VwGH 2008/21/0595

VwGH2008/21/059527.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerden des C, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Oktober 2008, Zl. VwSen-400968/6/SR/Sta, vom 14. November 2008, Zl. VwSen-400970/3/SR/Sta, und vom 14. Jänner 2009, Zl. VwSen-400982/2/SR/Sta, jeweils betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67c Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §80 Abs1;
FrPolG 2005 §80 Abs2;
FrPolG 2005 §80 Abs4 Z2;
FrPolG 2005 §80 Abs6;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §67c Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §80 Abs1;
FrPolG 2005 §80 Abs2;
FrPolG 2005 §80 Abs4 Z2;
FrPolG 2005 §80 Abs6;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 3.319,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste gemäß seinen Angaben im April 2001 nach Österreich ein und trat hier unter verschiedenen Identitäten und mit unterschiedlichen Nationalitätsangaben in Erscheinung. Asylanträge blieben ergebnislos, ein wiederholter Antrag auf internationalen Schutz vom 31. März 2008 unter der nunmehrigen Identität Ch. (mit verschiedenen Schreibweisen), geboren am 7. Juli 1977, Staatsangehöriger von Kamerun, wurde mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen; zugleich wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach Kamerun ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer hatte sich bereits mehrfach in Schubhaft befunden, und zwar jedenfalls vom 19. Juni 2001 bis zumindest 27. Juli 2001, vom 11. September 2001 bis 5. November 2001, im Juli 2003 (nähere Daten unbekannt) und ab 21. Juli 2004. Im Zuge dieser letzten Haft hatte die Behörde versucht, Heimreisezertifikate des Senegal, der Elfenbeinküste sowie von Nigeria und von Kamerun zu erhalten. Während die Botschaften der drei erstgenannten Staaten abschlägige Antworten erteilten, äußerte sich die Botschaft von Kamerun in Bonn - trotz mehrmaliger Urgenzen - nicht, sodass der Beschwerdeführer letztlich am 27. Dezember 2004 aus der Schubhaft entlassen wurde.

Nach Erlassung des oben angeführten Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2008 wurde der Beschwerdeführer am 14. Mai 2008 neuerlich in Schubhaft genommen. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verhängte die Haft gestützt auf § 76 Abs. 1 iVm § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers. In der vorangegangenen Einvernahme hatte der Beschwerdeführer ua. angegeben, die Übermittlung von Personaldokumenten aus Kamerun veranlasst zu haben.

In einem Aktenvermerk vom 19. Mai 2008 wurde vom zuständigen Referenten der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über die Gespräche mit der Schubhaftbetreuung des Beschwerdeführers (Frau H.) Folgendes festgehalten:

"Frau H. teilte mir mit, dass (Beschwerdeführer) mehrmals erwähnte, kein nigerianischer oder Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein. Er verweist auf die angeführten Identitäten im Schubhaftbescheid. Sein Name wäre Ch. und würde er aus Kamerun kommen. Er würde sich dafür entschuldigen, dass er immer wieder ausgeborgte Dokumente verwendet hätte, mit denen er sich bei Kontrollen ausgewiesen habe. Er würde aber auch um Verständnis seines Handelns bitten, denn anders wäre es ihm nicht möglich gewesen, einer Fremdenkontrolle mit einer folgenden Festnahme zu entkommen. …

Frau H. wäre jedenfalls ebenso der Ansicht, dass der Genannte aus dem Kamerun stamme. Er hätte bisweilen einmal in den Kamerun telefoniert. Auch anhand der Rufnummer wisse sie daher, dass der Genannte zumindest Kontakt in den Kamerun habe. …

Frau H. fragte auch nach dem Ergebnis der Dokumentenversendung, worauf (Beschwerdeführer) ihr zu verstehen gab, dass die Dokumente jederzeit eintreffen würden. …

Frau H. werde jedenfalls weiterhin das Gespräch mit (Beschwerdeführer) suchen und Ergebnisse der BH Vöcklabruck berichten."

