Normen
31989L0665 Rechtsmittel-RL Art1 Abs3;
31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2 Abs1 litb;
31993L0037 Vergabekoordinierungs-RL öffentliche Bauaufträge 1993 Art22 Abs2;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art44 Abs3;
61998CJ0225 Kommission / Frankreich;
62001CJ0249 Hackermüller VORAB;
62002CJ0230 Grossmann Air Service VORAB;
BVergG §103 Abs6;
BVergG §25 Abs3;
BVergG §320 Abs1 Z2;
BVergG §322 Abs1 Z4;
BVergG §322;
BVergG §325 Abs2;
BVergG §338;
EURallg;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §47;
VwGG §53 Abs1;
31989L0665 Rechtsmittel-RL Art1 Abs3;
31989L0665 Rechtsmittel-RL Art2 Abs1 litb;
31993L0037 Vergabekoordinierungs-RL öffentliche Bauaufträge 1993 Art22 Abs2;
32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge Art44 Abs3;
61998CJ0225 Kommission / Frankreich;
62001CJ0249 Hackermüller VORAB;
62002CJ0230 Grossmann Air Service VORAB;
BVergG §103 Abs6;
BVergG §25 Abs3;
BVergG §320 Abs1 Z2;
BVergG §322 Abs1 Z4;
BVergG §322;
BVergG §325 Abs2;
BVergG §338;
EURallg;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §47;
VwGG §53 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die zweit- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien haben dem Bund (als Rechtsträger der belangten Behörde) Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die beschwerdeführenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag des Bundes (als Rechtsträger der belangten Behörde) auf Zuspruch von Aufwandersatz gegenüber dem Bund (als erstbeschwerdeführende Partei) wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Vergabeverfahren:
Im Beschwerdefall geht es um die Vergabe von "Reinigungsdienstleistungen Tirol und Vorarlberg 2009" der Beschwerdeführer als öffentliche Auftraggeber (im Folgenden: Auftraggeber), vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH.
Dieser Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich war bereits Gegenstand einer Ausschreibung im offenen Verfahren, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 2008, Zl. N/0140-BVA/07/2008-23(a), für nichtig erklärt wurde. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2009, Zl. 2009/04/0024, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Nach Widerruf dieses Vergabeverfahrens auf Grund der Nichtigerklärung der Ausschreibung durch die belangte Behörde (mit dem genannten Bescheid vom 12. Dezember 2008) sollte die gleiche Dienstleistung nunmehr durch die Auftraggeber im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden. Die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages; vgl. § 2 Z. 16 lit. a sublit. bb BVergG 2006) wurde - wie sich aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahren ergibt - europaweit am 31. Jänner 2009 unter der Zl. 2009/S21-030307 bekannt gemacht.
Nach den insoweit unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides findet sich in dieser Bekanntmachung weder eine Mindest- noch eine Höchstzahl jener Wirtschaftsteilnehmer, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden sollen. Gleichfalls sind keine Auswahlkriterien genannt.
Nach Punkt 4.1. der Teilnahmebedingungen soll die Vergabe der ausgeschriebenen Dienstleistung in einem nicht offenen Verfahren nach vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach den Bestimmungen des BVergG 2006 erfolgen.
Punkt 4.2., Rz 17 und 18 ("Aufforderung zur Angebotsabgabe und Zeitrahmen") lauten wie folgt:
"Auf Grund der einlangenden Teilnahmeanträge wird eine Liste potentieller Bieter erstellt. Diese werden einer Prüfung im Hinblick auf deren Befugnis, Zuverlässigkeit, wirtschaftliche und finanzielle sowie technische Leistungsfähigkeit unterzogen. Die Eignung ist durch Vorlage der in Punkt 6 dieser Teilnahmebedingungen angeführten Unterlagen nachzuweisen. Werden Eignungskriterien nicht erfüllt, ist der jeweilige Bewerber auszuscheiden ('K.O.-Kriterien').
Danach ist vorgesehen, die als geeignet ermittelten Bewerber zur Angebotsabgabe einzuladen."
Auswahlkriterien sind in den gegenständlichen Teilnahmebedingungen nicht genannt.
2. Nachprüfungsverfahren und angefochtener Bescheid:
Gegen diese Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages) brachte die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde am 23. Februar 2009 einen Antrag auf Nichtigerklärung ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diesem Antrag stattgegeben und die Ausschreibung "Reinigungsdienstleistungen Tirol und Vorarlberg 2009" gemäß den §§ 25 Abs. 1, 2 und 3, 27, 103 Abs. 6 und 7, 312 Abs. 2 Z. 2, 316 Abs. 2 Z. 3, 320 Abs. 1 und 325 Abs. 1 BVergG 2006 für nichtig erklärt (Spruchpunkt I.).
