B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §77
FPG §80
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwG-AufwErsV §1 Z5
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3
VwGVG §35 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2217283.3.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, vertreten durch RA Dr. Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2019, Zl. 628319310-190178345 und gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 10.05.2019, nach einer mündlichen Verhandlung am 14.06.2019, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3, Z 4 und Z 5 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte in Österreich am 31.3.2012 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2.8.2012 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Zugleich wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG nach Tunesien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.3.2014 gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.
2. Am 19.2.2019 wurde der BF von Sicherheitsbeamten eines Streifendienstes in Wien 15., Westbahnhof, einer Kontrolle unterzogen. Im Zuge der Kontrolle wies sich der BF mit einem gefälschten slowakischen Personalausweis aus. Im Zuge weiterer Ermittlungen wurde festgestellt, dass der BF seit 13.3.2014 über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfügte. In Folge wurde er gemäß § 40/1 BFA-VG festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.
Am 20.2.2019 wurde der BF zur Überprüfung des Aufenthaltsstatus und zur beabsichtigten Anordnung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Erlassung eines Einreiseverbotes gegen seine Person seitens des BFA einvernommen.
3. In Folge wurde über den BF mit Bescheid vom 20.2.2019, Zahl 628319310 - 190178345/BMI-BFA_WIENAST_01, die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bescheid wurde dem BF am 20.02.2019, um 15.40 Uhr, durch persönliche Übernahme zugestellt. Rechtlich stützte die belangte Behörde die Anordnung der Schubhaft hinsichtlich der bestehenden Fluchtgefahr auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 8 sowie Z 9 FPG.
4. Mit Bescheid des BFA vom 21.2.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Zudem wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Tunesien zulässig sei und gegen ihn ein auf Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
5. Am 27.2.2019 wurde der BF im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates niederschriftlich einvernommen.
6. Am 4.3.2019 brachte der BF im Stande der Schubhaft einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz ein.
Gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde daraufhin die Schubhaft geprüft und aufrechterhalten, der dementsprechend angelegte Aktenvermerk über die Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde dem BF am 4.3.2019 persönlich zugestellt.
Mit Bescheid des BFA vom 14.3.2019 wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Tunesien zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht festgelegt. Weiters wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 15.3.2019 persönlich zugestellt und erwuchs in Folge in Rechtskraft.
7. Am 10.4.2019 erhob der BF durch seinen anwaltlichen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 20.2.2019, mit dem über ihn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft.
8. In diesem Verfahren wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine Anfrage an die für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA zum bisherigen Vorgehen und zur Wahrscheinlichkeit einer baldigen Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gerichtet.
In der Anfragebeantwortung vom 15.4.2019 teilte diese wie folgt mit:
"Die Identifizierung von tunesischen StA erfolgt von den Behörden in Tunesien, klassische Vorführtermine zur Identifizierung - so wie bei manch anderen Staaten - finden grundsätzlich nicht statt.
Die tunesische Botschaft leitet sämtliche Unterlagen, welche dem HRZ-Antrag beigefügt werden konnten nach Tunis weiter, eine Antwort erhält das BFA in der Regel nach 3 bis 4 Monaten.
Nach Einlangen der offiziellen Zustimmung kann sofort ein Flug für die Rückführung gebucht werden. Die Flugdaten müssen der Botschaft allerdings zumindest drei Wochen im Voraus mitgeteilt werden. Die Ausstellung des HRZ erfolgt dann grundsätzlich erst einige Tage vor Abflug.
Im gegenständlichen Fall wurde nichtsdestotrotz (aufgrund der bestehenden Schubhaft) zusätzlich am 12.04.2019 urgiert, um auf die Wichtigkeit hinzuweisen.
In Anbetracht der Tatsache, dass eine sehr intensive und durchaus als positiv zu bezeichnende Zusammenarbeit mit der tunesischen Botschaft bzw. dem Konsulat (in concreto mit der tunesischen Konsulin) gepflegt wird und regelmäßig HRZ aufgrund von Zustimmungen ausgestellt werden, geht das BFA davon aus, dass auch in diesem Fall eine Beantwortung des Antrags erfolgt.
