Impfschadengesetz §1b
Impfschadengesetz §3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W265.2281158.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, vom 09.10.2023, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 24.08.2021 beim Sozialministeriumsservice, Landesstelle Kärnten (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Leistungen nach dem Impfschadengesetz (ISchG). Er brachte darin im Wesentlichen vor, dass bei ihm als Folge einer am 17.07.2021 vorgenommenen COVID-19-Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty eine Thrombose im linken Unterschenkel aufgetreten sei. Etwa fünf bis sechs Tage nach der Impfung habe der Beschwerdeführer starke Schmerzen verspürt und sei der linke Unterschenkel stark angeschwollen. Deshalb wurde er von seinem Hausarzt in die Notfallaufnahme der XXXX überwiesen, wo am 25.07.2021 eine Thrombose im linken Unterschenkel diagnostiziert worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine Vorerkrankungen und in den letzten fünf Jahren vor der Impfung keine großen Behandlungen gehabt. Mit dem Antrag legte er einen Impfpass, einen Notfall-Bericht der XXXX samt Laborbefund vom 25.07.2021 und eine Überweisung an die kardiologisch-angiologische Ambulanz vom 27.07.2021 vor.
2. Mit Schreiben vom 25.08.21 bestätigte die belangte Behörde den Erhalt des Antrages und ersuchte den Beschwerdeführer um Nachreichung einer Auflistung aller Krankenhausaufenthalte sowie behandelnden Ärzte innerhalb der letzten fünf Jahre.
3. Mit Schreiben vom 25.08.2021 teilte die belangte Behörde dem Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen mit, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer vorgenommenen COVID-19-Impfung mit dem Impfstoff BioNTech/Pfizer einen Antrag auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz eingebracht habe.
4. Mit Schreiben vom 25.08.2021 ersuchte die belangte Behörde die XXXX um Bekanntgabe aller Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte (mit Angabe der jeweiligen Diagnose) des Beschwerdeführers, soweit er bei dieser Kasse versichert (gewesen) sei.
5. Mit E-Mail vom 31.08.2021 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er in den letzten fünf Jahren keinen Krankenhausaufenthalt gehabt habe und führte seine behandelnden Ärzte innerhalb der letzten fünf Jahre an.
6. Mit am 10.09.2021 eingelangtem Schreiben übermittelte die XXXX die angeforderten Informationen.
7. Mit Schreiben jeweils vom 08.10.2021 ersuchte die belangte Behörde die XXXX sowie die Ärzte Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX um Übermittlung von kostenlosen Kopien der den Beschwerdeführer betreffenden Krankengeschichte bzw. Behandlungsberichte.
8. Mit am 19.10.2021 eingelangtem Schreiben übermittelte XXXX , mit Fax vom 20.10.2021 übermittelte die XXXX und mit Fax vom 03.05.2022 übermittelte Dr. XXXX die angeforderten Unterlagen des Beschwerdeführers.
9. Mit Schreiben vom 13.06.2022 übermittelte die belangte Behörde den Verwaltungsakt an den ärztlichen Dienst der Landesstelle Steiermark, informierte diesen über die Eckpunkte des Verfahrens und ersuchte um weitere Veranlassung. Am 11.11.2022 übermittelte der ärztliche Dienst der Landesstelle Steiermark den Verwaltungsakt zur weiteren Bearbeitung an die Landesstelle XXXX .
9. Mit Schreiben vom 19.12.2022 ersuchte der ärztliche Dienst der Landesstelle XXXX Univ.-Doz. Dr. XXXX um Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. In diesem sei – anhand einer ausführlichen Anamnese und einer klinischen Untersuchung unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen – unter anderem zu klären, welches Krankheitsbild beim Beschwerdeführer vorliege und welche Auswirkungen dieses habe, ob die Symptome in der Literatur als Impfreaktion oder -komplikation bekannt seien, welche ärztlichen Befunde für und welche gegen einen Zusammenhang mit der Impfung sprechen würden und wie gewichtig diese Pro- bzw. Contra-Schlussfolgerungen jeweils seien, ob in einer gesamtheitlichen Sicht erheblich mehr für oder gegen einen Zusammenhang spreche und ob aus ärztlicher Sicht ein wahrscheinlicher Zusammenhang anzunehmen sei. Insbesondere sei zu prüfen, ob ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehe (ob die sogenannte Inkubationszeit stimme), ob die Symptomatik im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Infektion entspreche und ob es eine andere (wahrscheinlichere) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie gebe. Weiters sei zu beantworten, ob die Impfung eine zumindest über drei Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht habe und ob die Impfung zwar keine Dauerfolgen, aber eine schwere Körperverletzung bewirkt habe.
10. In seinem nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.01.2023 erstatteten Gutachten vom 01.02.2023 führte der Sachverständige Univ.-Doz. Dr. XXXX , ein Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Medizinische Onkologie, Folgendes aus (Hervorhebungen im Original, Tippfehler teilweise korrigiert):
„Verwendete Mittel: Akt, persönliche Anamnese und klinische Untersuchung des Antragstellers am 23.01.2023 von 12:50-13:25 Uhr. Beilagen. Herr XXXX ist mit der Einsicht in die Klinikunterlagen (elektronisches System) durch mich einverstanden.
Befunde:
Er hat am 17.07.2021 eine „Coronaimpfung" mit dem Impfstoff Comirnaty BioNTech Pfizer LOT-Nr. FE6208 durch Dr. XXXX , praktischer Arzt in XXXX , erhalten.
Am 21./22.07.2017 traten starke Schmerzen im linken Unterschenkel auf, weshalb er von XXXX praktischer Arzt in XXXX , mit dem Verdacht auf eine Thrombose an die Notfallambulanz der XXXX überwiesen wurde. Als Schmerzmedikation wurden Proxen und Diclobene eingenommen.
Dort wurde eine Thrombose der Vena poplitea links, mehrerer Muskelvenen im Musculus gastrocnemius links und der Venae tibiales posteriores links mittels Ultraschalluntersuchung/Farbdoppler (OÄ Dr. XXXX , Radiologie) diagnostiziert. Leitliniengerecht wurde eine Behandlung mit Apixaban (Eliquis®) 2 x 10mg täglich für 1 Woche gefolgt von 2 x 5 mg täglich eingeleitet, mit der Empfehlung, diese 3 Monate fortzuführen. Die Blutgerinnungswerte waren unauffällig, eine Verminderung der Blutplättchen (Thrombozyten) bestand nicht. Es wurde eine Terminvereinbarung an der angiologischen Ambulanz der XXXX durch den Hausarzt empfohlen. Dort erfolgten mehrere Kontrollen, zuletzt am 24.11.2022.
21.09.21 Kontrolle angiologische Ambulanz: weiterhin Schmerzen im li. Unterschenkel und in der Kniekehle. Leichte Beinschwellung, jedoch mit Thrombosestrumpf besser. Jedoch weiterhin Wassereinlagerung am Knöchelübergang und darüber. V. poplitea li mit teilumspültem Thrombus mit Fortsetzung in die V. tibiales posteriores, diese mit geringer Rekanalisation, V. tibiales anteriores frei.
