VwGH Ro 2015/05/0008

VwGHRo 2015/05/00082.8.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revisionen 1. der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5 (hg. Zl. Ro 2015/05/0008),

2. der B GmbH in S, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19 (hg. Zl. Ro 2015/05/0013), und

3. der Kärntner Landesregierung (hg. Zl. Ro 2015/05/0014), gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Februar 2015, Zl. W104 2016940-1/3E, betreffend Antrag auf Feststellung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Ö Umweltbewegung, vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3, 1. OG), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §73;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art131 Abs4 Z2 lita;
B-VG Art131 Abs4;
B-VG Art18;
B-VG Art83 Abs2;
UVPG 2000 §40 Abs1 idF 2013/I/095;
UVPG 2000 §40 idF 2009/I/087;
UVPG 2000 §40 idF 2013/I/095;
UVPG 2000 §46 Abs24 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der zweitrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Eingabe vom 30. April 2014 bei der Kärntner Landesregierung die Feststellung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) für die Errichtung und den Betrieb eines biomassebefeuerten Heizkraftwerkes für die Erzeugung von Fernwärme und elektrischem Strom an einem näher genannten Standort.

2 Ein im Briefkopf als "Rechtsauskunft" tituliertes Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 9. Juli 2014 lautet auszugsweise wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Mag. A ...!

...

In diesem Zusammenhang erlaubt sich die gefertigte Behörde auf nachstehend angeführte Bestimmungen aufmerksam zu machen:

...

In Ansehung der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass der Antragstellerin weder aus dem eindeutigen Wortlaut der nationalen Bestimmung (§ 3 Abs 7 UVP-G 2000) noch aus einem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht ein Antragsrecht auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens zukommen kann; dies scheint offenbar auch Ihnen bewusst zu sein, da das Ö selbst versucht, über ‚Umwegargumentation' ein Antragsrecht zu begründen und dürfen wir Sie daher über diese rechtliche Situation informieren.

Mit freundlichen Grüßen!

Für die Kärntner Landesregierung:

..."

3 Mit Eingabe vom 17. Dezember 2014 brachte die mitbeteiligte Partei bei der Kärntner Landesregierung eine Säumnisbeschwerde "an das Verwaltungsgericht" ein.

Im angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unter Spruchpunkt A) aus, die mitbeteiligte Partei sei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt. Die vor dem BVwG belangte Behörde habe gemäß § 28 Abs. 7 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 binnen sechs Wochen einen Bescheid darüber zu erlassen, ob für das Vorhaben der Errichtung und des Betriebes eines biomassebefeuerten Heizkraftwerkes für die Erzeugung von Fernwärme und elektrischen Strom (an einem näher genannten Standort) eine UVP nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei. Unter Spruchpunkt B) wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

Begründend führte das BVwG nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, das BVwG gehe von seiner Zuständigkeit für Entscheidungen über Säumnisbeschwerden aus. Der Bundesgesetzgeber habe bei der Regelung des § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 offenbar den Hauptfall der bei den Verwaltungsgerichten anfallenden Entscheidungen, nämlich die Bescheidbeschwerde, vor Augen gehabt. Weder die Materialien zur UVP-G 2000 Novelle 2013 noch andere Quellen ließen Anhaltspunkte dafür erkennen, dass neben den ausdrücklich ausgenommenen Strafverfahren nach § 45 UVP-G 2000 noch weitere Teilbereiche der Angelegenheiten der UVP den Landesverwaltungsgerichten (LVwG) vorbehalten sein sollten. Es sei dafür auch keine sachliche Begründung erkennbar, woraus folge, dass der Bundesgesetzgeber davon ausgegangen sei, dass auch Säumnisbeschwerden von der Entscheidungsbefugnis des BVwG erfasst sein sollten. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 sei daher analog auch auf Säumnisbeschwerden anzuwenden.

Analog zu § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sei neben den explizit genannten Personen auch Umweltorganisationen im Sinne des § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 ein Antragsrecht zuzugestehen und damit die Möglichkeit einzuräumen, eine Säumnis der Behörde vor dem BVwG geltend zu machen (wurde näher ausgeführt).

Die belangte Behörde habe seit Antragstellung Ende April 2014 keinerlei Handlungen zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrenes gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 gesetzt und keinen Bescheid erlassen. Die "Rechtsauskunft" vom 9. Juli 2014 stelle mangels eines normativen Abspruches über den Antrag und auf Grund der Bezeichnung als "Rechtsauskunft" keinen Bescheid dar. Die Verzögerung sei auf das ausschließliche Verschulden der Behörde zurückzuführen. Da § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eine sechswöchige Entscheidungsfrist vorsehe, die bei Erhebung der Säumnisbeschwerde längst verstrichen gewesen sei, sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag mit Einlangen der Säumnisbeschwerde an das BVwG übergegangen. Das BVwG habe von seiner Befugnis nach § 28 Abs. 7 VwGVG Gebrauch gemacht, weil die Behörde auf Grund ihrer verfehlten Rechtsansicht keinerlei Ermittlungen zur Klärung der Frage der UVP-Pflicht getätigt habe. Das gesamte Ermittlungsverfahren sei daher noch ausständig. Die Behörde habe in weiterer Folge unverzüglich ein Feststellungsverfahren zur Frage der UVP-Pflicht durchzuführen (wurde näher ausgeführt). Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es zur Frage der Berechtigung der Erhebung einer Säumnisbeschwerde durch eine Umweltorganisation in Fällen, in denen kein Feststellungsbescheid erlassen werde, an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle und die Entscheidung damit von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der besondere Bedeutung zukomme.

