher Anordnung [zB Verordnungen, Vorgaben bzw Richtlinien des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger etc]) behalten es sich die Auftraggeberin bzw. die anderen am Vergabeverfahren beteiligten Sozialversicherungsträger daher vor, das Leistungsbild der ausschreibungsgegenständlichen Rehabilitationsleistungen im Laufe der Leistungserbringung zu adaptieren bzw auch auf derzeit nicht explizit angeführte Bereiche zu erweitern (zB Adaptierung der medizinischen Leistungsprofile, Änderung bzw Erweiterung der Indikationen und/oder Phasen, Änderung des Erfüllungsstandorts bzw Erweiterung auf einen zusätzlichen Erfüllungsstandort innerhalb des jeweiligen Losgebiets, Anpassung der geltenden Tarife etc).

Die Auftraggeberinnen behalten es sich weiters vor, einen allfällig weiteren ausgewiesenen Bedarf, der sich durch eine Aktualisierung bzw Änderung der derzeit in Geltung stehenden Planungsgrundlagen ergibt (insbesondere durch einen geänderten bzw adaptierten Rehabilitationsplan [Rehabilitationsplan 2020]), noch während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung durch (weitere) Abrufe aus den Rahmenvereinbarungen bzw durch Änderung der Einzelverträge zu decken.

Es wird klarstellend darauf hingewiesen, dass diese Vertragsänderungen samt Klärung der damit in Zusammenhang stehenden Fragen bzw Modalitäten (zB allfällige tarifliche Auswirkungen etc) stets im Einvernehmen mit dem/den jeweiligen Auftragnehmer(n) erfolgen.

Zur Erreichung dieser Ziele (insbesondere einer einvernehmlichen und von allen Vertragspartnern unterstützten Vertragsänderung) behält sich die Auftraggeberin auch die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung mit dem/den jeweiligen Rahmenvereinbarungspartner(n) oder gegebenenfalls mit dem/den jeweiligen Einzelvertragspartner(n) vor (vgl § 37 Abs 1 Z 6 .... ‚BVergG 2018‘]).

Umfang der möglichen Änderungen:

Eine (allfällige) Erweiterung umfasst ausschließlich Leistungen der ambulanten Rehabilitation und erfolgt auf Grundlage des aus den jeweils in Geltung stehenden Planungsgrundlagen / Planungsergebnissen (ÖSG, Rehabilitationsplan und RSG und Reha-Evidenz) abgeleiteten Bedarfs.

...

1.7 Eintritt weiterer Sozialversicherungsträger

Die Auftraggeberinnen sind berechtigt, nach Abschluss der jeweiligen Rahmenvereinbarungen ihre Rechte und Pflichten aus den jeweils abzuschließenden Rahmenvereinbarungen an alle in § 2 Abs 2 und §§ 23 bis 25 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl Nr 189/1955 idgF (in der Folge ‚ASVG‘), in § 15 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, BGBl Nr 560/1978 idgF (in der Folge ‚GSVG‘) sowie in § 13 Bauern‑Sozialversicherungsgesetz, BGBl Nr 559/1978 idgF (in der Folge ‚BSVG‘) genannten Sozialversicherungsträger, die sich an der Durchführung des Vergabeverfahrens nicht unmittelbar beteiligen, bzw an allfällige Rechtsnachfolger zu übertragen bzw räumen die Rahmenvereinbarungspartner allen in § 2 Abs 2 und §§ 23 bis 25 ASGV, in § 15 GSVG sowie in § 13 BSVG (bzw in deren jeweiligen allfälligen Nachfolgegesetzen) genannten Sozialversicherungsträgern (bzw allfälligen Rechtsnachfolgern) das Recht ein, den gegenständlichen Rahmenvereinbarungen zu den gleichen Bedingungen beizutreten.

Folgende Rechtsnachfolger sind jedenfalls abrufberechtigt:

...

1.9 Leistungsdauer / Leistungsabrufe

Die Rahmenvereinbarung wird für die Dauer von vier Jahren mit einem oder mehreren Bestbietern abgeschlossen. Es wird darauf hingewiesen, dass einer Rahmenvereinbarung keine Abnahmeverpflichtung der abrufberechtigten Auftraggeberinnen zugrunde liegt. Die abrufberechtigten Auftraggeberinnen sichern daher dem Rahmenvereinbarungspartner weder Exklusivität für die von der Rahmenvereinbarung umfassten Leistungen noch den Abruf bestimmter Leistungen bzw Leistungsvolumina zu.

Der Abschluss der Einzelverträge (Leistungsbedarf aus der Rahmenvereinbarung) erfolgt dabei, abhängig vom jeweiligen Bedarf und den jeweiligen Kapazitäten der Rahmenvereinbarungspartner, nach Anzahl an Verfahren und/oder Therapieplätzen („Stückelung“).

Die Einzelverträge sollen ‑ aus derzeitiger Sicht ‑ zunächst auf 3 Jahre befristet abgeschlossen werden, mit Optionen auf eine weitere Befristung oder anschließende unbefristete Verlängerung.

Die konkrete Vorgehensweise bei den Leistungsabrufen aus der Rahmenvereinbarung (Abschluss der Einzelverträge) wird in der zweiten Stufe des gegenständlichen Verfahrens offengelegt.

1.10 Weitergehende Informationen

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei der oben angeführten Darstellung der Ausgangslage und des Leistungsbildes lediglich um Grundzüge handelt, die den interessierten Unternehmen eine Einschätzung über eine allfällige Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren ermöglichen soll. Weitergehende Informationen werden an die ausgewählten Unternehmen in der zweiten Stufe des Verfahrens erteilt.

...

2. VERFAHRENSART UND VERFAHRENSABLAUF

2.1 Verfahrensart und Vergabekontrollbehörde

Das Vergabeverfahren wird als 2stufiges Zertifizierungsverfahren mit vorheriger EU‑weiter Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem oder mehreren zertifizierten Betreiber/n nach den Regeln für besondere Dienstleistungen gemäß § 151 BVergG 2018 durchgeführt. Es handelt sich um eine Auftragsvergabe im sogenannten ‚Oberschwellenbereich‘.

Die Durchführung von Maßnahmen der Rehabilitation fällt unter die Kategorie A (Dienstleistungen des Gesundheits- und Sozialwesen und zugehörige Dienstleistungen) im Anhang XVI zum BVergG 2018. ...

...

2.3 Verfahrensablauf

2.3.1 Zweistufiges Verfahren

Die Auftraggeberin führt das ... Verfahren als zweistufiges Verfahren durch. In der ersten Stufe prüft die Auftraggeberin die fristgerecht eingereichten Teilnahmeanträge der Bewerber in einem Eignungs‑ und Auswahlverfahren. Die Eignungs‑ und Auswahlkriterien müssen spätestens zum Ende der Teilnahmeantragsfrist erfüllt sein.

In der zweiten Stufe prüft die Auftraggeberin die Angebote jener Bewerber, die in der ersten Stufe für die Angebotsabgabe ausgewählt wurden, auf Vorliegen der Zertifizierungskriterien. Das Zertifizierungsverfahren wird daher in der zweiten Stufe mit mehreren Bietern durchgeführt.

...

2.3.3 Zweite Stufe

...

Der konkrete Inhalt sowie der Ablauf der zweiten Stufe werden in den Ausschreibungsunterlagen zu Beginn der zweiten Stufe noch gesondert bekannt gegeben.

2.4 Keine Vergütung

Die Kosten für die Ausarbeitung der Teilnahmeunterlagen und Angebote samt den dafür erforderlichen Vorleistungen und Kalkulationen sowie die Kosten für die Anfertigung sonstiger in den Teilnahme‑ und Ausschreibungsunterlagen geforderten Ausarbeitungen, Beilagen und Nachweise sowie die Teilnahme an der/den Verhandlungsrunde/n werden nicht gesondert vergütet.

...

EIGNUNGSKRITERIEN

...

4.1 Befugnis

...

Der Bewerber hat im Teilnahmeantrag seine Befugnisse anzuführen und auf gesonderte Aufforderung durch die Auftraggeberin unverzüglich nachzuweisen.

Der Bewerber muss spätestens zum Ende der Teilnahmefrist die nach den Bestimmungen des Kranken‑ und Kuranstaltengesetzes ‑ KAKuG, BGBl I Nr 131/2017 (in der Folge ‚KAKuG‘) bzw des NÖ Krankenanstaltengesetzes, LGBl 9940‑0 idgF (in der Folge ‚NÖ KAG‘), geltenden Voraussetzungen erfüllen, die im Hinblick auf Bedenken gegenüber dem Bewerber und das Glaubhaftmachen des vom Bewerber nachzuweisenden Eigentumsrechts oder sonstigen Rechts zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Maßnahmen der ambulanten Rehabilitation in den von seinem Teilnahmeantrag umfassten Indikationen berechtigen. In der ersten Verfahrensstufe des Verfahrens hat das Glaubhaftmachen des vom Bewerber nachzuweisenden Eigentumsrechts oder sonstigen Rechts zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage in Form eines ‚Standortkonzepts‘ zu erfolgen, ... Darüber hinaus hat der Bewerber den zeitlichen Ablauf zur Erlangung der erforderlichen sanitätsbehördlichen Bewilligungen bis zum geplanten Inbetriebnahmezeitpunkt nachvollziehbar darzustellen (zB in Form einer graphischen Zeitschiene). Das Standortkonzept ist gesondert als Anlage ./4 mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen.

In der zweiten Verfahrensstufe ist erst der konkrete Nachweis über das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage (Standort der Einrichtung) im Sinne des § 10b Abs 2 lit a NÖ KAG vorzulegen. Der Nachweis des Eigentumsrechts bzw eines sonstigen Rechts zur Benützung nach § 10b Abs 2 lit a NÖ KAG kann beispielsweise durch nachfolgende Dokumente erbracht werden:

...

In der zweiten Verfahrensstufe ist darüber hinaus ein entsprechender Antrag auf Bedarfsprüfung vorzulegen (unabhängig davon, ob die Einrichtung bereits errichtet oder geplant ist).

...

4.3.2 Ort der Leistungserbringung

Die Leistungserbringung muss zwingend am ausgeschriebenen Eignungsstandort ‚...‘ erfolgen.

4.3.3 Unternehmensreferenzen (Zuweisungsverträge)

4.3.3.1 Allgemeine Anforderungen an Referenzen

...

Die Auftraggeberin macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass allfällige Verbesserungen (behebbarer Mangel) nur im Hinblick auf Referenzprojekte zulässig sind, die zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit (Eignungskriterium) angegeben wurden. Eine Verbesserung von Referenzprojekten, die als Referenzprojekt für die Auswahl der Bewerber angegeben wurden (Auswahlkriterium) ist nicht zulässig (unbehebbarer Mangel).

...

4.3.3.2 Anforderungen an die Unternehmensreferenzen (Zuweisungsverträge)

Der Bewerber muss zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit mindestens einen oder zwei aufrechte(n) bzw laufende(n) Zuweisungsvertrag/verträge mit folgenden Merkmalen vorlegen:

a. Der bzw die Zuweisungsvertrag/verträge muss/müssen stationäre oder ambulante Rehabilitationsmaßnahmen (Phasen II und/oder III) oder diesen gleichwertigen Leistungen umfassen ...

b. der bzw die Zuweisungsvertrag/verträge muss/müssen insgesamt zumindest zwei der ausschreibungsgegenständlichen Indikationen abdecken, wobei es sich dabei um jeweils unterschiedliche Indikationen handeln muss;

c. In jeder der beiden Indikationen laut lit b muss eine durchschnittliche jährliche Mindestanzahl von je 41 abgeschlossenen Rehabilitationsverfahren in den letzten 2 Jahren nachgewiesen werden.

... Sofern ein Zuweisungsvertrag erst weniger als ein Jahr besteht, werden die seit Vertragsbeginn abgeschlossenen Rehabilitationsverfahren je nach deren Dauer auf ein volles Jahr hochgerechnet. ...

...

6. ZUSCHLAGSKRITERIEN (ZWEITE VERFAHRENSSTUFE)

Die Vergabe erfolgt nach dem Bestbieterprinzip (technisch günstigstes Angebot). Es werden folgende (qualitative) Zuschlagskriterien herangezogen:

Beurteilung des beantworteten Fragenkatalogs ‚AMB‘.

...

6.1 Fragenkatalog ‚AMB‘ - Gewichtungstabelle und Bewertung

...

In diesem Zusammenhang wird auf folgende Besonderheiten hingewiesen, die im Rahmen der Zuschlagskriterien in die Bewertung einfließen werden bzw Mindestanforderungen sind ... :

Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs

Spätestens bis zum Ende der Angebotsfrist für das Angebot 1. Fassung wird ein sanitätsbehördlicher Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs für die jeweils namhaft gemachte Einrichtung für die Erbringung der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen zu stellen sein, widrigenfalls das Angebot des Bieters ausgeschieden wird (‚MUSS-Kriterium‘). Diese Anforderung wird im Rahmen der Ausschreibungsunterlagen noch näher konkretisiert.

Frühestmöglicher Inbetriebnahmezeitpunkt

‚Frühestmöglicher Inbetriebnahmezeitpunkt‘ bedeutet, dass die angebotene Kapazität für einen auf den derzeit aktuellen Planungsgrundlagen beruhenden Abruf und sämtliche qualitativen Angebotsangaben hinsichtlich der benötigten Infrastruktur (inklusive allfälliger erforderlicher behördlicher Genehmigungen, baulicher Maßnahmen etc) und hinsichtlich dem notwendigen Personalstand für die Zuweisung von Patienten verfügbar ist und alle Vorlaufzeiten bereits eingerechnet sind. Es wird darauf hingewiesen, dass als spätestmöglicher Inbetriebnahmezeitpunkt für die Erbringung der jeweils angeforderten ausschreibungsgegenständlichen Leistungen - in bestehenden oder geplanten Einrichtungen - voraussichtlich der 30.6.2021 festgelegt ist. Bei einem frühestmöglichen Inbetriebnahmezeitpunkt voraussichtlich erst ab dem 1.7.2021 wird das jeweilige Angebot ausgeschieden (‚MUSSKriterium‘).