Ergänzend darf abschließend noch erwähnt werden, dass bei konstruktiver Mitwirkung des Fremden bei der Personenfeststellung (Vorlage von Dokumenten) die Identifizierung grundsätzlich rascher erfolgen könnte."
9. Nach einer mündlichen Verhandlung wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde mit am 16.4.2019 unter GZ W154 2217283-1/10Z mündlich verkündetem und am 25.6 2019 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.
Zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich stellte das Bundesverwaltungsgericht folgendes fest:
„Der BF verfügt in Österreich nicht über familiäre Anknüpfungsmomente.
Der BF geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach.“
Und zum bisherigen Verhalten des BF:
„Der BF befindet sich seit 2012 in Österreich. Nach dem negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens hat der BF durch Verwendung eines gefälschten slowakischen Personalausweises eine neue Identität angenommen, unter der der BF amtlich gemeldet war und einer Beschäftigung nachgegangen ist. Der BF war unter der falschen Identität sozial- und krankenversichert und Inhaber einer e-card, einer Bankomatkarte und einer Netzkarte der ÖBB.
Der BF verwendete den gefälschten slowakischen Personalausweis bis zu seiner Festnahme am 19.02.2019.
Der BF hat vor seiner Festnahme nie versucht, Dokumente bei der tunesischen Botschaft zu erlangen.
Der BF hat versucht, sich durch Verschleierung seiner Identität durch Annahme einer falschen Identität den österreichischen Behörden zu entziehen, um einer möglichen Abschiebung nach Tunesien zu entgehen.
Der BF ist nicht willens, freiwillig nach Tunesien zurückzukehren.
Der BF verfügt gegenwärtig über keine Unterkunft im Bundesgebiet.
Der BF verfügt lediglich über geringe Barmittel.“
Zur Durchführbarkeit der Abschiebung:
„Ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde seitens des BFA eingeleitet. Mit der Ausstellung eines solchen innerhalb der nächsten Monate ist gegenwärtig zu rechnen.“
Dieses Erkenntnis ist vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts unbekämpft geblieben.
10. Am 11.6.2019 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten gemäß § 22a Abs. 4 zweiter Satz BFA-VG zur amtswegigen Prüfung der Zulässigkeit der weiteren Anhaltung des BF vor (GZ W154 2217283-2).
Im Rahmen der Aktenvorlage führte die belangte Behörde aus, dass am 19.4.2019 und am 3.6.2019 eine Prüfung gemäß § 80 Abs. 6 FPG durchgeführt und der BF am 10.5.2019 niederschriftlich einvernommen worden sei. Das HRZ Verfahren sei vor den tunesischen Behörden anhängig und es stehe eine Antwort der Identitätsprüfung von Tunesien noch aus. Von Seiten der dortigen Behörden erfolge in jedem Fall eine Mitteilung über deren Ergebnis.
Die Gründe, die zur Verhängung der Schubhaft geführt hätten, lägen noch immer vor. Es sei mit einer Antwort aus Tunesien zu rechnen, die dortigen Behörden kooperierten mit dem BFA und stellten bei Klärung der Identität ein Heimreisezertifikat aus. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, entsprechende Dokumente vorzulegen. Dieser Umstand lasse den Schluss zu, dass er offensichtlich nicht im ausreichenden Ausmaß im Verfahren zur Erlangung eines Ersatzdokumentes mitwirke, weil ansonsten seine Identität in Tunesien bereits geklärt worden wäre. Vielmehr sei zu befürchten, dass der BF eine Entlassung zum Anlass nehmen würde, sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung zu entziehen.