4 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden Revisionen mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des BVwG, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5 Das BVwG legte die Verfahrensakten vor.

Die Parteien des Verfahrens sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstatteten in der Folge jeweils Revisionsbeantwortungen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Revisionen sind aus den im angefochtenen Erkenntnis

angeführten Gründen zulässig.

7 Artikel 10 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idF BGBl. I Nr. 115/2013

lautet auszugsweise:

"Artikel 10. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung und die

Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

...

9. Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt, soweit diese nicht unter Art. 11 fällt; Kraftfahrwesen; Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei; Strom- und Schifffahrtspolizei, soweit sie nicht unter Art. 11 fällt; Post- und Fernmeldewesen; Umweltverträglichkeitsprüfung für Bundesstraßen und Eisenbahn-Hochleistungsstrecken, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist;

..."

"Artikel 11 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idF BGBl. I Nr. 51/2012 lautet auszugsweise:

Artikel 11. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung, Landessache

die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

...

7. Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist; soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, Genehmigung solcher Vorhaben;

..."

Artikel 130 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idF BGBl. I Nr. 101/2014

lautet auszugsweise:

"Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

...

(2) Durch Bundes- oder Landesgesetz können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über

1. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze oder

2. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens oder

3. Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten

vorgesehen werden. In den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sowie in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 dürfen Bundesgesetze gemäß Z 1 nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

..."

Artikel 131 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idF BGBl. I Nr. 51/2012

lautet auszugsweise:

"Artikel 131. (1) Soweit sich aus Abs. 2 und 3 nicht anderes ergibt, erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 die Verwaltungsgerichte der Länder.

(2) Soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 in Vollziehung Bundessache sind. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 3 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten des Bundes.

(3) ...

(4) Durch Bundesgesetz kann

1. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder vorgesehen werden: in Rechtssachen in den Angelegenheiten gemäß Abs. 2 und 3;

2. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes vorgesehen werden:

a) in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (Art. 10 Abs. 1 Z 9 und Art. 11 Abs. 1 Z 7);

..."

§ 40 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 87/2009 (in Kraft bis 31. Dezember 2013) lautete auszugsweise:

"§ 40. (1) In den Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes ist der Umweltsenat, auch im Fall einer Delegation gemäß § 39 Abs. 1 vierter Satz, nicht jedoch in Verfahren gemäß § 45, Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne der §§ 5, 68 und 73 AVG. Er entscheidet auch über Wiederaufnahmsanträge nach § 69 AVG.

..."

§ 40 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 95/2013

(in Kraft ab 1. Jänner 2014) lautet auszugsweise:

"§ 40. (1) Über Beschwerden gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Dies gilt nicht in Verfahren nach § 45.

..."

8 Das BVwG ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 9. Juli 2014 keinen Bescheid darstellt. Für die Bescheidqualität eines individuellen Verwaltungsaktes ist inhaltlich der Bescheidwille, nämlich der autoritative Wille der Behörde zur Ausübung von Hoheitsgewalt, entscheidend (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, S 252, Rz 419 zitierte hg. Judikatur, siehe insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Ein Bescheidwille ist dann anzunehmen, wenn der Verwaltungsakt als Äußerung des autoritativen Behördenwillens zur hoheitlichen Regelung einer bestimmten Angelegenheit zu deuten ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2012, Zl. 2011/05/0093). Bescheidcharakter kommt auch nicht als Bescheid bezeichneten Erledigungen zu, sofern ihrem Inhalt zu entnehmen ist, dass mit ihnen über ein konkretes Rechtsverhältnis abgesprochen werden sollte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, Zl. 2011/05/0017).

9 Sowohl die Bezeichnung der Schreibens der Kärntner Landesregierung vom 9. Juli 2014 im Briefkopf als "Rechtsauskunft" als auch die Formulierungen, die Behörde "erlaube sich (...) auf nachstehend angeführte Bestimmungen aufmerksam zu machen" und "dürf(e) (...) daher über diese rechtliche Situation informieren", bringen zum Ausdruck, dass kein autoritativer Behördenwillen gegeben ist. Die Erledigung mit der Anrede "Sehr geehrter Herr ..." und abschließenden "freundlichen Grüßen" ist somit nicht als Bescheid, sondern (hier:) als bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht, zu werten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1992, Zl. 92/12/0025, sowie vom 23. Jänner 2007, Zl. 2006/06/0277, mwN).

