VwGH 2012/03/0003

VwGH2012/03/000324.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der V GmbH in W (vormals K Leasinggesellschaft m.b.H.), vertreten durch Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Kärntner Straße 10/5, über den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 13. September 2011, Zl BMVIT-220.100/0027-IV/SCH2/2010, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für die Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 zwischen der Haltestelle Sillpark und dem Fischerhäuslweg in Innsbruck (mitbeteiligte Partei: I GmbH in I, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §54;
AVG §7;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §20 Abs1;
EisenbahnG 1957 §20 Abs2;
EisenbahnG 1957 §20;
EisenbahnG 1957 §31;
EisenbahnG 1957 §31a;
EisenbahnG 1957 §31e;
EisenbahnG 1957 §31f idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f Z3 idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f Z3;
EisenbahnG 1957 §31f;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §54;
AVG §7;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §20 Abs1;
EisenbahnG 1957 §20 Abs2;
EisenbahnG 1957 §20;
EisenbahnG 1957 §31;
EisenbahnG 1957 §31a;
EisenbahnG 1957 §31e;
EisenbahnG 1957 §31f idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f Z3 idF 2006/I/125;
EisenbahnG 1957 §31f Z3;
EisenbahnG 1957 §31f;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit Bescheid vom 2. November 2009 stellte die Tiroler Landesregierung fest, dass für die Errichtung und den Betrieb der genannten Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 durch die mitbeteiligte Partei, wie in der näher genannten Projekteinreichung umschrieben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 nicht durchzuführen ist.

2. Mit Bescheid vom 28. Juni 2010 erteilte der Landeshauptmann von Tirol (LH) als Eisenbahnbehörde I. Instanz gemäß § 12 Abs 2 Z 2 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl Nr 60 idF BGBl I Nr 25/2010 (EG), auf Grund des Antrags der mitbeteiligten Partei vom 5. Februar 2010 die folgende eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (Spruchpunkt I. des Bescheides vom 28. Juni 2010):

"...

1. Der ... (mitbeteiligten Partei) wird gemäß §§ 31 und 31f EisbG i.V.m. § 94 des Arbeitnehmerinnenschutzgesetzes - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 147/2006 für das Projekt 'Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 zwischen der Haltestelle Sillpark und dem Fischerhäuslweg' unter Zugrundelegung der vorgelegten Entwurfsunterlagen und der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstellenden Verhandlungsschrift vom 18. und 19.5.2010 einschließlich der beigelegten Gutachten sowie unter der Voraussetzung des Erwerbs der erforderlichen Grundstücke und Rechte die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erteilt.

2. Es wird festgestellt, dass der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als die Nachteile, die den Parteien durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehen sowie der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der aus der Verletzung vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wahrzunehmenden Interessen für die Öffentlichkeit durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.

3. Das Erfordernis des Erwerbes der betroffenen Grundstücke und Rechte bleibt unberührt.

4. Es wird festgestellt, dass die ... (mitbeteiligte Partei)

gemäß § 20 EisbG verpflichtet ist, auf ihre Kosten die bestehenden Wege- und Straßenverbindungen, die durch das gegenständliche Bauvorhaben gestört oder unbenützbar werden, wiederherzustellen und projektsgemäß auszuführen. Insbesondere ist sicherzustellen, dass sämtliche Bestandteile der B 171 Tiroler Straße nach Baufertigstellung auf Landesstraßengrund zu liegen kommen. Davon unberührt bleibt das Erfordernis des Ansuchens um Sondergebrauch gemäß § 5 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, idF LGBl. Nr. 101/2006. Auf die entsprechende Vereinbarung zwischen dem Land Tirol, Landesstraßenverwaltung und der ...

(mitbeteiligten Partei) vom 24.03.2010 ... wird verwiesen.

Der der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung zugrunde liegende Bauentwurf ergibt sich aus den nachstehenden Unterlagen:

1. ..."

Nach Spruchpunkt II. dieses Bescheides ("Befristung") ist das Bauvorhaben bis zum 31. Dezember 2013 auszuführen und der Betrieb zu eröffnen, widrigenfalls die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für erloschen erklärt wird.