...“

5 Mit Schriftsatz vom 20. November 2019 beantragte die Mitbeteiligte, die gesamten Ausschreibungsunterlagen in eventu die Wortfolge des Punktes 1.4 der Teilnahmeunterlagen „ ... wobei in der Phase II insgesamt mindestens 25 Therapieplätze (bzw 206 Verfahren) in zumindest 3 Indikationen mit einer Mindestkapazität von 5 Therapieplätzen (bzw 41 Verfahren) in jeder angegebenen Indikation ausgewiesen sein müssen; dies jedoch nach Maßgabe der ausgewiesenen Bedarfszahlen laut Rehabilitationsplan 2016 bzw laut ‚RehaEvidenz.‘“ sowie die Punkte 1.6, 1.7, 1.9 und 4.3.3.2 der Teilnahmeunterlagen zur Gänze für nichtig zu erklären.

6 Die Mitbeteiligte brachte dazu zusammengefasst vor, sie verfüge für das von ihr betriebene selbstständige Ambulatorium in XY über einen aufrechten sanitätsbehördlichen Errichtungs‑ und Betriebsbewilligungsbescheid betreffend die ambulante Rehabilitation (Phase II) für insgesamt 37 ambulante Therapieplätze sowie für die ambulante Rehabilitation Phase III. Diese Therapieplätze seien vom „Amt der NÖ Landesregierung“ aufgrund einer vorangegangenen Bedarfsprüfung für näher dargestellte Indikationen genehmigt worden. Die Mitbeteiligte verfüge überdies über aufrechte Verträge mit Sozialversicherungsträgern. In Folge dessen sei auch der Bedarf der Erstrevisionswerberin „(und aller zukünftigen Auftraggeber)“ zunächst über die Mitbeteiligte abzudecken. Im Übrigen werde aufgrund der aufrechten Errichtungs- und Betriebsbewilligung der Mitbeteiligten der Bedarf der ausgeschriebenen Rehabilitationsleistungen in XY zur Gänze von der Mitbeteiligten abgedeckt. Entgegen den Teilnahmeunterlagen bestehe auch kein offener Bedarf, der durch die NÖ Landesregierung sanitätsrechtlich genehmigt werden könnte. Andere Bewerber könnten daher „keinen sanitätsbehördlichen Errichtungs‑ und Betriebsbewilligungsbescheid gemäß NÖ KAG“ erlangen, weil diese keinen positiven Bedarfsprüfungsbescheid erlangen könnten. Der Mitbeteiligten komme daher ein Ausschließlichkeitsrecht für die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen zu. Das Verbot, von einem Ausschließlichkeitsrecht erfasste Leistungen auszuschreiben, lasse sich auch aus § 20 Abs. 4 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) ableiten, weil die Auftraggeberinnen wegen des Ausschließlichkeitsrechts der Mitbeteiligten objektiv rechtlich nicht in der Lage seien, die Rehabilitationsleistungen für die festgelegten Indikationen auf Basis des gegenständlichen Vergabeverfahrens an jemand anderen als die Mitbeteiligte zu vergeben. Die Ausschreibung verletze das Ausschließlichkeitsrecht der Mitbeteiligten, verstoße gegen § 20 Abs. 4 iVm § 151 Abs. 1 BVergG 2018 und sei bereits deshalb für nichtig zu erklären.

Im Übrigen sei die Festlegung einer Mindestgröße der Einrichtung in Therapieplätzen je Indikation wie in Punkt 1.4 der Teilnahmeunterlagen aus den Planungsgrundlagen sachlich nicht ableitbar, diskriminierend und daher vergaberechtswidrig. Die Beurteilung einer Mindestgröße obliege nicht den Auftraggeberinnen, sondern der Sanitätsbehörde nach Maßgabe der im NÖ KAG (insbesondere § 10c leg. cit.) festgelegten Kriterien.

Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen sehe einen unzulässigen Änderungsvorbehalt vor, indem dieser mengenmäßig mehr oder weniger unbeschränkt sei und durch den Vorbehalt einer Änderung des Erfüllungsorts die Eignungsanforderungen nachträglich geändert werden könnten.

Gleichermaßen sei der Vorbehalt der Auftraggeberinnen betreffend die „Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung mit dem/den jeweiligen Rahmenvereinbarungspartner(n) oder gegebenenfalls mit dem/den jeweiligen Einzelvertragspartner(n)“ rechtswidrig, weil gemäß § 151 Abs. 4 und 5 BVergG 2018 auch besondere Dienstleistungsaufträge in einem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit mehreren Unternehmern zu vergeben seien und eine sinngemäße Heranziehung von § 37 Abs. 1 Z 6 BVergG 2018 vorliegend ausscheide. Auch der Umfang möglicher zusätzlicher Dienstleistungen werde in den Teilnahmeunterlagen nicht iSd § 37 Abs. 1 Z 6 lit. e BVergG 2018 hinreichend bestimmt angegeben. Dementsprechend sei auch davon auszugehen, dass der geschätzte Auftragswert solcher zusätzlichen Dienstleistungen nicht iSd Bestimmung berücksichtigt sei.

Das in Punkt 1.7 der Teilnahmeunterlagen enthaltene Eintrittsrecht weiterer Sozialversicherungsträger sei intransparent und unspezifisch und deshalb rechtswidrig. Ebenso sei die Auswahl der Anzahl der Rahmenvereinbarungspartner in Punkt 1.9 der Teilnahmeunterlagen intransparent, weil völlig offengelassen werde, ob mit einem oder mehreren Unternehmern und unter welchen Voraussetzungen eine oder mehrere Rahmenvereinbarungen abgeschlossen werden sollen.

Es sei weder ein Mengengerüst vorgesehen noch eine Mindestabnahmemenge festgelegt. Vielmehr würden keine Mindestabrufe zugesichert. Dennoch sei die erforderliche „Infrastruktur“ (technische Ausstattung, Personal, ...) für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen für den Fall des Abschlusses der Rahmenvereinbarung einzurichten und vorzuhalten. Damit würden erhebliche unkalkulierbare Risiken auf den oder die zukünftigen Rahmenvereinbarungspartner abgewälzt werden, wenn keine oder nur geringe Mengen abgerufen werden würden. Dies widerspreche dem Grundsatz des § 88 Abs. 2 iVm § 151 Abs. 1 BVergG 2018.

Punkt 4.3.3.2 der Teilnahmeunterlagen verlange aufrechte bzw. laufende Zuweisungsverträge als Unternehmensreferenzen zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit. Dies sei insofern unsachlich, als die Erfahrung eines Bewerbers nicht verloren gehe, wenn ein Zuweisungsvertrag gerade abgelaufen sei. Zudem dürften für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit gemäß § 85 Abs. 1 BVergG 2018 ausschließlich die in Anhang XI angeführten Nachweise verlangt werden. Überdies werde gemäß Punkt 5.2 bei den Auswahlkriterien die Anzahl der abgeschlossenen Rehabilitationsverfahren weiterer Einrichtungen des Bewerbers bewertet, die über einen oder mehrere Zuweisungsvertrag/verträge nach den Mindestanforderungen in Punkt 4.3.3 verfügen. Die diskriminierende Festlegung „laufender bzw aufrechter Zuweisungsvertrag“ gemäß Punkt 4.3.3.2 habe daher auch Auswirkungen auf die Bewertung und Auswahl der besten fünf Bewerber.

Schließlich seien keine der angeführten Rechtswidrigkeiten einer Berichtigung zugänglich, weil eine solche einen erheblichen Einfluss auf den potentiellen Bewerberkreis hätte.

7 Mit Berichtigung vom 26. November 2019 wurde die Abgabefrist auf den 19. Dezember 2019, 12.00 Uhr, verlängert. Mit Beschluss vom 2. Dezember 2019 untersagte das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) in Erledigung des mit dem Nachprüfungsantrag vom 20. November 2019 verbundenen Sicherungsbegehren der Mitbeteiligten den Auftraggeberinnen für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, im gegenständlichen Vergabeverfahren einlangende Teilnahmeanträge zu öffnen bzw. zu überprüfen und setzte den Lauf der Teilnahmeantragsfrist „im Sinne einer Fortlaufhemmung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis zum Ablauf des 02.01.2020“ aus.

8 Am 3. Dezember 2019 berichtigten die Auftraggeberinnen die Teilnahmeunterlagen in Punkt 4.3.3.2 und in der Anlage ./9 ‑ Nennung Zuweisungsvertrag/verträge jeweils durch Streichung der Wortfolge „aufrechte(n) bzw laufende(n)“, sodass die berichtigten Passagen auszugsweise wie folgt lauten:

4.3.3.2 Anforderungen an die Unternehmensreferenzen (Zuweisungsverträge)

Der Bewerber muss zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit mindestens einen oder zwei Zuweisungsvertrag/verträge mit folgenden Merkmalen vorlegen: ...“

Anlage ./9

Nennung Zuweisungsvertrag/verträge

Der Bewerber/die Bietergemeinschaft hat für die Eignungsprüfung (Punkt 4 der Teilnahmeunterlagen) nachzuweisen, dass er über (zumindest) 1 Zuweisungsvertrag von stationären oder ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen oder gleichwertigen Leistungen in zumindest zwei der ausschreibungsgegenständlichen Indikationen und eine durchschnittliche jährliche Mindestanzahl von je 41 abgeschlossenen Rehabilitationsverfahren in jeder der beiden Indikationen in den letzten 2 Jahren verfügt (laut Punkt 4.3.3.2 der Teilnahmeunterlagen).“

9 Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019 beantragte die Mitbeteiligte die Berichtigung vom 3. Dezember 2019 für nichtig zu erklären, weil trotz der Streichung sich die Festlegungen im Hinblick auf die unverändert im Präsens formulierten Merkmale des Zuweisungsvertrages in Punkt 4.3.3.2 nur auf bestehende Zuweisungsverträge beziehen würden.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht dem Nachprüfungsantrag der Mitbeteiligten (vom 20. November 2019) gegen die Ausschreibung statt und erklärte „die gesamte Ausschreibung inklusive der Teilnahmeunterlagen“ für nichtig (Spruchpunkt A) I.), ebenso gab das Verwaltungsgericht dem Nachprüfungsantrag (vom 12. Dezember 2019) gegen die Berichtigung vom 3. Dezember 2019 statt und erklärte diese Berichtigung zur Gänze für nichtig (Spruchpunkt A) II.) und sprach aus, dass die Revision jeweils zulässig sei (Spruchpunkt B).

11 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das Revisionsverfahren wesentlich ‑ aus, die Mitbeteiligte, die über eine sanitätsbehördlich bewilligte ambulante Rehabilitationsanstalt in XY verfüge, „verstehe sich ... als private Krankenanstalt iSd §§ 78ff NÖ KAG, sohin nicht als solche mit Öffentlichkeitsrecht iSd §§ 30ff NÖ KAG“, weshalb die Mitbeteiligte nach den Kriterien näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „keine öffentliche Auftraggeberin iSd BVergG 2018“ sei. Somit mangle es an einer Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 1 Z 11 BVergG 2018. Ob die krankenanstaltenrechtliche Bewilligung der Mitbeteiligten ein ausschließliches Recht iSd § 9 Abs. 1 Z 11 BVergG 2018 darstelle, könne daher dahinstehen.

Unter Ausschreibung iSd § 2 Z 7 BVergG 2018 sei sowohl die Bekanntmachung als auch jede Erklärung zu verstehen, in welcher auftraggeberseitig festgelegt werde, welche Leistungen die Auftraggeberseite zu welchen Bedingungen erwerben möchte. Im Hinblick auf § 2 Z 7 und 15 lit. a sublit. ii BVergG 2018 bekämpfe der Nachprüfungsantrag vom 20. November 2019 eine gesondert anfechtbare Entscheidung, weil der Ausschreibungsbegriff des § 2 Z 7 BVergG 2018 auch im Bereich des § 151 BVergG 2018 gelte. Ebenso sei die Berichtigung vom 3. Dezember 2019 gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. ii BVergG 2018 gesondert anfechtbar.

Wenn die Auftraggeberseite vorliegend nicht in der Ausschreibung oder deren Berichtigung offenlege, ob sie die Rahmenvereinbarung mit einem oder mit mehreren Unternehmern bzw. mit wie vielen Unternehmern abschließen wolle, verstoße sie nicht nur gegen die formalen Informationspflichten gemäß § 56 BVergG 2018 iVm Anhang VII Z 3 zum BVergG 2018 iVm dem auf „EU‑Ebene vorgesehenen Formular zur Vergabebekanntmachung, dort Punkt IV.1.3.“, sondern sei generell intransparent, „ob der durch die Rahmenvereinbarung abzudeckende Bedarf später allenfalls einmal unter mehreren Dienstleistungserbringern aufzuteilen sein“ werde bzw. könnte.

Weder in den ursprünglichen noch in den berichtigten Teilnahmeunterlagen „noch sonst bereits im Vergabeverfahren“ sei der Gesamtwert der Beschaffung angegeben. Durch die „Verschweigung des geschätzten Gesamtwerts“ wie etwa in Punkt II.1.5. des „EU‑Formulars“ sei die Mitbeteiligte „darüber im Dunkeln“ geblieben, „welchen Gesamtwert die AG ‑ Seite EU‑weit den potentiellen Wettbewerb informierend auf den Markt bringen könnte“. Diese Information habe potentiellen Einfluss darauf, mit wie vielen Wettbewerbern sich die Mitbeteiligte um den in Frage stehenden Beschaffungsbedarf konkurrenzieren werde müssen, „nachdem der Wert des Beschaffungsvolumens im Regelfall die Entscheidung über das Treiben von Vertragsanbahnungsaufwand durch den Unternehmer regelmäßig sehr beeinflussen“ werde.

Durch die Vertragsänderungsklauseln in Punkt 1.3 und 1.6 der Teilnahmeunterlagen, die den Beschaffungsgegenstand qualitativ und quantitativ ändern könnten, bleibe für die Mitbeteiligte intransparent, von welchem konkreten Auftragsgegenstand (und Auftragsvolumen) sie „bei ihren mit Aufwand verbundenen Vertragsanbahnungsschritten auszugehen“ habe. Auf Grund der sehr unbestimmten Änderungsklausel (Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen) wisse ein Unternehmer nicht, inwieweit welche Leistungen in Zukunft innerhalb der aktuell ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung innerhalb der eigenen unternehmerischen Leistungsmöglichkeiten nachgefragt werden sollten. Die Intransparenz werde auch „durch die alternierende Bestimmung des Auftragsgegenstands entweder durch den Rehaplan 2016 oder aber 2020 begründet, wenn der jeweilige Rehaplan ausweislich der Ausschreibungspassagen in Punkt 1.3. der Teilnahmeunterlage bzw Berichtigung Aufschluss über den Beschaffungsbedarf“ gebe. In den Punkten 1.3 und 1.4 werde mit dem Rehaplan 2016 und dem Rehaplan 2020 auf „zwei potentiell variierende Dokumente“ verwiesen. Der „in § 20 Abs. 4 BVergG 2018 angesprochene, bei Vergabeverfahren erforderliche grundsätzliche Beschaffungswille bleibt damit inhaltlich bzw umfänglich ... unkonkret für potentiell interessierte Unternehmer“.

