VwGH Ra 2021/05/0150

VwGHRa 2021/05/01508.11.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Liebhart‑Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der M K in K, vertreten durch Mag. Stefan Lichtenegger, LL.M., Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelder Straße 39/DG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. Juli 2021, LVwG‑AV‑596/001‑2021, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Z; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauRallg
ROG NÖ 1976 §19 Abs4
ROG NÖ 2014 §20 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050150.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: LVwG) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindesvorstandes der Marktgemeinde Z. vom 3. Februar 2021, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung zweier Gerätehütten auf einem näher genannten Grundstück der KG K. abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (1.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei (2.).

2 Begründend führte das LVwG dazu auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die Revisionswerberin sei die Pächterin des Baugrundstückes; dieses weise in jenem Bereich, in dem die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Bauwerke geplant sei, die Widmung „Grünland‑Grüngürtel‑Uferbegleitgrün“ auf. Die beiden beantragten Hütten (eine Hütte zum sicheren Verwahren diverser Geräte wie Tagesbett, Rasenmäher, Fahrrad, Heckenscheren, Schlauchboot, usw., sowie eine Hütte mit eingebautem WC) seien gemäß § 14 Z 1 der Niederösterreichischen Bauordnung (NÖ BO 2014) bewilligungspflichtig. Das Bauvorhaben, das lediglich Bade- und Erholungszwecken diene, sei mit der Funktion eines Grüngürtels nicht vereinbar, da dieses nicht für eine Nutzung gemäß § 20 Abs. 2 Niederösterreichisches Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) erforderlich sei (Hinweis auf § 20 Abs. 4 leg.cit .); Anhaltspunkte, worin die Erforderlichkeit für den Zweck eines Grüngürtels gelegen sein könnte, enthalte das gegenständliche Projekt nicht. Mit näher genanntem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft T.aus dem Jahr 2005 sei für den angrenzenden Teich die Nutzung als Sportfischteich mit Badenutzung für einen eingeschränkten Personenkreis wasserrechtlich bewilligt worden. Selbst wenn in einer wasserrechtlichen Bewilligung als Auflage für die Benützung eines Gewässers für Badezwecke die Errichtung einer Abortanlage verlangt werde, bedeute dies noch nicht, dass die Baubehörde zu einer diesbezüglichen Baubewilligung verpflichtet sei; ein Bauvorhaben auf Grundflächen im Grünland, deren Nutzung nur für Badezwecke und Erholungszwecke beabsichtigt sei, sei nicht als erforderlich zu beurteilen (Verweis jeweils auf VwGH 10.12.1991, 91/05/0063). Mit der Frage des „Torpedierungsverbotes“ habe sich der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus bereits in einem Parallelverfahren befasst und die diesbezügliche Revision zurückgewiesen (Verweis auf VwGH 8.3.2021, Ra 2021/05/0034). Die gegenständliche Randfläche des Gewässers weise seit Jahrzehnten die Flächenwidmung „Grünland‑Grüngürtel‑Uferbegleitgrün“ auf. Eine Umwidmung sei zwischen den Jahren 2003 und 2015 bereits mehrfach geprüft worden; aufgrund einer negativen diesbezüglichen Beurteilung sei die Widmung immer noch gültig.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst Verfahrensmängel sowie ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Fragen, „ob im Sinne des § 20 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 eine Erforderlichkeitsprüfung bei bestimmten Widmungsarten immer negativ beschieden ist“ sowie ob „bei der Erforderlichkeitsprüfung der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt ist und ob bei der Erforderlichkeitsprüfung eine Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen ist“, geltend macht.

4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 2.3.2021, Ra 2019/06/0022, oder auch 13.1.2021, Ra 2020/05/0239, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0189, oder auch 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, 0119, jeweils mwN).

9 Zu den in der Revision geltend gemachten Verfahrensmängeln (Ermittlungsmängel und Feststellungsmängel) ist zunächst festzuhalten, dass die Zulässigkeit einer Revision unter Berufung auf einen Verfahrensmangel voraussetzt, dass auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass es abstrakt möglich sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für die Revisionswerberin günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. für viele etwa VwGH 7.10.2020, Ra 2020/05/0187 bis 0189, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche Ergebnisse bei der Durchführung weiterer Ermittlungen durch das LVwG zu erwarten gewesen wären und inwieweit diese das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten (vgl. etwa VwGH 23.3.2020, Ra 2019/06/0249 bis 0253 oder auch 29.3.2021, Ra 2019/06/0004, jeweils mwN).

10 Soweit die Revision in diesem Zusammenhang außerdem vorbringt, das LVwG habe zu Unrecht den Zurückweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes aus einem „Parallelverfahren“ zu Ra 2021/05/0034 herangezogen, zeigt sie mit diesem Vorbringen gerade nicht auf, inwiefern diesbezüglich für den Revisionsfall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben sein sollte (vgl. Art. 133 Abs. 4 B‑VG).