Unter Spruchpunkt III. ("Entscheidungen über Einwendungen") wurde ua über die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei wie folgt entschieden:

"2. Die Einwendung ... (der beschwerdeführenden Partei), vertreten durch Stix Rechtsanwälte, Kommandit-Partnerschaft ... vom 11.05.2010 wegen offenkundiger Widersprüche und Unvollständigkeiten im Einreichoperat, in Bezug auf das Recht auf Einhaltung der Enteignungsvoraussetzungen wegen einer Grundinanspruchnahme für die Errichtung von nicht dem Eisenbahnverkehr dienenden Anlagen, in Bezug auf die Tatsache, dass der durch den Entfall der Zufahrtsmöglichkeit bedingte Eingriff in das Eigentums- und Benutzungsrecht der Liegenschaft unverhältnismäßig und nicht im öffentlichen Interesse gelegen und nach dem Stand der Technik nicht geboten ist unter gleichzeitiger Geltendmachung einer alternativen Streckenführung wird als unbegründet abgewiesen. Der Einwand betreffend Wertminderung des Gewerbeobjektes wird auf den Zivilrechtsweg verwiesen."

3.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des LH vom 28. Juni 2010 auf dem Boden des § 66 Abs 4 AVG wie folgt:

"1. Der Spruchpunkt I, Unterpunkt 1 der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung des bekämpften Bescheides wird infolge der Antragsänderung wie folgt geändert:

'I.1 Der ... (mitbeteiligten Partei) wird die

eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für die Verlängerung der Innsbrucker Straßenbahnlinie 3 zwischen der Haltestelle Sillpark und dem Fischerhäuslweg unter Zugrundelegung der durch das Inhaltsverzeichnis, Plannummer 9013/W1-W5/GVZ vom 6. Mai 2011, bezeichneten Entwurfsunterlagen erteilt.'

2. Die in Spruchpunkt I nach dem Unterpunkt 4 im bekämpften Bescheid enthaltene Auflistung der dem Bescheid zu Grunde liegenden Unterlagen entfällt.

3. Im Übrigen wird der bekämpfte Bescheid bestätigt."

3.2. Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

3.2.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 10. Februar 2011 habe die beschwerdeführende Partei erklärt, dass durch das Bauvorhaben das Wegenetz (auch) insoweit gestört würde, als die Ein- und Ausfahrt der beschwerdeführenden Partei aufgelassen und nicht wieder hergestellt werden solle, obwohl dies nach den Bestimmungen des EG erforderlich wäre. Eine als zusätzliche Zufahrtsmöglichkeit vorgesehene Lösung der Q-Verwaltung in Form einer Punktation sei Gegenstand eines Gerichtsverfahrens und gewährleiste damit kein Recht auf Ein- und Ausfahrt. Einer andiskutierten Lösung, bei der die bestehende Ein- und Ausfahrt erhalten bliebe und gleichzeitig sichergestellt würde, dass jeweils nur aus einer der beiden dann nebeneinanderliegenden Ein- und Ausfahrten ausgefahren würde, könne grundsätzlich zugestimmt werden. Die beschwerdeführende Partei habe weiters erklärt, dass der beigezogene Amtssachverständige befangen sei, da dieser für die Landesstraßenverwaltung tätig sei und die betroffenen Liegenschaftsanteile in weiterer Folge in das Eigentum der Landesstraßenverwaltung übergehen sollten.

Bei dieser Verhandlung habe der Amtssachverständige Folgendes

ausgeführt:

"Allgemeines:

Die geplante Straßenbaumaßnahme führt zu einer geordneten Verkehrsorganisation (Sicherstellung der Übersichtlichkeit, Entflechtung der Verkehrsströme) unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit sowohl des motorisierten als auch des nicht motorisierten Verkehrs.

Es sind alle erforderlichen Elemente (Fahrbahn, Gehsteig, Anlagen für den Öffentlichen Verkehr, Anlagen für den Radverkehr, Schutzstreifen) vorhanden.

Die geplanten Maßnahmen werden aus der Sicht des Gutachters begrüßt und als notwendig erachtet. Die gesamte gegenständliche Planung entspricht den gültigen RVS (Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen).