Weiters wurden die Auftraggeber gemäß § 319 BVergG 2006 verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die für den Nachprüfungsantrag sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren von insgesamt EUR 2.400,-- binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde zunächst zur Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 aus, diese setze lediglich voraus, dass die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden könne. So seien im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung alle Bewerber, die einen Teilnahmeantrag gestellt hätten, zur Anfechtung der Ausschreibung und der Bewerberauswahl legitimiert (Verweise auf Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009), Rz. 7 und 32 zu § 320). Der mitbeteiligten Partei könne insofern ein Schaden entstehen bzw. drohen, als sie bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen davon ausgehen könne, dass der Auftraggeber, sofern er sich für das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach § 25 Abs. 3 BVergG 2006 entschieden habe, dieses Verfahren auch gemäß den Bestimmungen des BVergG 2006 durchführe. Im Übrigen könne ein drohender Schaden im Sinn des § 320 Abs. 1 BVergG 2006 auch darin erblickt werden, dass der mitbeteiligten Partei im Falle des Vorhandenseins von Auswahlkriterien die zumindest theoretische Chance offen stünde, in einem Auswahlverfahren ein "Mehr an Eignung" gegenüber einem konkurrierenden Bewerber darzulegen.
Zur Nichtigerklärung der Ausschreibung in Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach dem festgestellten Sachverhalt solle das gegenständliche Vergabeverfahren als nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung durchgeführt werden. Demzufolge seien die Auftraggeber auch zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des § 103 BVergG 2006, verpflichtet.
Weder in der Bekanntmachung noch in den Teilnahmebedingungen hätten die Auftraggeber die geforderte (Mindest- bzw. Höchst‑)Anzahl an aufzufordernden Unternehmen festgelegt. Ebenso fehlten die zwingend festzulegenden Auswahlkriterien. Vielmehr sei vorgesehen, die als geeignet ermittelten Bewerber und somit offenkundig alle geeigneten Bewerber zur Angebotsabgabe einzuladen. Dies hätten die Auftraggeber auch bestätigt, womit sie aber im Ergebnis ein offenes Verfahren nach § 25 Abs. 2 BVergG 2006 durchführten. Diese Vorgangsweise widerspreche bereits der Definition des § 25 Abs. 3 BVergG 2006, da der wesentliche Unterschied zum offenen Verfahren gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung gerade in der beschränkten Einladung zur Angebotsabgabe bestehe. Forderten die Auftraggeber jedoch sämtliche geeigneten Unternehmen zur Angebotsabgabe auf, handelte es sich per Definitionen nicht mehr um ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung gemäß § 25 Abs. 3 BVergG 2006.
Da die Entscheidung der Auftraggeber, sämtliche geeigneten Bewerber zur Angebotslegung einzuladen, sich somit als rechtswidrig erweise und auch im Sinn des § 325 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 wesentlich für den Ausgang des Vergabeverfahrens sei, da bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für das nicht offene Verfahren gemäß § 25 Abs. 3 BVergG 2006, insbesondere bei Festlegung von Auswahlkriterien, ein anderer Verfahrensausgang jedenfalls denkmöglich erscheine, war die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären.
Zur Verpflichtung der Auftraggeber zum Pauschalgebührenersatz in Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, diese beruhe auf § 319 Abs. 1 BVergG 2006.
3. Beschwerde:
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, aus Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG ergebe sich, dass das Gemeinschaftsrecht (im Folgenden: Unionsrecht) kein zwingendes Gebot der Festlegung einer Höchstzahl von zur Angebotslegung aufzufordernden Unternehmen normiere. Dies zeige neben der deutschen auch die französische und englische Fassung der Richtlinie, die von "können" bzw. "dürfen" sprächen ("peuvent" und "may"). Auch die Erläuternden Bemerkungen (RV 1171 BlgNR XXII. GP 78) ließen erkennen, dass der Gesetzgeber dem Auftraggeber keine Verpflichtung zur Festlegung einer Höchstzahl auferlegen wollte, sondern ihm diese Entscheidung ins freie Ermessen stellen wollte. Eine Verpflichtung zur Festlegung einer Höchstzahl an aufzufordernden Unternehmen bestehe sohin nicht.