Kontrolle angiologische Ambulanz vom 03.12.2021: Der Patient gibt immer noch Schmerzen im Bereich des linken Knies bis zum Unterschenkel ziehend an, vor allem beim Gehen nach 1-2 Minuten, jedoch auch in Ruhe. Zudem klagt der Patient über eine Schwellung am gesamten Unterschenkel mit Besserung bei Bewegung. Die Eliquis Therapie wurde gut vertragen, keine Blutungsereignisse.
Ultraschall: komplikationslose Kompression der Vena femoralis communis, Vena femoralis superficialis und im Bereich der Crosse. Atemabhängiger Fluss der Vena femoralis communis linksseitig. In der Vena poplitea teilumspülter Thrombus mit Fortsetzung in die Vena tibialis posterior, diese mit geringer Rekanalisation. Vena tibialis anterior und -fibularis komprimierbar.
Beim Patienten zeigt sich ein konstanter Befund mit noch vorhandener Thrombose in der Vena poplitea und Vena tibialis posterior linksseitig.
Auf Grund der Beschwerdesymptomatik empfehlen wir das Tragen von Kompressionsstrümpfen Klasse 2 unterschenkellang, zudem rezeptieren wir dem Patienten Daflon 500mg 1-0-1 und empfehlen die Durchführung von Wechselbädern.
Kontrolle angiologische Ambulanz vom 21.07.22: Schmerzen linker Unterschenkel beim gehen, subjektiv eher schlechter. Prämedikation: Eliquis 2x5 mg. Beinvenensonographie: Geringe Rekanalisation im Bereich der V. poplitea und V. tibialis posterior.
Kontrolle angiologische Ambulanz vom 13.10.22: Nach wie vor Schwellneigung des linken Unterschenkels und Schmerzen des linken Unterschenkels beim Gehen, bereits nach ca. 100 m. Daflon hat nicht viel gebracht, wurde vom Patienten wieder abgesetzt. Derzeitige Medikation: Eliquis 5 mg 2 x 1. Beinvenensonographie links: Geringe Rekanalisation der Vena poplitea und Vena tibialis posterior, etwas mehr als bei der letzten Kontrolle.
Im Rahmen der Abklärung möglicher Ursachen für die stattgehabte Thrombose wurde anhand auffälliger spezifischer Laborparameter der Verdacht auf ein Antiphospholipidsyndrom geäußert. Die pathologischen Parameter haben sich in mehreren Kontrollen bestätigt.
An relevanten Vorerkrankungen bestehen eine Achillessehnenruptur am 19.09.2010 beim Sport und eine erneute Ruptur am 21.11.2010.
Am 14.2.2011 findet sich in den Unterlagen der XXXX ein gefäßchirurgisches Konsil, angefordert von der Unfallambulanz: Vena fibularis thrombose links, Lovenox 60¬0-40 empfohlen.
Anamnese und klinische Untersuchung:
58-jähriger Patient in gutem AZ und leicht adipösem EZ, 196 cm groß, 125 kg schwer, BMI 32,5.
Das Gangbild ist eingeschränkt, eine leichte Schonung der linken unteren Extremität fällt auf.
Er berichtet auf Nachfrage über seinen Krankheitsverlauf, dass er vor etwa 10 Jahren einen Achillessehnenriss hatte, der operativ versorgt wurde. Auch kann er sich auf Nachfrage daran erinnern, dass er wohl damals auch eine kleine Thrombose im linken Unterschenkel hatte. Relevante Vorerkrankungen bestünden sonst keine.
Er sei immer sehr sportlich gewesen, Wandern, Berggehen, Skitouren. Er sei auch im Wintersportverein sehr aktiv gewesen (Jugendarbeit, etc.). Dies könne er nun nicht mehr machen, da aufgrund seines geschwollenen linken Fußes er nicht mehr in einen Skischuh komme, auch Berggehen sei nicht mehr möglich. Er könne 2-3 Minuten gehen, dann käme ein Ziehen und Schmerzen im linken Bein, so dass er Pausen machen müsse. Bei Bedarf nehme er Proxen gegen diese Beschwerden ein. Aufgrund des Bewegungsmangels habe er etwa 15 kg an Gewicht zugenommen. Er gehe Vollzeit seinem Beruf nach (Fa. Hörmann), dies sei körperlich nicht anstrengend.
An klinischen Befunden findet sich eine deutliche Schwellung des linken Fußes bis in Höhe des mittleren Unterschenkels. Umfangsdifferenz zur gesunden Seite ca. 2-3 cm. Kein Druckschmerz, keine frischen Zeichen einer Thrombose.
Regelmäßige Medikation: Eliquis 2 x 5 mg (Thrombosetherapie).
Eine Kernspinuntersuchung sei für Ende März terminisiert, als Diagnostik um die Möglichkeit einer eventuellen operativen oder Katheter-gestützten Wiedereröffnung der thrombosierten Vene abzuklären.
Beurteilung:
Bei Herrn XXXX kam es etwa 5 Tage (Konsultation des Hausarztes wegen Schmerzen im linken Unterschenkel am 22.07.2021, Diagnose mittels Ultraschalluntersuchung gesichert am 25.07.2021 in der Notfallambulanz der XXXX ) nach einer am 17.07.2021 verabreichten COVID Impfung (Erstimpfung) mit dem Impfstoff Comirnaty zu einer Thrombose der Unterschenkelvenen links. Die Blutgerinnungswerte waren normal, ebenso die Thrombozytenzahl, so dass sich kein Hinweis auf eine VITT (Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie, die zu Thrombosen führen kann) ergibt.
Herr XXXX war sehr sportlich und auch im lokalen Wintersportverein aktiv. Vorerkrankungen, die ein erhöhtes Thromboserisiko bedingen, waren bis dato nicht bekannt. Es war bereits im Februar 2011 eine Thrombose der Vena fibularis links (eine „kleine Thrombose") aufgetreten, dies jedoch in zeitlichem Zusammenhang mit einer Achillessehnenoperation beim Sport und entsprechender Ruhigstellung des Fußes (Gips, Gehstöcke/Krücken). Die damalige Thrombose kann damit als provoziert angesehen werden. Thrombosen sind gehäuft beschrieben nach Vakzinierung mit Vaxzevria (ChAdOxl-S, AstraZeneca). Nach einer Impfung mit Comirnaty wurde über wenige tiefe Beinvenenthrombosen berichtet (z.B. Sicherheitsbericht Paul-Ehrlich-Institut vom Dezember 2022). In einer Analyse von 925.000 mit Comirnaty Geimpften traten 39 tiefe Beinvenenthrombosen auf, in der gematchten Kontrollgruppe 47 Thrombosen, was einem Risiko von 0,87 entspricht. Bei einer Covid Infektion betrug das Risiko 3,78 (N Engl J Med 2021;385:1078-90, DOI: 10.1056/NEJMoa2110475, Beilage).