11. Am selben Tag langte beim BFA die gegenständliche Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG ein, die dem Bundesverwaltungsgericht am 13.6 2019 vorgelegt wurde. Darin machte der BF geltend, dass die Schubhaft bereits unverhältnismäßig lang dauere. Er befinde sich seit rund vier Monaten in Schubhaft, bis dato sei kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden. Seit der Antragstellung am 14.3.2019 und der Urgenz am 12.4.2019 habe die Behörde keine weiteren Schritte unternommen, um zu einem Heimreisezertifikat zu kommen. Vielmehr wäre dem BF schon vor rund drei Wochen mitgeteilt worden, dass seine Herkunft aus Tunesien nicht geglaubt werde. Wegen der noch nicht ausgestellten Dokumente seien Abschiebungsvorkehrungen nicht im Gange, sodass grundsätzlich eine Inhaftnahme nicht erfolgen dürfe bzw. die Haft nicht verhältnismäßig und somit aufzuheben wäre. Nicht nachvollziehbar seien die Fristen von 3 bis 4 Monaten, gemäß dem Abkommen zwischen Österreich und Tunesien über die Heimbeförderung tunesischer und österreichischer Staatsangehöriger, BGBl. Nr. 255/1965, sei hier lediglich eine Frist von zwei Monaten vorgesehen, die schon lange abgelaufen sei. Die Anhaltung möge daher ab 15.5.2019 (zwei Monate nach der zur Erlangung eines Heimreisezertifikates erfolgten Befassung der tunesischen Behörde am 14.3.2019) als rechtswidrig festgestellt und ausgesprochen werden, dass auch im Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlägen (GZ W154 2217283-3).
Zudem beantragte der BF unter Hinweis auf § 35 VwGVG den Zuspruch von Eingabegebühr und Aufwandsersatz im gesetzlichen Umfang.
12. Im Rahmen der Beschwerdevorlage nahm das BFA dazu im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass die Identifizierung von tunesischen Staatsangehörigen von den Behörden in Tunesien erfolge, klassische Vorführtermine fänden grundsätzlich nicht statt. Die tunesische Botschaft leite sämtliche Unterlagen, welche dem Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates beigefügt werden können, zwecks Prüfung nach Tunis weiter. Entscheidend seien hier die Fingerabdrücke, welche eine tadellose Qualität vorweisen müssen, um den Prozess zu beschleunigen. Eine Antwort erhalte das BFA in der Regel nach 3 bis 4 Monaten. Aufgrund der Identifizierung und der daraufhin ausgestellten Heimreisezertifikate, die die Behörde regelmäßig erhalte, könne man die Kooperation mit der tunesischen Botschaft durchaus als gut bezeichnen. Auch der Kontakt zur Konsulin bestehe permanent und es komme regelmäßig zum Austausch von Informationen. In Anbetracht dieser Tatsachen könne man sehr wohl davon ausgehen, dass auch in diesem Fall eine Beantwortung des Antrags erfolgen werde. Zudem könnte bei konstruktiver Mitwirkung des Fremden bei der Personenfeststellung (Vorlage von Dokumenten) die Identifizierung grundsätzlich rascher erfolgen. Auch sei die oben erwähnte Frist der Bearbeitungszeit der tunesischen Behörden noch nicht abgelaufen. Die Gründe, die zur Verhängung der Schubhaft geführt hätten, lägen noch immer vor und würde der BF deshalb jede Möglichkeit nutzen, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung zu entziehen. Aus Sicht der Behörde könne von einer Aussichtslosigkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht gesprochen werden, weil die Antwort der tunesischen Behörden noch ausstehe.
Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückweisen,
2. gemäß § 22 A BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,
3. den BF zum Ersatz des Vorlage- und des Schriftsatzaufwandes sowie gegebenenfalls des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde verpflichten.
13. Am 13.6.2019 legte die Heimreisezertifikatsabteilung folgenden Schriftsatz vor:
„Zu Ihrer Anfrage […] (IFA: 628319310) darf ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Am 23.04.2019 langte eine negative Identifizierung der tunesischen Behörden bei uns ein. Daraufhin wurde ein HRZ Verfahren mit Marokko gestartet.
Am 10. Mai 2019 fand eine Einvernahme des Genannten in den Räumlichkeiten der Regionaldirektion Wien statt. Inhalt dieser Einvernahme war u.a. die Identifizierung der Person bzw. die Erlangung von entsprechenden Informationen für die Beschaffung von Heimreisedokumenten. Es konnten neue Informationen, die auf seine tunesische Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit hinweisen gesammelt werden (Daten zu seinen Eltern, Geburtsort). Einige Tage später wurde, am 15. Mai wurde – mit diesen neuen Informationen erneut ein HRZ Verfahren mit Tunesien gestartet, der Antrag wurde noch am selben Tag an die tunesischen Behörden weitergeleitet. Am selben Tag wurde auch ein HRZ Antrag an die marokkanischen Behörden geschickt.
