VwGH Ra 2019/06/0249

VwGHRa 2019/06/024923.3.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision 1. der A T, 2. der G S und 3. des J S, alle in Z, sowie 4. der Mag. Dr. A P in W und 5. der M K in S, alle vertreten durch Mag. Michael Rettenwander, Rechtsanwalt in 5760 Saalfelden, Almerstraße 2/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 19. August 2019, Zl. 405‑3/529/1/16‑2019, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See; mitbeteiligte Partei: M GmbH in Z, vertreten durch die Kinberger‑Schuberth‑Fischer Rechtsanwälte‑GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8
BauPolG Slbg 1997 §7a
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6
BauRallg
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019060249.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (in der Folge: LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 20. Februar 2019, mit welchem der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen die Baubewilligung für die projektgemäße Errichtung einer Hotelanlage mit 48 Gästezimmern in insgesamt 26 Apartments auf einer näher genannten Liegenschaft erteilt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei (II.).

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, dass näher beschriebene Abgrabungen bis 13 m Tiefe „nur die Bauarbeiten und nicht das Bauvorhaben im Endzustand“ beträfen, belaste das Erkenntnis mit einem „eklatanten Feststellungsmangel“. Im Zusammenhang damit sei die Geschoßflächenzahl für das gegenständliche Projekt aus näheren Gründen unrichtig berechnet. Zwar judiziere der Verwaltungsgerichtshof zur Salzburger Rechtslage, dass Nachbarn kein subjektiv‑öffentliches Recht auf Einhaltung der die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche regelnden Geschoßflächen‑, Grundflächen- oder Baumassenzahl zukomme, weil sie bereits ein subjektiv‑öffentliches Recht auf Einhaltung von Abstandsvorschriften und Gebäudehöhen hätten (Verweis auf näher bezeichnete Rechtsprechung), es fehle jedoch (im Ergebnis) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, „ob nach der Salzburger Rechtslage, insbesondere § 9 Abs. 1 Z 6 BauPolG, Nachbarn ein subjektiv‑öffentliches Recht auf Einhaltung der im Bebauungsplan und der Bauplatzerklärung enthaltenen Festlegungen dann zukommt, wenn das Bauprojekt in gehäufter und massiver Weise gegen die normierten Bebauungsgrundlagen“ verstoße. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zur Frage des subjektiv‑öffentlichen Rechtscharakters der Bestimmungen über die bauliche Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes“ sei uneinheitlich, weil die Judikatur zur Kärntner und zur oberösterreichischen Rechtslage aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der Rechtsprechung zur Salzburger Rechtslage abweiche. Darüber hinaus habe das LVwG wesentliche Beweisaufnahmen im Zusammenhang mit der Schallprognose der Anlage sowie ausreichende Feststellungen für eine rechtliche Beurteilung der Einwendungen der revisionswerbenden Parteien hinsichtlich der behaupteten unzumutbaren Immissionsbelastungen durch den Hotelbetrieb und die Garagenzu- und ‑abfahrten unterlassen.

6 Mit diesem Vorbringen zeigen die revisionswerbenden Parteien keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG auf.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv‑öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. für viele z.B. VwGH 5.11.2019, Ra 2019/06/0238, mwN).

8 Wie die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der Revision selbst vorbringen, besteht gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Salzburger Rechtslage, wonach Nachbarn kein subjektiv‑öffentliches Recht auf Einhaltung der die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche regelnden Geschoßflächen‑, Grundflächen- oder Baumassenzahl zukommt, weil sie bereits ein subjektiv‑öffentliches Recht auf Einhaltung von Abstandsvorschriften und Gebäudehöhen haben (vgl. VwGH 28.2.2018, Fe 2016/06/0001, mwN, oder auch schon VwGH 17.12.2009, 2008/06/0080); der dem Revisionsfall zugrundeliegende Sachverhalt bietet für den Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass dafür, von der genannten Rechtsprechung abzugehen. Dass die revisionswerbenden Parteien durch das verfahrensgegenständliche, für eine Liegenschaft in Hanglage projektierte, Bauvorhaben in ihren subjektiv‑öffentlichen Rechten auf Einhaltung der Mindestabstände gemäß § 25 Abs. 3 Bebauungsgrundlagengesetz oder der im anzuwendenden Bebauungsplan festgelegten Bauhöhen verletzt seien, bringen sie weder vor, noch ist dies nach Lage des Falles ersichtlich. Der Verweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Bauordnungen anderer Bundesländer ist bereits im Hinblick auf ‑ wie die revisionswerbenden Parteien selbst ausführen ‑ die unterschiedlichen materiell‑rechtlichen Grundlagen der verschiedenen Bundesländer nicht geeignet, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall aufzuzeigen (vgl. sinngemäß etwa VwGH 6.12.2019, Ra 2019/06/0247).

9 Zu den darüber hinaus von den revisionswerbenden Parteien geltend gemachten Verfahrensmängeln ist festzuhalten, dass die Zulässigkeit einer Revision unter Berufung auf einen Verfahrensmangel voraussetzt, dass auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass es abstrakt möglich sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für den Revisionswerber günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. etwa VwGH 15.9.2016, Ra 2016/06/0103, oder auch VwGH 24.10.2017, Ra 2017/06/0191, jeweils, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie insbesondere im Hinblick auf die dem Verfahren zugrundegelegten lärmtechnischen Gutachten, welche nach den Feststellungen des LVwG auch die Zu- und Abfahrten in die Tiefgarage berücksichtigen, und die Tatsache, dass im bewilligten Projekt entgegen den Revisionsausführungen eine Fläche für „Rangiermanöver“ im Bereich der Tiefgaragenein- und ‑ausfahrt nicht vorgesehen ist, sowie im Hinblick auf die Lage der Nachbargrundstücke der zweit‑, dritt- und fünftrevisionswerbenden Parteien nicht aufzeigt, welche Ergebnisse bei der Durchführung weiterer Ermittlungen zu erwarten gewesen wären und inwieweit diese das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0257, oder auch VwGH 27.3.2018, Ra 2015/06/0118, jeweils mwN).

Wien, am 23. März 2020

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