VwGH 2011/05/0017

VwGH2011/05/001731.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der S GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/9, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. November 2010, Zl. BOB-532/09, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauO Wr §70;
BauO Wr §70a Abs1 Z14;
BauO Wr §70a Abs1 Z15;
BauO Wr §70a Abs10;
BauO Wr §70a Abs2;
BauO Wr §70a Abs8;
AVG §56;
BauO Wr §70;
BauO Wr §70a Abs1 Z14;
BauO Wr §70a Abs1 Z15;
BauO Wr §70a Abs10;
BauO Wr §70a Abs2;
BauO Wr §70a Abs8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, erteilte mit Bescheid vom 14. Juli 2009 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) der Beschwerdeführerin den Auftrag, als Eigentümerin binnen einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides das ohne Baubewilligung im Hof der Liegenschaft G.- Gasse 28 errichtete eingeschossige Bauwerk im Ausmaß von 100 m2 zu beseitigen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher sie vorbrachte, dass das gegenständliche Nebengebäude in einem Verfahren nach § 70a BO bewilligt worden sei.

Zum mit Schreiben vom 20. November 2009 ihr vorgehaltenen Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach das gegenständliche Nebengebäude in Bezug auf die Größe, den Umriss und die Lage vom bisher im vereinfachten Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a BO bereits bewilligten Nebengebäude abweiche und daher nicht von der erteilten Baubewilligung umfasst sei und darüber hinaus die dafür gemäß § 70a BO eingereichten Abweichungen von den Bauplänen (3. Auswechslungsplan) bereits mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 versagt worden seien, nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 Stellung. Sie habe den Versagungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, nie erhalten. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, habe als zuständige Behörde ihre Einreichung (3. Auswechslungsplan) gemäß § 70a BO geprüft und innerhalb der dreimonatigen Prüffrist keine Untersagung, Versagung oder Umwandlung in ein Verfahren gemäß § 70 BO vorgenommen. Die Bewilligung sei daher ordnungsgemäß erteilt worden und in Rechtskraft erwachsen. Die Einreichpläne (3. Planwechsel) seien mit dem Vermerk "gilt laut § 70a BO als bewilligt" retourniert worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten:

Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2005 seien bei der Baubehörde erster Instanz Baupläne betreffend u.a. die Errichtung eines eingeschossigen Nebengebäudes - laut Plan mit einer Größe von 83,38 m2 - im vereinfachten Bewilligungsverfahren gemäß § 70a BO eingereicht worden. Die Baubehörde erster Instanz sei im Zuge der von ihr gemäß § 70a Abs. 1 und 3 BO vorzunehmenden Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für das vereinfachte Baubewilligungsverfahren erfüllt seien und kein Untersagungsgrund für die beabsichtigte Bauführung vorliege. Die gegen dieses Bauvorhaben von Nachbarn rechtzeitig erhobenen Einwendungen seien mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 5. Dezember 2005 ab- bzw. zurückgewiesen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Im Sinne des § 70a Abs. 10 BO gelte daher ein Nebengebäude mit einer Fläche von 83,38 m2 als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 BO bewilligt.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2006 seien beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, abermals Baupläne zur Genehmigung im vereinfachten Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a BO (3. Auswechslungsplan) eingereicht worden. Nach diesen sollte - soweit hier gegenständlich - das zufolge der ursprünglichen Einreichung als bewilligt geltende Nebengebäude im Ausmaß von 83,38 m2 nicht ausgeführt werden, sondern an anderer Stelle im Hof der gegenständlichen Liegenschaft ein anders gestaltetes Nebengebäude im Ausmaß von 93,18 m2 errichtet werden. Im Zuge dieses Verfahrens sei der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, nach Prüfung des Bauvorhabens zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Baubewilligungsverfahren erfüllt seien und ein Untersagungsgrund für diese Bauführung nicht vorliege. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 seien der Beschwerdeführerin die mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne, wonach das Bauvorhaben als gemäß § 70 BO bewilligt gelte, übermittelt worden.