Mittelstreifen:

Im konkreten Fall wurde ein 2,0 m breiter Mittelstreifen zwischen den beiden Fahrtrichtungen nach Westen und Osten des motorisierten Individualverkehrs (MIV) projektiert. In der RVS 03.04.12 'Querschnittgestaltung von Innerortsstraßen' wird ein mit Rasen und Büschen begrünter Mittelstreifen mit einer Breite von mind. 2,0 m Breite empfohlen. Darauf aufbauend wird aus Sicht des Gutachters die Ausführung in gleicher Breite aufgrund der starken Verkehrsbelastung, der gehäuft auftretenden Konfliktpunkte mit den verschiedenen Verkehrserregern sowie der übergeordneten Durchleitfunktion der B 171 Tiroler Straße auch in diesem Straßenabschnitt begrüßt und aus vorstehend angeführten Gründen als Mindestbreite befürwortet.

Die projektsgemäße Ausführung mit Mittelstreifen (Grünstreifen) ist nicht nur ein grundsätzliches Gestaltungsmerkmal zur optischen Trennung und Erkennbarkeit der verschiedenen Verkehrsflächen des gesamten Abschnittes sondern konkret auch wirtschaftlicher in der Herstellung als eine vorgeschlagene technische Trennung mittels Leitschiene oder Leitwände.

Grundsätzlich dient dieser Mittelstreifen als Trennung der Richtungsfahrbahnen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des MIV. Des weiteren dient er als Überquerungshilfe für Fußgänger sowie als Aufstellfläche für Verkehrszeichen und Beleuchtungsmasten.

Es ist unbestritten, dass eine bauliche Trennung der Richtungsfahrbahnen zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit führt.

Straßen müssen nach den Erfahrungen der Praxis und den Erkenntnissen der Wissenschaft so geplant und gebaut werden, dass sie für den Verkehr ohne besondere Gefahr benützt werden können und u.a. im Hinblick auf die bestehenden und die abschätzbaren künftigen Verkehrsbedürfnisse den Erfordernissen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprechen.

Durch diese gesetzliche Vorgabe sind jedenfalls die letztgültigen RVS als Stand der Technik anzuwenden. Darin ist die Straßenraumgestaltung als ein wesentliches Kriterium angeführt. Dementsprechend ist ein 2,0 m breiter Mittelstreifen als Grünstreifen mit Baumgestaltung als Abgrenzung zwischen den Fahrtrichtungen jedenfalls als zweckmäßig und geboten anzusehen. Der Grünstreifen ist ein notwendiger Teil der Straße. Er bewirkt durch die möglichen Baumpflanzungen eine in diesem Abschnitt erforderliche Aufwertung des Straßenraumes.

Der Mittelstreifen übernimmt mehrere Funktionen. Er dient

§ 10. Eisenbahnanlagen sind Bauten, ortsfeste eisenbahnsicherungstechnische Einrichtungen und Grundstücke, die ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder des Verkehrs auf einer Eisenbahn dienen. Ein räumlicher Zusammenhang mit der Schieneninfrastruktur ist nicht erforderlich."

"Enteignungsrecht

§ 18b. Das Eisenbahnunternehmen hat das Enteignungsrecht nach Maßgabe des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954."

"Verkehrsanlagen, Wasserläufe

§ 20. (1) Verkehrsanlagen und Wasserläufe, die durch den Bau der Eisenbahn gestört oder unbenützbar werden, hat das Eisenbahnunternehmen nach dem Ergebnis des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens auf seine Kosten in geeigneter Weise wiederherzustellen. Die Anlagen und Wasserläufe sind von dem bisher hiezu Verpflichteten zu erhalten und zu erneuern. Den Teil, um den die Erhaltungs- und Erneuerungskosten durch den Bau der Eisenbahn vergrößert worden sind, hat das Eisenbahnunternehmen zu tragen. Für Bauten, die früher nicht vorhanden waren, hat das Eisenbahnunternehmen nicht nur die Kosten der ersten Herstellung, sondern auch die der künftigen Erhaltung und Erneuerung zu tragen. Diese Bestimmungen finden keine Anwendung, soweit eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

(2) Wiederhergestellte Verkehrsanlagen und Wasserläufe sind den zur künftigen Erhaltung und Erneuerung gemäß Abs. 1 Verpflichteten förmlich zu übergeben. Wird die Übernahme verweigert, so entscheidet die Behörde nach Maßgabe des Abs. 1, in welchem Umfang die Übernahme sowie die künftige Erhaltung und Erneuerung zu erfolgen hat."