Am 06.06.2019 wurde bei der tunesischen Botschaft bzgl. des Herrn […] urgiert.
Ich habe mit der tunesischen Konsulin nächste Woche ein bilaterales Treffen, bei welchem ich diesen Fall ansprechen bzw. auf dessen Wichtigkeit hinweisen werde.“
14. Am 14.6.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Nachgefragt, ob er seit der Verhandlung am 16.4.2019 Beweismittel erlangt habe, die er vorlegen wolle, erklärte der BF zunächst, nichts bekommen zu haben. Das BFA habe bei der tunesischen Botschaft das Heimreisezertifikat beantragt, ob sie etwas bekommen hätten oder nicht wisse er nicht. Er habe in Tunesien keine Fingerabdrücke abgegeben und ohne diese Fingerabdrücke könnten sie ihm keinen Personalausweis ausstellen. Die Botschaft hätte dem Referenten mitgeteilt, dass sie kein Heimreisezertifikat ausstellen könnten, solange der BF nicht einen Beweis oder Unterlagen habe, die seine Identität bezeugen könnten. Dann habe ihm der Konsul mitgeteilt, dass er mit seiner Familie telefonieren müsse, jedoch hätte er keinen Kontakt herstellen können.
Weiters gefragt, was er seit der Verhandlung am 16.4.2019 unternommen habe, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, antwortete der BF, er habe nur die Caritas beauftragt, Kontakt zur Botschaft aufzunehmen und auch den Referenten dazu aufgefordert. Er habe nichts unternommen, um Identitätsbezeugende Dokumente zu erlangen, einen Ausweis hätte er nie gehabt, nur die Asylkarte und seinen gefälschten slowakischen Personalausweis.
In weiterer Folge wurde dem BF der Schriftsatz der Heimreisezertifikatsabteilung vom 13.6.2019 zur Kenntnis gebracht und übersetzt.
Aufgefordert, sich dazu zu äußern, erwiderte der BF, er habe nichts zu sagen. Er hätte mit der Caritas gesprochen und die freiwillige Rückkehr nach Tunesien beantragen wollen, die tunesische Botschaft hätte jedoch erklärt, dass er keinerlei Ausweise habe und deswegen kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könne.
Die rechtliche Vertretung nahm dazu dahingehend Stellung, dass entsprechend eines Rückführungsübereinkommens Tunesien nach zwei Monaten darüber Bescheid gebe, ob ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde oder nicht. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Es wäre nunmehr eine idem Gesetz nicht entsprechende Fleißaufgabe der Behörde, noch einmal bei der tunesischen Botschaft nachzufragen. Tatsächlich hätte man den BF aus der Haft entlassen müssen, weil die Abschiebungsvorkehrungen mit der Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates beendet seien.
Hierzu gab der Vertreter der belangten Behörde an, dass nach der ersten negativen Identifizierung durch die tunesische Behörde eine neuerliche Einvernahme des BF stattgefunden habe. In dieser habe der BF sehr wohl vorgebracht, dass ihm 2001 bzw. 2002 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Zudem habe er auch angegeben, mit Personen in Kontakt zu stehen, die Dokumente beschaffen könnten und er darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass er diese Dokumente der Behörde jederzeit vorlegen könne. Dies sei bis heute nicht erfolgt. Zusätzlich sei auch ein HRZ Verfahren mit Marokko und Algerien gestartet worden, da beim derzeitigen Stand unter Umständen nicht davon ausgegangen werden könne, dass der BF seine wahre Identität angegeben habe. Die zuständige Abteilung stehe in engem Kontakt mit den tunesischen Behörden und dieser Fall werde Anfang Juli persönlich mit der Botschaft besprochen.
Im Falle des BF bestehe nach wie vor Sicherungsbedarf. Er habe lange Zeit unter einer falschen Identität in Österreich gelebt und sich in seinem bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten. Er habe einerseits behauptete die Caritas beauftragt zu haben, mit der Botschaft Kontakt aufzunehmen, andererseits habe er in der damaligen Einvernahme angegeben, selbst in Kontakt mit der Botschaft zu stehen. Sollte er richtige Angaben gemacht haben bzw. Identitätsdokumente vorlegen können, so sei auch mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen.
