VwGH 96/12/0330

VwGH96/12/033026.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des E in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigung des Bundesministers für Landesverteidigung oder des Kommandos der Fliegerdivision vom 20. September 1996, Zl. 44.722-10/95, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit der als Bescheid bezeichneten, vom Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vorgelegten Erledigung vom 20. September 1996 wurde seinem Antrag vom 12. Februar 1996 um Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BDG 1979 keine Folge gegeben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dem zum Antrag des Beschwerdeführers eingeholten chefärztlichen Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 1. Juli 1996 sei folgende Diagnose zu entnehmen:

Im folgenden werden die gesundheitlichen Gebrechen des Beschwerdeführers diagnosemäßig dargestellt. Nach Wiedergabe des § 14 Abs. 1 BDG 1979 wird in der Begründung weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer besetze bei der "X/Y-Bataillon" den Arbeitsplatz eines "Kdt VersGrp & DfUO". Wie aus der Stellungnahme und dem ersten Leistungskalkül des Chefarztes auf Grund der dazu eingeholten verschiedenen fachärztlichen Gutachten schlüssig hervorgehe, befinde sich der Beschwerdeführer in einem körperlichen und geistigen Zustand, der ihm die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung der ärztlicherseits festgestellten Einschränkungen weiterhin ermögliche. Mit Parteiengehör vom 18. Juli 1996 sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben worden, vom Ergebnis der stattgefundenen ärztlichen Untersuchungen Kenntnis zu nehmen bzw. seien ihm Ablichtungen der chefärztlichen Stellungnahme der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten sowie der dazu eingeholten fachärztlichen Gutachten zugestellt und ihm mitgeteilt worden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung derzeit nicht gegeben seien.

Dazu habe der Beschwerdeführer am 12. August 1996 eine Stellungnahme eingebracht, in der er auf seine Krankheits- bzw. Leidenszustände hingewiesen habe, die seines Erachtens zu seiner vorzeitigen Ruhestandsversetzung führen müßten.

Dazu werde festgestellt, daß die "beschriebenen Zustände bereits zum Zeitpunkt der Untersuchungen durch die PVAng. bestanden" hätten und der Beschwerdeführer daher Gelegenheit gehabt hätte, seine Einwendungen den befundenden Ärzten vorzutragen. Der Stellungnahme des Chefarztes seien auch die vom Beschwerdeführer zu den Untersuchungen beigebrachten Gutachten der ihn behandelnden Ärzte vorgelegen. Es sei daher weiterhin zu schließen, daß der Beschwerdeführer sich in einem körperlichen und geistigen Zustand befände, der ihm die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben unter Berücksichtigung der ärztlicherseits festgestellten Einschränkungen ermögliche. Da der Beschwerdeführer nicht dauernd dienstunfähig sei, sondern als dienstfähig zu beurteilen sei, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 derzeit nicht vor.

Diese Erledigung trägt folgenden Kopf:

"Bundesministerium

für Landesverteidigung

Kommando der Fliegerdivision"

Die Fertigungsklausel lautet:

"Z, 20. September 1996

Für den Bundesminister:

i.A.

unleserl. Unterschrift

(Mag.Dr.iur. R, Brigadier)"

Gegen diese als Bescheid qualifizierte Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.

Nach Eröffnung des Vorverfahrens teilte der Bundesminister für Landesverteidigung mit Schreiben vom 24. Jänner 1997 mit, daß der angefochtene Bescheid der Fliegerdivision vom 20. September 1996 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben worden sei.

Gemäß dem für die Beurteilung der gegenständlichen Erledigung als Bescheid in formeller Hinsicht (§ 58 Abs. 3 AVG) maßgebenden § 18 Abs. 4 erster Satz AVG, dessen Anwendbarkeit sich aus § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 DVG auf den Beschwerdefall ergibt, müssen unter anderem alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten.

Nach § 2 Abs. 1 DVG richtet sich die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten primär nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, subsidiär nach dem DVG. Der Wirkungsbereich der Bundesministerien umfaßt nach § 2 Abs. 1 lit. a des Bundesministeriengesetzes 1973, BGBl. Nr. 389, in Verbindung mit der Anlage zu § 2 Teil 1 Z. 3 des genannten Gesetzes die "Personalangelegenheiten". Nach § 10 Abs. 1 BMG 1973 kann der Bundesminister unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Gruppen von Angelegenheiten den in seinem Ministerium bestehenden Unterorganisationseinheiten zur selbständigen Behandlung übertragen.

§ 14 BDG 1979 regelt die Versetzung der Beamten in den vorzeitigen Ruhestand und enthält keine Aussage zur Behördenzuständigkeit. Es ist diese Frage daher grundsätzlich nach § 2 Abs. 2 ff DVG zu lösen. Demnach sind die obersten Verwaltungsbehörden innerhalb ihres Wirkungsbereiches grundsätzlich in erster (und letzter) Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung unter bestimmten im Gesetz genannten Voraussetzungen ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienstbehörde übertragen werden. In Ausführung dieser gesetzlichen Bestimmung ist eine solche Delegation in Form einer Verordnung der Bundesregierung, nämlich die Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162, ergangen. Nach § 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a DVV 1981 vor der Änderung dieser Verordnung mit BGBl. Nr. 540/1995 war die Verfügung der Versetzung in den Ruhestand bei Beamten der Dienstklasse VII und niedrigerer Dienstklassen an die im § 2 DVV genannten nachgeordneten Dienstbehörden, im konkreten Fall gemäß § 2 Z. 7 lit. c DVV 1981 an das Kommando der Fliegerdivision delegiert.