"Eisenbahnrechtliche Baugenehmigung

Erforderlichkeit einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung

§ 31. Für den Bau oder die Veränderung von Eisenbahnanlagen und nicht ortsfesten eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen ist die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erforderlich.

Antrag

§ 31a. (1) Die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung ist bei der Behörde zu beantragen. Dem Antrag ist ein Bauentwurf in dreifacher Ausfertigung und projektrelevante Fachgebiete umfassende Gutachten beizugeben; letztere zum Beweis, ob das Bauvorhaben dem Stand der Technik unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn einschließlich der Anforderungen des Arbeitnehmerschutzes entspricht. ..."

"Parteien

§ 31e. Parteien im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, sind der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich oder in den Feuerbereich zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.

Genehmigungsvoraussetzungen

§ 31f. Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn

1. das Bauvorhaben dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrages bei der Behörde unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn entspricht,

2. vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen durch das Bauvorhaben nicht verletzt werden oder im Falle des Vorliegens einer Verletzung solcher Interessen der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der aus der Verletzung dieser Interessen für die Öffentlichkeit durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht und

3. eingewendete subjektiv öffentliche Rechte einer Partei nicht verletzt werden oder im Falle einer Verletzung eingewendeter subjektiv öffentlicher Rechte einer Partei dann, wenn der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.

Vom Stand der Technik sind beantragte Abweichungen in Ausnahmefällen zulässig, wenn mit Vorkehrungen die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn auf andere Weise gewährleistet werden kann.

Bauausführungsfrist

§ 31g. In der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung ist eine angemessene Frist vorzuschreiben, innerhalb der das Bauvorhaben auszuführen und im Falle seiner Ausführung in Betrieb zu nehmen ist. Die Behörde kann auf rechtzeitig gestellten Antrag diese Frist verlängern. Wird die Frist ohne zwingende Gründe nicht eingehalten, so hat die Behörde die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für erloschen zu erklären."

IV. Erwägungen

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon ausgesprochen, dass die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung nicht von einer behördlichen Entscheidung betreffend die Übernahme und künftige Erhaltung einer Erneuerung an einer Weganlage abhängig ist; § 20 Abs 2 EG verlangt nämlich erst für den Fall, dass darüber keine Vereinbarung besteht und die Übernahme einer wieder hergestellten Verkehrsanlage verweigert wird, eine diesbezügliche behördliche Entscheidung (vgl, insofern einschlägig, VwGH vom 14. November 2001, 99/03/0378). Daraus - sowie aus dem letzten Satz des Abs 1 des § 20 EG - lässt sich ableiten, dass für die Fälle der Wiederherstellung von Verkehrsanlagen und Wasserläufen vorrangig eine Vereinbarung und somit eine privatrechtliche Einigung anzustreben ist (vgl idS Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz2, 2011, S 366). Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner festgehalten, dass es sich bei der in § 20 Abs 1 EG enthaltenen Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens um eine solche handelt, die vom Bau der Eisenbahn abhängig gemacht ist, sohin um eine Folge, welche nur dann eintritt, wenn das Eisenbahnunternehmen von der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung Gebrauch macht; in diesem Fall treten die in der Baugenehmigung diesbezüglich enthaltenen Verpflichtungen ein (vgl idS VwGH vom 24. Februar 1986, 86/10/0017 (VwSlg 12.049 A/1986)).