Der BF erklärte daraufhin, weder marokkanischer noch algerischer, sondern tunesischer Staatsangehöriger zu sein. Bei der Einvernahme, bei der es um das Ausfüllen der Heimreisezertifikatsformulare gegangen sei, habe ihn der Referent aufgefordert, irgendwelche Dokumente von seinem Vater zu bringen. Der BF stehe jedoch seit sechs Wochen in keinem Kontakt zu seiner Familie, er telefoniere immer mit seinem Freund, der dann den Vater oder jemanden aus seiner Familie treffe.
Der Behördenvertreter gab bekannt, dass die Verfahren nach der neuerlichen Einvernahme des BF am 10.5.2019 eingeleitet worden seien. Es seien bereits durchaus Identifizierungen und Abschiebungen durch die tunesische Botschaft in den letzten Monaten erfolgt. Dabei habe man auch Personen identifiziert, die über keine Dokumente verfügten. Die Behörde sei stets bemüht, Personen in Schubhaft möglichst rasch zu identifizieren und abzuschieben.
Der Rechtsvertreter änderte den Antrag in der Beschwerde dahingehend ab, dass die Anhaltung ab 10.5.2019 für rechtswidrig erklärt werden möge, weil offenbar der Behörde ab diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, dass eine Abschiebung nicht möglich wäre.
Am Ende der Verhandlung verkündete das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis, mit dem es gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei. Weiters traf es auf § 35 VwGVG gestützte Kostenaussprüche, nämlich Abweisung des Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz und Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei zum Aufwandersatz an den Bund sowie Zurückweisung des Antrags des BF auf Ersatz der Eingabengebühr. Schließlich sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (W154 2217283-2/7Z und W154 2217283-3/5Z).
Die dazu verkündeten Entscheidungsgründe lauten (auszugsweise):
„Der Beschwerdeführer (BF) wird auf Grund des Erkenntnisses vom 16.04.2019 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG auf Grundlage der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 14.03.2019 zur Sicherung der Abschiebung angehalten.
Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft haben sich keine Änderungen zum Vorerkenntnis ergeben. Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft liegen weiterhin vor.
Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des § 76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf das Vorerkenntnis zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft ein weiterer negativer Aspekt ergeben. Der BF brachte im Verfahren kein identitätsbezeugendes Dokument in Vorlage, sodass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates notwendig ist. Wie bereits im Vorerkenntnis angeführt liegt im Fall des Beschwerdeführers Fluchtgefahr insbesondere aufgrund seiner bewussten Verschleierung seiner Identität durch Aneignung eines slowakischen Personalausweis in der Vergangenheit vor und wurde durch die neu hinzukommende Tatsache, dass der BF – wie im fortgesetzten Verfahren nunmehr hervorgekommen ist – im Zuge des Verfahrens zur Erlangung seines Heimreisezertifikates unrichtige Angaben zu seiner Person gemacht hat, noch gravierend verstärkt, sodass seine (angegebene) Identität seitens der tunesischen Vertretungsbehörden am 23.04.2019 negativ qualifiziert werden musste und weitere Ermittlungen durch eine weitere Befragung des BF am 10.05.2019 und eine neuerliche Befassung der tunesischen Vertretungsbehörden am 15.05.2019 sowie eine Antragstellung an die marokkanischen und algerischen Vertretungsbehörden zur Erlangung eines Heimreisezertifikates notwendig wurden, was zu einer weiteren Verzögerung der Erlangung eines Heimreisezertifikates führt(e), die ausschließlich dem BF zuzurechnen ist. Gesamtbetrachtet ergab das Verfahren sohin, dass das BFA um eine zügige Außerlandesbringung des BF bemüht ist.
Die Schubhaft ist also weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des BF mit Sicherheit
geschlossen werden kann, dass dieser seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.
Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Haftzweck (Abschiebung) nicht erfüllt werden könnte.
Mit der Durchführung der Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen.
Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus.
In Hinblick auf das Verhalten des BF ist festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung der Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal der BF diesbezüglich einer engmaschigen medizinischen Kontrolle unterliegt.
Es ist daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
[…]“
Gegen dieses Erkenntnis erhob der BF außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Beschluss vom 25.7.2019 erkannte der Verwaltungsgerichtshof dieser Revision die aufschiebende Wirkung zu (Ra 2019/21/0191-5).