Ein kausaler Zusammenhang zwischen der COVID Vakzinierung und der aufgetretenen Unterschenkelvenenthrombose kann im gegenständlichen Fall nicht hergestellt werden. Dennoch sind Thrombosen in Zusammenhang mit einer Vakzinierung mit Comirnaty beschrieben. Der enge zeitliche Zusammenhang der aufgetretenen Thrombose mit der Impfung (wenige Tage) bei einem gesunden sportlichen Mann und das Fehlen von entsprechende Vorerkrankungen, Immobilisierung oder gesundheitliche Begleitumstände (eine JAK-2 V617F Mutation als Hinweis für eine myeloproliferative Erkrankung wurde ausgeschlossen) würden indiziell einen Zusammenhang von Impfung und Thrombose nahelegen. Allerdings wurden im Rahmen der Ursachenabklärung für die Thrombose Laborbefunde im Sinne eines Antiphospholipidsyndroms erhoben, einer Erkrankung, die mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergeht. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass das Antiphospholipidsyndrom erst nach der Thrombose aufgetreten ist. Diese Befunde wurden mehrfach bestätigt und meinerseits mit einem Spezialisten für Blutgerinnung sowie einer Fachärztin für Labormedizin diskutiert. Die Wahrscheinlichkeit eine Thrombose zu entwickeln war demnach auch unabhängig von der Impfung erhöht. Ob, und wenn ja inwieweit, das Risiko für eine Thrombose bei dem bestehenden Antiphospholipidsyndrom durch die Impfung zusätzlich erhöht wurde lässt sich nicht abschätzen.
Beantwortung der gestellten Fragen:
1. Welchem Krankheitsbild bzw. welcher Gesundheitsbeeinträchtigung entspricht die geltend gemachte Gesundheitsschädigung?
Einer Thrombose der linken Unterschenkelvenen: Vena poplitea links, mehrerer Muskelvenen im Musculus gastrocnemius links und der Venae tibiales posteriores links.
2. Ergeben sich daraus maßgebliche Funktionsbeeinträchtigungen?
Ja, eine persistierende Schwellung des linken Fußes und eine deutliche Beeinträchtigung beim Gehen länger als wenige Minuten. Sport (Berggehen und Skifahren) ist nicht mehr möglich.
3. Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt? Ja.
4. Welche ärztlichen Befunde sprechen für einen Zusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigung mit der Impfung?
Der zeitliche Zusammenhang mit der Impfung.
5. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Pro-Schlussfolgerung?
Wenig gewichtig. Der Zusammenhang zwischen Thrombosen und einer Impfung mit dem Vakzin Comirnaty (mRNA-lmpfstoff) ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Das Thromboserisiko scheint höher zu sein nach einer Impfung mit Vektorimpfstoffen.
6. Welche ärztlichen Befunde sprechen gegen einen Zusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigung mit der Impfung?
Das Vorhandensein eines Antiphospholipidsyndroms, das eine erhöhte Neigung zu Thrombosen bedingt.
7. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Contra-Schlussfolgerungen?
Sehr gewichtig.
8. Spricht im Sinne der gesamtheitlichen Sicht erheblich mehr für bzw. erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang?
Es spricht erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
9. Ist daher aus ärztlicher Sicht ein bzw. kein wahrscheinlicher Zusammenhang anzunehmen?
Vor dem Hintergrund des bestehenden Antiphospholipidsyndroms besteht kein wahrscheinlicher Zusammenhang.
10. Insbesondere sind folgende Kriterien zu prüfen:
a. besteht ein klarer zeitlicher Zusammenhang?
Ja.
b. Entspricht die Symptomatik im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Infektion?
Ja.
c. Gibt es eine andere (wahrscheinlichere) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie?
Ja, das bestehende Antiphospholipidsyndrom.
11. Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht?
Nein. Die erlittene Thrombose kann nicht auf die Impfung zurückgeführt werden, da bei bestehendem Antiphospholipidsyndrom eine erhöhte Thromboseneigung vorliegt.
a. wenn ja, hat sich die Gesundheitsschädigung im Verlauf in ihrer Schwere maßgeblich geändert?
Entfällt.
b. Können daher für bestimmte Zeiträume unterschiedliche Schweregrade angegeben werden?
Entfällt.
12. Hat die Impfung zwar keine Dauerfolgen, aber eine schwere Körperverletzung nach §84 Abs. 1 StGB bewirkt?
Entfällt.“
11. Mit Schreiben vom 22.02.2023 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass laut vorliegenden Sachverständigengutachten ein Kausalzusammenhang zwischen dem bei ihm vorliegendem Leidenszustand und der erhaltenen Impfung nicht mit der gesetzlich geforderten Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung seien somit nicht erfüllt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt, hierzu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
12. Mit Schreiben vom 08.03.2023 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass er nie von einem Arzt auf ein erhöhtes Thromboserisiko durch die Impfung hingewiesen worden sei. Nach der Impfung am 17.07.2021 seien rasch Schmerzen aufgetreten und sein Fuß angeschwollen. Als die Schmerzen immer stärker geworden und solche Fälle nach Impfungen mit BioNTech Pfizer bekannt gewesen seien, habe ihn sein Hausarzt sofort in die Notfallambulanz überwiesen. Dort sei eine Thrombose diagnostiziert worden, ohne außergewöhnliche Auffälligkeiten beim Bluttest. Seit dieser Zeit müsse der Beschwerdeführer mit starken Schmerzen und Mobilitätseinschränkungen leben, wodurch seine Lebensqualität nahezu auf null gesunken sei. In allen bisherigen Untersuchungen sei bis dato der Grund für seine langanhaltende Thrombose nicht gefunden worden, es habe nur verschiedene Vermutungen gegeben. Auch habe ein Verdacht auf Antiphospholipidsyndrom bestanden, dass er diese Krankheit habe, sei ihm jedoch bis heute nicht bekannt. Fakt sei, dass er bis zur Impfung keinerlei gesundheitliche Probleme gehabt habe und es Fälle gebe, bei denen unabhängig von diversen Syndromen nach der COVID-Impfung Thrombosen aufgetreten seien. Der Beschwerdeführer wundere sich, dass ein Verdacht der nicht mit Sicherheit nachgewiesen sei, als Grund genannt werde, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung nicht erfüllt seien. Dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und der Thrombose nicht ausgeschlossen werden könne, zeige eindeutig, dass sehr wohl die Impfung für den Schaden verantwortlich sei. Das ganze Sachverständigengutachten sei sehr vage und lediglich auf einem Verdacht auf das Antiphospholipidsyndrom aufgebaut, wobei nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass es nicht erst nach der Impfung aufgetreten sei, insofern der Beschwerdeführer es überhaupt habe. Die Thrombose sei sofort nach der Impfung aufgetreten, stehe also in zeitlichem Zusammenhang damit und lasse sich nicht abschätzen, ob die Impfung das Thromboserisiko erhöht habe. Der Beschwerdeführer legte eine Stellungnahme von XXXX bei, wonach laut dessen Unterlagen nur der Verdacht auf ein Antiphospholipidsyndrom bestehe und keine abschließende Beurteilung erfolgen sollte, bevor diese Diagnose abgesichert sei.
13. Mit Schreiben vom 10.03.2023 ersuchte die belangte Behörde den ärztlichen Dienst der Landesstelle Steiermark, die gegen das Sachverständigengutachten vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers zu entkräften bzw. das medizinische Beweisverfahren erforderlichenfalls zu erweitern.
14. Der Beschwerdeführer legte einen Arztbrief von Dr. XXXX Fachärztin für Interne Medizin, Additivfach internistische Angiologie, vom 05.07.2023, samt Laborbefunden und Publikationen vor.