Da gemäß den Teilnahmeunterlagen „relativ spät nach zuvor umfangreich erforderlichen vorherigen Vertragsanbahnungsschritten erst in einer zweiten Vergabeverfahrensstufe der krankenanstaltenrechtliche Bedarf durch Vorab ‑ Bedarfsfeststellungsverfahren festgestellt werden soll, obwohl dies bereits wesentlich früher und insb bereits zu Beginn des Vergabeverfahrens zu tun möglich wäre; und zudem Vergabeverfahren nur bei grundsätzlich unbedingtem Beschaffungswillen iSd § 20 Abs 4 BVergG durchgeführt werden sollen“, würden die „angefochtenen Vergabeentscheidungen“ in einer Gesamtschau gegen das Transparenzgebot verstoßen. Durch die aufgezeigten Verstöße gegen das Transparenzgebot könne „der potentielle Kreis abschlussinteressierter Unternehmer und nachmaliger potentieller Bieter“ evident verändert werden, weil ohne diese Verstöße sich „weit mehr Unternehmer“ zur Teilnahme entscheiden könnten. Es sei daher mit einer „Gesamtnichtigerklärung“ vorzugehen.

Es könne daher dahinstehen, ob weitere Teile der Teilnahmeunterlagen, wie etwa der bei den Referenzanforderungen gebrauchte Begriff des Zuweisungsvertrags hinreichend transparent seien, nachdem in diesem Zusammenhang gemäß § 81 Abs. 1 NÖ KAG Verträge zwischen Sozialversicherungsträgern und privaten Krankenanstalten zwecks Gültigkeit genehmigungspflichtig seien. Ebenso wenig müsse erörtert werden, „inwieweit die erneute Erwähnung des Vorab ‑ Bedarfsantrags“ in der Berichtigung vom 3. Dezember 2019 nach der Streichung dieses Erfordernisses für die Mitbeteiligte in der Fragebeantwortung vom 13. November 2019 gegen die Grundsätze des § 20 Abs. 1 BVergG 2018 verstoße.

12 Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „ob beim System der gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß §§ 151 und 2 Z 15 lit. a sublit. ii BVergG bei diesbezüglicher Geltung der sonstigen Begriffsdefinitionen des § 2 BVergG gemäß § 151 Abs. 1 BVergG die Teilnahmeunterlagen in einem grundsätzlich frei gestalteten Vergabeverfahren gemeinsam mit der Vergabebekanntmachung als Ausschreibung anzufechten bzw nichtig zu erklären sind, oder ob insoweit iSd § 2 Z 15 lit a sublit ii BVergG die Vergabebekanntmachung zur Vergabeverfahrenseinleitung und die Ausschreibungsunterlagen bzw Teilnahmeunterlagen ... dennoch zwei gesondert anfechtbare Entscheidungen sind, die im Anwendungsbereich des § 151 BVergG mit verschiedenen Nachprüfungsanträgen zu bekämpfen sind“.

Ebenso liege keine „gefestigte“ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, „inwieweit bei einer Berichtigung von Teilnahmeunterlagen im Anwendungsbereich des § 151 Abs 1 BVergG nach einer Nichtigerklärung der Ausschreibung bzw der insoweit hier als Bestandteil der Ausschreibung verstandenen Teilnahmeunterlagen ein Unternehmer, der auch die so verstandene Ausschreibung bekämpft hat, durch eine Berichtigung einer danach nichtig erklärten Ausschreibung überhaupt noch in subjektiven Rechten verletzt sein kann; bzw inwieweit nach einer nichtig erklärten Ausschreibung eine allfällige Rechtswidrigkeit ... nicht mehr von wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens gemäß § 347 Abs. 1 Z 2 BVergG“ sei, insbesondere „wenn die Berichtigung dergestalt erfolgt, dass die Teilnahmeunterlagen mit einigen darin gestrichenen Worten zur Gänze noch einmal an den Unternehmer kommuniziert werden und insoweit eine gänzlich neue, die ursprüngliche Teilnahmeunterlage ersetzende Teilnahmeunterlage kommuniziert“ werde.

13 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses und Verpflichtung der Mitbeteiligten zum Aufwandersatz. Die Mitbeteiligte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision gegen Aufwandersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

14 Die Revision ist hinsichtlich des in der Revision dargelegten Abweichens des angefochtenen Erkenntnisses von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Sperrwirkung eines sanitätsbehördlichen Feststellungsbescheides über einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs nach § 10b Abs. 5 NÖ KAG zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtslage

Unionsrecht

15 Die maßgeblichen Erwägungsgründe und Bestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG , ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65, lauten auszugsweise:

„(6) Ferner sei darauf hingewiesen, dass diese Richtlinie nicht die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit berühren sollte. Ebenso wenig sollte sie die Liberalisierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die öffentlichen oder privaten Einrichtungen vorbehalten sind, oder die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, die Dienstleistungen erbringen, betreffen.

Gleichermaßen sei darauf hingewiesen, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, die Erbringung von gesetzlichen sozialen Dienstleistungen oder andere Dienstleistungen wie Postdienste entweder als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse oder als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder als eine Mischung davon zu organisieren. Es sollte klargestellt werden, dass nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen sollten.

...

(107) Es ist erforderlich, die Bedingungen näher zu bestimmen, unter denen Änderungen eines Auftrags während des Ausführungszeitraums ein neues Vergabeverfahren erfordern; dabei ist der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Rechnung zu tragen. Ein neues Vergabeverfahren ist erforderlich bei wesentlichen Änderungen des ursprünglichen Auftrags, insbesondere des Umfangs und der inhaltlichen Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien, einschließlich der Zuweisung der Rechte des geistigen Eigentums. Derartige Änderungen sind Ausdruck der Absicht der Parteien, wesentliche Bedingungen des betreffenden Auftrags neu zu verhandeln. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die geänderten Bedingungen, hätten sie bereits für das ursprüngliche Verfahren gegolten, dessen Ergebnis beeinflusst hätten.

Änderungen des Auftrags, die zu einer geringfügigen Änderung des Auftragswerts bis zu einer bestimmten Höhe führen, sollten jederzeit möglich sein, ohne dass ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss. Zu diesem Zweck und um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten in dieser Richtlinie Geringfügigkeitsgrenzen vorgesehen werden, unterhalb deren kein neues Vergabeverfahren erforderlich ist. Änderungen des Auftrags, die diese Schwellenwerte überschreiten, sollten ohne erneutes Vergabeverfahren möglich sein, soweit diese die in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen erfüllen.

(108) Es kann vorkommen, dass öffentliche Auftraggeber zusätzliche Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen benötigen; in solchen Fällen kann eine Änderung des ursprünglichen Auftrags ohne neues Vergabeverfahren gerechtfertigt sein, insbesondere wenn die zusätzlichen Lieferungen entweder als Teilersatz oder zur Erweiterung bestehender Dienstleistungen, Lieferungen oder Einrichtungen bestimmt sind und ein Wechsel des Lieferanten dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber Material, Bau‑ oder Dienstleistungen mit unterschiedlichen technischen Merkmalen erwerben müsste und dies eine Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Instandhaltung mit sich bringen würde.

(109) Öffentliche Auftraggeber können sich mit externen Umständen konfrontiert sehen, die sie zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht absehen konnten, insbesondere wenn sich die Ausführung des Auftrags über einen längeren Zeitraum erstreckt. In diesem Fall ist ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich, um den Auftrag an diese Gegebenheiten anzupassen, ohne ein neues Vergabeverfahren einleiten zu müssen. Der Begriff ‚unvorhersehbare Umstände‘ bezeichnet Umstände, die auch bei einer nach vernünftigem Ermessen sorgfältigen Vorbereitung der ursprünglichen Zuschlagserteilung durch den öffentlichen Auftraggeber unter Berücksichtigung der diesem zur Verfügung stehenden Mittel, der Art und Merkmale des spezifischen Projekts, der bewährten Praxis im betreffenden Bereich und der Notwendigkeit, ein angemessenes Verhältnis zwischen den bei der Vorbereitung der Zuschlagserteilung eingesetzten Ressourcen und dem absehbaren Nutzen zu gewährleisten, nicht hätten vorausgesagt werden können. Dies kann jedoch nicht für Fälle gelten, in denen sich mit einer Änderung das Wesen des gesamten Auftrags verändert ‑ indem beispielsweise die zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder indem sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert ‑, da in einer derartigen Situation ein hypothetischer Einfluss auf das Ergebnis unterstellt werden kann.

...

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

...

(5) Diese Richtlinie berührt nicht die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten ihre Systeme der sozialen Sicherheit gestalten.

...

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

...

9. ‚öffentliche Dienstleistungsaufträge‘ öffentliche Aufträge über die Erbringung von Dienstleistungen, bei denen es sich nicht um die in Nummer 6 genannten handelt;

...

Artikel 5

Methoden zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts

(1) Grundlage für die Berechnung des geschätzten Auftragswerts ist der vom öffentlichen Auftraggeber geschätzte zahlbare Gesamtbetrag ohne MwSt., einschließlich aller Optionen und etwaigen Verlängerungen der Aufträge, die in den Auftragsunterlagen ausdrücklich geregelt sind.

Wenn der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter vorsieht, hat er diese bei der Berechnung des geschätzten Auftragswerts zu berücksichtigen.

...

(4) Für den geschätzten Auftragswert ist der Wert zum Zeitpunkt der Absendung des Aufrufs zum Wettbewerb maßgeblich, oder, falls ein Aufruf zum Wettbewerb nicht vorgesehen ist, zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens durch den öffentlichen Auftraggeber, beispielsweise gegebenenfalls durch Kontaktaufnahme mit Wirtschaftsteilnehmern im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe.

(5) Der zu berücksichtigende Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems ist gleich dem geschätzten Gesamtwert ohne MwSt. aller für die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems geplanten Aufträge.

...

Artikel 33

Rahmenvereinbarungen

(1) Die öffentlichen Auftraggeber können Rahmenvereinbarungen abschließen, sofern sie die in dieser Richtlinie genannten Verfahren anwenden.

Bei einer Rahmenvereinbarung handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern, die dazu dient, die Bedingungen für die Aufträge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.

Mit Ausnahme angemessen begründeter Sonderfälle, in denen dies insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt werden kann, beträgt die Laufzeit der Rahmenvereinbarung maximal vier Jahre.

...

Artikel 49

Auftragsbekanntmachungen

Auftragsbekanntmachungen werden unbeschadet des Artikels 26 Absatz 5 Unterabsatz 2 und des Artikels 32 als Mittel für den Aufruf zum Wettbewerb für alle Verfahren verwendet. Auftragsbekanntmachungen enthalten die Informationen nach Anhang V Teil C und werden gemäß Artikel 51 veröffentlicht.

...

Artikel 72

Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit

(1) Aufträge und Rahmenvereinbarungen können in den folgenden Fällen ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens im Einklang mit dieser Richtlinie geändert werden:

a) wenn die Änderungen, unabhängig von ihrem Geldwert, in den ursprünglichen Auftragsunterlagen in Form von klar, präzise und eindeutig formulierten Überprüfungsklauseln, die auch Preisüberprüfungsklauseln beinhalten können, oder Optionen vorgesehen sind. Entsprechende Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art möglicher Änderungen oder Optionen sowie zu den Bedingungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können. Sie dürfen keine Änderungen oder Optionen vorsehen, die den Gesamtcharakter des Auftrags oder der Rahmenvereinbarung verändern würden;

...

c) wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

i) Die Änderung wurde erforderlich aufgrund von Umständen, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender öffentlicher Auftraggeber nicht vorhersehen konnte;

ii) der Gesamtcharakters des Auftrags verändert sich aufgrund der Änderung nicht;

iii) eine etwaige Preiserhöhung beträgt nicht mehr als 50 % des Werts des ursprünglichen Auftrags oder der ursprünglichen Rahmenvereinbarung. Werden mehrere aufeinander folgende Änderungen vorgenommen, so gilt diese Beschränkung für den Wert jeder einzelnen Änderung. Solche aufeinander folgenden Änderungen dürfen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, diese Richtlinie zu umgehen;

...

e) wenn die Änderungen, unabhängig von ihrem Wert, nicht wesentlich im Sinne des Absatzes 4 sind.

...

(2) Darüber hinaus können Aufträge auch ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens im Einklang mit dieser Richtlinie geändert werden, ohne dass überprüft werden muss, ob die in Absatz 4 Buchstaben a bis d genannten Bedingungen erfüllt sind, wenn der Wert der Änderung die beiden folgenden Werte nicht übersteigt:

i) die in Artikel 4 genannten Schwellenwerte und

ii) 10 % des ursprünglichen Auftragswerts bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen und 15 % des ursprünglichen Auftragswerts bei Bauaufträgen.

Der Gesamtcharakter des Auftrags oder der Rahmenvereinbarung darf sich allerdings aufgrund der Änderung nicht verändern. Im Falle mehrerer aufeinander folgender Änderungen wird deren [W]ert auf der Grundlage des kumulierten Nettowerts der aufeinander folgenden Änderungen bestimmt.

...

(4) Eine Änderung eines Auftrags oder einer Rahmenvereinbarung während seiner beziehungsweise ihrer Laufzeit gilt als wesentlich im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe e, wenn sie dazu führt, dass sich der Auftrag oder der [die] Rahmenvereinbarung erheblich von dem ursprünglichen vergebenen Auftrag beziehungsweise der ursprünglich[e] vergebenen Rahmenvereinbarung unterscheidet. Unbeschadet der Absätze 1 und 2 ist eine Änderung in jedem Fall als wesentlich anzusehen, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

a) Mit der Änderung werden Bedingungen eingeführt, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten, die Zulassung anderer als der ursprünglich ausgewählten Bewerber oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots ermöglicht hätten oder das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten;

b) mit der Änderung wird das wirtschaftliche Gleichgewicht des Auftrags oder der Rahmenvereinbarung zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben, die im ursprünglichen Auftrag beziehungsweise der ursprünglichen Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen war;

c) mit der Änderung wird der Umfang des Auftrags oder der Rahmenvereinbarung erheblich ausgeweitet;

...