Die Festlegung von Auswahlkriterien sei dann, wenn eine Höchstzahl von aufzufordernden Unternehmen nicht festgelegt werde, nicht erforderlich, da ohnedies alle als geeignet befundenen Unternehmen zur Angebotslegung aufgefordert würden.
Es zeige sich, dass ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung in zwei getrennten Stufen ablaufen könne: Die erste Stufe weise eine vom Gesetz vorgezeichnete Struktur auf, die unterschiedlich sei, je nach dem ob alle geeigneten Bieter oder aber - bei einer Beschränkung der Zahl der Einzuladenden - nur die nach besonderen Auswahlkriterien ermittelten Bestgeeigneten zur Angebotsabgabe eingeladen würden.
Zur Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsverfahren bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde verkenne, dass Zweck des Nachprüfungsverfahrens ausschließlich die Durchsetzung von subjektiven Rechten eines Antragstellers sei, nicht jedoch eine amtswegige Sicherstellung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens. Ein Schaden der mitbeteiligten Partei liege im Beschwerdefall nicht vor, da die Vergaberechtswidrigkeit lediglich zur Verringerung der Chance der Verdrängung von konkurrierenden Mitbewerbern führen könnte. Ob und in welchem Umfang sich die Situation der mitbeteiligten Partei durch Festlegung der Höchstzahl der einzuplanenden Unternehmer bzw. von Auswahlkriterien verbessert hätte, habe die belangte Behörde nicht geprüft.
Zudem habe die belangte Behörde zu Unrecht die gesamte Ausschreibung für nichtig erklärt.
4. Vorverfahren und Gegenschriften:
4.1. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie zur Verpflichtung der Festlegung von Auswahlkriterien auf § 103 Abs. 6 letzter Satz BVergG 2006, den Wortlaut der Überschrift im Anhang VIII des BVergG 2006 sowie Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG verweist. Der insoweit eindeutige Wortlaut des BVergG 2006 mache die Heranziehung der Materialien im Wege der Auslegung unzulässig.
Zur Antragslegitimation bringt die belangte Behörde vor, im Beschwerdefall sei die Ausschreibung gemäß § 2 Z. 16 lit. ab sublit. bb BVergG 2006 die erste gesondert anfechtbare Entscheidung und schon daher seien die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht so eng auszulegen, da sich mit dem Fortschreiten eines Vergabeverfahrens der Kreis der antragslegitimierten Unternehmer zunehmend verenge.
Die Voraussetzung für eine Teilnichtigkeit im Sinne des § 325 Abs. 2 BVergG 2006 lägen gegenständlich nicht vor, da die aufgezeigten Mängel im Vergabeverfahren als "Wurzelmängel" die gesamte Ausschreibung mit Rechtswidrigkeit belasteten.
4.2. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenso eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, unbestritten sei, dass gemäß § 103 Abs. 1 BVergG 2006 eine Mindestzahl der aufzufordernden Unternehmen festzulegen sei, damit die in dieser Bestimmung festgelegte Untergrenze (fünf) nicht unterschritten werde. Dies werde im Übrigen durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH; Verweis auf das Urteil vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-225/98 ) bestätigt. Unbestritten sei in der beschwerdegegenständlichen Ausschreibung keine bestimmte Anzahl und auch keine Mindestanzahl der aufzufordernden Unternehmen festgelegt worden.
Zu dem seitens der Auftraggeber behaupteten fehlenden Schaden bringt die mitbeteiligte Partei vor, für das Vorliegen eines drohenden Schadens sei es ausreichend, wenn die Möglichkeit zur Teilnahme am Vergabeverfahren durch die Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werde. Eine solche Beeinträchtigung liege unzweifelhaft bereits dann vor, wenn sich die Rechtswidrigkeit zu Lasten des Antragstellers auf den Verfahrensausgang auswirken könne. Die Auffassung der Auftraggeber, wonach ein Schaden nicht vorliege, wenn die Vergaberechtswidrigkeit lediglich zur Verringerung der Chance der Verdrängung von konkurrierenden Mitbewerbern führen könnte, sei unbegründet, weil ansonsten öffentliche Auftraggeber in Hinkunft "sanktionslos einen Großteil der vergaberechtlichen Vorschriften beiseite schieben" könnten.