15. In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 25.09.2023, führte der Sachverständige Univ.-Doz. Dr. XXXX zu den Einwendungen des Beschwerdeführers Folgendes aus:
„Die im Schreiben von Herrn XXXX vom 08.03.2023 gemachten Bedenken sind aus Sicht eines Betroffenen durchaus verständlich, da ja die Thrombose in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten ist und er durch die stattgehabte Thrombose deutlich beeinträchtigt ist. Ein zeitlicher Zusammenhang bedeutet jedoch per se keine Kausalität (= Ursächlichkeit). Ich darf nachfolgend nochmals die Fakten zusammenfassen/konkretisieren. Insbesondere die Aussage, dass mein gesamtes Gutachten auf dem Verdacht eines Antiphospholipidsyndroms aufbaut ist nicht korrekt. Der entscheidende Punkt ist der fehlende wissenschaftliche Nachweis einer Kausalität von einer Impfung mit Comirnaty und dem Auftreten von tiefen Beinvenenthrombosen.
1.) Es sind nach einer Impfung mit Comirnaty vereinzelt tiefe Beinvenenthrombosen beschrieben. Es ist allerdings bisher nicht wissenschaftlich bewiesen, dass eine Impfung mit Comirnaty zu einer höheren Anzahl an tiefen Beinvenenthrombosen führt als dies in der Normalbevölkerung (also bei Nichtgeimpften) der Fall ist. Wie bereits im Gutachten dargelegt, wurde in einer Untersuchung an fast einer Million mit Comirnaty geimpften keine erhöhte Rate an tiefen Beinvenenthrombosen im Vergleich zu einer ebenso großen nichtgeimpften Kontrollgruppe gefunden (Geimpfte 39 tiefe Beinvenenthrombosen, Nichtgeimpfte 47). Im Gegensatz dazu kann es bei dem Impfstoff Vaxzevria (ein virusbasierter Impfstoff, AstraZeneca) in der Tat zu Thrombosen kommen. Diese sind typischerweise mit einer verminderten Zahl an Blutplättchen vergesellschaftet. Dies steht auch in der entsprechenden Fachinformation („Beipackzettel"). Hier ist ein Zusammenhang statistisch nachgewiesen. Für Comirnaty gibt es keinen nachgewiesenen Zusammenhang mit Thrombosen (deshalb steht das auch nicht in der Fachinformation). Das Thromboserisiko bei gesunden 50-60-jährigen Nichtgeimpften beträgt etwa 1 pro 1000 im Jahr. In XXXX ist somit mit etwa 120 neu aufgetretenen Thrombosen pro Jahr bei Menschen, die zwischen 50 und 60 Jahre alt sind, zu rechnen (120.199 Personen zum Stichtag 1.1.2022, Amt der XXXX Landesregierung, Dez. 2022). Bei mehreren hunderttausend Geimpften ist es damit naheliegend, dass es immer wieder in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu tiefen Beinvenenthrombosen gekommen ist.
2.) Im Rahmen der Abklärung möglicher Ursachen für die stattgehabte Thrombose wurde anhand auffälliger spezifischer Laborparameter der Verdacht auf ein Antiphospholipidsyndrom geäußert. Die Diagnose (also die Sicherung bzw. die Ausräumung des Verdachts) eines Antiphospholipidsyndroms erfordert die Bestätigung der auffälligen Laborparameter in einer weiteren Untersuchung in mindestens 12 Wochen Abstand. Dies ist mehrfach erfolgt, zuletzt durch Dr. XXXX am 24.05.2023, und die pathologischen Werte haben sich in jeder Kontrolluntersuchung bestätigt. Auch im Dezember 2021 waren die betreffenden Parameter pathologisch, im Gegensatz zu der Angabe von Dr. XXXX in ihrem Arztbrief (Befund beiliegend). Per Definition besteht damit ein Antiphospholipidsyndrom. Zur Veranschaulichung die Diagnosekriterien, gelb markiert die im vorliegenden Fall relevanten (d.h. positiven) Befunde:
Table 1. Sydney criteria (2006) for Classification of antiphospholipid syndrome
Clinical Criteria | Laboratory Criteria |
1. XXXX - XXXX , arterial or microvascular; - Confirmed by objective validated criteria; - No evidence of inflammation in vessel wall. | 1. Lupus anticoagulant present in plasma on |
>2 occasions, at least 12 weeks apart. | |
and/or | and/ XXXX |
2. Pregnancy morbidity - >1 unexplained fetal death > lOth week of gestation or; | 2. XXXX IgG and/ XXXX in |
- >1 premature birth <34th week of gestation because of: 0 Eclampsia or severe pre-eclampsia ° Features of placental insufficiency; - >3 unexplained consecutive abortions <10th week of gestation. | serum or plasma, present in medium or high titer (>40 GPL or MPL, or > XXXX ), measured by a standardized ELISA on >2 occasions, at least 12 weeks apart. |
XXXX /or | |
| 3. XXXX IgG and/ XXXX |
| in serum or plasma, present in titer > XXXX , measured by a standardized ELISA on >2 occasions, at least 12 weeks apart. |
Abbreviations: ELISA, enzyme-Iinked immunosorbent assay; GPL, IgG phospholipid units; MPL, IgM phospho
lipid units.
Anzumerken ist, dass bei Vorliegen von IgG Antikörpern ein höheres Thromboserisiko besteht als bei Vorliegen von IgM Antikörpern. Von Prof. XXXX , einem ausgewiesenen Gefäßspezialisten, wurde nach Würdigung der Antikörperbefunde und der stattgehabten Thrombose (Arztbrief vom 24.11.2022: „Beim Patienten besteht wohl ein Antiphospholipidsyndrom") eine lebenslange „Blutverdünnung" empfohlen. Bei „normalen" Thrombosen, d.h. ohne Antiphospholipidsyndromkonstellation oder anderen Risikofaktoren wird die „Blutverdünnung" üblicherweise nach einigen Monaten beendet.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten:
Es ist bisher keine Häufung von tiefen Beinvenenthrombosen nach einer Impfung mit Comirnaty wissenschaftlich nachgewiesen. Die Thrombose von Herrn XXXX kann damit nicht kausal der Impfung zugeschrieben werden.
Ein Antiphospholipidsyndrom liegt vor, wenn bestimmte Antikörper im Blut mehrfach gemessen erhöht sind und es zu einer Thrombose gekommen ist. Dies ist hier der Fall (Thrombose und anti-Cardiolopin-AK sowie anti-beta2GP Antikörper >99 Perzentile, damit einem intermediären Risikoprofil entsprechend). Ob die festgestellten Antikörper schon vor der Impfung bzw. vor der Thrombose vorhanden waren lässt sich naturgemäß im Nachhinein nicht mehr feststellen. Dies ist auch nur von untergeordneter Relevanz, da allein durch den bisher fehlenden wissenschaftlichen Nachweis einer Ursächlichkeit einer Impfung mit Comirnatv für tiefe Beinvenenthrombosen ein kausaler Zusammenhang aus meiner Sicht nicht hergestellt werden kann.
Beantwortung der gestellten Fragen:
1. Welchem Krankheitsbild bzw. welcher Gesundheitsbeeinträchtigung entspricht die geltend gemachte Gesundheitsschädigung?