Gemäß dem Inhalt eines weiteren Aktenvermerks vom 8. Juli 2008 brachte die Schubhaftbetreuerin des Beschwerdeführers zum Ausdruck, sie denke nicht, dass der Beschwerdeführer tatsächlich eine Dokumentenübermittlung veranlasst habe; andernfalls hätten die Dokumente bereits eintreffen müssen.

Am 14. Juli 2008 wurde dem Beschwerdeführer niederschriftlich zur Kenntnis gebracht, dass die Schubhaft gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG bis zur möglichen Abschiebung, jedoch mit einer Gesamtdauer von maximal sechs Monaten, verlängert werde. In einem auf die Einvernahme vom 14. Juli 2008 bezugnehmenden Aktenvermerk ist angemerkt, dass der zuständige Referent der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das Fragenprogramm so gestaltet habe, dass die niederschriftliche Befragung mittels Dolmetschers nicht nur für die Bekanntgabe der Verlängerung der Schubhaft, sondern darüber hinaus für eine neuerliche, sinnvolle Anfrage "am Konsulat in Berlin" verwendet werden könne; nachdem irrtümlich das Wort Asylverfahren "eingebracht" worden sei und an die Botschaft keine Mitteilung bezüglich eines Asylverfahrens ergehen dürfe, könne das Fragenprogramm leider nicht verwendet werden.

Gemäß Aktenvermerk vom 16. Juli 2008 kam es zu weiteren telefonischen Kontakten der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit der Schubhaftbetreuerin des Beschwerdeführers. Als deren Ergebnis ist festgehalten, dass es der Beschwerdeführer abgelehnt habe, ein von der Behörde bezahltes Telefongespräch in verständlicher Sprache mit seiner Kontaktperson in Kamerun zu führen. Das sei vermutlich auf die Verlängerung der Schubhaft zurückzuführen. Außerdem habe der Beschwerdeführer der Schubhaftbetreuerin mitgeteilt, dass er in Wahrheit nie eine Dokumentenübermittlung beauftragt bzw. veranlasst habe.

In einem weiteren Aktenvermerk vom 30. Juli 2008 heißt es:

"Nach zwei Wochen hielt ich erneut Anfrage an Frau H. und erkundigte mich nach dem Zustand von (Beschwerdeführer). Frau H. teilte mir mit, dass er nach wie vor unverändert ist, und daran festhält, keineswegs nach Hause in den Kamerun zurückzukehren. Er werde auch nicht mitwirken. Es entspreche den Tatsachen, dass er jedenfalls in Wahrheit keine Dokumente aus seinem Heimatland angefordert habe oder deren Übermittlung in Auftrag gegeben habe. Den Namen und den Bezug seiner Kontaktperson nenne er jedenfalls nicht.

Ich teilte in Folge Frau H. mit, dass wie bereits geschildert die niederschriftliche Einvernahme der BPD Wels für die Anfrage an der Botschaft nicht verwendet werden könne. Nachdem nunmehr sich die Haltung des (Beschwerdeführers) nicht geändert hat, werde eine gesonderte niederschriftliche Befragung vor der BH Vöcklabruck für eine Datengewinnung für die Botschaft in Bonn geführt werden."

Die im Aktenvermerk vom 30. Juli 2008 angeführte niederschriftliche Befragung des Beschwerdeführers sollte am 6. August 2008 stattfinden. Der Beschwerdeführer verweigerte jedoch - auch nach einstündigem Zuwarten - jede Angabe. Schließlich wurde er darauf hingewiesen, dass er seine Einstellung überdenken möge, dass ihm eine "Bedenkzeit" von vier Wochen eingeräumt und dass man ihn nach vier Wochen erneut befragen werde. In einem nach Ablauf der angekündigten vier Wochen am 3. September 2008 verfassten Aktenvermerk ist ua. Folgendes festgehalten:

"Nachdem nunmehr die angekündigte Bedenkzeit von 4 Wochen verstrichen ist, erkundigte ich mich erneut bei Frau H. über (Beschwerdeführer) und deren Ansichten. (Beschwerdeführer) gab Frau H. zu verstehen, dass er nach wie vor mit der Fremdenpolizei nicht sprechen werde.