Mit Erkenntnis vom 19.12.2019, Ra 2019/21/0191-10, hob der Verwaltungsgerichtshof das mündlich verkündete Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.6.2019 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
Die Begründung lautet auszugsweise:
„[…]
Danach stützt sich dessen Spruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft und deren Verhältnismäßigkeit ausschließlich auf § 22a Abs. 4 BFA-VG, was dann auch in der Begründung zum Ausdruck gebracht wurde. Damit hat das BVwG die Rechtslage verkannt, wie sich schon aus der nachfolgend (auszugsweise) zitierten Bestimmung des § 22a BFA-VG ergibt:
[…]
15 Das BVwG beachtete den letzten Satz des § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht, sprach zu Unrecht über eine amtswegige Schubhaftprüfung ab, womit es insoweit allerdings verfehlt Kostenentscheidungen nach § 35 VwGVG (iVm § 22a Abs. 1a BFA-VG), die nur bei der Erledigung einer Beschwerde im Sinne des § 22a Abs. 1 BFA-VG in Betracht kommen, verband, und unterließ es, über die vom Revisionswerber eingebrachte Schubhaftbeschwerde im Spruch seines Erkenntnisses abzusprechen und damit einen Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG zu verbinden. Daran ändert nichts, dass im Rahmen der Begründung auch - insoweit widersprüchlich - teilweise inhaltlich auf das Vorbringen in der Beschwerde eingegangen wurde.16 Schon deshalb war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
[…]“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Der BF wurde auf Grund des Erkenntnisses vom 16.4.2019 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG auf Grundlage der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 14.3.2019 zur Sicherung der Abschiebung angehalten.
Mit Beschluss vom 25.7.2019 erkannte der Verwaltungsgerichtshof der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.6.2019, GZ W154 2217283-2/7Z und GZ W154 2217283-3/5Z, mit dem über die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft entschieden wurde, die aufschiebende Wirkung zu (Ra 2019/21/0191-5).
Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft hatten sich bis zum genannten Beschluss keine Änderungen zum Vorerkenntnis ergeben. Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft lagen weiterhin vor.
2. Der volljährige BF stellte in Österreich am 31.3.2012 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2.8.2012 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Zugleich wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG nach Tunesien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.3.2014 gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.
Mit Bescheid des BFA vom 21.2.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Zudem wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Tunesien zulässig sei und gegen ihn ein auf Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Am 4.3.2019 brachte der BF im Stande der Schubhaft einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz ein.
Mit Bescheid des BFA vom 14.3.2019 wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Tunesien zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht festgelegt. Weiters wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 15.3.2019 persönlich zugestellt und erwuchs in Folge in Rechtskraft.
3. Zum Grad der Verankerung in Österreich:
Der BF verfügte in Österreich nicht über familiäre Anknüpfungsmomente.
Der BF ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach.
Der BF verfügte über keine Unterkunft im Bundesgebiet.
Der BF verfügte lediglich über geringe Barmittel.
4. Zum Verhalten des BF:
Der BF befand sich seit 2012 in Österreich. Nach dem negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens hat der BF durch Verwendung eines gefälschten slowakischen Personalausweises eine neue Identität angenommen, unter der er amtlich gemeldet war und einer Beschäftigung nachgegangen ist. Der BF war unter der falschen Identität sozial- und krankenversichert und Inhaber einer e-card, einer Bankomatkarte und einer Netzkarte der ÖBB.
Der BF verwendete den gefälschten slowakischen Personalausweis bis zu seiner Festnahme am 19.2.2019.
Der BF hat nie versucht, Dokumente bei der heimatlichen Botschaft zu erlangen.
Der BF hatte versucht, sich durch Verschleierung seiner Identität durch Annahme einer falschen Identität den österreichischen Behörden zu entziehen, um einer möglichen Abschiebung in die Heimat zu entgehen.
Der BF war nicht willens, freiwillig in die Heimat zurückzukehren.
Auch im gegenständlichen Verfahren verhielt er sich unkooperativ, indem er neuerlich seine Identität verschleierte, im Verfahren nicht mitwirkte, keine Dokumente vorlegte und widersprüchliche Angaben vor der Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht machte.