Insofern konnte im vorliegenden Baugenehmigungsbescheid auch auf die entsprechende Vereinbarung zwischen der mitbeteiligten Partei und dem Land Tirol Bezug genommen werden (vgl den letzten Satz des Spruchpunktes I.4. des von der belangten Behörde bestätigten Erstbescheides). Weiters kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn in dem eben genannten Spruchpunkt auf die Verpflichtung der mitbeteiligten Partei gemäß § 20 EG hingewiesen und dabei festgehalten wurde, dass sämtliche Bestandteile der B 171 Tiroler Straße nach Baufertigstellung auf Landesstraßengrund zu liegen kommen sollen, zumal es vorliegend eben um die Wiederherstellung der besagten Straßenbestandteile geht. Dass nach § 20 EG die Verpflichtung zur Wiederherstellung eine Anpassung der Wiederherstellungsmaßnahmen an die der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung entsprechenden Bauausführung der Eisenbahn einschließt, lässt sich aus dem vorletzten Satz des Abs 1 dieser gesetzlichen Bestimmung ableiten, der eine Regelung für früher - das heißt vor dem Eisenbahnbau - nicht vorhandene Bauten enthält. Damit erweist sich auch der Beschwerdehinweis als nicht zielführend, dass die Wiederherstellung einen (behauptetermaßen) bisher nicht existierenden Radweg betreffe, der nunmehr erstmalig hergestellt werden solle und die Wiederherstellung damit nicht (nur) die bestehenden, sondern auch andere Verkehrsanlagen umfasse.

2. Entgegen der Beschwerde lässt sich weder aus dem eben genannten Spruchpunkt I.4. des erstinstanzlichen Bescheides noch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit übrigen im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Absprüchen ableiten, dass die belangte Behörde über die wiederherzustellenden Straßenteile als Eisenbahnanlage iSd § 10 EG abgesprochen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 10 EG bereits wiederholt ausgesprochen, dass Eisenbahnanlagen Einrichtungen sind, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, dass ohne sie ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich ist; aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass für die Qualifikation einer Anlage als Eisenbahnanlage iSd § 10 EG ihre Zweckbestimmung (Widmung für Zwecke des Eisenbahnbetriebes oder -verkehrs) entscheidend ist (vgl etwa VwGH vom 19. Dezember 2013, 2011/03/0160 ua, mwH). An einer solchen Zweckwidmung fehlt es aber bei wieder herzustellenden Straßenteilen bzw Verkehrsanlagen, welche nicht unmittelbar dem Zweck des Eisenbahnbetriebes oder -verkehrs gewidmet sind und insofern nicht unmittelbar dazu dienen, den Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr aufzunehmen bzw diesen aufrecht zu erhalten.

3. Anders als die Beschwerde meint, hat die belangte Behörde auch keine Zuständigkeit nach dem Tiroler Straßengesetz zur Erteilung einer Bewilligung betreffend den Neubau bzw einer baulichen Änderung einer Straße in Anspruch genommen. Sollte eine derartige Bewilligung tatsächlich erforderlich sein, zielt der bekämpfte Bescheid nicht darauf ab, eine solche zu erteilen, vielmehr wird unter dem genannten Spruchpunkt I.4. ohnehin auf ein nach diesem Landesgesetz erforderliches Ansuchen (um Sondergebrauch) hingewiesen. Die vorliegende eisenbahnbaurechtliche Bewilligung vermag eine nach Tiroler Landesrecht erforderliche straßenrechtliche Bewilligung nicht zu ersetzen, die bei Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung anzuwendenden eisenbahnrechtlichen Vorschriften sehen im Übrigen die Anwendung einer landesgesetzlichen Vorschrift nicht vor (vgl VwGH vom 14. November 2001, 99/03/0378). Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt nicht vor.

4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspricht die Regelung der in § 31f Z 3 EG normierten Vorgaben bezüglich der Interessenabwägung inhaltlich im Wesentlichen derjenigen, die vor der Novellierung des EG durch BGBl I Nr 125/2006 in § 35 Abs 3 EG enthalten war, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht veranlasst sieht, von seiner zu § 35 EG idF vor der genannten Novelle ergangenen Judikatur abzugehen (vgl VwGH vom 19. Dezember 2013, 2011/03/0160 ua, mwH). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich zunächst, dass ein Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft erfolgreich nur solche Nachteile einwenden kann, durch die er unmittelbar beeinträchtigt ist. Die geltend gemachten Rechte müssen mit seinem Eigentum untrennbar verbunden und im EG als subjektiv-öffentliche Nachbarrechte ausgebildet sein, wobei unter Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft jedenfalls die Eigentümer jener Liegenschaften umfasst sind, die durch den Bau der Eisenbahnanlage selbst in Anspruch genommen werden. Diese Eigentümer können im Rahmen der gemäß § 31f Z 3 EG gebotenen Interessenabwägung einwenden, dass das geplante Bauvorhaben keinen Vorteil für die Öffentlichkeit darstelle oder der Vorteil für die Öffentlichkeit geringer sei als die ihnen dadurch erwachsenden Nachteile. Ebenso ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung die Einwendung der Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft zulässig, wonach das in Aussicht genommene Projekt in einer anderen, für die betroffenen Grundstückseigentümer weniger nachteiligen Weise ausgeführt werden kann. Die Interessenabwägung gemäß § 31f Z 3 EG erfordert eine sachverhaltsbezogene und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit einem entsprechend konkreten Vorbringen einer Partei.