In Folge ließ ich (Beschwerdeführer) über Frau H. ausrichten, dass er eine Bedenkzeit von zwei Monaten erhält und in zwei Monaten erneut zur niederschriftlichen Befragung sachdienlich zur Identitätsfindung vorgeladen werde. Gemäß Auskunft von Frau H. reagierte daraufhin (Beschwerdeführer) aggressiv und wollte wissen, warum man ihm nicht glaube, dass er Ch. heiße und Staatsbürger von Kamerun sei. Ich ließ daraufhin Frau H. (Beschwerdeführer) ausrichten, dass er gerne jederzeit einen Nachweis besorgen oder dessen Übermittlung aus dem Kamerun veranlassen könne."

Der weiterhin in Schubhaft angehaltene Beschwerdeführer erhob am 20. Oktober 2008 Beschwerde gemäß § 82 FPG. In der dazu erstatteten Gegenschrift brachte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ua. zum Ausdruck, es sei glaubhaft, dass der Beschwerdeführer aus Kamerun stamme.

Mit dem zur hg. Zl. 2008/21/0595 angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 2008 wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (die belangte Behörde) die erwähnte Beschwerde "gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft in der Zeit vom 14. Mai 2008 bis zum 7. September 2008" als verspätet zurück. Im Übrigen wies sie die Beschwerde als unbegründet ab und stellte fest, "dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Gründe für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen". Dabei stützte sich die belangte Behörde auf die §§ 82 und 83 FPG iVm § 67c AVG.

In der Folge fand am 28. Oktober 2008 eine Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Dieser gestand zunächst zu, sich seit seiner Anhaltung in Schubhaft "kein einziges Mal" um Dokumente aus Kamerun bemüht zu haben. Im Übrigen erklärte er, keine Fragen beantworten zu können, weil er sich "verwirrt" und nicht dazu in der Lage fühle, Personalangaben zu tätigen. Er ersuche um eine "ständige begleitende ärztliche Betreuung". Zur Mitarbeit an der Erstellung eines "Sprachanalyse-Gutachtens" erklärte er sich aber bereit. Bei der daraufhin am 14. November 2008 vorgesehenen Tonbandaufzeichnung verweigerte der Beschwerdeführer jedoch diese Mitarbeit. Mittlerweile hatte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt, und zwar mit der Behauptung, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein. Dieser Antrag wurde letztlich mit im Instanzenzug ergangenem Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 15. Dezember 2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen, womit eine Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach Kamerun verbunden wurde. Gleichfalls am 15. Dezember 2008 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Botschaft von Kamerun in Bonn um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer.

In der Zwischenzeit hatte die belangte Behörde mit dem zur hg. Zl. 2008/21/0670 angefochtenen Bescheid vom 14. November 2008 festgestellt, "dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch über die Dauer von sechs Monaten hinaus vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung verhältnismäßig ist". Mit dem zur hg. Zl. 2009/21/0049 angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 2009 stellte die belangte Behörde schließlich fest, "dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch über die Dauer von acht Monaten hinaus vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung verhältnismäßig ist". In beiden Bescheiden wurde § 80 Abs. 6 FPG als Rechtsgrundlage angeführt.

Am 17. Februar 2009 wurde der Beschwerdeführer letztendlich aus der Schubhaft entlassen. Mit Bescheid gleichen Datums erteilte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck einen dreimonatigen Abschiebungsaufschub gemäß § 46 Abs. 3 FPG (idF vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009), weil die Abschiebung des Beschwerdeführers "vorerst nicht möglich" sei.