Die Verfügung der Versetzung in den Ruhestand fällt aber seit 1. September 1995 für die ab diesem Zeitpunkt eingeleiteten Verfahren nach der genannten Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 540/1995 - vgl. §§ 1 Abs. 1 Z. 5 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 DVV 1981 in der zuletzt genannten Fassung - in die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde, also nicht mehr in die Zuständigkeit der nachgeordneten Dienstbehörde, sondern in die des Bundesministers für Landesverteidigung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Bezeichnung der Behörde in schriftlichen Bescheidausfertigungen wesentliche Bedeutung zu. Fehlt eine solche Bezeichnung, so kann das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1987, Zl. 87/02/0036, vom 5. Juni 1987, Zl. 85/18/0149, und vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/03/0247). Dem Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ist Rechnung getragen, wenn - nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann, also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstückes (vgl. hiezu nochmals die bereits zitierten Erkenntnisse vom 14. Mai 1987 und vom 5. Juni 1987) - erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde; ist die bescheiderlassende Behörde nicht erkennbar (die Erledigung einer bestimmten Behörde nicht zurechenbar), so liegt ein Bescheid nicht vor (vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1991, Zlen. 91/18/0172, 0173, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1993, Zl. 92/10/0448, sowie Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz 410, unter Berufung auf Winkler, Der Bescheid, S. 131 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Welcher Behörde die angefochtene Erledigung zuzuordnen ist, ist anhand des äußeren Erscheinungsbildes nach objektiven Gesichtspunkten (nicht aber danach, welche Behörde sie erlassen hätte müssen) zu beurteilen.

Die im Beschwerdefall angefochtene Erledigung kann demnach nicht eindeutig einer bestimmten Behörde zugeordnet werden:

Im vorliegenden Beschwerdefall weist die angefochtene Erledigung im Kopf sowohl das "Bundesministerium für Landesverteidigung", das als solches keine Behörde darstellt, als auch die Dienstbehörde erster Instanz im Sinne des § 2 Z. 7 lit. c DVV 1981, nämlich das "Kommando der Fliegerdivision", aus. Mangels der Behördeneigenschaft des Bundesministeriums würde der Kopf der Erledigung auf die Bescheiderlassung durch die Behörde "Kommando der Fliegerdivision" hindeuten. Dementgegen bringt die Fertigung mit der Bezeichnung "Für den Bundesminister:" in Verbindung mit der Nennung des Bundesministeriums im Kopf der Erledigung zum Ausdruck, daß die angefochtene Erledigung der Behörde "Bundesminister für Landesverteidigung" zuzurechnen wäre, wobei aber die sonstigen Bestandteile der Fertigung, nämlich die Angabe des Ortes und der Name des Fertigenden, der Leiter der Personalabteilung des Kommandos der Fliegerdivision ist, wieder auf das Kommando der Fliegerdivision als bescheiderlassende Behörde hindeuten. Davon geht auch der Bundesminister für Landesverteidigung in seinem Bescheid vom 10. Jänner 1997 aus, dem im Hinblick darauf, daß dieser Bescheid die Aufhebung eines Nichtbescheides bezweckt, keine Rechtswirkung zukommt.

Abgesehen vom Kopf und der Fertigungsklausel enthält die angefochtene, als Bescheid bezeichnete Erledigung weder im Spruch noch in der Begründung einen Hinweis, welcher der beiden genannten Behörden diese Erledigung letztlich zugeordnet werden kann. Bei dieser besonderen Fallkonstellation, bei der für eine (von einer Behörde zu treffende) normative Willensentscheidung gleichzeitig zwei Behörden als bescheiderlassende Organe "angeboten" werden, kann bei objektiver Betrachtung weder der im Kopf der Erledigung genannten Dienstbehörde noch der sich aus dem Kopf in Verbindung mit der Fertigungsklausel ergebenden obersten Dienstbehörde der Vorrang gegeben werden, sodaß es dem durch den jeweiligen Bescheid Betroffenen nicht eindeutig erkennbar ist, welcher Behörde die als Bescheid gekennzeichnete Erledigung zuzurechnen ist. Die Entscheidung dieser Frage darf in keinem Fall dem jeweiligen Spürsinn des durch einen solchen Bescheid betroffenen Adressaten überlassen werden. Die Einhaltung der Zuständigkeitsregeln steht in enger Nahebeziehung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter und stellt damit eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung dar. Dies bedeutet, daß bei der Anführung der bescheiderlassenden Behörde jeweils klar und unmißverständlich zum Ausdruck kommen muß, welche Behörde gehandelt hat. Es genügt nicht, daß die eingeschrittene Behörde in Korrektur des äußeren Anscheines der jeweils angefochtenen Erledigung aus dem rechtlichen Zusammenhang erschlossen werden kann (vgl. auch den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0244, mit weiteren Judikatur- und Literaturangaben).

Da die im Beschwerdefall angefochtene, als Bescheid bezeichnete Erledigung nicht mit der nötigen Eindeutigkeit erkennen läßt, welcher Behörde sie zuzurechnen ist, kann sie nicht als Bescheid im Sinne der die Prozeßvoraussetzungen vor dem Verwaltungsgerichtshof regelnden Bestimmungen (Art. 131 B-VG in Verbindung mit § 58 Abs. 3 und § 18 Abs. 4 AVG) qualifiziert werden.

Da die mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 10. Jänner 1997 versuchte Klaglosstellung das Vorhandensein eines rechtskräftigen letztinstanzlichen Bescheides einer Verwaltungsbehörde voraussetzt (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1981, Slg. Nr. 10.547/A), mußte die Beschwerde trotzdem mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückgewiesen werden.

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