Gegen dieses Bauvorhaben seien von den Nachbarn mit Schreiben vom 4. Dezember 2006, bei der Behörde eingelangt am 6. Dezember 2006, Einwendungen erhoben worden. Auf Grund dieser Einwendungen sei mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 die Bewilligung für Abweichungen von Bauplänen im vereinfachten Baubewilligungsverfahren betreffend das gegenständliche eingeschossige Nebengebäude mit einer Fläche von 93,18 m2 versagt worden. Begründend sei ausgeführt worden, dass das eingeschossige Nebengebäude in seinem Umriss (zuvor annähernd würfelig, nunmehr längsgestreckt), in seinem Flächenausmaß (zuvor 83,38 m2, nunmehr 93,18 m2) und in seiner Länge (zuvor mittig der westlichen Liegenschaftshälfte, nunmehr mittig der gesamten Liegenschaft) verändert worden sei. Diese Abweichungen vom Konsens könnten nicht mehr als bauliche Abänderungen iSd § 60 Abs. 1 lit. c BO gewertet werden, sondern das projektierte Nebengebäude sei als ein anderes als das ursprünglich bewilligte Nebengebäude anzusehen.

Dieser Versagungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Die auf diesen Bescheid bezogenen Anträge der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung, Wiederaufnahme bzw. Bescheidbehebung seien mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 3. Mai 2010 ab- bzw. zurückgewiesen worden.

Der bautechnische Amtssachverständige des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, habe bestätigt, dass das vom aktuellen Abtragungsauftrag betroffene Gebäude dem in den Plänen

"3. Planwechsel" dargestellten Nebengebäude entspreche.

Unrichtig sei es, dass für den von der Beschwerdeführerin eingereichten "3. Auswechslungsplan" eine baubehördliche Bewilligung erwirkt worden sei. Das zufolge der ursprünglichen Einreichung vom 27. Juli 2005 baubehördlich bewilligte Nebengebäude sei nicht ausgeführt, sondern ein dem (zur Bewilligung eingereichten) 3. Auswechslungsplan entsprechendes (anderes) Nebengebäude errichtet worden, das sich vom als bewilligt geltenden Nebengebäude hinsichtlich der Situierung, der Gestaltung und der bebauten Fläche unterscheide und somit als aliud anzusehen sei.

Wenn die Beschwerdeführerin vermeine, dass das tatsächlich ausgeführte Nebengebäude entsprechend dem eingereichten

3. Auswechslungsplan mit rechtskräftigem Bescheid vom 12. Dezember 2006 gemäß § 70 BO bewilligt worden sei, übersehe sie, dass die Bewilligung für das im 3. Auswechslungsplan ausgewiesene Nebengebäude mit einer Fläche von 93,18 m2 auf Grund von Anrainereinwendungen mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 versagt worden sei. Dieser Bescheid sei laut Aktenlage der Beschwerdeführerin am 24. September 2007 nachweislich zugestellt worden, und es sei dagegen kein Rechtsmittel erhoben worden. Darauf bezogene Anträge auf Wiedereinsetzung, Wiederaufnahme bzw. Bescheidbehebung seien mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 3. Mai 2010 ab- bzw. zurückgewiesen worden. Für das entsprechend dem

3. Auswechslungsplan errichtete verfahrensgegenständliche Nebengebäude liege somit nach der eindeutigen Aktenlage keine Bewilligung vor.

Festzuhalten sei, dass im vereinfachten Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a BO kein Baubewilligungsbescheid erlassen werden könne und werde. Wenngleich mit Schreiben der Baubehörde erster Instanz vom 12. Dezember 2006 die Pläne, versehen mit dem amtlichen Sichtvermerk, wonach das Bauvorhaben als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 BO bewilligt gelte, an die Beschwerdeführerin zurückgestellt worden seien, sei ungeachtet dessen der Beschwerdeführerin seit Zustellung des rechtskräftigen Versagungsbescheides des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 bekannt, dass diese Annahme nicht mehr der Rechtslage entspreche. Der amtliche Sichtvermerk vermöge weder eine bescheidmäßige Erledigung durch die Behörde darzustellen noch eine Änderung an der rechtskräftigen Versagung der Baubewilligung zu bewirken, zumal die Rechtsfolge iSd § 70a Abs. 10 BO (erst) bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes eintrete.

Wenngleich gemäß § 70a Abs. 6 BO mit der Bauführung begonnen werden dürfe, gelte das Bauvorhaben kraft gesetzlicher Fiktion im § 70a Abs. 10 BO erst dann als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 BO bewilligt, wenn keine rechtskräftige Versagung der Baubewilligung erfolgt oder die Nachbarn keine Parteistellung durch die Erhebung von Einwendungen gemäß Abs. 8 erlangen. Die Bewilligung für das im 3. Auswechslungsplan ausgewiesene Nebengebäude sei auf Grund von Nachbareinwendungen mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 rechtskräftig versagt worden, und es liege daher keine diesbezügliche Bewilligung vor. Aus diesem Grund erweise sich das gegenständliche Nebengebäude als vorschriftwidrig iSd § 129 Abs. 10 BO.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass ihr der Versagungsbescheid vom 18. September 2007 nicht zugestellt worden sei, hingegen habe sie eine Parie des 3. Auswechslungsplanes mit dem am 12. Dezember 2006 erlassenen amtlichen Vermerk, dass dieses Bauvorhaben als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 BO bewilligt gelte, erhalten. Die Bestätigung der Bewilligung des eingereichten Bauvorhabens sei nach Einlangen der Einwendungen der Anrainer am 6. Dezember 2006 erfolgt. Durch die Zustellung an die Beschwerdeführerin sei eine bescheidmäßige Erledigung ergangen. Aufgrund § 70a Abs. 10 BO liege auch entschiedene Sache vor, weshalb die Durchführung eines Verfahrens und neuerliche Entscheidung in der gleichen Angelegenheit durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, als unzuständige Behörde unzulässig sei.