11 Zur weiters geltend gemachten Rechtsfrage, „ob im Sinne des § 20 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 eine Erforderlichkeitsprüfung bei bestimmten Widmungsarten immer negativ beschieden ist“, ist zum einen auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zu verweisen, in welcher das LVwG fallbezogen zu dem Ergebnis kam, dass die verfahrensgegenständlichen Objekte, wie von der Revisionswerberin beantragt, zur Nutzung des Grundstückes mit der dafür festgelegten Widmung „Grünland‑Grüngürtel‑Uferbegleitgrün“ nicht erforderlich sind. Dieser Beurteilung tritt die Revision in der Begründung ihrer Zulässigkeit in der Sache nicht entgegen und legt insbesondere nicht dar, inwiefern diese unvertretbar sein solle und eine Erforderlichkeit der in Rede stehenden Bauwerke für die Nutzung einer Grundfläche mit der gegenständlich vorliegenden Widmung gemäß § 20 Abs. 4 NÖ ROG 2014 gegeben sein sollte. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt, dass der Gemeinde für die Ausweisung einer unbebaubaren Fläche unter anderem die Widmung „Grünland‑Grüngürtel“ zur Verfügung steht (vgl. VwGH 3.7.2007, 2006/05/0068). Auch insofern ist die Beurteilung im angefochtenen Erkenntnis, für die zweckentsprechende Verwendung der Grundfläche als Grüngürtel seien die beantragten Objekte nicht erforderlich, nicht als unvertretbar anzusehen; aus der zur Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1991, 91/05/0063, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 außerdem wiederholt ausgesprochen, dass bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Bauwerken im Grünland ein strenger Maßstab anzulegen ist, um die Umgehung der Bestimmungen über die Flächenwidmung zu verhindern (vgl. etwa VwGH 8.4.2014, 2011/05/0124; 29.3.2017, Ro 2014/05/0007 sowie zum Ganzen VwGH 13.10.2021, Ra 2021/05/0126, betreffend ein Bauvorhaben am selben Teich auf einem ebenfalls als „Grünland‑Grüngürtel‑Uferbegleitgrün“ gewidmeten Grundstück).

12 Zum Zulässigkeitsvorbringen, das LVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „ob bei der Erforderlichkeitsprüfung der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt ist und ob bei der Erforderlichkeitsprüfung eine Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen ist“ abgewichen, ist zunächst festzuhalten, dass sich die Auffassung, das LVwG habe die Prüfung der Übereinstimmung mit den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen nicht anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorgenommen, auf dem Boden der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses als unzutreffend erweist. Das LVwG hat vielmehr u.a. ausgeführt, dass seit Gutachtenserstellung (Anmerkung: zur Frage der Erforderlichkeit im Jahr 2013, siehe aE S. 5) keine maßgebliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist (aE S. 17f) und hat damit als maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt offenkundig jenen der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses herangezogen. Dass sich die Sach- und Rechtslage entgegen dieser Beurteilung des LVwG zwischenzeitlich entscheidungswesentlich geändert hätte, bringt die Revision nicht vor; auch aus dem im Zulässigkeitsvorbringen genannten und im Übrigen zu einem anderen Sachverhalt als vorliegend ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2007, 2005/05/0113, ist entgegen der Auffassung der Revisionswerberin gegenständlich nicht die Verpflichtung zur Einholung eines (neuen) Sachverständigengutachtens abzuleiten. Wenn die Revisionswerberin weiters behauptet, zur Erforderlichkeitsprüfung sei eine „Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten“ vorzunehmen, und sich dabei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2020, Ra 2020/05/0157 (betreffend die Errichtung einer Kleinwindkraftanlage), beruft, ist zum einen nicht zu erkennen, inwiefern dieses Argument der Revision im Hinblick auf die hier gegenständlichen Objekte zum Erfolg verhelfen könnte, und verkennt sie damit zum anderen den Inhalt der genannten Entscheidung, in der diese Frage nur am Rande in der Wiedergabe des Beschwerdevorbringens an das Verwaltungsgericht, nicht aber entscheidungswesentlich für das Erkenntnis angesprochen wurde.

13 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich auf die wasserrechtliche Bewilligung des angrenzenden Teiches zur Nutzung als Sportfischteich mit Badenutzung aus dem Jahr 2005 verweist, genügt es, auf das von ihr selbst genannte (und auch vom LVwG zutreffend herangezogene) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1991, 91/05/0063, zu verweisen, welches zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt damit gerade nicht vor; die dort zugrundeliegende Bestimmung des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 ist im hier entscheidungswesentlichen Punkt der Erforderlichkeitsprüfung mit der vorliegend angewendeten Bestimmung des § 20 Abs. 4 NÖ ROG 2014 vergleichbar (vgl. zu alldem nochmals VwGH 13.10.2021, Ra 2021/05/0126).

14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. November 2021

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