Einer Thrombose der linken Unterschenkelvenen: Vena poplitea links, mehrerer Muskelvenen im Musculus gastrocnemius links und der Venae tibiales posteriores links.
2. Ergeben sich daraus maßgebliche Funktionsbeeinträchtigungen?
Ja, eine persistierende Schwellung des linken Fußes und eine deutliche Beeinträchtigung beim Gehen länger als wenige Minuten. Sport (Berggehen und Skifahren) ist nicht mehr möglich.
3. Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt?
Ja.
4. Welche ärztlichen Befunde sprechen für einen Zusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigung mit der Impfung?
Der zeitliche Zusammenhang mit der Impfung.
5. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Pro-Schlussfolgerung?
Wenig gewichtig.
6. Welche ärztlichen Befunde sprechen gegen einen Zusammenhang der vorliegenden Gesundheitsschädigung mit der Impfung?
Der Zusammenhang zwischen Thrombosen und einer Impfung mit dem Vakzin Comirnaty (mRNA-lmpfstoff) ist wissenschaftlich nicht belegt.
Das Vorhandensein eines Antiphospholipidsyndroms, das eine erhöhte Neigung zu Thrombosen bedingt.
7. Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Contra-Schlussfolgerungen?
Sehr gewichtig.
8. Spricht im Sinne der gesamtheitlichen Sicht erheblich mehr für bzw. erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang?
Es spricht erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang.
9. Ist daher aus ärztlicher Sicht ein bzw. kein wahrscheinlicher Zusammenhang anzunehmen?
Es besteht kein wahrscheinlicher Zusammenhang.
10. Insbesondere sind folgende Kriterien zu prüfen:
a. besteht ein klarer zeitlicher Zusammenhang?
Ja.
b. Entspricht die Symptomatik im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Infektion?
Ja.
c. Gibt es eine andere (wahrscheinlichere) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie?
Ja, das möglicherweise schon vor der Impfung bestehende Antiphospholipidsyndrom. Darüber hinaus liegt das Risiko eine tiefe Beinvenenthrombose zu erleiden ohne ersichtlichen Grund in der gegenständlichen Altersgruppe mit etwa 1 pro 1000 Personen pro Jahr, so dass bei der Vielzahl an geimpften Personen es immer wieder zu Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung kommt.
11. Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht?
Nein. Die erlittene Thrombose kann nicht auf die Impfung zurückgeführt werden.
a. wenn ja, hat sich die Gesundheitsschädigung im Verlauf in ihrer Schwere maßgeblich geändert?
Entfällt.
b. Können daher für bestimmte Zeiträume unterschiedliche Schweregrade angegeben werden?
Entfällt.
12. Hat die Impfung zwar keine Dauerfolgen, aber eine schwere Körperverletzung nach §84 Abs. 1 StGB bewirkt?
Entfällt.“
16. Mit angefochtenem Bescheid vom 09.10.2023 wies die belangte Behörde den am 24.08.2021 eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz gemäß §§ 1b und 3 des Impfschadengesetzes ab.
Begründend führte die Behörde neben Wiedergabe der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, dass es sich bei der am 17.07.2021 vorgenommenen COVID-19-Impfung um eine Impfung im Sinne des § 1b ISchG handle. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reiche für die Anerkennung eines Impfschadens die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges nicht aus, sondern es sei festzustellen, ob die vorliegende Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis zurückzuführen sei. Wahrscheinlichkeit sei gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung reiche für die Feststellung einer Kausalität nicht aus. Nach Einholung aller relevanten Unterlagen sei Univ.-Doz. Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Medizinische Onkologie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Dieser führe aus, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der vorgenommenen Impfung und den aufgetretenen Gesundheitsschädigungen nicht mit der gesetzlich geforderten Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Nach erfolgter Gesamtschau durch diesen Sachverständigen seien die im Rahmen des Parteiengehörs vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen, eine anderslautende Entscheidung zu begründen. Es sei daher wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
17. Mit Schreiben vom 09.10.2023 teilte die belangte Behörde dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen das Ergebnis des nun abgeschlossenen Verfahrens mit, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen der vorliegenden Gesundheitsschädigung und der vorgenommenen Impfung bestehe.
18. Mit E-Mail vom 07.11.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass es sich bei seinen Beschwerden um einen Impfschaden mit Dauerschaden handeln würde, der unverzüglich nach der Impfung aufgetreten sei und durch einen Arztbrief, Blutuntersuchungen sowie diverse internationale wissenschaftliche Publikationen nachvollziehbar sei. Dem Arztbrief von Dr. XXXX sei zu entnehmen, dass die Auswertung der umfangreichen Blutuntersuchungen dem Verlauf einer normalen Immunantwort entspreche, in dem zuerst IgM und erst deutlich später IgG gebildet worden seien.
19. Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt mit Schreiben vom 08.11.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieser am 14.11.2023 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und ist österreichischer Staatsbürger.
Er erhielt am 17.07.2021 die erste Impfung gegen COVID-19 mit dem Impfstoff Comirnaty (Hersteller BioNTech/Pfizer).
Der Impfstoff Comirnaty war zu dieser Zeit in Österreich zugelassen und zählt zu den empfohlenen Impfungen laut dem Österreichischen COVID-Impfplan 2021. Comirnaty ist ein Impfstoff zur Vorbeugung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bei Menschen ab einem Alter von 6 Monaten. Comirnaty enthält Tozinameran, ein Boten-RNA-Molekül (mRNA) mit Anweisungen zur Herstellung eines Proteins aus dem ursprünglichen Stamm von SARS-CoV-2, dem Virus, das COVID-19 verursacht.
Vor dieser Impfung erlitt der Beschwerdeführer – bezogen auf den relevanten Bereich der geltend gemachten Gesundheitsschäden – am 19.09.2010 eine Achillessehnenruptur beim Sport und eine erneute Ruptur am 21.11.2010. Im Februar 2011 trat, im zeitlichen Zusammenhang mit einer Achillessehnenoperation und entsprechender Ruhigstellung des Fußes, eine Thrombose der Vena fibularis links auf.
Einige Tage nach der Impfung verspürte der Beschwerdeführer starke Schmerzen im linken Unterschenkel und schwoll dieser stark an. Nach der Konsultation seines Hausarztes wurde der Beschwerdeführer in die Notfallaufnahme der XXXX überwiesen, wo am 25.07.2021 eine Thrombose der linken Unterschenkelvenen (Vena poplitea links, mehrerer Muskelvenen im Musculus gastrocnemius links und der Venae tibiales posteriores links) diagnostiziert wurde. Die Blutgerinnungswerte waren normal, ebenso die Thrombozytenzahl, so dass sich kein Hinweis auf eine VITT (Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie, die zu Thrombosen führen kann) ergibt. Es wurde eine Behandlung mit Apixaban (Eliquis®) eingeleitet und eine Terminvereinbarung an der angiologischen Ambulanz empfohlen, wo in weiterer Folge mehrere Kontrollen erfolgten sowie das Tragen von Kompressionsstrümpfen Klasse 2 unterschenkellang empfohlen wurde.