Zur Aufhebung der gesamten Ausschreibung bringt die mitbeteiligte Partei vor, angesichts dessen, dass gesetzlich geforderte Festlegungen in der Ausschreibung fehlten, sei es undenkbar, einen rechtskonformen Zustand bloß dadurch herzustellen, dass bestimmte Ausschreibungsbestimmungen für nichtig erklärt würden. Eine teilweise Nichtigerklärung im Sinn des § 325 Abs. 2 BVergG 2006 komme nur in Betracht, wenn der sodann verbleibende Rest der Ausschreibung auch ohne Berichtigung als Grundlage für das weitere Verfahren verwendbar sei.
4.3. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren teilten die Auftraggeber mit Schriftsatz vom 28. Mai 2010 mit, dass im verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren an sämtliche Bewerber am 26. März 2010 die Widerrufsentscheidung gemäß § 140 BVergG 2006 bekannt gegeben und weiters nachweislich am 13. April 2010 der Widerruf erklärt worden sei. Die Auftraggeber wiesen in ihrer Stellungnahme darauf hin, nach wie vor durch den angefochtenen Bescheid beschwert zu sein, was sich aus der darin enthaltenen Verpflichtung zum Pauschalgebührenersatz ergebe.
4.4. Die belangte Behörde replizierte auf diese Mitteilung dahingehend, dass die vorliegende Widerrufserklärung nicht mehr im Rahmen der Vergabekontrolle des § 312 Abs. 2 Z. 2 BVergG 2006 beseitigt werden könne und somit das Rechtsschutzbedürfnis der Auftraggeber nachträglich weggefallen sei.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zum rechtlichen Interesse der Beschwerdeführer:
Zum Vorbringen der belangten Behörde im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Widerruf des vorliegenden Vergabeverfahrens kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 26. Juni 2009, Zl. 2009/04/0024, verwiesen werden, wonach die Auftraggeber als Beschwerdeführer ungeachtet des Umstandes, dass sie die Ausschreibung zwischenzeitig widerrufen haben, im Hinblick auf die im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Verpflichtung zum Pauschalgebührenersatz in beiden Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides weiterhin beschwert sind.
2. Rechtslage:
2.1. Unionsrecht:
Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. Nr. 134 vom 30. April 2004, Seite 114 bis 240 (im Folgenden: Richtlinie 2004/18 ) lautet auszugsweise:
"Artikel 44
Überprüfung der Eignung und Auswahl der Teilnehmer,
Vergabe des Auftrags
…
(3) Bei den nichtoffenen Verfahren, beim Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung und beim wettbewerblichen Dialog können die öffentlichen Auftraggeber die Zahl an Bewerbern, die sie zur Abgabe von Angeboten auffordern bzw. zu Verhandlungen oder zum wettbewerblichen Dialog einladen werden, begrenzen, sofern geeignete Bewerber in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Die öffentlichen Auftraggeber geben in der Bekanntmachung die von ihnen vorgesehenen objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien oder Vorschriften, die vorgesehene Mindestzahl und gegebenenfalls auch die Höchstzahl an einzuladenden Bewerbern an.
Bei nichtoffenen Verfahren beträgt die Anzahl mindestens fünf Bewerber. Beim Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung und beim wettbewerblichen Dialog beträgt die Anzahl mindestens drei Bewerber. In jedem Fall muss die Zahl der eingeladenen Bewerber ausreichend hoch sein, damit ein echter Wettbewerb gewährleistet ist."
2.2. Österreichisches Recht:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2007 (BVergG 2006), lauten:
"Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen
§ 25. (1) Die Vergabe von Aufträgen über Leistungen hat im Wege eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens, eines Verhandlungsverfahrens, einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems, eines wettbewerblichen Dialoges oder einer Direktvergabe zu erfolgen.
(2) Beim offenen Verfahren wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert.
(3) Beim nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe, von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert.
…
Teilnehmer im nicht offenen Verfahren mit vorheriger
Bekanntmachung
(…)
§ 103.
…
(6) Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen, darf aber bei nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung nicht unter fünf liegen. (…) Die festgelegte Anzahl muss einen echten Wettbewerb gewährleisten und ist in der Bekanntmachung anzugeben. Die objektiven und nicht diskriminierenden Auswahlkriterien haben den besonderen Erfordernissen der zur Ausführung gelangenden Leistung Rechnung zu tragen und sind in der Bekanntmachung bekannt zu geben.