(5) Ein neues Vergabeverfahren im Einklang mit dieser Richtlinie ist erforderlich bei anderen als den in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags oder einer Rahmenvereinbarung während seiner beziehungsweise ihrer Laufzeit.

...

ANHANG V

IN BEKANNTMACHUNGEN AUFZUFÜHRENDE ANGABEN

...

TEIL C

In der Auftragsbekanntmachung aufzuführende Angaben

(siehe Artikel 49)

...

7. Beschreibung der Beschaffung: Art und Umfang der Bauarbeiten, Art und Menge beziehungsweise Wert der Lieferungen, Art und Umfang der Dienstleistungen. Bei Unterteilung des Auftrags in mehrere Lose sind diese Informationen für jedes Los anzugeben; gegebenenfalls Beschreibung etwaiger Optionen.

8. Geschätzte Gesamtgrößenordnung des (der) Auftrags (Aufträge); bei Unterteilung des Auftrags in mehrere Lose sind diese Informationen für jedes Los anzugeben.

9. Zulässigkeit oder Verbot von Änderungsvorschlägen.

10. Zeitrahmen für die Bereitstellung beziehungsweise Ausführung der Lieferungen, Bauarbeiten oder Dienstleistungen und, soweit möglich, Laufzeit des Auftrags.

a) Bei Rahmenvereinbarungen Angabe der vorgesehenen Laufzeit der Vereinbarung, gegebenenfalls unter Angabe der Gründe für eine etwaige Laufzeit von mehr als vier Jahren. Soweit möglich, Angabe des Werts oder der Größenordnung und der Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge sowie gegebenenfalls vorgeschlagene Höchstzahl der teilnehmenden Wirtschaftsteilnehmer.

b) Bei einem dynamischen Beschaffungssystem Angabe der vorgesehenen Dauer des Bestehens dieses Systems. Soweit möglich, Angabe des Werts oder der Größenordnung und der Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge.“

16 Art. 1 Abs. 6 der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG , ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243, lautet:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

...

(6) Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie umfasst keine nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.“

Nationales Recht

17 Die §§ 2, 9, 20, 37, 151, 342, 343, 347 und 365 sowie Anhang XVI Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018), in der Stammfassung BGBl. I Nr. 65, lauten auszugsweise wie folgt:

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

7. Ausschreibung ist die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmern gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte (Bekanntmachung sowie Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen).

...

15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:

...

ii) bei besonderen Dienstleistungsaufträgen und bei Dienstleistungsaufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn, sofern nicht sublit. aa bis hh und jj anwendbar sind: jede nach außen in Erscheinung tretende Entscheidung des Auftraggebers;

...

Ausgenommene Vergabeverfahren

§ 9. (1) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für

...

11. Dienstleistungsaufträge an einen öffentlichen Auftraggeber oder an einen öffentlichen Sektorenauftraggeber aufgrund eines ausschließlichen Rechtes, das dieser aufgrund veröffentlichter, mit dem AEUV übereinstimmender Rechts‑ oder Verwaltungsvorschriften innehat,

...

18. Dienstleistungsaufträge über nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse,

...

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

...

(4) Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe sind nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zu vergeben. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.

...

Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bei Dienstleistungsaufträgen

§ 37. (1) Dienstleistungsaufträge können im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn

...

3. die Dienstleistung nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann, weil

a) aus technischen Gründen ein Wettbewerb nicht vorhanden ist, oder

b) die Dienstleistung aufgrund des Schutzes von ausschließlichen Rechten, wie etwa der Rechte am geistigen Eigentum, nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann,

und es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Anforderungen des Vergabeverfahrens ist, oder

...

Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen und Dienstleistungsaufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn

Verfahren

§ 151. (1) Für die Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen gemäß Anhang XVI gelten ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der 1. Teil, die §§ 4 Abs. 1, 7 bis 11, 12 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3, 13, 16 bis 18, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 bis 4 und 9, 21 bis 23, 30, 48 bis 68, 78, 79, 80 Abs. 1 bis 5, 81 bis 90, 91 Abs. 1 bis 8, 93, 98, 100, 106, 111, 142, 146 Abs. 1, 150 Abs. 9, der 4. Teil, der 5. Teil mit Ausnahme des § 367 sowie der 6. Teil dieses Bundesgesetzes.

...

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann das Verfahren zur Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen und von Dienstleistungsaufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn grundsätzlich frei gestalten. Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen die Qualität, Kontinuität, Zugänglichkeit, Leistbarkeit und Verfügbarkeit der Dienstleistungen bzw. den Umfang des Leistungsangebotes berücksichtigen. Ebenso kann er dabei den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Nutzerkategorien, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen, der Einbeziehung und Ermächtigung der Nutzer der Dienstleistungen und dem Aspekt der Innovation Rechnung tragen.

(4) Im Oberschwellenbereich sind besondere Dienstleistungsaufträge, sofern nicht eine der in § 37 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt ist, und Dienstleistungsaufträge über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn in einem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit mehreren Unternehmern zu vergeben.

...

Nachprüfungsverfahren

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

...

Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und

2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.

...

Änderungen von Verträgen während ihrer Laufzeit

§ 365. (1) Wesentliche Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen während ihrer Laufzeit sind nur nach einer erneuten Durchführung eines Vergabeverfahrens zulässig. Eine Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung ist wesentlich, wenn sie dazu führt, dass sich der Vertrag oder die Rahmenvereinbarung erheblich vom ursprünglichen Vertrag bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung unterscheidet.

(2) Unbeschadet des Abs. 3 ist eine Änderung jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1. mit der Änderung werden Bedingungen eingeführt, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,

a) die Zulassung anderer als der ursprünglich ausgewählten Bewerber oder

b) die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes ermöglicht hätten oder

c) das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten, oder

2. mit der Änderung wird das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben, die im ursprünglichen Vertrag bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen war, oder

3. mit der Änderung wird der Umfang des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung erheblich ausgeweitet oder verringert, oder

4. ein neuer Vertragspartner ersetzt den Auftragnehmer, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, in anderen als den in Abs. 3 Z 3 vorgesehenen Fällen.

(3) Folgende Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen sind als unwesentliche Änderungen anzusehen:

1. Änderungen der Auftragssumme, sofern sie

a) die betreffenden, in § 12 Abs. 1 bzw. § 185 Abs. 1 genannten Schwellenwerte und

b) 10% der ursprünglichen Auftragssumme bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bzw. 15% der ursprünglichen Auftragssumme bei Bauaufträgen

nicht übersteigen. Der Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung darf sich aufgrund der Änderungen nicht verändern. Im Falle mehrerer aufeinander folgender Änderungen wird deren Wert auf der Grundlage des kumulierten Nettowertes der aufeinander folgenden Änderungen bestimmt.

2. Änderungen, die unabhängig von ihrem Wert in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen in klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklauseln vorgesehen sind. Diese Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art der möglichen Änderungen oder Optionen sowie zu den Bedingungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können, und dürfen keine Änderungen oder Optionen vorsehen, die den Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung verändern würden.

...

Anhang XVI

Besondere Dienstleistungsaufträge gemäß den §§ 151 und 312*)

A. Dienstleistungen des Gesundheits- und Sozialwesens und zugehörige Dienstleistungen

...

99. 85312500‑4 Rehabilitation

...

*) Die Vergabe der im Anhang angeführten Dienstleistungen unterliegt nicht dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes, wenn sie als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert sind oder unter eine andere Ausnahmebestimmung dieses Bundesgesetzes fallen.

...“

18 Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957, in der zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Fassung und zwar die §§ 2 und 3b jeweils idF BGBl. I Nr. 3/2016 sowie § 3a idF BGBl. I Nr. 13/2019, lauten auszugsweise:

§ 2. (1) Krankenanstalten im Sinne des § 1 sind:

...

5. selbständige Ambulatorien, das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist. Die Durchführung von Hausbesuchen im jeweiligen Einzugsgebiet ist zulässig;

...

Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien

§ 3a. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern § 42d nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehene Anzahl von Ärzten bzw. Zahnärzten) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3 ist zulässig.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung darf nur erteilt werden, wenn insbesondere

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärzte, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit

eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind,

3. das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und

4. gegen den Bewerber keine Bedenken bestehen.

Sofern ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung über den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang anhängig ist oder innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung der Landesregierung über den Bedarf eingeleitet wird, ist Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung darüber hinaus auch eine Vertragszusage der Sozialversicherung auf Grund dieses Vertragsvergabeverfahrens.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. örtliche Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte),

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Pfleglinge,

4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieter gemäß Z 3 und

5. der Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.

(3a) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß § 23 oder § 24 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung‑Gesundheit, BGBl. I Nr. 26/2017, geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.

...

(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstitut sowie eine begründete Stellungnahme des jeweiligen Landesgesundheitsfonds zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 einzuholen.

(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs. 2 Z 2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs. 3 beantragt wird.

...

(8) Weiters hat die Landesgesetzgebung vorzusehen, dass in Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums ‑ ausgenommen im Fall des Abs. 4 ‑ betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die zuständige Landesärztekammer bzw. bei selbstständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß Art. 132 Abs. 5 B‑VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 B‑VG haben. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3.

...

§ 3b. (1) Eine Bewilligung zum Betrieb eines selbstständigen Ambulatoriums ist zu erteilen, wenn insbesondere

1. die Bewilligung zur Errichtung erteilt worden ist;

...“

19 § 338 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 100/2018, lautet auszugsweise:

Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Dachverbandes) zu den Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderen Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern

ABSCHNITT I Gemeinsame Bestimmungen

Regelung durch Verträge

§ 338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Dachverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten, Dentistinnen/Dentisten, Primärversorgungseinheiten, Gruppenpraxen, Hebammen, Apothekerinnen/Apothekern, den Erbringerinnen/Erbringern von nach § 135 der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnerinnen/Vertragspartnern werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Dachverband im Internet zu veröffentlichen. Nach jeder fünften Änderung ist vom Dachverband eine konsolidierte Fassung zu veröffentlichen.

(2) Durch die Verträge nach Abs. 1 ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.

...“

20 Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Krankenanstaltengesetzes (NÖ KAG), LGBl. 9440, und zwar § 10a in der im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Fassung LGBl. 9440‑39, § 10b idF LGBl. Nr. 12/2018, §§ 10c und 10d idF LGBl. Nr. 1/2020 sowie § 10e idF LGBl. Nr. 27/2018, lauten auszugsweise:

Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien

§ 10a

Selbstständige Ambulatorien bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung wie auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

§ 10b

...

(5) Der Antragsteller ist berechtigt, vorab eine gesonderte Entscheidung über die Bedarfsfrage zu beantragen. Angaben im Sinne des Abs. 1 lit. e und f sowie die Vorlage der im Abs. 2 aufgezählten Unterlagen sind für die Antragstellung nicht erforderlich. Ein Bescheid, mit dem der Bedarf festgestellt wurde, erlischt, wenn nicht innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft ein entsprechender Antrag auf Bewilligung der Errichtung der Krankenanstalt gestellt wird. Die Behörde hat die Frist für die Antragstellung auf höchstens drei Jahre zu verlängern, wenn dies vor ihrem Ablauf beantragt wird, sich die Planungsgrundlagen nicht geändert haben und berücksichtigungswürdige Gründe bescheinigt werden können.

§ 10c

(1) Die Bewilligung zur Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums ist zu erteilen, wenn:

a) nach dem angegeben Anstaltszweck und dem in Aussicht genommen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärzte, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

...

Sofern ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung über den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang anhängig ist oder innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Entscheidung über den Bedarf eingeleitet wird, ist Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung darüber hinaus auch eine Vertragszusage der Sozialversicherung aufgrund dieses Vertragsvergabeverfahrens. Sofern ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung anhängig ist, können Verfahren nach § 10b Abs. 5 und § 10d Abs. 1 bis zur endgültigen Entscheidung über die Vertragsvergabe ausgesetzt werden.

(2) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen Regionalen Strukturplanes Gesundheit folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. örtliche Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte),

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieter und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.

(3) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß § 23 oder § 24 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung‑Gesundheit, BGBl. I Nr. 26/2017, geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 sinngemäß anzuwenden.

...

(8) Die Bewilligung ist an die Bedingung zu knüpfen, dass mit der Errichtung des selbstständigen Ambulatoriums binnen Jahresfrist begonnen und in einem angemessenen Zeitraum nach Beendigung der Errichtung die Bewilligung zum Betrieb beantragt wird.

§ 10d

...

(2) Sofern § 10c Abs. 1 lit. a anwendbar ist, haben die betroffenen Sozialversicherungsträger, die gesetzlichen Interessenvertretung privater Krankenanstalten, die Ärztekammer für NÖ und bei selbstständigen Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG, BGBl.Nr. 151/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, und das Recht, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu ergreifen sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung nach § 10b Abs. 5. ...

...

§ 10f

(1) Die Bewilligung zum Betrieb eines selbstständigen Ambulatoriums ist zu erteilen, wenn

a) die Bewilligung zur Errichtung erteilt wurde und das selbstständige Ambulatorium dem Bewilligungsbescheid gemäß errichtet wurde,

...“

Begründungspflicht

21 Gemäß § 29 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. etwa VwGH 22.8.2022, Ra 2022/04/0074 bis 0076, Rn. 9, mwN).

22 Dass das angefochtene Erkenntnis eine Trennung in Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung in einer solchen Art und Weise vermissen lässt, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dadurch maßgeblich beeinträchtigt wäre, ist vorliegend entgegen dem Vorbringen in der Revision nicht ersichtlich.

Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 1 Z 18 BVergG 2018

23 Gegenstand der Ausschreibung ist die Erbringung von Leistungen der ambulanten Rehabilitation in den WHO‑Rehabilitationsphasen II und III im Bereich näher genannter Zuweisungsindikationen laut Rehabilitationsplan 2016 (und gegebenenfalls dem Rehabilitationsplan 2020) für Personen („Versicherte“) der Auftraggeberinnen in XY, denen diese Leistungen bewilligt wurden.