Bei einer Kontrolle am 03.12.2021 zeigte sich beim Beschwerdeführer ein konstanter Befund mit noch vorhandener Thrombose in der Vena poplitea und Vena tibialis posterior linksseitig. Im Rahmen der Abklärung möglicher Ursachen für die stattgehabte Thrombose wurde anhand auffälliger spezifischer Laborparameter der Verdacht auf ein Antiphospholipidsyndrom geäußert. Die pathologischen Werte haben sich in mehreren Kontrolluntersuchungen, zuletzt am 24.05.2023, bestätigt und besteht damit beim Beschwerdeführer ein Antiphospholipidsyndrom.
Seine Beschwerden, persistierende Schwellung des linken Fußes bis in Höhe des mittleren Unterschenkels und Schmerzen bereits bei kurzen Gehstrecken, halten bis heute an. Eine permanente Kompressionstherapie ist lebenslang zu applizieren, ebenso eine blutverdünnende Therapie.
In der aktuellen Gebrauchsinformation für Comirnaty werden Thrombosen nicht als Nebenwirkungen angeführt.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen der am 17.07.2021 verabreichten COVID-19-Impfung mit Comirnaty und der geltend gemachten Thrombose im linken Unterschenkel ist nicht wahrscheinlich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Geburtsdatum und zur Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem seitens des Bundesverwaltungsgerichts am 17.11.2023 eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister (vgl. OZ 2).
Die dem Beschwerdeführer verabreichte Impfung ist durch die vorgelegte Impfbestätigung dokumentiert (vgl. AS 10).
Dass der Impfstoff Comirnaty (Hersteller BioNTech/Pfizer) zur Zeit der Impfungen in Österreich zugelassen war, ergibt sich aus den allgemein zugänglichen Informationen des Bundesamtes für Sicherheit und Gesundheit (BASG) (vgl. https://www.basg.gv.at/covid-19/covid-19-impfstoffe , abgerufen am 12.01.2024). Die Feststellung, dass die Impfung gegen COVID-19 im COVID-Impfplan 2021 empfohlen war, ergibt sich aus den allgemein zugänglichen Informationen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (vgl. COVID-19-Impfplan, Version: 31.8.2021, abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, www.sozialministerium.at , abgerufen am 12.01.2024).
Die Feststellungen zur Wirkungsweise bzw. zum Impfstofftyp von BioNTech/Pfizer (Comirnaty) stützt sich auf die diesbezüglichen Produktinformationen der European Medicines Agency (EMA) (vgl., https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/comirnaty , abgerufen am 12.01.2024).
Die Feststellungen zu den Achillessehnenrupturen im Jahr 2010 und der Thrombose der Vena fibularis links 2011 folgen den diesbezüglichen Ausführungen im medizinischen Sachverständigengutachten von Univ.-Doz. Dr. XXXX vom 01.02.2023 (vgl. AS 86-88), welches sich wiederum auf die Angaben des Beschwerdeführers sowie auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen, etwa dem Arztbericht der XXXX vom 22.09.2021 (vgl. AS 71), stützen.
Die Feststellungen zum Krankheitsverlauf des Beschwerdeführers nach der Impfung folgen ebenfalls den Ausführungen im Sachverständigengutachten sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 25.09.2023 des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin, Hämatologie und medizinischen Onkologie (vgl. AS 84-87). Dieses Gutachten stützt sich im Wesentlichen auf die Angaben des Beschwerdeführers, insbesondere im verfahrenseinleitenden Antrag (vgl. AS 3-4) und bei der persönlichen Untersuchung am 23.01.2023 durch den Sachverständigen, sowie sämtlichen vorgelegten medizinischen Unterlagen, etwa dem Notfallbericht der XXXX vom 25.07.2021 (vgl. AS 11) und dem Arztbericht der XXXX vom 03.12.2021 (vgl. AS 42).
Der medizinische Gutachter setzt sich in seiner ergänzenden Stellungnahme auch umfassend mit den Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 08.03.2022 (vgl. AS 104-105) sowie den nachgereichten Befunden vom 05.07.2023 von Dr. XXXX (vgl. AS 109 ff) auseinander. Insbesondere führte er nachvollziehbar aus, dass bei dem Beschwerdeführer, im Rahmen der Abklärung möglicher Ursachen für die stattgehabte Thrombose anhand auffälliger spezifischer Laborparameter der Verdacht auf ein Antiphospholipidsyndrom geäußert worden sei. Die Diagnose, also die Sicherung bzw. die Ausräumung des Verdachts, eines Antiphospholipidsyndroms erfordere die Bestätigung der auffälligen Laborparameter in einer weiteren Untersuchung in mindestens 12 Wochen Abstand. Dies sei mehrfach erfolgt, zuletzt durch Dr. XXXX am 24.05.2023 und die pathologischen Werte hätten sich in jeder Kontrolluntersuchung bestätigt. Entgegen der Angaben von Dr. XXXX seien die betreffenden Parameter auch im Dezember 2021 pathologisch gewesen und bestehe damit per Definition ein Antiphospholipidsyndrom. Von einem ausgewiesenen Gefäßspezialisten sei im November 2022 nach Würdigung der Antikörperbefunde und der stattgehabten Thrombose eine lebenslange Blutverdünnung empfohlen worden. Bei „normalen" Thrombosen, d.h. ohne Antiphospholipidsyndromkonstellation oder anderen Risikofaktoren werde die Blutverdünnung üblicherweise nach einigen Monaten beendet. Ein Antiphospholipidsyndrom liege vor, wenn bestimmte Antikörper im Blut mehrfach gemessen erhöht seien und es zu einer Thrombose gekommen sei. Dies treffe auf den Beschwerdeführer zu – Thrombose und anti-Cardiolopin-AK sowie anti-beta2GP Antikörper >99 Perzentile, damit einem intermediären Risikoprofil entsprechend (vgl. AS 147-149).
Die aktuelle Gebrauchsinformation für den Impfstoff Comirnaty ist unter anderem auf der Website des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) öffentlich abrufbar (https://www.basg.gv.at/fileadmin/redakteure/08_COVID-19/Gebrauchsinformation_Comirnaty.pdf , abgerufen am 12.01.2024). Auf den Seiten 4 und 5 sind die bekannten Nebenwirkungen angeführt. Auch der Sachverständige führte in seiner ergänzenden Stellungnahme aus, dass es für Comirnaty keinen nachgewiesenen Zusammenhang mit Thrombosen gebe und es deshalb nicht in der Fachinformation stünde (vgl. AS 147).
Die Feststellung, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der dem Beschwerdeführer verabreichten Impfung und der geltend gemachten Thrombose im Unterschenkel nicht wahrscheinlich ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Vorauszuschicken ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem „Kausalitätsnachweis“ besteht, sondern schon im Falle der „Kausalitätswahrscheinlichkeit“. Davon ausgehend ist jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei maßgeblichen Kriterien
- passende Inkubationszeit,
- entsprechende Symptomatik und
- keine andere wahrscheinlichere Ursache
erfüllt sind, von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität der Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung auszugehen (vgl. VwGH 11.11.2015, Zl. 2013/11/0244, mwN). Für die Annahme der „Kausalitätswahrscheinlichkeit“ müssen alle drei Kriterien (kumulativ) erfüllt sein (vgl. VwGH 10.12.2021, Ra 2020/11/0091, Rz 20).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und medizinischen Onkologie Univ.-Doz. Dr. XXXX vom 01.02.2023 und dessen ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 25.09.2023, dass diese Kriterien (überwiegend) nicht erfüllt sind und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der erlittenen Thrombose nicht wahrscheinlich ist. Das Gutachten und die Stellungnahme sind schlüssig und nachvollziehbar, sie stützen sich auf näher zitierte und dem Gutachten beigelegte medizinische Fachliteratur (vgl. AS 92 ff), die ausführlich erhobene Krankengeschichte des Beschwerdeführers und eine persönliche Untersuchung am 23.01.2023.