Da der BF kein identitätsbezeugendes Dokument in Vorlage brachte, war die Ausstellung eines Heimreisezertifikates notwendig.
Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des § 76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf das Vorerkenntnis zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft ein weiterer negativer Aspekt ergeben. Wie bereits im Vorerkenntnis angeführt, liegt im Fall des BF Fluchtgefahr insbesondere aufgrund der bewussten Verschleierung seiner Identität durch Aneignung eines slowakischen Personalausweis in der Vergangenheit vor und wurde durch die neu hinzukommende Tatsache, dass der BF – wie im fortgesetzten Verfahren nunmehr hervorgekommen ist – im Zuge des Verfahrens zur Erlangung seines Heimreisezertifikates wieder unrichtige Angaben zu seiner Person gemacht hat, noch gravierend verstärkt, sodass seine (angegebene) Identität seitens der tunesischen Vertretungsbehörden am 23.4.2019 negativ qualifiziert werden musste und weitere Ermittlungen durch eine weitere Befragung des BF am 10.5.2019 und auf deren Basis eine neuerliche Befassung der tunesischen Vertretungsbehörden am 15.5.2019 sowie eine Antragstellung an die marokkanischen und algerischen Vertretungsbehörden zur Erlangung eines Heimreisezertifikates notwendig wurden, was zu einer weiteren Verzögerung der Erlangung eines Heimreisezertifikates führte, die ausschließlich dem BF zuzurechnen ist.
Danach verhielt er sich weiterhin unkooperativ, indem er vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.6.2019 erklärte, er habe in Tunesien keine Fingerabdrücke abgegeben, weshalb sie ihm keinen Personalausweis ausstellen könnten. In der neuerlichen Einvernahme vor dem BFA nach der ersten negativen Identifizierung durch die tunesische Behörde hatte er jedoch vorgebracht, dass ihm 2001 bzw. 2002 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Zudem hatte er dort auch angegeben, mit Personen in Kontakt zu stehen, die Dokumente beschaffen könnten und wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass er diese Dokumente der Behörde jederzeit vorlegen könne. Dem kam er jedoch nicht nach, sondern behauptete im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederum, seit sechs Wochen keinen Kontakt zu seiner Familie zu haben, sondern nur mit einem Freund, der sich dann an die Angehörigen wende. Auch behauptete vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Caritas beauftragt zu haben, mit der Botschaft Kontakt aufzunehmen, andererseits gab er vor dem BFA an, selbst in Kontakt mit der Botschaft zu stehen.
Die Dauer der Schubhaft und die erste (negative) Mitteilung der tunesischen Botschaft sind somit ausschließlich dem BF zuzurechnen.
Die Schubhaft war insgesamt weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden konnte, dass dieser seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigte.
Das Verhalten des BF schloss auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus.
In Hinblick auf das Verhalten des BF ist festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung der Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwog. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft zum damaligen Zeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllte.
5. Zur Durchführbarkeit der Abschiebung:
Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats war im Zeitpunkt vom 10.5.2019 bis zur Entlassung aus der Schubhaft weiterhin nicht nur grundsätzlich, sondern auch realistisch zu rechnen. Die diesbezügliche erforderliche Zeitspanne ist - wie ausgeführt - vorrangig dem Beschwerdeführer, jedenfalls aber nicht dem Bundesamt zuzurechnen. Gesamtbetrachtet ergab das Verfahren, dass das BFA um eine zügige Außerlandesbringung des BF bemüht war.
Dass das erste HRZ-Verfahren mit Tunesien negativ verlief, beruhte ausschließlich darauf, dass der BF falsche Angaben zu seiner Identität machte. Anschließend führte das BFA weitere Ermittlungen durch und beantragte auf deren Basis nochmals ein Heimreisezertifikat bei der tunesischen und sicherheitshalber auch bei der algerischen und marokkanischen Vertretung.
Durch die tunesische Botschaft waren bereits Identifizierungen und Abschiebungen in den Vormonaten erfolgt, wobei auch Personen identifiziert worden waren, die über keine Dokumente verfügten.