(7) Langen in der Folge mehr Teilnahmeanträge als die vom Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so hat der Auftraggeber unter den befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern anhand der Auswahlkriterien die besten Bewerber auszuwählen. Die maßgeblichen Gründe für die Auswahl sind in nachvollziehbarer Form festzuhalten. (…)
…
Nachprüfungsverfahren
Einleitung des Verfahrens
§ 320. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
…
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 325. …
(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens in Betracht."
3. Zur Mindestanzahl der aufzufordernden Unternehmer:
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Auftraggeber mit der vorliegenden Ausschreibung das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung gemäß § 25 Abs. 3 BVergG 2006 gewählt haben. Weiters unstrittig ist, dass in der Ausschreibung keine Mindest- bzw. Höchstzahl von aufzufordernden Unternehmen festgelegt wurden, sondern dass sämtlich geeignete Unternehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollten.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass diese Festlegung, alle als geeignet ermittelten Unternehmer zur Angebotsabgabe einzuladen, nicht den Vorgaben des § 103 Abs. 6 BVergG 2006 entspricht, kann aus folgenden Erwägungen nicht als rechtswidrig erkannt werden:
Die mitbeteiligte Partei weist zu Recht darauf hin, dass gemäß § 103 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006 die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer bei nicht offenen Verfahren bei vorheriger Bekanntmachung nicht unter fünf liegen darf. Dies entspricht Art. 44 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/18 , wonach bei nichtoffenen Verfahren die (zur Abgabe von Angeboten aufzufordernde) Anzahl mindestens fünf Bewerber beträgt und in jedem Fall die Zahl der eingeladenen Bewerber ausreichend hoch sein muss, damit ein echter Wettbewerb gewährleistet ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 28. März 2008, Zl. 2005/04/0013, in welchem der Verwaltungsgerichtshof auf diese Bestimmung der Richtlinie 2004/18 im Zusammenhang mit der Anzahl der Teilnehmer im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nach § 35 Abs. 2 BVergG 2002 hinweist).
Gemäß § 103 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006 hat der Auftraggeber daher jedenfalls eine Mindestanzahl festzulegen, welche nach dem Wortlaut des Gesetzes im nicht offenen Verfahren mindestens fünf betragen muss (vgl. Öhler/Schramm in:
Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009) Rz. 30 zu § 103; Fink/Heid in:
Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3 (2010) Rz. 732, sprechen in diesem Zusammenhang von einer Mindestvorgabe).
Die mitbeteiligte Partei verweist in diesem Zusammenhang auch zu Recht auf die Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-225/98 , Kommission gegen Französische Republik ("Nord-Pas-de-Calais"). In diesem Urteil hat der EuGH eine Bekanntmachung, in der nur eine Höchstzahl an Bewerbern und somit keine Mindestanzahl festgelegt wurde, als Verletzung des Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 93/37 gesehen, wonach die Zahl der Unternehmen, die ein öffentlicher Auftraggeber im nicht offenen Verfahren zum Bieten zulasse, keinesfalls unter fünf liegen dürfe (vgl. die Randnrn. 55 bis 63 des genannten Urteils).
Ausgehend davon ist für die vorliegende Ausschreibung festzuhalten, dass auch im vorliegenden Fall keine Mindestanzahl an aufzufordernden Unternehmen festgelegt wurde. Vielmehr lässt es die Festlegung der vorliegenden Ausschreibung, dass alle als geeignet ermittelten Bewerber zur Angebotsabgabe eingeladen werden, auch zu, dass weniger als fünf Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern sind. Eine derartige Festlegung widerspricht aber
§ 103 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006 (und auch Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 ).
4. Zur Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung:
§ 325 Abs. 2 BVergG 2006 sieht als Nichtigerklärung
rechtswidriger Entscheidungen auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens vor.
Eine Streichung solcher Bestimmungen, wie dies auch in Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 89/665/EWG ausdrücklich vorgesehen ist, kommt dann nicht in Betracht, wenn danach kein Ausschreibungsgegenstand verbliebe, die Ausschreibung dadurch einen gänzlich anderen Inhalt bekäme oder ein anderer Bieterkreis angesprochen würde. In diesen Fällen wäre die gesamte Ausschreibung zu widerrufen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 22. April 2010, Zl. 2008/04/0077).
Im Beschwerdefall trifft die Auffassung der mitbeteiligten Partei zu, wonach bei der fehlenden Angabe der Mindestanzahl der aufzufordernden Unternehmer nach § 103 Abs. 6 BVergG 2006 überhaupt keine Festlegung der vorliegenden Ausschreibung zu erkennen ist, welche im obigen Sinne gestrichen werden könnte. Vielmehr ist der belangten Behörde zu folgen, wenn sie davon ausgeht, dass dieser Verstoß nur durch Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung zu beseitigen ist.