Die belangte Behörde hat (aus der Wiedergabe des bekämpften Bescheides ersichtlich) den Interessen der beschwerdeführenden Partei (bezogen auf ihr Vorbringen) dem öffentlichen Interesse am Bau der Straßenbahn (den sachverhaltsmäßigen Gegebenheiten entsprechend) gegenübergestellt. Dabei hat sie zutreffend auch die der beschwerdeführenden Partei nicht nur unmittelbar durch dieses Bauvorhaben, sondern auch mittelbar durch die Wiederherstellung der Verkehrsanlagen ergebenden Nachteile in Anschlag gebracht.

Wenn sie auf dem Boden des von der mitbeteiligten Partei offenbar infolge des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren geänderten Antrags sowie der danach erstatteten Ausführungen des Amtssachverständigen zum Ergebnis gelangte, dass die Nachteile für die beschwerdeführende Partei (insbesondere die Grundinanspruchnahme im straßenseitigen Teil der Liegenschaft und die Änderung der Verkehrssituation infolge der sich dadurch ergebenden Ausfahrt über das Nachbargrundstück) gegenüber den Vorteilen für die Öffentlichkeit durch die Errichtung der in Rede stehenden Eisenbahn, insbesondere auch der damit einhergehenden Steigerung der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs durch Entflechtung der Verkehrsströme, deutlich in den Hintergrund treten, ist das nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im angefochtenen Bescheid wird in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass das im Bescheid genannte Privatgutachten sich nicht auf die letzte Fassung des Antrages, sondern auf eine hievon abweichende Situation bezog und daher vom Amtssachverständigen nur in einigen Teilen herangezogen werden konnte. Der Einwand, im Interesse der größtmöglichen Schonung der Rechte der beschwerdeführenden Partei hätte nur ein Projekt genehmigt werden dürfen, das auch die Ausfahrt aus dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei direkt auf die Tiroler Straße sicherstellt, ist nicht zielführend. Dies angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach nicht nur im Interesse der Flüssigkeit, sondern auch der Sicherheit des Verkehrs der Entfall der vor dem Bauvorhaben bestehenden direkten Ausfahrt vom Grundstück der beschwerdeführenden Partei auf die Tiroler Straße erforderlich ist; zudem ist die Strecke über das Nachbargrundstück zum Zweck der Ausfahrt derart beschaffen, dass auf dem Boden der von der beschwerdeführenden Partei angegebenen geringen Frequenz die Ausfahrt von Sattelzügen vom Grundstück der beschwerdeführenden Partei über das Nachbargrundstück auf die Tiroler Straße erfolgen kann. Im Lichte des Interesses an der Flüssigkeit des Verkehrs stehen die eben angesprochenen Ausführungen des Amtssachverständigen entgegen der Beschwerde nicht mit den im Bescheid zuvor erfolgten Ausführungen in einem Widerspruch, wonach für das Grundstück der beschwerdeführenden Partei eine getrennte Ausfahrt (nur) unter der Voraussetzung einer signaltechnischen Absicherung umsetzbar wäre.