Die Kooperation der belangten Behörde mit der tunesischen Botschaft verläuft gut, eine Antwort bezüglich der Heimreisezertifikate erflogt regelmäßig innerhalb von drei bis vier Monaten. Zudem hätte das Verfahren durch die Kooperation des BF wesentlich beschleunigt werden können (vgl. Pkt. I.8, I.10, I.12, I.14)
Insgesamt konnte das BFA zum damaligen Zeitpunkt (10.5.2019 bis zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VwGH) zu Recht mit einer Abschiebung des BF rechnen.
6. Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt war, zumal der BF diesbezüglich einer engmaschigen medizinischen Kontrolle unterlag.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, den eingebrachten Schriftsätzen sowie den mündlichen Verhandlungen am 16.4.2019 und am 14.6.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):
3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
[…]“
§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.
3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere soferna. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oderc. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:
„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. […]
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.“
„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
[…]
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
[…]“
3.2.3. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).
3.2.4. Zum Zeitpunkt der weiteren Anhaltung in Schubhaft ab 10.5.2019 verfügte der BF weiterhin über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, eine Rückkehrentscheidung war rechtskräftig und durchsetzbar.„Fluchtgefahr" war jedenfalls weiterhin im Hinblick auf § 76 Abs. 3 Z 1 FPG indiziert, da der BF versucht hatte, durch Verschleierung seiner Identität mittels Annahme einer falschen Identität seine Abschiebung zu umgehen bzw. zu behindern. Zudem endete wegen neuerlich falscher Angaben zu seiner Identität und weiterhin fehlender Kooperationsbereitschaft des BF das erste HRZ-Verfahren negativ, sodass die Behörde nach ergänzender Einvernahme in der Folge HRZ-Verfahren mit Tunesien, Marokko und Algerien einleitete.
Ebenso hat sich der BF durch Verschleierung seiner Identität bzw. Annahme einer falschen Identität dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme entzogen (Z 3). Nach wie vor fehlten ab dem 10.5.2019 im Bundesgebiet familiäre Beziehungen, übte der BF keine legale Erwerbstätigkeit aus, waren keine ausreichenden Existenzmittel vorhanden und existierte kein gesicherter Wohnsitz (Z 9).
Im vorliegenden Fall schied, abgesehen vom Bestehen erheblicher Fluchtgefahr, mangels finanzieller Mittel auch die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 des § 77 FPG aus.
Da beim BF aufgrund seines bisherigen Verhaltens - v.a. in Hinblick auf die Annahme einer falschen Identität, die jahrelange Nutzung eines gefälschten slowakischen Personaldokumentes und die Tatsache, dass der BF durch Verschleierung seiner Identität und durch mangelnde Kooperationsbereitschaft (auch) im gegenständlichen Schubhaftverfahren die Ausstellung eines Heimreisezertifikates behinderte - und wegen seiner dadurch zum Ausdruck gebrachten Ausreiseunwilligkeit ein beträchtliches Risiko des Untertauchens bestand, konnte die belangte Behörde weiterhin zu Recht nicht davon ausgehen, dass er „sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion" gemeldet hätte, sondern dass er sich einer Abschiebung durch Untertauchen entziehen würde. Dies galt auch für „die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen".
Aufgrund der oben dargelegten Fluchtgefahr und der oben beschriebenen Ausreiseunwilligkeit des BF war, in Zusammenschau mit der fehlenden familiären, sozialen und beruflichen Verankerung des BF sowie den fehlenden finanziellen Eigenmitteln, vor dem Hintergrund der Haftfähigkeit des BF und den Bemühungen des BFA zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, die Anhaltung in Schubhaft weiterhin notwendig und verhältnismäßig.
Wie in den Feststellungen ausgeführt, ist der negative Ausgang des ersten HRZ-Verfahrens und somit auch die Dauer der Schubhaft wegen der Verschleierung seiner Identität und seiner fehlenden Kooperationsbereitschaft alleine dem BF zuzurechnen und konnte die Behörde nach wie vor dennoch zu Recht realistischer Weise von einer Abschiebung des BF innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer ausgehen (vgl. § 80 Abs. 4 Z 1 FPG).
3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
Beide Parteien stellten Anträge auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG. Da die belangte Behörde obsiegte, war ihr der Kostenersatz zuzusprechen, der Antrag des Beschwerdeführers war dementsprechend abzuweisen.
Der BF stellte zudem den Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr.
Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen – es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.
Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
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