§ 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) idF LGBl. Nr. 25/2009 lautet auszugsweise:

"Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige

Bauwerke

§ 129 (…)

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. (…)"

§ 70a BO idF LGBl. Nr. 61/2006 lautet auszugsweise:

"Vereinfachtes Baubewilligungsverfahren

§ 70a. (1) Wird den Bauplänen und erforderlichen Unterlagen gemäß § 63 die im Rahmen seiner Befugnis abgegebene Bestätigung eines Ziviltechnikers, der vom Bauwerber und vom Planverfasser verschieden ist und zu diesen Personen in keinem Dienst- oder Organschaftsverhältnis steht, angeschlossen, dass sie unter Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften verfasst sind, findet das vereinfachte Baubewilligungsverfahren und nicht das Baubewilligungsverfahren gemäß § 70 Anwendung. Hievon sind ausgenommen:

(...)

  1. 14. bestehende, jedoch nicht bewilligte Bauten;
  2. 15. Bauvorhaben, die sich auf bereits begonnene Bauführungen beziehen und über den Umfang des § 60 Abs. 1 lit. c hinausgehen.

(2) Werden die Voraussetzungen für das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäß Abs. 1 nicht erfüllt oder ist deren Erfüllung aus den vorgelegten Unterlagen nicht beurteilbar, ist dies dem Einreicher innerhalb von einem Monat ab der Einreichung mitzuteilen. Nach dieser Mitteilung hat die Behörde das Bewilligungsverfahren gemäß § 70 durchzuführen.

(…)

(6) Erfolgt keine Mitteilung gemäß Abs. 2, darf mit der Bauführung begonnen werden.

(…)

(8) Nachbarn (§ 134 Abs. 3) können ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörden Akteneinsicht (§ 17 AVG) nehmen und bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn (§ 124 Abs. 2) Einwendungen im Sinne des § 134a vorbringen und damit beantragen, dass die Baubewilligung versagt wird. Vom Zeitpunkt der Erhebung solcher Einwendungen an sind die Nachbarn Parteien. Eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 4) ist ausgeschlossen.

(9) Die Versagung der Baubewilligung hat mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss zweier Ausfertigungen der Baupläne zu erfolgen. Wird die Baubewilligung versagt, ist die Bauführung einzustellen.

(10) Erfolgt keine rechtskräftige Versagung der Baubewilligung oder erlangen die Nachbarn keine Parteistellung gemäß Abs. 8, gilt das Bauvorhaben als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 bewilligt.

(…)"

Gemäß § 60 Abs. 1 lit c BO bedürfen Änderungen oder Instandsetzungen von Baulichkeiten einer Baubewilligung, wenn sie von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf subjektiv-öffentliche Nachbarrechte sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes. Über diese Umschreibung hinaus gehen jedenfalls Neu-, Zu- und Umbauten iSd § 60 Abs. 1 lit a BO.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der ihr zugestellten Parie des 3. Auswechslungsplanes mit dem amtlichen Vermerk vom 12. Dezember 2006 "dieses Bauvorhaben gilt als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 BO bewilligt" Bescheidcharakter zukomme, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Bescheidcharakter auch formlos ergangener, nicht als Bescheid bezeichneter Erledigungen anerkennt, sofern ihrem Inhalt zu entnehmen ist, dass mit ihnen über ein konkretes Rechtsverhältnis abgesprochen werden soll (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, S 876 unter E 20 zitierte hg. Judikatur). Ein Bescheidwille ist dann anzunehmen, wenn der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt als Äußerung des autoritativen Behördenwillens zur Regelung einer bestimmten Angelegenheit zu deuten ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2009, Zl. 2008/05/0191, mwN).