Zunächst ist unstrittig, dass das Kriterium der passenden Inkubationszeit erfüllt ist. Die Schmerzen und die Schwellung des linken Unterschenkels traten bei dem Beschwerdeführer fünf bis sechs Tage nach der Impfung auf. Acht Tage nach der Impfung wurde eine Thrombose der linken Unterschenkelvenen (Vena poplitea links, mehrerer Muskelvenen im Musculus gastrocnemius links und der Venae tibiales posteriores links) diagnostiziert.
Das Kriterium der entsprechenden Symptomatik ist im vorliegenden Fall hingegen nicht erfüllt. Zunächst führt der Sachverständige aus, dass die Blutgerinnungswerte des Beschwerdeführers normal gewesen seien, ebenso die Thrombozytenzahl, sodass sich kein Hinweis auf eine VIIT (Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie), die zu Thrombosen führen könne, ergebe. Sodann setzt er sich in seinem Gutachten samt Ergänzung ausführlich und nachvollziehbar mit dem aktuellen Forschungsstand zu einem möglichen Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfungen und dem Auftreten von Thrombosen auseinander. Er räumt darin zwar ein, dass Thrombosen in Zusammenhang mit einer Vakzinierung mit Comirnaty beschrieben und auch vereinzelt über tiefe Beinvenenthrombosen berichtet worden sei. Es sei allerdings bisher nicht wissenschaftlich bewiesen, dass eine Impfung mit Comirnaty zu einer höheren Anzahl an tiefen Beinvenenthrombosen führe, als dies bei Nichtgeimpften der Fall sei. Im Gegensatz dazu könne es bei dem Impfstoff Vaxzevria (ein virusbasierter Impfstoff, AstraZeneca) in der Tat zu Thrombosen kommen und stehe dies in der entsprechenden Fachinformation, da ein Zusammenhang statistisch nachgewiesen worden sei. Für Comirnaty (mRNA-Impfstoff) gebe es allerdings keinen nachgewiesenen Zusammenhang mit Thrombosen und stehe dies deshalb auch nicht in der Fachinformation (vgl. AS 87-89 und 146-147).
Der Beschwerdeführer trat dieser Argumentation des Sachverständigen nicht substantiiert entgegen. Er brachte vor, dass es auch Fälle gebe, in denen Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung mit Comirnaty, unabhängig von diversen Syndromen, aufgetreten seien. Dazu ist auszuführen, dass dies bei großangelegten Untersuchungen auch nicht weiter überraschend ist und noch nicht bedeutet, dass in diesen Fällen ein kausaler Zusammenhang mit der Impfung nachgewiesen worden wäre. Der Sachverständige zitierte in seinem Gutachten eine Analyse von 925.000 mit Comirnaty Geimpften, dabei seien 39 tiefe Beinvenenthrombosen aufgetreten und in der gematchten Kontrollgruppe 47 Thrombosen. Das entspreche einem Risiko von 0,87, bei einer COVID-Infektion betrage das Risiko 3,78. In seiner ergänzenden Stellungnahme führte er zudem aus, dass das Thromboserisiko bei gesunden 50 bis 60-jährigen Nichtgeimpften etwa 1 pro 1000 im Jahr betrage. In XXXX seien somit mit etwa 120 neu aufgetretenen Thrombosen pro Jahr bei Menschen, die zwischen 50 und 60 Jahre alt sind, zu rechnen. Bei mehreren hunderttausend Geimpften sei es daher naheliegend, dass es immer wieder zu tiefen Beinvenenthrombosen in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gekommen sei (vgl. AS 88 und 147). Laut welchen „einschlägigen Publikationen“ das Thromboserisiko mit einer Impfung mit Comirnaty größer sein soll als ohne Impfung, konkretisierte der Beschwerdeführer nicht.
Eine nähere Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde erwähnten und dem Arztbrief von Dr. XXXX vom 05.07.2023 beigelegten Publikationen (vgl. AS 114 ff) konnte unterbleiben. Beide Artikel behandeln einen möglichen Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfungen und dem Antiphospholipidsyndrom. Jedoch stützen sich die jeweiligen Autoren lediglich auf vereinzelte Fälle bei denen von einem Antiphospholipidsyndrom nach COVID-19-Impfungen berichtet worden seien und gestehen in der Folge selbst ein, dass noch weitere Forschungen notwendig seien (vgl. AS 124 und 128). Da diese Artikel somit rein spekulativ sind und ein Zusammenhang nur vermutet wird, waren sie jedenfalls nicht geeignet die Schlussfolgerungen des Sachverständigen zu entkräften oder eine dem Gutachten widersprechende Beurteilung zuzulassen.
Ebenso ist das Kriterium der fehlenden anderen, wahrscheinlicheren Ursache gegenständlich nicht erfüllt. Diesbezüglich legt der Sachverständige in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme ausführlich dar, dass im Rahmen der Ursachenabklärung für die Thrombose Laborbefunde im Sinne eines Antiphospholipidsyndroms erhoben worden seien (siehe dazu bereits oben). Der Sachverständige habe diese Befunde auch mit einem Spezialisten für Blutgerinnung sowie einer Fachärztin für Labormedizin diskutiert und sei es extrem unwahrscheinlich, dass das Antiphospholipidsyndrom erst nach der Thrombose aufgetreten sei (vgl. AS 88-90).
Auch diesen Überlegungen des Sachverständigen vermochte der Beschwerdeführer letztlich nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Wie bereits ausgeführt, besteht, entgegen der Behauptung in seiner Stellungnahme vom 08.03.2022, nicht nur der Verdacht auf das Antiphospholipidsyndrom, sondern liegt dieses bei dem Beschwerdeführer vor. Darüber hinaus brachte er lediglich unsubstantiiert vor, dass das Sachverständigengutachten zu vage sei. Es ist richtig, dass der Sachverständige auch ausführte, dass es sich nicht abschätzen lasse, ob, und wenn ja inwieweit, das Risiko für eine Thrombose bei einem Antiphospholipidsyndrom durch die Impfung zusätzlich erhöht werde und, dass es sich naturgemäß im Nachhinein nicht mehr feststellen lasse, ob die festgestellten Antikörper schon vor der Impfung bzw. der Thrombose vorhanden waren. Jedoch stellte er unzweifelhaft klar, dass vor dem Hintergrund des bestehenden Antiphospholipidsyndroms, das mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehe, erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang der Thrombose mit der Impfung als dafür spreche und somit kein wahrscheinlicher Zusammenhang bestehe (vgl. AS 88-90 und 149).
