VwGH Ra 2020/05/0187

VwGHRa 2020/05/01877.10.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Ing. M B, 2. des U S und 3. der E S, alle in L, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 14. Mai 2019, LVwG‑151888/32/VG ‑ 151890/3, LVwG‑152022/2/VG, betreffend Zurückweisung von Beschwerden in einer Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Landeshauptstadt Linz; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Prof. Dr. W B in L), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050187.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, der Mitbeteiligte (Bauwerber) habe während des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht eine Parzellierung seiner Liegenschaft vorgenommen, und zwar ausschließlich zu dem Zweck, den Revisionswerbern die Stellung als Nachbarn und damit die Parteistellung im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren zu nehmen.

6 Das Verwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung, dass es auf etwaige Motive für die Grundabteilung nicht ankomme und die Sach‑ und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtes maßgeblich sei, auf die Entscheidung VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0216 (mit Hinweis auf VwGH 27.2.2018, Ro 2016/05/0009), gestützt. Zwar sei dort ein Fall gegenständlich gewesen, der die Rechtslage in Niederösterreich betroffen habe, die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei aber auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren übertragbar.

7 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt dann nicht vor, wenn diese Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet wurde. Dies gilt auch für den Fall, dass zu einer bestimmten Rechtsfrage Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einer mit der anzuwendenden Bestimmung in den für den relevanten Fall entscheidenden Punkten übereinstimmenden Bestimmung eines anderen Bundeslandes besteht (vgl. VwGH 21.1.2016, Ra 2015/12/0051, mwN).

8 In den Revisionszulässigkeitsgründen fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der vom Verwaltungsgericht für seine Auffassung ins Treffen geführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es wird insbesondere nicht dargelegt, weshalb diese Judikatur im vorliegenden Fall nicht heranziehbar sein sollte. In der Revision wird daher insoweit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0247).

9 Des Weiteren werden in den Revisionszulässigkeitsgründen Verfahrensmängel geltend gemacht. Der gegenständliche Verfahrenskomplex sei durch eine systematische, beharrliche und kontinuierliche Verweigerung der Parteienrechte gekennzeichnet. Im vorangegangenen Baubewilligungsverfahren seien die Revisionswerber als Partei übergangen worden und hätten von diesem Verfahren daher keine Kenntnis gehabt (wurde näher ausgeführt). In einem Fall wie dem gegenständlichen dürfe daher der Einwand der Präklusion von verspätet erhobenen Einwendungen den Nachbarn nicht entgegengehalten werden.

10 Das Verwaltungsgericht ist in seiner Begründung davon ausgegangen, dass in Bezug auf das Baubewilligungsverfahren betreffend die Errichtung einer Halle für landwirtschaftliche Geräte, Lager für Heu und Hackschnitzel sämtlichen Revisionswerbern keine Parteistellung zukomme, weil ihre Liegenschaften vom Baugrundstück zu weit entfernt seien (S. 5 f des angefochtenen Erkenntnisses). Dies hat das Verwaltungsgericht auch in Bezug auf die Parteistellung des Erstrevisionswerbers hinsichtlich des Baubewilligungsverfahrens für einen Unterstand für Weidetiere angenommen (S. 6 des angefochtenen Erkenntnisses). Die Zweit‑ und Drittrevisionswerber hat das Verwaltungsgericht als übergangene Parteien angesehen, weshalb die Präklusionsfolgen für sie nicht gälten. Ihre Einwendungen hätten sich aber nicht auf das konkrete Bauprojekt bezogen, und die Widmung Grünland biete dem Nachbarn keinen Immissionsschutz. Das Verwaltungsgericht dürfe den Fall auf Grund der Nachbarbeschwerden der Zweit‑ und Drittrevisionswerber nur insoweit prüfen, als die Frage einer Verletzung von subjektiv‑öffentlichen Rechten Gegenstand sei, was hier nicht der Fall sei (S. 7 ff des angefochtenen Erkenntnisses).

11 Rechtsfragen des Verfahrensrechtes kommt grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nur dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte. Hiebei muss die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage des Verfahrensrechtes abhängen, wovon im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden kann, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser Mangel abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 24.3.2015, Ra 2015/05/0010, mwN).

12 Da keinem Revisionswerber Präklusion entgegengehalten wurde, ist nicht ersichtlich, welche Relevanz dem diesbezüglich gerügten Verfahrensmangel zukommen sollte. Dagegen, dass die Liegenschaften der Revisionswerber für die Nachbarparteistellung nicht nahe genug seien bzw. von den Revisionswerbern keine subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechte geltend gemacht worden seien, wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nichts vorgebracht. Es wird somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt.

13 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ferner ausgeführt, dass die Stadt L. ihrer Verpflichtung zur Aufschließung des gegenständlichen Siedlungsgebietes nicht nachgekommen sei. Es seien verschiedenen Liegenschaftseigentümern Baubewilligungen erteilt worden, ohne dass deren Objekte entsprechend aufgeschlossen wären. Die Aufschließung über eine nicht befestigte Zufahrtsstraße auf Grund einer privatrechtlichen Servitutsvereinbarung sei nicht ausreichend. Die Revisionswerber hätten dies im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren wiederholt vorgebracht und die Stadt L. an ihre diesbezüglichen Gewährleistungs‑ und Erfüllungspflichten erinnert, jedoch ohne Erfolg.

14 Es ist nicht nachvollziehbar, in welchem Zusammenhang dieses Vorbringen damit stehen soll, dass die Parteistellung der Revisionswerber aus den oben genannten Gründen vom Verwaltungsgericht verneint wurde. Somit wird dadurch für den vorliegenden Fall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt.

15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 7. Oktober 2020

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