24 Dabei handelt es sich um Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. etwa § 154a ASVG, § 99a GSVG, § 96a BSVG und § 65a B‑KUVG im Rahmen der Krankenversicherung; §§ 300 bis 307c ASVG, §§ 157 bis 168 GSVG und §§ 150 bis 160 BSVG im Rahmen der Pensionsversicherung sowie § 189 ASVG, § 148p BSVG und § 96 B‑KUVG im Rahmen der Unfallversicherung).

25 Vorweg zu prüfen ist, ob diese Dienstleistungen als „nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ unter den Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 1 Z 18 BVergG 2018 fallen und daher nicht nach dem BVergG 2018 auszuschreiben sind.

26 Die Ausnahmebestimmung der Z 18 gründet nicht auf einer expliziten Bestimmung in der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe 2014/24/EU , sondern ergibt sich aus Art. 1 Abs. 6 der Richtlinie über die Sektorenvergabe 2014/25/EU , wonach der „Anwendungsbereich dieser Richtlinie ... keine nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse [umfasst]“ bzw. aus Erwägungsgrund 6 zweiter Absatz letzter Satz der Richtlinie 2014/24/EU , wonach klargestellt werden sollte, „ dass nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen sollten“. Vor diesem Hintergrund wurde zur Klarstellung in § 9 Abs. 1 BVergG 2018 die Z 18 eingefügt (vgl. zu alldem RV 69 BlgNR 26. GP 37). Ebenso erfolgte in Anhang XVI BVergG 2018 ein entsprechender Hinweis: „Die Vergabe der im Anhang angeführten Dienstleistungen unterliegt nicht dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes, wenn sie als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert sind oder unter eine andere Ausnahmebestimmung dieses Bundesgesetzes fallen.“

27 Der Begriff „nichtwirtschaftliche Dienstleistung von allgemeinem Interesse“ ist weder in den unionsrechtlichen Vergaberichtlinien noch im BVergG 2018 definiert. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 69 BlgNR 26. GP  37, 38) ist für die Auslegung dieses Begriffs eine Einzelfallbetrachtung erforderlich, die nach Ansicht der Europäischen Kommission (unter Hinweis auf näher genannte Dokumente der Kommission) von den rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat abhängt. Vor dem Hintergrund näher dargelegter Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) lassen es die Gesetzesmaterialien ausdrücklich offen, ob „Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (wie zB Kur‑ und Rehableistungen)“ vom Anwendungsbereich des BVergG 2018 ausgenommen sind.

28 Dass es sich bei den hier gegenständlichen Dienstleistungen der Rehabilitation um solche von allgemeinem Interesse handelt, ist nicht zu bestreiten; allerdings muss es sich auch um „nichtwirtschaftliche“ Dienstleistungen handeln.

29 Im Urteil vom 14. Juli 2022, C‑436/20 , ASADE, Rn. 59 bis 67, setzte sich der EuGH jüngst mit dem Begriff „Dienstleistungen“ iSd Art. 2 Abs. 1 Z 9 der Richtlinie 2014/24/EU in Bezug auf die Erbringung personenbezogener sozialer Unterstützungsleistungen durch private Einrichtungen ohne Erwerbszweck gegen Erstattung ihrer Kosten ohne Pflicht zur Einhaltung der in Art. 77 der Richtlinie 2014/24/EU festgelegten Voraussetzungen unabhängig vom geschätzten Wert dieser Dienstleistungen wie folgt näher auseinander:

„59 Insoweit ist zum einen festzustellen, dass der Begriff ‚Dienstleistungen‘ im Sinne dieser Bestimmung im Licht der in Art. 56 AEUV verankerten Dienstleistungsfreiheit auszulegen ist, deren Geltungsbereich auf wirtschaftliche Tätigkeiten beschränkt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. April 2010, Kommission/Deutschland, C‑160/08 , EU:C:2010:230, Rn. 73 und 74, sowie vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn, C‑179/14 , EU:C:2016:108, Rn. 154).

60 Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Dienstleistungen, die normalerweise gegen Entgelt erbracht werden, wirtschaftliche Tätigkeiten sind, wobei das Wesensmerkmal des Entgelts darin besteht, dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt, ohne dass es jedoch von demjenigen bezahlt werden müsste, dem die Leistung zugutekommt (Urteil vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn, C-179/14 , EU:C:2016:108, Rn. 153 bis 155). Außerdem ergibt sich aus Art. 62 AEUV in Verbindung mit Art. 51 AEUV, dass sich die Dienstleistungsfreiheit nicht auf Tätigkeiten erstreckt, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

61 Wie der sechste Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24 bestätigt, können daher nur Tätigkeiten wirtschaftlicher Art im Sinne der vorstehenden Randnummer Gegenstand eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 dieser Richtlinie sein. Diese Auslegung wird im Übrigen durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 der Richtlinie bestätigt, wonach ein Wirtschaftsteilnehmer im Sinne dieser Richtlinie dadurch gekennzeichnet ist, dass er auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Errichtung von Bauwerken, die Lieferung von Waren beziehungsweise die Erbringung von Dienstleistungen anbietet.

62 Der Umstand, dass der Vertrag mit einer Einrichtung ohne Erwerbszweck geschlossen wird, schließt nicht aus, dass diese Einrichtung eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie 2014/24 ausüben kann, und ist daher für die Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über öffentliche Aufträge unerheblich (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juni 2014, Centro Hospitalar de Setúbal und SUCH, C‑574/12 , EU:C:2014:2004, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 28. Januar 2016, CASTA u. a., C‑50/14 , EU:C:2016:56, Rn. 52).

63 Als wirtschaftliche Tätigkeiten können außerdem Dienste angesehen werden, die, ohne dass es sich um eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelte, im allgemeinen Interesse und ohne Erwerbszweck im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden, die einen Erwerbszweck verfolgen (vgl. entsprechend Urteil vom 6. September 2011, Scattolon, C‑108/10 , EU:C:2011:542, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64 Zum anderen ist, was insbesondere Dienstleistungen betrifft, die wie im vorliegenden Fall einen sozialen Zweck haben, darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2014/24 zwar klarstellt, dass diese Richtlinie nicht die Art und Weise berührt, in der die Mitgliedstaaten ihre Systeme der sozialen Sicherheit gestalten. Außerdem stellen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Tätigkeiten der Versicherungsträger, die ein System der sozialen Sicherheit verwalten, grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten dar, wenn sie auf dem Solidaritätsprinzip beruhen und diese Tätigkeiten staatlicher Kontrolle unterliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission und Slowakische Republik/Dôvera zdravotná poist’ovňa, C‑262/18 P und C‑271/18 P , EU:C:2020:450, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65 Dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall bei spezifischen Sozialleistungen, die von privaten Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden und deren Kosten entweder vom Staat selbst oder von diesen Sozialversicherungsträgern übernommen werden. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich auch, dass die Verfolgung eines sozialen Zwecks oder die Berücksichtigung des Solidaritätsprinzip bei der Erbringung einer Dienstleistung für sich genommen einer Einstufung dieser Dienstleistung als wirtschaftliche Tätigkeit nicht entgegensteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. November 2007, Kommission/Italien, C‑119/06 , nicht veröffentlicht, EU:C:2007:729, Rn. 36 bis 41, und vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C‑180/98 bis C‑184/98 , EU:C:2000:428, Rn. 118).

...

67 Drittens setzt die Entgeltlichkeit eines öffentlichen Auftrags voraus, dass sich jede Partei verpflichtet, eine Leistung für eine andere zu erbringen, schließt aber nicht aus, dass die Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers allein in der Erstattung der durch die Erbringung der vereinbarten Dienstleistung entstandenen Kosten besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2020, Tax‑Fin‑Lex, C‑367/19 , EU:C:2020:685, Rn. 25 und 26 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Ein Vertrag kann daher nicht allein deswegen aus dem Begriff des ‚öffentlichen Dienstleistungsauftrags‘ herausfallen, weil die vorgesehene Vergütung auf den Ersatz der Kosten beschränkt bleibt, die durch die Erbringung der vereinbarten Dienstleistung entstehen, wie es hier der Fall zu sein scheint (Urteil vom 28. Januar 2016, CASTA u. a., C‑50/14 , EU:C:2016:56, Rn. 52).“

30 Angesichts dieser Rechtsprechung des EuGH sowie dessen Rechtsprechung, wonach Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie eng auszulegen sind (vgl. etwa EuGH 7.7.2022, C‑213/21 und C‑214/21 , Italy Emergenza, Rn. 32, mwN, zu Notfallkrankentransportdiensten), ist davon auszugehen, dass es sich bei der von Sozialversicherungsträgern gemäß § 338 Abs. 1 ASVG privatrechtlich beauftragten, entgeltlichen Erbringung von Leistungen der ambulanten Rehabilitation für deren Versicherte im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung nicht um „nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ iSd § 9 Abs. 1 Z 18 BVergG 2018 handelt und daher die vorliegend ausgeschriebenen Rehabilitationsleistungen nicht vom Anwendungsbereich des BVergG 2018 ausgenommen sind.

Behauptete Unzulässigkeit der Ausschreibung gemäß § 20 Abs. 4 BVergG 2018

31 Die Mitbeteiligte stützt die Unzulässigkeit der vorliegenden Ausschreibung unter anderem auf § 20 Abs. 4 BVergG 2018 iVm einem ‑ von ihr behaupteten ‑Ausschließlichkeitsrecht, über das sie aufgrund der ihr zukommenden sanitätsbehördlichen Errichtungs- und Betriebsbewilligung nach dem NÖ KAG für die ausgeschriebenen Leistungen der ambulanten Rehabilitation (ausgenommen jene betreffend die Zuweisungsindikation Psychiatrie) am Standort XY verfüge.

32 Das Verwaltungsgericht vermeint, dass durch den Verweis auf „zwei potentiell variierende Dokumente“ und zwar auf den Rehabilitationsplan 2016 und (gegebenenfalls) auf den Rehabilitationsplan 2020 in der Beschreibung des Ausschreibungsgegenstandes der „in § 20 Abs 4 BVergG angesprochene, bei Vergabeverfahren erforderliche grundsätzliche Beschaffungswille ... damit inhaltlich bzw umfänglich ... unkonkret für potentiell interessierte Unternehmer“ bleibe.

Der Verwaltungsgerichtshof hält dazu Folgendes fest:

33 Nach § 20 Abs. 4 BVergG 2018 sind Verfahren zur Vergabe von Aufträgen nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zu vergeben. Nach den Materialien (RV 69 BlgNR 26. GP , 53) ist es durch § 20 Abs. 4 erster Satz BVergG 2018 dem Auftraggeber insbesondere untersagt, „Vergabeverfahren nur zu dem Zweck durchzuführen, sich durch das Verfahren Lösungsvorschläge zu beschaffen oder Preisvergleiche anzustellen (unverbindliche Markterkundung)“. Darüber hinaus hat der Auftraggeber nach den Materialien „für die tatsächliche Durchführung vorzusorgen, dazu gehört auch die Vorsorge für die technische und finanzielle Abwicklung; das heißt, dass zB ausreichende budgetäre und personelle Ressourcen für die gesamte Projektdurchführung zur Verfügung stehen müssen. Führt ein Auftraggeber ein Vergabeverfahren durch, ohne die budgetäre Bedeckung ausreichend zu prüfen, so wird er schadenersatzpflichtig.“

34 § 20 Abs. 4 BVergG 2018 beinhaltet somit ein subjektives und ein objektives Element. Zunächst muss (subjektiv) die Absicht des Auftraggebers vorliegen, den ausgeschriebenen Auftrag auch tatsächlich zu vergeben. Darüber hinaus muss (objektiv) der Auftraggeber rechtlich und wirtschaftlich in der Lage sein, den ausgeschriebenen Vertrag tatsächlich abzuschließen und durchzuführen. Dies setzt neben den in den Materialien genannten personellen und finanziellen Ressourcen zur Abwicklung des Vergabeverfahrens die interne und externe Befugnis der vergebenden Stelle zum Abschluss des betreffenden Vertrages voraus. Wie der zweite Satz des § 20 Abs. 4 BVergG 2018 zeigt, muss diese objektive Voraussetzung jedenfalls im Zeitpunkt der Ausschreibung vorliegen. Fällt diese jedoch im Zuge des Vergabeverfahrens weg, so ist der Auftraggeber ‑ so § 20 Abs. 4 zweiter Satz BVergG 2018 ‑ nicht verpflichtet, das Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden (die Materialien weisen hier auf den Widerruf des Vergabeverfahrens hin). Daher ist eine Ausschreibung dann gemäß § 20 Abs. 4 BVergG 2018 unzulässig, wenn bereits von vornherein außer Zweifel steht, dass der Auftraggeber rechtlich und wirtschaftlich nicht in der Lage sein wird, die ausgeschriebene Leistung zu vergeben (vgl. zu alldem zur im Vergleich zu § 20 Abs. 4 BVergG 2018 identen Bestimmung des § 19 Abs. 4 BVergG 2006 VwGH 9.4.2013, 2011/04/0042, mwN).

35 Vorliegend wird die (subjektive) Absicht der Auftraggeberinnen, die ausgeschriebene Rahmenvereinbarung über die Erbringung von Leistungen aus der ambulanten Rehabilitation abzuschließen, von der Mitbeteiligten nicht angezweifelt.

36 Strittig ist jedoch die Frage, ob die Mitbeteiligte aufgrund der ihr zukommenden sanitätsbehördlichen Errichtungs‑ und Betriebsbewilligung nach dem NÖ KAG für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen der ambulanten Rehabilitation für den Standort XY über ein Ausschließlichkeitsrecht verfügt, das es den Auftraggeberinnen rechtlich verwehrt, jemand anderen als die Mitbeteiligte mit den ausgeschriebenen Dienstleistungen zu beauftragen, und bereits von vornherein außer Zweifel steht, dass die Auftraggeberinnen insofern (objektiv) nicht der Lage sind, eine Rahmenvereinbarung über die ausgeschriebenen Dienstleistungen abzuschließen.

37 Gemäß § 10a NÖ KAG iVm § 3a Abs. 1 KAKuG bedürfen selbständige Ambulatorien sowohl zu ihrer Errichtung wie auch zu ihrem Betrieb der Bewilligung der Landesregierung. Gemäß § 10c Abs. 1 lit. a NÖ KAG iVm § 3a Abs. 2 Z 1 KAKuG ist die Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums zu erteilen, wenn insbesondere nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann.