10 Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG verpflichtet den Gesetzgeber zu einer - strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden - präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2015, G 151/2014 ua, mwN). Es genügt nicht, wenn sich eine behördliche Zuständigkeit "indirekt" aus dem Gesetz ableiten lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1988, Zl. 87/18/0115). Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich gehalten, gerade die Behördenzuständigkeit derart klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es keiner subtilen Auslegungstätigkeit bedarf, um die vom Gesetzgeber gewollten Kompetenzen der Behörden zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1983, Zl. 82/08/0152, 0203).

11 Für die Vollziehung ergibt sich aus dem Gesagten, dass die Einhaltung der (solchermaßen verfassungskonform präzise zu gestaltenden) Zuständigkeitsregeln in enger Nahebeziehung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter steht und damit eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung darstellt (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Februar 1997, Zl. 96/12/0330).

12 Nach Art. 131 Abs. 1 B-VG erkennen grundsätzlich die Verwaltungsgerichte der Länder über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 B-VG. Basierend auf der verfassungsrechtlichen Grundlage des Art 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG wurde mit § 40 UVP-G 2000 abweichend davon eine Zuständigkeit des BVwG geschaffen. Nach dem Wortlaut des § 40 UVP-G 2000 idF der Novelle BGBl. I Nr. 95/2013 entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen "Entscheidungen" nach dem UVP-G 2000. Schon bei einer Auslegung des Wortes "Entscheidungen" mittels Verbalinterpretation können unter diesen Begriff ausschließlich Akte einer Verwaltungsbehörde subsumiert werden, die eine anhängige Rechtssache abschließend klären, wie eben Bescheide. Die "Verletzung" einer "Entscheidungspflicht" seitens einer Verwaltungsbehörde stellt - schon dem Wortlaut und der Systematik des Art. 130 Abs. 1 B-VG folgend - das Gegenteil einer "Entscheidung" dar.

§ 40 UVP-G 2000 normiert explizit einen von der Regel des Art. 131 Abs. 1 B-VG abweichenden Rechtszug an das BVwG bei "Beschwerden gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz". Die eine vormals umfangreiche Zuständigkeit des Umweltsenates begründende Formulierung des § 40 UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2009, die auf "Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes" des UVP-G 2000 abstellte und dem Umweltsenat ausdrücklich auch oberbehördliche Befugnisse im Devolutionsfall (§ 73 AVG) zusprach, wurde nicht entsprechend in die nunmehr maßgebende Fassung BGBl. I Nr. 95/2013 übernommen. Auch den Materialen zur Novelle des UVP-G 2000, BGBl. I Nr. 95/2013, wonach das BVwG "hinkünftig für Beschwerden gegen alle Entscheidungen nach dem UVP-G" zuständig sei (EB zur RV, 2252 BlgNR 24. GP , 5), ist nicht zu entnehmen, dass die seinerzeit umfassende Zuständigkeit des Umweltsenates auch dem BVwG gegeben werden und dem BVwG somit auch eine Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden wegen Verletzungen der Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsbehörde zukommen sollte.

13 Schließlich ergibt sich aus den obigen Ausführungen zu den Anforderungen an eine präzise Regelung der Zuständigkeiten und deren genaue Befolgung durch die Vollziehung, ebenso aber auch daraus, dass § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 eine (restriktiv zu interpretierende) Ausnahmebestimmung zur allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 131 Abs. 1 B-VG darstellt, dass eine analoge Heranziehung des § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 für Säumnisbeschwerden ausscheidet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1993, Zl. 93/03/0211; dazu, dass eine Ausnahme von einer generellen Zuständigkeitsregel bzw. Zuständigkeitsregelungen nicht ausdehnend interpretiert werden darf, vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 28. November 1966, Zl. 1360/64, vom 23. Juni 1993, Zl. 92/12/0087, und vom 27. April 2006, Zl. 2004/07/0179). Auch aus der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 24 Z 4 UVP-G 2000, wonach Verfahren, die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Umweltsenat auf Grund eines Devolutionsantrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG anhängig sind, vom Bundesverwaltungsgericht als Säumnisbeschwerdeverfahren weiter zu führen sind, kann für den gegenständlichen Fall keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes abgeleitet werden. Die Zuständigkeit des BVwG ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um etwa eine Rechtsschutzlücke zu vermeiden, da eben im Säumnisfall eine Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu richten ist. Die Auffassung des BVwG, dass eine analoge Heranziehung des § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 zu erfolgen habe, würde im Übrigen unterstellen, dass § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 nicht präzise genug und damit verfassungswidrig ist. Es besteht aber keinerlei Anlass, dieser Norm eine solche Verfassungswidrigkeit zuzuschreiben.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit des BVwG aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf die weiteren Revisionsvorbringen einzugehen.

15 Gemäß § 39 Abs. 2 Z 2 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.

Wien, am 2. August 2016

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