Durch den gegenständlichen Sichtvermerk wird ein Bescheidwille ausgedrückt, nämlich dass "dieses Bauvorhaben ... als mit rechtskräftigem Bescheid gem. § 70 BO bewilligt" gelte. Dabei handelt es sich aber schon dem Wortlaut nach um eine Feststellung, nicht jedoch um eine Rechtsgestaltung, mit der eine Baubewilligung konstitutiv erteilt wird. Im Hinblick darauf, dass die Erlangung einer Baubewilligung nach § 70a Abs. 10 BO nicht von der Erlassung eines Bescheides abhängt, kann der gegenständliche amtliche Sichtvermerk auf dem 3. Auswechslungsplan - im Einklang mit seinem Wortlaut - nicht selbst die Wirkung einer Baubewilligung entfalten, sondern allenfalls ein - inhaltlich unter Umständen unrichtiger - Feststellungsbescheid sein.

Gemäß § 70a Abs. 10 BO gilt ein Bauvorhaben nur dann als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 bewilligt, wenn keine rechtskräftige Versagung der Baubewilligung erfolgt oder die Nachbarn keine Parteistellung gemäß Abs. 8 erlangen. Im vorliegenden Fall haben die Nachbarn am 4. Dezember 2006, bei der Behörde eingelangt am 6. Dezember 2006, Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben, also jedenfalls innerhalb der dreimonatigen Frist des § 70a Abs. 8 BO (längstens drei Monate nach dem Baubeginn), zumal die Einreichung des 3. Auswechslungsplanes am 12. September 2006 stattfand, und somit Parteistellung erlangt. (Bemerkt wird, dass auch dann, wenn entgegen § 70a Abs. 1 Z 14 oder 15 iVm Abs 2 BO keine Mitteilung erfolgt sein sollte, der Beginn des Fristenlaufes für Nachbareinwendungen nicht vor der Baueinreichung liegen kann). Das Bauvorhaben gilt im Falle von rechtzeitigen Nachbareinwendungen keinesfalls vor der Entscheidung über dieselben als rechtskräftig bewilligt. Über die Einwendungen wurde mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 abgesprochen. Mit diesem Bescheid wurde die Bewilligung des Bauvorhabens entsprechend dem 3. Auswechslungsplan gemäß § 70a Abs. 9 BO versagt. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde gegen diesen Bescheid keine Berufung erhoben, und er gehört nach wie vor dem Rechtsbestand an. Folglich liegt keine Baubewilligung für das gegenständliche Nebengebäude iSd § 70a Abs. 10 BO vor. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Versagung zur Recht erfolgte. Ein Konsens liegt jedenfalls nicht vor, sodass die belangte Behörde zu Recht mit einem Auftrag nach § 129 Abs. 10 BO vorgegangen ist.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr der Versagungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18. September 2007 nicht zugestellt worden sei, hat die belangte Behörde festgestellt, dass dieser Bescheid der Beschwerdeführerin laut Aktenlage am 24. September 2007 nachweislich zugestellt worden sei. Die belangte Behörde hat im Nachhang zur Gegenschrift ein Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 2. März 2010 an die Beschwerdeführerin vorgelegt, wonach im Zuge der gestellten Anträge auf Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme des Verfahrens sowie auf Behebung des Bescheides eine weitere Überprüfung des Zustellnachweises betreffend den Versagungsbescheid vom 18. September 2007 durchgeführt worden sei, die ergeben habe, dass laut Zustellnachweis (RSb-Rückschein) der gegenständliche Bescheid von einem Arbeitnehmer des Empfängers übernommen worden sei. Weiters hat die belangte Behörde einen Aktenvermerk des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 24. März 2010 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der amtsbekannte Vertreter der Beschwerdeführerin, Herr A., beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, im Zuge einer Akteneinsicht angegeben habe, bei der Behauptung, den Bescheid vom 18. September 2007 nicht erhalten zu haben, habe es sich um ein Missverständnis gehandelt, der Rückschein sei von seiner Frau unterschrieben worden. In einer Stellungnahme des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 13. Oktober 2009 schreibt diese an die belangte Behörde, dass der Versagungsbescheid vom 18. September 2007 der Beschwerdeführerin nachweislich (Zustellnachweis vom 24. September 2007 liege im Akt der Magistratsabteilung 64 auf) zur Kenntnis gebracht worden sei.

Die genannten Unterlagen wurden der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht mit der Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hat keine Stellungnahme abgegeben.

Der Annahme der belangten Behörde in der Bescheidbegründung, dass der Bescheid vom 18. September 2007 der Beschwerdeführerin zugestellt worden ist, kann somit aber nicht entgegengetreten werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Jänner 2012

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