38 Gemäß § 10c Abs. 1 lit. a NÖ KAG ist zentrale Tatbestandsvoraussetzung der Errichtungsbewilligung, dass durch die Errichtung des in Aussicht genommenen selbständigen Ambulatoriums „eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann“. Es hat daher im Rahmen des Verfahrens zur Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums grundsätzlich eine Prüfung des Bedarfs zu erfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bedarf nach einem selbständigen Ambulatorium dann gegeben, wenn dadurch die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird.

Bei dieser Beurteilung, ob eine solche Verbesserung zu erwarten ist, sind entsprechend § 10c Abs. 2 NÖ KAG ‑ „ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen Regionalen Strukturplanes Gesundheit folgende Kriterien zu berücksichtigen: 1. örtliche Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte), 2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen, 3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Pfleglinge, 4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieter gemäß Z 3 und 5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.“

Für das Bewilligungsverfahren nach dem NÖ KAG ist die Übereinstimmung des zu beurteilenden Projekts mit den Planungsvorgaben des ÖSG bzw. des RSG nicht zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums. Weder ersetzt die Übereinstimmung eine Bedarfsprüfung an Hand der gesetzlichen Kriterien, noch ist bei Fehlen einer solchen Übereinstimmung die Bewilligung zwingend zu versagen (vgl. zu alldem VwGH 15.12.2017, Ra 2016/11/0132, Rn. 15, 16, 19, 20 und 22, mwN).

39 Die Bedarfsprüfung ist vielmehr (auch im Vorabfeststellungsverfahren nach § 10b Abs. 5 NÖ KAG iVm § 3a Abs. 1 letzter Satz KAKuG) eine Prüfung, die jeweils anhand des konkreten Projekts bezogen auf den (geplanten) Projektstandort durchzuführen ist (vgl. VwGH 2.8.2019, Ra 2017/11/0021, Rn. 20, in Bezug auf die Vorabfeststellung des Bedarfs gemäß § 4 Abs. 3 Oö. KAG an der Errichtung einer Sonderkrankenanstalt für psychiatrische Rehabilitation für Kinder und Jugendliche).

40 Dabei ist gemäß § 10c Abs. 1 lit. a NÖ KAG „auf das bereits bestehende Versorgungsangebot“ der in dieser Bestimmung aufgezählten Einrichtungen Bedacht zu nehmen, somit auf die Auslastung bzw. die durchschnittliche Belastung „bestehender Leistungsanbieter“ (§ 10c Abs. 2 Z 3 und 4 NÖ KAG). Zu prüfen ist folglich, ob im Einzugsgebiet bereits Anbieter iSd § 10c Abs. 1 lit. a NÖ KAG vorhanden sind, die eine mit dem zu beurteilenden Antragsgegenstand gleichwertige medizinische Leistung anbieten, und gegebenenfalls deren durchschnittliche Belastung (vgl. VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009, Rn. 55, in Bezug auf einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Änderung eines bestehenden selbständigen Ambulatoriums gemäß § 14 iVm § 12a Abs. 1 SKAG).

41 Durch einen rechtskräftigen Bescheid nach § 10b Abs. 5 NÖ KAG wird ‑ bei Fehlen von relevanten Sachverhaltsänderungen ‑ das Bestehen eines Bedarfs nach dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im folgenden, rechtzeitig eingeleiteten Bewilligungsverfahren bindend festgelegt. Ein solcher Feststellungsbescheid entfaltet aber keine „Sperrwirkung“ zu Lasten anderer auf den Markt treten wollender Anbieter in dem Sinn, dass das in Aussicht genommene, im Bescheid nach § 10b NÖ KAG umschriebene, aber noch nicht verwirklichte Leistungsangebot schon dem für die Beurteilung der Bedarfsfrage grundsätzlich maßgeblichen „bestehende(n) Versorgungsangebot“ iSd § 10c Abs. 1 lit. a NÖ KAG hinzuzurechnen wäre (vgl. VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0056, Rn. 32, in Bezug auf einen Antrag auf Feststellung eines Bedarfs gemäß § 10a Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 lit. a SKAG idF LGBl. Nr. 46/2013).

42 Demnach würde sich die „Sperrwirkung“ eines Bescheids über einen Antrag eines in die zweite Stufe des Vergabeverfahrens eingeladenen Bieters auf Vorabfeststellung des Bedarfs nach § 10b Abs. 5 NÖ KAG nicht zu Lasten anderer ebenfalls die Vorabfeststellung des Bedarfs nach § 10b Abs. 5 NÖ KAG beantragender, in die zweite Stufe des Vergabeverfahrens eingeladener Bieter entfalten.

43 Daraus folgt fallbezogen, dass allein aus dem Bestehen einer Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums gemäß § 10c und § 10f NÖ KAG für die Erbringung von Leistungen der ambulanten Rehabilitation, wie vorliegend für den Standort XY ausgeschrieben, zugunsten der Mitbeteiligten, nicht auf eine jedenfalls negative Bedarfsprüfung für andere Bieter als die Mitbeteiligte geschlossen werden kann, zumal auch die dieser Bewilligung zugrunde liegende Bedarfsfeststellung nur eine Momentdarstellung ist und sich der Bedarf aus verschiedenen Gründen (zB Bevölkerungsstruktur, Entwicklung in der Medizin, Projekte anderer Anbieter) auch innerhalb kurzer Zeit ändern kann (vgl. VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0056, Rn. 28, mwN). Die der Mitbeteiligten erteilte Bewilligung der Errichtung und des Betriebs eines selbständigen Ambulatoriums gemäß § 10c und § 10f NÖ KAG für Therapieplätze für ambulante Rehabilitation für den Standort XY schließt somit nicht zwingend den Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit anderen Bietern als der Mitbeteiligten über die ausgeschriebenen Dienstleistungen aus. Der Mitbeteiligten kommt auch sonst in diesem Zusammenhang kein gegenüber jedermann wirksames Ausschließlichkeitsrecht zu.

44 Vor diesem Hintergrund steht vorliegend nicht bereits von vornherein außer Zweifel, dass die Auftraggeberinnen allein aufgrund der für den Standort XY der Mitbeteiligten zukommenden sanitätsbehördlichen Errichtungs‑ und Betriebsbewilligung nach §§ 10c und 10f NÖ KAG rechtlich nicht in der Lage sein werden, die ausgeschriebene Rahmenvereinbarung an einen anderen Bieter als die Mitbeteiligte zu vergeben. Der vorliegenden Ausschreibung steht daher das Hindernis des § 20 Abs. 4 BVergG 2018 nicht entgegen.

45 Mit Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2017 ‑ VUG 2017, BGBl. I Nr. 26, wurde in § 3a Abs. 2 letzter Satz KAKuG eine Verknüpfung zwischen Vergabeverfahren und sanitätsbehördlichem Bewilligungsverfahren über die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums eingefügt. Demnach ist im Falle der Anhängigkeit eines Vertragsvergabeverfahrens der Sozialversicherung über den Leistungsumfang eines zu bewilligenden selbständigen Ambulatoriums oder der Einleitung eines solchen Vergabeverfahrens innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung der Landesregierung über den Bedarf darüber hinaus auch eine Vertragszusage der Sozialversicherung auf Grund des Vertragsvergabeverfahrens Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung (vgl. inhaltsgleich dazu § 10c Abs. 1 letzter Satz NÖ KAG). Dem kann eine bestehende sanitätsbehördliche Errichtungs‑ und Betriebsbewilligung iSd §§ 3a und 3b KAKuG für sich allein mangels daraus ableitbaren Ausschließlichkeitsrechts nicht entgegenstehen.

46 Entgegen den Ausführungen der Mitbeteiligten in der Revisionsbeantwortung bestehen für den Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Bestimmungen des § 3a Abs. 2 letzter Satz KAKuG sowie § 10c Abs. 1 letzter Satz NÖ KAG.

Unbestimmtheit der Änderungsklausel in Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen

47 Das Verwaltungsgericht erachtete die Änderungsklausel in Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen betreffend die Adaptierung des Leistungsbildes der ausschreibungsgegenständlichen Rehabilitationsleistungen im Laufe der Leistungserbringung bzw. die Erweiterung „auf derzeit nicht explizit angeführte Bereiche (zB Adaption der medizinischen Leistungsprofile, Änderung bzw Erweiterung der Indikationen und/oder Phasen, Änderung des Erfüllungsstandorts bzw Erweiterung auf einen zusätzlichen Erfüllungsstandort innerhalb des jeweiligen Losgebiets, Anpassung der geltenden Tarife etc)“ sowie die Abdeckung eines „allfällig weiteren ausgewiesenen Bedarf[s], der sich durch eine Aktualisierung bzw. Änderung der derzeit in Geltung stehenden Planungsgrundlagen ergibt (insbesondere durch einen geänderten bzw adaptierten Rehabilitationsplan [Rehabilitationsplan 2020]) während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung durch (weitere) Abrufe aus den Rahmenvereinbarungen bzw durch Änderung der Einzelverträge“ als intransparent.

48 Dazu bringt die Revision vor, die Änderungsklausel sei sowohl betreffend die Art als auch den Umfang so klar wie möglich formuliert worden und habe sämtliche Bedingungen für eine mögliche Vertragsänderung festgelegt. Überdies sei die Maximalabrufmenge an die Planungsgrundlagen gekoppelt. Diese seien grundsätzlich außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Auftraggeberinnen. Damit werde eine willkürliche Vorgehensweise der Auftraggeberinnen im Fall einer nachträglichen Vertragsänderung verhindert.

Mit dem Hinweis auf den Rehabilitationsplan 2020 solle lediglich darauf Bezug genommen werden, dass allenfalls auf während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung aktualisierte Zahlen aus den für die Auftraggeberinnen verbindlichen Planungsgrundlagen zurückgegriffen werde. Eine deutlichere Festlegung sei wegen der zwingenden Beachtlichkeit der Planungsgrundlagen nicht möglich.

Schließlich sei eine Verletzung von subjektiven Rechten der Mitbeteiligten im Hinblick auf „eine allfällige ‑ vielleicht nie eintretende ‑ zukünftige Leistungsänderung auf Grund einer Änderungsklausel“ in der „Teilnahmephase“ denkunmöglich und fehle dazu substantiiertes Vorbringen der Mitbeteiligten. Erst eine tatsächliche Vertragsänderung könnte in die subjektiven Rechte der Mitbeteiligten eingreifen und wäre sodann von dieser als „unzulässige Direktvergabe“ gesondert zu bekämpfen. Mangels Verletzung der Mitbeteiligten in ihrem subjektiven Rechten sei die von der Mitbeteiligten behauptete Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss, weshalb darauf eine Nichtigerklärung der Ausschreibung nicht gestützt werden könne. Unabhängig davon wäre „gemäß § 347 Abs. 2 BVergG 2018“ selbst bei Vorliegen einer rechtswidrigen Vertragsänderungsklausel lediglich mit deren Streichung vorzugehen.

49 Die Mitbeteiligte wendet dagegen ein, die Änderungsklausel behalte sich umfangreiche Änderungen bei der bzw. den abzuschließenden Rahmenvereinbarung(en) und den getätigten Leistungsabrufen vor. Dadurch sei für interessierte Unternehmer nicht absehbar, für welche Leistungen in welchem Umfang ein Teilnahmeantrag abgegeben werden solle. Die Bestandfestigkeit dieser Klausel mangels Anfechtung würde in der zweiten Stufe zu unkalkulierbaren Risiken bei der Angebotslegung führen. Ebenso könnten die Auftraggeberinnen nach Abschluss der Rahmenvereinbarung(en) umfangreiche Änderungen bei der Rahmenvereinbarung und/oder den Einzelabrufen vornehmen und etwa Rehabilitationsleistungen für zusätzliche Indikationen abrufen, die nicht Gegenstand der Ausschreibung und/oder der konkreten Rahmenvereinbarung bzw. des konkreten Einzelabrufs gewesen seien. Da die Auftraggeberinnen zudem keinen maximalen Gesamtwert der Rahmenvereinbarung angeben würden, hätten sie die Möglichkeit, den Leistungsumfang ohne betragliche Begrenzung zu erweitern. Mit einem derart weiten und unbestimmten Änderungsspielraum würden die Auftraggeberinnen ihr Ermessen überschreiten.

Die Änderungsklausel nehme auf unsichere Entwicklungen, wie etwa einen neuen Rehabilitationsplan für 2020 Bezug und sei somit nicht klar, präzise und eindeutig. Ebenso blieben der Umfang und die Grenzen für Änderungen und Erweiterungen offen. Dies sei deshalb von besonderer Relevanz, weil gemäß Punkt 1.9 der Teilnahmeunterlagen mit den Rahmenvereinbarungspartner(n) unbefristete Verträge abgeschlossen würden. Die Mitbeteiligte sei insofern in ihrem subjektiven Recht auf ein transparentes Vergabeverfahren verletzt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hält dazu Folgendes fest:

50 In Umsetzung des Art. 72 der Richtlinie 2014/24/EU und basierend auf der Rechtsprechung des EuGH zur (Un‑)Zulässigkeit von Änderungen bereits abgeschlossener Verträge, insbesondere EuGH 7.9.2016, C‑549/14 , Finn Frogne, (vgl. RV 69 BlgNR 26. GP , 218) sind gemäß § 365 Abs. 1 BVergG 2018 wesentliche Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen während ihrer Laufzeit nur nach einer erneuten Durchführung eines Vergabeverfahrens zulässig. Eine Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung ist nach dieser Bestimmung wesentlich, wenn sie dazu führt, dass sich der Vertrag oder die Rahmenvereinbarung erheblich vom ursprünglichen Vertrag bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung unterscheidet. Gemäß § 365 Abs. 3 Z 2 BVergG 2018 sind Änderungen von Verträgen oder Rahmenvereinbarungen als unwesentlich anzusehen, die unabhängig von ihrem Wert in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen in klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklauseln vorgesehen sind. Diese Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art der möglichen Änderungen oder Optionen sowie zu den Bedingungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können, und dürfen keine Änderungen oder Optionen vorsehen, die den Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung verändern würden.