5. Zur Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei und der Voraussetzung des Schadens:
Gemäß § 320 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 kann ein Unternehmer die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm (unter anderem) durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Die Voraussetzungen der Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren wurden in Übereinstimmung mit der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (im Folgenden: Richtlinie 89/665 ) geregelt (vgl. die Materialien zum Begriff des Interesses am Vertragsabschluss in § 320 BVergG 2006: ErläutRV 1171 BlgNR XXII. GP).
Aus deren Art. 1 Abs. 3 ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten nicht gehalten sind, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Nachprüfungsverfahren jedem zur Verfügung zu stellen, der einen bestimmten Auftrag erhalten will, sondern es ihnen freisteht, zusätzlich zu verlangen, dass der betreffenden Person durch den behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Demgemäß ist es grundsätzlich zulässig, die Teilnahme an einem Auftragsvergabeverfahren zur Voraussetzung dafür zu machen, dass die betreffende Person sowohl ein Interesse an dem fraglichen Auftrag als auch einen aufgrund der angeblich unrechtmäßigen Zuschlagserteilung drohenden Schaden nachweisen kann (vgl. das Urteil des EuGH vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C-230/02 , Grossmann Air Service, Randnrn. 26 und 27, mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 19. Juni 2003 in der Rechtssache C-249/01 , Hackermüller, Slg 2003, I-6319, Randnr. 18; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. April 2008, Zl. 2007/04/0060).
Ein dem Antragsteller drohender Schaden im Sinne von § 320 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird im Nachprüfungsantrag bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2008/04/0239, mwN, und Verweis auf Thienel, aaO, Rz. 7).
Wird die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens angefochten, ergibt sich die Antragslegitimation daraus, dass der Unternehmer an dem gesetzwidrigen Vergabeverfahren teilnehmen musste, um seine Chance auf den Zuschlag zu wahren (vgl. Thienel, aaO, Rz. 7). Gleiches gilt, wenn der Unternehmer eine Ausschreibung aus anderen Gründen - wie vorliegend im Beschwerdefall wegen Nichtangabe der sowohl vom BVergG 2006 als auch unionsrechtlich geforderten Mindestanzahl von aufzufordernden Unternehmen - anficht, weil er ansonsten an dem gesetzwidrigen Vergabeverfahren teilnehmen muss, um seine Chance auf den Zuschlag zu wahren. Als Schadenersatz kommt in diesem Zusammenhang insbesondere der in § 338 BVergG 2006 angeführte Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung in Frage. Der erste Absatz dieser Bestimmung nennt nämlich ausdrücklich die Kosten der Angebotsstellung als Schaden und Abs. 2 verpflichtet den Geschädigten, diesen Schaden (unter anderem) durch Stellen eines Nachprüfungsantrages abzuwenden, was voraussetzt, dass ein solcher Schaden als Schaden nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 zur Nachprüfung der angefochtenen Ausschreibung führen kann (vgl. in diesem Sinne zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung gegen eine Ausschreibung das hg. Erkenntnis vom 14. April 2011, Zl. 2008/04/0065).
6. Die sich aus diesen Erwägungen als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Der Antrag des Bundes (als Rechtsträger der belangten Behörde) auf Zuspruch von Aufwandersatz gegenüber dem Bund (als beschwerdeführende Partei) war abzuweisen, weil ein Kostenersatz im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2005, Zl. 2005/04/0048, VwSlg. 16.642 A).
Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass die anderen beschwerdeführenden Parteien dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde nicht Kosten zu ersetzen hätten. Zwar bestimmt § 53 Abs. 1 erster Satz VwGG, dass die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47), wenn mehrere Beschwerdeführer einen Bescheid gemeinsam in einer Beschwerde angefochten haben, so zu beurteilen ist, wie wenn die Beschwerde nur von dem in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer eingebracht worden wäre. Dies bedeutet aber im vorliegenden Fall, in dem der Bund gegenüber dem erstangeführten Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Kostenersatz hat, nicht, dass dies auch für die anderen Beschwerdeführer gilt. Welche Ansprüche die Beschwerdeführer untereinander haben, ist gemäß § 53 Abs. 1 dritter Satz VwGG nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beurteilen (vgl. zu allem in der gegenteiligen Konstellation das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2009, Zl. 2009/04/0024, mwN).
Wien, am 22. Juni 2011
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