Zusammenfassend ist daher in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen festzuhalten, dass betreffend die Thrombose bereits das Kriterium der entsprechenden Symptomatik nicht erfüllt ist. Vor diesem Hintergrund würde dem Kriterium der fehlenden anderen, wahrscheinlicheren Ursache zwar ohnehin keine entscheidungsrelevante Relevanz zukommen, ist aber gegenständlich ebenfalls nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und medizinische Onkologie vom 01.02.2023 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 25.09.2023 somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Da zwei der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen Kriterien passende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik und keine andere wahrscheinlichere Ursache im vorliegenden Fall jeweils überwiegend nicht erfüllt sind, war festzustellen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der dem Beschwerdeführer verabreichten Impfungen und der vorgebrachten Thrombose in seinem Unterschenkel nicht wahrscheinlich ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Impfschadengesetzes (IschG), BGBl. Nr. 371/1973 idgF, lauten auszugsweise:
„§ 1b (1) Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.
(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.
§ 2 (1) Als Entschädigung sind zu leisten:
a) Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens:1. ärztliche Hilfe;2. Versorgung mit den notwendigen Arznei-, Verband- und Heilmitteln;3. Versorgung mit orthopädischen Behelfen;4. Pflege und Behandlung in Krankenanstalten und Kuranstalten in der allgemeinen Pflegegebührenklasse;5. die mit der Behandlung verbundenen unvermeidlichen Reise- und Transportkosten, erforderlichenfalls auch für eine Begleitperson;
b) Übernahme der Kosten für Maßnahmen zur Rehabilitation unter sinngemäßer Anwendung der lit. a Z 1 bis 5;
c) wiederkehrende Geldleistungen im gleichen Ausmaß wie die entsprechenden Geldleistungen nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG), BGBl. Nr. 27/1964 in der geltenden Fassung:1. Beschädigtenrente gemäß §§ 21 und 23 bis 25 HVG. Kann auf Grund des Alters, in dem die Schädigung erlitten wurde, keine Ausbildung gemäß § 24 Abs. 8 HVG festgestellt werden, ist die Bemessungsgrundlage entsprechend der Einstufung in den gehobenen Dienst (Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe b samt Verwaltungsdienstzulage) und für Zeiträume nach dem 1. Jänner 1999 nach dem Entlohnungsschema v (Entlohnungsgruppe v2, Bewertungsgruppe v2/1) nach dem Vertragsbedienstetengesetz 1948-VBG zu errechnen;2. Pflegezulage gemäß § 27 HVG;
[…]
§ 2a (1) Hat die Schädigung Dauerfolgen nicht bewirkt, gebührt eine Entschädigung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a und b nur, wenn durch die Impfung eine schwere Körperverletzung im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB bewirkt worden ist.
(2) Die Entschädigung nach Abs. 1 ist grundsätzlich als einmalige pauschalierte Geldleistung im Betrag von 883,56 Euro zu leisten. Dieser Betrag erhöht sich für jeden Tag, an dem beim Geschädigten Anstaltsbedürftigkeit gegeben war, um ein Dreißigstel der Pflegezulage der höchsten Stufe.
(3) Eine über den im Abs. 2 genannten Betrag hinausgehende Entschädigung setzt voraus, daß der Geschädigte den Pauschalbetrag übersteigende Kosten im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a und b nachweist.
(4) Eine Entschädigung nach Abs. 2 oder 3 steht einer Entschädigung für später hervorkommende Dauerfolgen nicht entgegen und ist auf eine solche nicht anzurechnen.
§ 3. […]
(2) Über Ansprüche auf Entschädigung nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen.
(3) Soweit dieses Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt, sind die §§ 2, 31a, 54 bis 60, 65 bis 67, 69 bis 72, 73a, 82, 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 86, 87, 88, 88a, 92 bis 94a und 98a Abs. 7 und 8 HVG sinngemäß anzuwenden. Die §§ 5 und 6 des Heeresentschädigungsgesetzes, BGBl. I Nr. 162/2015, sind sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen tritt und die Mitwirkungspflicht sich nicht auf die militärischen Dienststellen bezieht.“
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über empfohlene Impfungen, BGBl. II Nr. 526/2006 idF BGBl. II Nr. 341/2009 lauten auszugsweise:
§ 1. Impfungen im Sinne des § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes sind Impfungen – auch in Kombination – gegen
1. COVID-19,
[…]“
Dem Beschwerdeführer wurde am 17.07.2021 eine Impfung gegen COVID-19 mit dem Impfstoff Comirnaty (Hersteller BioNTech/Pfizer), welcher zu dieser Zeit in Österreich zugelassen war, verabreicht. Für Schäden aus dieser Impfung ist daher grundsätzlich nach dem Impfschadengesetz Entschädigung zu leisten.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid richtig ausführte, reicht nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für die Anerkennung eines Impfschadens die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges nicht aus, sondern es ist (aufgrund des gemäß § 3 Abs. 3 ISchG anzuwendenden § 2 Abs. 1 HVG) festzustellen, ob die vorliegende Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis zurückzuführen ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist „Wahrscheinlichkeit“ dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. VwGH 26.04.2013, 2012/11/0001; 27.04.2015, Ra 2015/11/0004).
Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage besteht der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz demnach nicht nur bei einem konkreten „Kausalitätsnachweis“, sondern schon im Falle der „Kausalitätswahrscheinlichkeit“. Davon ausgehend ist jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei maßgeblichen Kriterien (passende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sind, von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität der Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung auszugehen (ständige Judikatur; vgl. VwGH 11.11.2015, Zl. 2013/11/0244, 06.03.2014, Zl. 2011/11/0024 und Zl. 2011/11/0112, 16.12.2013, Zl. 2013/11/0081 und Zl. 2011/11/0180, 23.05.2013, Zl. 2011/11/0114, 20.03.2012, Zl. 2009/11/0195, 30.09.2011, Zl. 2011/11/0113, jeweils mwN).
Für die Annahme der „Kausalitätswahrscheinlichkeit“ müssen alle drei Kriterien (kumulativ) erfüllt sein (vgl. VwGH 10.12.2021, Ra 2020/11/0091, Rz 20).
Gegenständlich ergibt sich, wie in der Beweiswürdigung dargelegt, aus dem schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und medizinische Onkologie, dass zwei dieser Kriterien jeweils überwiegend nicht erfüllt sind und ein Kausalzusammenhang zwischen der bei dem Beschwerdeführer aufgetretenen Thrombose der linken Unterschenkelvenen und der ihm verabreichten Impfung daher nicht wahrscheinlich ist.
Die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschädigungen sind also nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die angeschuldigte Impfung zurückzuführen, weswegen ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz rechtlich nicht gegeben ist.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall wurde eine Verhandlung vom Bundesverwaltungsgericht nicht für erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt durch Aktenstudium des vorgelegten Fremdaktes, insbesondere auch der Beschwerde, zu klären war. Alle aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes notwendigen Unterlagen befanden sich im Verwaltungsakt und konnten demgemäß entsprechend rechtlich gewürdigt werden. Damit liegt ein besonderer Grund vor, welcher auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen. Der Beschwerdeführer erstattete kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, welches mit der Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre, und die Beweiswürdigung der belangten Behörde, insbesondere das eingeholte Sachverständigengutachten, wurde auch nicht substantiiert bekämpft. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung hätte aufgrund des klaren Sachverhaltes zu keinem anderen Ergebnis führen können.
Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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