51 Solche Vertragsänderungsklauseln können auch wesentliche Punkte des ursprünglichen Vertrages bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung betreffen (vgl. EuGH 7.9.2016, C‑549/14 , Finn Frogne, Rn. 37). Sie bieten einem öffentlichen Auftraggeber in Bezug auf Umstände, die für ihn bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar sind, durch Aufnahme in die das Vergabeverfahren regelnden Unterlagen die Möglichkeit, die Bedingungen für die Erfüllung des abzuschließenden Vertrages bzw. der abzuschließenden Rahmenvereinbarung bei Eintreten eines solchen konkreten Umstandes anzupassen, um die andernfalls gemäß § 365 Abs. 1 BVergG 2018 (Art. 72 der Richtlinie 2014/24/EU ) erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens zu vermeiden. Demgegenüber kann gemäß Art. 72 Abs. 1 lit. c sublit. i der Richtlinie 2014/24/EU ein Auftrag bzw. eine Rahmenvereinbarung ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden, wenn die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich wurde, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender öffentlicher Auftraggeber nicht vorhersehen konnte und die weiteren in diesem Absatz vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind. Unvorhersehbare Umstände sind nach dem Wortlaut des 109. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2014/24/EU externe Umstände, die auch bei einer nach vernünftigem Ermessen sorgfältigen Vorbereitung der ursprünglichen Zuschlagserteilung durch den öffentlichen Auftraggeber unter Berücksichtigung der diesem zur Verfügung stehenden Mittel, der Art und Merkmale des spezifischen Projekts, der bewährten Praxis im betreffenden Bereich und der Notwendigkeit, ein angemessenes Verhältnis zwischen den bei der Zuschlagserteilung eingesetzten Ressourcen und dem absehbaren Nutzen zu gewährleisten, nicht hätten vorausgesagt werden können (vgl. zu alldem EuGH 7.12.2023, C‑441/22 und C‑443/22 , Obshtina Razgrad, Rn. 67, 68, 69, 71, wonach gewöhnliche Wetterbedingungen sowie vorab bekannt gegebene und im Zeitraum der Ausführung des Auftrags geltende gesetzliche Verbote der Durchführung von Bauarbeiten nicht als unvorhersehbare Umstände anzusehen sind). Indem sich der öffentliche Auftraggeber die Befugnis, die Bedingungen zu ändern, ausdrücklich vorbehält und in den das Vergabeverfahren regelnden Unterlagen die Modalitäten festlegt, unter denen davon Gebrauch gemacht wird, gewährleistet er, dass sämtliche an dem Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hiervon von Anfang an Kenntnis haben und diese daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt sind (vgl. wiederum EuGH C‑441/22 und C‑443/22 , Rn. 71, mwN).

52 Ausgehend von dieser Rechtsprechung des EuGH und gemäß § 365 Abs. 3 Z 2 BVergG 2018 hat eine Vertragsänderungsklausel die anzupassenden Bedingungen des Vertrages bzw. der Rahmenvereinbarung entsprechend zu konkretisieren. Sie muss in diesem Sinn eine Bestimmtheit aufweisen. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich mit einer allgemein gehaltenen Vertragsklausel völlig unbeschränkt die Möglichkeit nachträglicher Änderungen vorbehalten kann. Dies würde den aus dem AEUV hervorgehenden Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie der sich daraus ergebenden Transparenzpflicht widersprechen (vgl. noch zur Rechtslage vor dem BVergG 2018 etwa VwGH 16.10.2019, Ro 2017/04/0024, Rn. 41, mwN).

53 Nach diesen Grundsätzen sind die vorliegend in Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen beschriebenen Voraussetzungen für eine spätere Änderung des oder der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung(en), und zwar „vor dem Hintergrund gesundheitspolitischer Ziele der ... [Erstrevisionswerberin] und ... und unabhängig von weiteren ‚externen‘ Faktoren (wie zB der Entwicklung der Situation am Arbeitsmarkt, der demografischen Entwicklung innerhalb Österreichs, Änderungen aufgrund gesetzlicher Anordnung [zB Verordnungen, Vorgaben bzw Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger etc])“, zu unbestimmt, zumal der unbestimmte Begriff der „externen“ Faktoren im nachfolgenden Klammerausdruck ohne präzisierende Erklärung nur beispielhaft beschrieben wird. Ebenso werden der Umfang und die Art der möglichen Änderung nicht ausreichend klar dargelegt. Vielmehr wird unpräzise eine mögliche Adaptierung des Leistungsbildes der ausschreibungsgegenständlichen Rehabilitationsleistungen im Laufe der Leistungserbringung bzw. eine mögliche Erweiterung „auf derzeit nicht explizit angeführte Bereiche“, die im nachfolgenden Klammerausdruck ebenfalls nur beispielhaft beschrieben werden, in den Raum gestellt. Betreffend die Änderung in Bezug auf „einen allfällig weiteren ausgewiesenen Bedarf, der sich durch eine Aktualisierung bzw. Änderung der derzeit in Geltung stehenden Planungsgrundlagen ergibt“, wird dies im nachfolgenden Klammerausdruck lediglich mit Verweis auf „einen geänderten bzw adaptierten Rehabilitationsplan (2020)“ näher präzisiert. Art und Umfang der möglichen Änderung wird auch in diesem Zusammenhang nicht näher konkretisiert.

54 Bei „externen“ Faktoren bzw. der Aktualisierung oder Änderung der derzeit in Geltung stehenden Planungsgrundlagen gemäß der Änderungsklausel in Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen handelt es sich unter der Voraussetzung einer gewöhnlichen Entwicklung um für die Auftraggeberinnen vorhersehbare Umstände. Die Änderungsklausel in Punkt 1.6 der Teilnahmeunterlagen ist deshalb nicht gemäß § 365 Abs. 3 Z 2 BVergG 2018 hinreichend klar, präzise und deutlich formuliert und widerspricht daher dem Transparenzgrundsatz. Sie erweist sich insofern als rechtswidrig.

55 Eine solche entgegen § 365 Abs. 3 Z 2 BVergG 2018 und somit dem Transparenzgrundsatz widersprechend unklar, unpräzise und nicht eindeutig formulierte Vertragsänderungsklausel, die eine mögliche Änderung des Leistungsgegenstandes, des Vergabevolumens und der inhaltlichen Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten für interessierte Wirtschaftsteilnehmer unbestimmt lässt, deren Wesentlichkeit für die Entscheidung zur Abgabe eines Teilnahmeangebots nicht ausgeschlossen werden kann, verletzt daher unabhängig, ob es später tatsächlich zu einer Änderung des Vertrags oder der Rahmenvereinbarung kommt, bereits im Stadium des laufenden Vergabeverfahrens die subjektiven Interessen eines interessierten Wirtschaftsteilnehmers, wie vorliegend der Mitbeteiligten.

Fehlende Bekanntgabe des Gesamtauftragswerts

56 Vorweg ist festzuhalten, dass das Fehlen der Angabe eines geschätzten Gesamtwerts der gemäß der Rahmenvereinbarung zu erbringenden besonderen Dienstleistungen in der Bekanntmachung (sowie auch in den Teilnahmeunterlagen) ‑ unabhängig davon, ob die fehlende Angabe im Fall der Anfechtung der Entscheidung, in der diese Angabe nicht erfolgt ist, deren Rechtswidrigkeit nach sich ziehen würde ‑ für sich genommen nicht bestandfest werden kann. Es kann daher hinsichtlich der von der Mitbeteiligten monierten fehlenden Angabe zum geschätzten Gesamtwert im vorliegenden Revisionsverfahren dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens um eine gesondert anfechtbare Entscheidung iSd § 2 Z 15 lit. a sublit. ii BVergG 2018 handelt.

57 Die Revision bringt vor, das Verwaltungsgericht stütze sich im Zusammenhang mit der fehlenden Angabe des Gesamtauftragswerts auf ein falsches Bekanntmachungsformular, und zwar das „Formular 2 für ‚klassische‘ Auftragsbekanntmachungen“, worin unter Punkt II.1.5 der Gesamtwert der Beschaffung anzugeben sei, während vielmehr das „Formular 21 für soziale und besondere Dienstleistungen“ einschlägig sei, das in Punkt II.1.5 insofern Erleichterungen vorsehe, als der geschätzte Gesamtwert nur anzugeben sei, wenn diese Information bekannt sei.

Darüber hinaus sei der Wert oder die Größenordnung der zu vergebenden Rahmenvereinbarung in der Bekanntmachung seit der Vergaberichtlinie 2014/24/EU nur mehr „soweit möglich“ anzugeben. Dies ergebe sich bereits aus Anhang VI Teil C Z 11 zum BVergG 2018, womit Art. 49 iVm Anhang V Teil C Nr. 10a der Richtlinie 2014/24/EU umgesetzt werde. Ebenso sei in der Definition der Rahmenvereinbarung in Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU keine absolute Abrufmenge bzw. verpflichtende Angabe einer möglichen Auftragssumme festgelegt. Auch nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dürfe die exakte Angabe von Zahlen, die vom Auftraggeber nicht vorab beeinflusst bzw. vorhergesehen werden können, nicht gefordert werden.

Gerade bei den auftragsgegenständlichen besonderen Dienstleistungen sei die von den Auftraggeberinnen zu beschaffende Gesamtmenge abhängig von den aktuellen Bedarfszahlen im Rehabilitationsplan bzw. in den Planungsgrundlagen. Diese Bedarfszahlen würden einem Wandel unterliegen und könnten von den Auftraggeberinnen weder für die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung abschließend festgelegt noch vorab beeinflusst werden. Den Auftraggeberinnen sei es daher nicht möglich, vorab die „absolute Gesamtmenge“ exakt und abschließend festzulegen. Die fehlende Angabe einer Gesamtabrufmenge sei daher gesetzes- und richtlinienkonform.

Schließlich habe das Verwaltungsgericht nicht aufzeigen können, weshalb die Mitbeteiligte ohne die exakten Angaben keine Entscheidung über die Einbringung eines Teilnahmeantrags treffen habe können. Es läge daher keine subjektive Rechtsverletzung der Mitbeteiligten vor.

58 Demgegenüber wendet die Mitbeteiligte ein, nach näher zitierter Rechtsprechung des EuGH sei die Gesamtmenge bei Rahmenvereinbarungen in der Bekanntmachung oder in der Ausschreibung aufgrund des Transparenzgebots zwingend vorgesehen. Ein Vergleich der geltenden Richtlinie 2014/24/EU mit der vorherigen Richtlinie 2004/18/EG verdeutliche, dass Letztere nur geringfügig verändert worden sei, sodass die Rechtsprechung des EuGH weiterhin anzuwenden sei. Nach dieser Rechtsprechung diene die verpflichtende Angabe der Gesamtmenge bei der Rahmenvereinbarung auch der Verhinderung der missbräuchlichen Anwendung der Rahmenvereinbarung.

Aus dem angefochtenen Erkenntnis ergebe sich, dass die Auftraggeberinnen in der Lage gewesen seien, einen geschätzten Auftragswert zu ermitteln, weshalb nicht nachvollziehbar sei, weshalb den Auftraggeberinnen es nicht möglich gewesen sei, eine maximale Gesamtmenge anzugeben. Der Hinweis auf die Verwendung eines falschen Bekanntmachungsformulars gehe daher ins Leere. Aufgrund dieser Rechtsverletzung sei die gesamte Ausschreibung aufzuheben. Durch den Verstoß gegen die Transparenzverpflichtung sei die Mitbeteiligte in ihren subjektiven Rechten verletzt worden, weil sie nicht abschätzen könne, welches Vergabevolumen tatsächlich auf Basis der Rahmenvereinbarung abgerufen werden könne bzw. solle. Mangels Klarheit, ob die Anbahnungskosten sowie die laufenden Kosten für den Betrieb des selbständigen Ambulatoriums durch die bereits in der Ausschreibung vorgegebenen Preise abgedeckt werden könnten, sei die zu erbringende Leistung nicht kalkulierbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hält dazu Folgendes fest:

59 Das vorliegend zweistufige Vergabeverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst eine Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages ergeht und in der Folge aus den geeigneten Bewerbern die (anhand der Auswahlkriterien) am besten bewerteten Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Die Teilnahmeunterlagen müssen jedenfalls hinreichend konkret sein, um einem interessierten Unternehmer die Beurteilung zu ermöglichen, ob eine Teilnahme an diesem Vergabeverfahren möglich und sinnvoll ist. Da die Angebotslegung erst in der zweiten Stufe erfolgt, müssen die Angaben zu den zu erbringenden Leistungen in den Teilnahmeunterlagen noch nicht in der für eine Leistungsbeschreibung erforderlichen Detailliertheit enthalten sein. Es ist naheliegend, für die Teilnahmeunterlage in einem zweistufigen Verfahren hinsichtlich der Leistungsbeschreibung einen geringeren Konkretisierungsgrad zu verlangen, weil diese Unterlage in der ersten Stufe übermittelt wird und die Angebotslegung erst auf Grund der (nur an die ausgewählten Bewerber ergehenden) Aufforderung zur Angebotslegung erfolgt (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2018/04/0199, Rn. 16, mwN).

60 In seinem Urteil vom 17. Juni 2021 in der Rechtssache C‑23/20 , Simonsen & Weel, hat der EuGH Art. 49 der Richtlinie 2014/24/EU sowie deren Anhang V Teil C Nrn. 7, 8 und 10 lit. a iVm deren Art. 33 und die in Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz in Bezug auf den Abschluss einer Rahmenvereinbarung dahin ausgelegt, „dass in der Bekanntmachung sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren“ und zwar „als Gesamtmenge oder ‑wert in der Bekanntmachung anzugeben sind“. Er hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

„46 Nach Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 ist eine Rahmenvereinbarung eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern, die dazu dient, die Bedingungen für die Aufträge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge. Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 1 sieht vor, dass die öffentlichen Auftraggeber Rahmenvereinbarungen abschließen können, sofern sie die in dieser Richtlinie genannten Verfahren anwenden.

47 Nach Art. 49 der Richtlinie 2014/24 werden Auftragsbekanntmachungen unbeschadet des Art. 26 Abs. 5 Unterabs. 2 und des Art. 32 dieser Richtlinie als Mittel für den Aufruf zum Wettbewerb für alle Verfahren verwendet. Sie enthalten die Informationen nach Anhang V Teil C und werden gemäß Art. 51 der Richtlinie veröffentlicht.