Soweit die beschwerdeführende Partei vorbringt, dass ein auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei eingemietetes Großunternehmen im Hinblick auf die Ausfahrtssituation für abfahrende LKW das Mietverhältnis auflösen wolle, macht die beschwerdeführende Partei eine befürchtete Wertminderung des ihr gehörenden Grundstückes geltend, die kein subjektiv-öffentliches Recht iSd § 31f Z 3 EG betrifft; wenn die Behörde diesbezüglich zum Ergebnis kam, dass eine behauptete Wertminderung auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen wäre, erscheint dies nicht rechtswidrig (vgl dazu VwGH vom 16. Oktober 2003, 2001/03/0192, und VwGH vom 14. November 2006, 2004/03/0053).

Im Übrigen war eine andere als die beantragte Trassenführung nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens, weshalb in diesem Sinne "Alternativprojekte" bzw "alternative Streckenführungen" von der belangten Behörde - anders als die beschwerdeführende Partei vermeint - nicht zu prüfen waren (vgl etwa VwGH vom 26. April 1995, 93/03/0191; VwGH vom 3. September 2002, 2002/03/0072; und VwGH vom 14. November 2006, 2004/03/0053), wobei auch die von der belangten Behörde im Grunde des § 31f Z 3 EG vorzunehmende Abwägung nicht in Bezug auf ein anderes Projekt zu erfolgen hatte.

5. Da die örtlichen Verhältnisse durch die Antragsunterlagen, das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei sowie durch die vorliegenden Sachverständigengutachten hinreichend klargestellt wurden, bedurfte es vorliegend auch keines Lokalaugenscheines (vgl dazu etwa VwGH vom 23. April 2013, 2012/02/0002, mwH). Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auf dem Boden des § 54 AVG den Parteien (und damit auch ihren Rechtsvertretern) ein Recht auf Zuziehung zu einem Augenschein nicht zukommt (vgl etwa VwGH vom 26. April 2007, 2006/07/0049, und VwGH vom 14. Dezember 1998, 98/10/0351 (VwSlg 15.041 A/1998)).

6. Die Behörde hat gemäß § 52 Abs 1 AVG grundsätzlich einen der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) beizuziehen. Nur unter der Voraussetzung des § 52 Abs 2 oder 3 AVG kann die Behörde auch ausnahmsweise eine andere geeignete Person als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen. Sind Sachverständige iSd § 7 AVG befangen, so haben sie sich gemäß § 53 Abs 1 erster Satz AVG der Ausübung ihres Amtes zu enthalten. Dass der - bei Erstattung seines Gutachtens nicht an Weisungen gebundene - von der belangten Behörde herangezogene Amtssachverständige in der Ausübung seiner Sachverständigentätigkeit durch unsachliche psychologische Motive gehemmt gewesen wäre, wird nicht vorgebracht und ist in keiner Weise erkennbar (vgl dazu sowie zum Folgenden VwGH vom 22. Mai 2013, 2011/03/0168). Auch der Umstand, dass der Amtssachverständige im vorliegenden Verwaltungsverfahren ein - wie von der Beschwerde offenbar angenommen - für die beschwerdeführende Partei ungünstiges Gutachten erstattet hat, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass der von der belangten Behörde befasste Amtssachverständige für die Landesstraßenverwaltung tätig sei und dass die betroffenen Liegenschaftsanteile der beschwerdeführenden Partei in weiterer Folge in das Eigentum der Landesstraßenverwaltung übergehen sollten, vermag dieser Umstand allein keine Bedenken gegen die volle Unbefangenheit des Amtssachverständigen zu bekunden, zumal (wie erwähnt) seine allein auf seiner fachlichen Qualifikation beruhende Begutachtung keinem Weisungsrecht unterliegt (vgl etwa VwGH vom 29. April 2013, 2009/02/0024, mwH). Infolge des vorgebrachten Überganges der Liegenschaftsanteile der beschwerdeführenden Partei an die Landesstraßenverwaltung wird entgegen der Beschwerde im Übrigen auch keine "persönliche Beziehung" des Amtssachverständigen zu der von der belangten Behörde zu entscheidenden Angelegenheit begründet; vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde auch mit ihrem Hinweis auf die Ausführungen von Hinterwirth, Verfahrens- und Gutachtensmängel und ihre Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheiden, Sachverständige 2011, S 185, nichts zu gewinnen.

V. Ergebnis

1. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2013 idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am 24. September 2014

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