48 Daraus folgt, dass Art. 49 der Richtlinie 2014/24 und damit ihr Anhang V Teil C für Rahmenvereinbarungen gelten.

49 Einige Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 könnten dabei isoliert betrachtet so verstanden werden, dass es im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers liegt, ob er in der Auftragsbekanntmachung einen Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren angibt.

50 Nach Anhang V Teil C Nr. 8 der Richtlinie 2014/24 gehören zu den von öffentlichen Auftraggebern in der Auftragsbekanntmachung aufzuführenden Angaben die geschätzte Gesamtgrößenordnung des (der) Auftrags (Aufträge); ... Die Bezugnahme auf eine bloße ‚Größenordnung‘ und nicht etwa einen genau bestimmten Wert legt nahe, dass die Schätzung, die vom öffentlichen Auftraggeber verlangt wird, eine ungefähre sein kann.

51 Teil C Nr. 10 betrifft den Zeitrahmen für die Bereitstellung bzw. die Ausführung der Lieferungen, Bauarbeiten oder Dienstleistungen und, soweit möglich, die Laufzeit des Auftrags und verlangt in Buchst. a, der speziell Rahmenvereinbarungen betrifft, dass öffentliche Auftraggeber, soweit möglich, Wert oder Größenordnung und Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge anzugeben haben. Nach dieser Bestimmung sind der Wert oder die Größenordnung und die Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge vom öffentlichen Auftraggeber demnach nicht unter allen Umständen anzugeben.

52 Nach Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 dient eine Rahmenvereinbarung dazu, ‚gegebenenfalls‘ die in Aussicht genommene Menge festzulegen. Mit dem Adverb ‚gegebenenfalls‘ stellt diese Bestimmung speziell in Bezug auf die Menge der zu liefernden Waren klar, dass diese so weit wie möglich in einer Rahmenvereinbarung festzulegen ist. Aus dem Standardformular in Anhang II der Durchführungsverordnung 2015/1986 geht auch hervor, dass öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet sind, die Rubrik II.1.5) (‚Geschätzter Gesamtwert‘) auszufüllen. Vielmehr kann dieser Wert ‚falls zutreffend‘ angegeben werden, wie sich aus der dieser Rubrik hinzugefügten Fn. 2 ergibt.

53 Aus alledem folgt, dass allein die wörtliche Auslegung der angeführten Bestimmungen keinen eindeutigen Schluss darüber zulässt, ob in einer Bekanntmachung die Schätzmenge bzw. der Schätzwert sowie eine Höchstmenge bzw. ein Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren anzugeben sind oder nicht.

54 Im Hinblick auf die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sowie die allgemeine Systematik der Richtlinie ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung keine Angaben zu einem Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren machen.

55 Aus anderen Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 ergibt sich nämlich, dass der öffentliche Auftraggeber den Inhalt der beabsichtigten Rahmenvereinbarung festlegen muss.

56 Erstens sieht Art. 5 (‚Methoden zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts‘) Abs. 5 der Richtlinie vor, dass der zu berücksichtigende Wert einer Rahmenvereinbarung gleich dem geschätzten Gesamtwert ohne Mehrwertsteuer aller für die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung geplanten Aufträge ist.

57 Da der öffentliche Auftraggeber den geschätzten Gesamtwert ohne Mehrwertsteuer aller für die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung geplanten Aufträge zu veranschlagen hat, kann er den Bietern diesen Wert auch mitteilen.

58 Der Gerichtshof hat im Übrigen ... auf der Grundlagevon Art. 9 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 , dessen Wortlaut mit dem von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2012/24 identisch ist, in Rn. 60 seines Urteils vom 19. Dezember 2018, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato ‑ Antitrust und Coopservice, (C‑216/17 , EU:C:2018:1034), entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, zwar nur einer Handlungspflicht unterliegt, wenn es darum geht, den Wert und die Häufigkeit jedes einzelnen der abzuschließenden Folgeaufträge anzugeben, er jedoch unbedingt die Gesamtmenge ‑ und daher die Höchstmenge und/oder den Höchstwert ‑ der möglichen Folgeaufträge angeben muss.

59 Zweitens muss der öffentliche Auftraggeber gemäß Anhang V Teil C Nr. 7 der Richtlinie 2014/24 in den in der Auftragsbekanntmachung aufzuführenden Angaben die Beschaffung beschreiben und dort die Menge bzw. den Wert der von der Rahmenvereinbarung als Ganzes erfassten Lieferungen angeben. Dieser Verpflichtung kann er nicht nachkommen, ohne zumindest eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert der Lieferungen anzugeben.

60 Außerdem hat ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er das Formular in Anhang II der Durchführungsverordnung 2015/1986 ausfüllen muss, in der den geschätzten Wert betreffenden Rubrik II.2.6) dieses Formulars den maximalen Gesamtwert für die Gesamtlaufzeit jedes Loses anzugeben.

61 Zudem ist hervorzuheben, dass beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung auch die tragenden Grundsätze des Unionsrechts, wie die Gleichbehandlung und die Transparenz, gelten, wie sich dies aus Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/24 ergibt. Sowohl die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung als auch der daraus folgende Grundsatz der Transparenz verlangen, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit, erstens, alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und, zweitens, der öffentliche Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2018, Autorità Garante della Concorrenza e delMercato ‑ Antitrust und Coopservice, C‑216/17 , EU:C:2018:1034, Rn. 63).

62 Denn die u. a. in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 verankerten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der am Abschluss der Rahmenvereinbarung interessierten Wirtschaftsteilnehmer würden beeinträchtigt, wenn der öffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, den Höchstwert oder die Höchstmenge, die eine solche Vereinbarung betrifft, nicht angäbe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2018, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato ‑ Antitrust und Coopservice, C‑216/17 , EU:C:2018:1034, Rn. 64).

63 Dass der öffentliche Auftraggeber die Schätzmenge und/oder den Schätzwert sowie eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert der gemäß einer Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren angibt, ist für den Bieter von erheblicher Bedeutung, da er auf der Grundlage dieser Schätzung seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung beurteilen kann.

64 Wäre der Höchstwert oder die Höchstmenge der Rahmenvereinbarung nicht angegeben oder die Angabe nicht rechtlich verbindlich, könnten sich öffentliche Auftraggeber zudem über diese Höchstmenge hinwegsetzen. Dann könnten Zuschlagsempfänger wegen Nichterfüllung der Rahmenvereinbarung vertraglich haftbar gemacht werden, wenn sie die von den öffentlichen Auftraggebern geforderten Mengen nicht liefern könnten, selbst wenn diese Mengen die Höchstmenge in der Bekanntmachung überschreiten. Dies würde jedoch den in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 verankerten Transparenzgrundsatz verletzen.

65 Der Transparenzgrundsatz könnte überdies dauerhaft verletzt sein, da nach Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie eine Rahmenvereinbarung eine Laufzeit von bis zu vier Jahren haben kann, in begründeten Sonderfällen, insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung, sogar mehr. Darüber hinaus sind, wie es im 62. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt, auf einer Rahmenvereinbarung beruhende Aufträge zwar vor Ablauf der Laufzeit der Rahmenvereinbarung selbst zu vergeben, die Laufzeit der einzelnen auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge muss jedoch nicht der Laufzeit jener Rahmenvereinbarung entsprechen, sondern kann gegebenenfalls kürzer oder länger sein.

66 Schließlich könnte eine weite Auslegung der Verpflichtung zur Festlegung des Schätzwerts oder der Schätzmenge, der oder die von der Rahmenvereinbarung erfasst sind, zum einen der in Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/24 aufgestellten Regel, wonach bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge keinesfalls substanzielle Änderungen an den Bedingungen dieser Rahmenvereinbarung vorgenommen werden dürfen, ihre praktische Wirksamkeit nehmen; zum anderen könnte sie im Sinne des 61. Erwägungsgrundes der Richtlinie eine Anwendung darstellen, die missbräuchlich ist oder durch die der Wettbewerb behindert, eingeschränkt oder verfälscht wird.

67 Wird von öffentlichen Auftraggebern, die von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind, verlangt, in der Rahmenvereinbarung die Höchstmenge oder den Höchstwert der davon erfassten Leistungen anzugeben, so wird dadurch folglich das Verbot konkretisiert, das Instrument der Rahmenvereinbarung missbräuchlich oder in einer Weise anzuwenden, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschränkt oder verfälscht wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2018, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato ‑ Antitrust und Coopservice, C‑216/17 , EU:C:2018:1034, Rn. 69).

...

71 Zum anderen kann die Höchstmenge oder der Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren entweder in der Bekanntmachung oder in der Beschreibung angegeben werden, da öffentliche Auftraggeber bei Rahmenvereinbarungen verpflichtet sind, gemäß Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ab dem Tag der Veröffentlichung einer Bekanntmachung gemäß Art. 51 unentgeltlich einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang anhand elektronischer Mittel zu den Auftragsunterlagen anzubieten.

72 Mit der Erfüllung dieser Bedingungen kann demnach gewährleistet werden, dass die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 angeführten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung beachtet werden.

...

76 Da in der Bekanntmachung, ... sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch die Höchstmenge und/oder der Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren anzugeben sind, verbieten es die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 genannten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung öffentlichen Auftraggebern, sich bei der Mitteilung über den Gegenstand und den in Aussicht genommenen ‑ mengenmäßigen und finanziellen ‑ Umfang einer Rahmenvereinbarung auf Teilinformationen zu beschränken.

77 Diese Angaben können in der Auftragsbekanntmachung als Gesamtangabe aufgeführt werden und würden damit den in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie genannten Grundsätzen der Transparenz und der Gleichbehandlung genügen.“

61 Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass es sich vorliegend um die Vergabe von besonderen Dienstleistungen im Sinn des § 151 Abs. 1 BVergG 2018 handelt und demnach einzelne der vom EuGH im zitierten Urteil herangezogenen Begründungselemente (wie die Ausführungen im Zusammenhang mit Anhang V Teil C zur RL 2014/24/EU , weil Anhang V Teil H eigene Vorgaben für die Bekanntmachung von Aufträgen über besondere Dienstleistungen vorsieht) auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar übertragbar erscheinen. Da der EuGH (vgl. insbesondere die Ausführungen in den Rn. 54, 61 oder 72 des zitierten Urteils) seine Auffassung aber tragend aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz entwickelt und diese Grundsätze auch bei der Vergabe besonderer Dienstleistungen zu beachten sind, ist ‑ ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung des EuGH ‑ auch in einem zweistufigen Vergabeverfahren wie vorliegend trotz eines geringeren erforderlichen Konkretisierungsgrads der geschätzte Gesamtwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu erbringenden besonderen Dienstleistungen in den Teilnahmeunterlagen anzugeben, damit ein interessierter Unternehmer auf der Grundlage dieser Schätzung seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung beurteilen kann (vgl. EuGH C‑23/20 , Rn. 63).

Überdies könnten sich öffentliche Auftraggeber durch das Fehlen der Angabe des geschätzten Gesamtwerts über diesen hinwegsetzen und es könnten Zuschlagsempfänger wegen Nichterfüllung der Rahmenvereinbarung vertraglich haftbar gemacht werden, wenn sie die von den öffentlichen Auftraggebern geforderten Mengen nicht liefern könnten, selbst wenn diese Mengen den geschätzten Gesamtwert in der Bekanntmachung bzw. Ausschreibung überschreiten (vgl. wiederum EuGH C‑23/20 , Rn. 64).

62 Das Fehlen der Angabe des geschätzten Gesamtwerts der gemäß der Rahmenvereinbarung zu erbringenden besonderen Dienstleistungen in den Teilnahmeunterlagen verstößt demnach gegen den Transparenzgrundsatz.

63 Unabhängig davon, dass die Mitbeteiligte als bisherige Erbringerin von auch hier gegenständlichen Dienstleistungen für die Auftraggeberinnen am Standort XY den Gesamtwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu erbringenden besonderen Dienstleistungen für sich abzuschätzen vermag, ist zumindest ein drohender Schaden im Hinblick auf die vom EuGH (C‑23/20 , Rn. 64) dargestellte für die Mitbeteiligte als mögliche künftige Zuschlagsempfängerin mit dem Fehlen der Angabe verbundene Gefahr der vertraglichen Haftung wegen Nichterfüllung plausibel. Der Einwand der Auftragsgeberinnen der fehlenden Antragslegitimation der Mitbeteiligten in Bezug auf diese Rechtsverletzung mangels Verletzung in ihren subjektiven Rechten ist daher nicht berechtigt (vgl. zur ausreichende Darlegung eines drohenden oder eingetretenen Schadens im Nachprüfungsantrag bereits durch dessen Plausibilität VwGH 1.10.2018, Ra 2015/04/0060, Rn. 24, mwN).

Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung

64 § 347 Abs. 2 BVergG 2018 sieht als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen in der Ausschreibung vor.

65 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Streichung einzelner Bestimmungen (anstelle der Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung) dann nicht in Betracht, wenn danach kein Ausschreibungsgegenstand verbliebe, die Ausschreibung dadurch einen gänzlich anderen Inhalt bekäme oder ein anderer Bieterkreis angesprochen würde. In diesen Fällen wäre die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2014/04/0045, mwN).

66 Vorliegend verstößt das Fehlen der Angabe des geschätzten Gesamtwerts der gemäß der Rahmenvereinbarung zu erbringenden besonderen Dienstleistungen in den Teilnahmeunterlagen gegen den Transparenzgrundsatz. Da in dieser fehlenden Angabe keine Festlegung in den vorliegenden Teilnahmeunterlagen zu erkennen ist, die im obigen Sinne gestrichen werden könnte, kann dieser Verstoß nur durch Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung beseitigt werden (vgl. VwGH 22.6.2011, 2009/04/0128). Das Verwaltungsgericht hat bereits deshalb im Ergebnis zu Recht die gesamte Ausschreibung und die gesondert angefochtene Berichtigung für nichtig erklärt. Es erübrigt sich daher auf die weiteren vom Verwaltungsgericht für die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung herangezogenen und von den Auftraggeberinnen bekämpften Gründe näher einzugehen.

Ergebnis

67 Aus den dargelegten Erwägungen war die vorliegende Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

68 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG, in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014. Neben dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand sind Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zuzusprechen (vgl. etwa VwGH 8.9.2021, Ra 2018/04/0191, 0192, Rn. 20, mwN).

Wien, am 1. Februar 2024

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