Über die gegen die drei genannten Bescheide der belangten Behörde vom 27. Oktober 2008, vom 14. November 2008 und vom 14. Jänner 2009 erhobenen Beschwerden, die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:

1. Der nur mit dem Verweis auf in anderen Angelegenheiten ergangene Erledigungen der belangten Behörde begründete zurückweisende Ausspruch des erstangefochtenen Bescheides beruht offenkundig auf der Überlegung, im Hinblick auf § 83 Abs. 2 FPG iVm § 67c Abs. 1 AVG sei eine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft nur für die letzten sechs Wochen vor Einbringung der Beschwerde zulässig. Die am 20. Oktober 2008 erhobene Beschwerde sei daher, soweit sie Festnahme, Schubhaftbescheid und Anhaltung bis zum 7. September 2008 betreffe, als verfristet zurückzuweisen gewesen.

Mit dieser Auffassung ist die belangte Behörde nicht im Recht. Dabei kann es genügen, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0565, zu verweisen, in dem - einen der von der belangten Behörde zitierten Vorbescheide betreffend - zum Ausdruck gebracht wurde, dass mit der Beschwerde gemäß § 82 FPG auch noch innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft sowohl der gesamte Anhaltezeitraum als auch, von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen, Festnahme und Schubhaftbescheid wirksam bekämpft werden können.

2. Soweit die belangte Behörde eine meritorische Erledigung vornahm und einerseits die Administrativbeschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 8. September 2008 als unbegründet abwies bzw. andererseits die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers letztlich über den 14. Jänner 2009 hinaus als zulässig erklärte, so kann ihr nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer bisher an den Tag gelegte Verhalten (insbesondere die Verwendung mehrerer Identitäten) vom Vorliegen eines die Schubhaft grundsätzlich rechtfertigenden Sicherungsbedarfs ausging. Der belangten Behörde ist auch darin beizupflichten, dass eine verlässliche Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers an den unterschiedlichen Angaben zu seinen Personaldaten scheiterte.

Der belangten Behörde kann aber ungeachtet dessen in ihrer Beurteilung, das gesamte behördliche Verhalten sei darauf gerichtet gewesen, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten, bzw. es seien keine Anhaltspunkte für fremdenpolizeiliche Versäumnisse erkennbar, nicht beigetreten werden: Wie sie anhand des dargestellten Geschehensablaufes - insoweit zutreffend - konstatierte, hatte der Beschwerdeführer, nachdem er nach zwei Monaten (Mitte Juli 2008) nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine (ursprünglich) vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und allen Beteiligten zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Ausgehend von dieser - neuerlich - zutage getretenen mangelnden Kooperation des Beschwerdeführers, die am 6. August 2008 in der Verweigerung jeglicher Angaben gipfelte, muss in dem weiteren Zuwarten der Schubhaftbehörde bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch am 28. Oktober 2008, ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen, nämlich eine unangemessene Verzögerung erblickt werden. In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 2005, Zl. 2005/21/0019, VwSlg. 16.670/A), weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Beschwerdeführers - solche sind fallbezogen auf Basis seines bisherigen Verhaltens nicht erkennbar - die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden durfte, diese "Einstellungsänderung" durch Haftdauer zu erwirken. Es kann aber auch nicht gesagt werden, ein Herantreten an die Botschaft von Kamerun zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates wäre aus damaliger Sicht aussichtslos gewesen, was im Ergebnis auch die belangte Behörde einräumt, wenn sie im Rahmen ihres Bescheides vom 14. Jänner 2009 und erkennbar unter Bezugnahme auf das dann gestellte Ersuchen vom 15. Dezember 2008 ausführt, es könne in absehbarer Zeit mit einer positiven Erledigung gerechnet werden. Jene Angaben, die dem letztlich an die Botschaft vom Kamerun gestellten Ersuchen vom 15. Dezember 2008 zugrunde lagen, waren nämlich bereits im Juli 2008 bekannt.

Die nach dem Gesagten nicht gerechtfertigte Untätigkeit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über knapp drei Monate hinweg widerstreitet der im § 80 Abs. 1 FPG festgehaltenen behördlichen Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Das ist ein Gesichtspunkt, dem bei Beurteilung der Frage, ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht (vgl. neben der ausdrücklichen Bezugnahme darauf in § 80 Abs. 6 FPG allgemein aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 2010, Zl. 2010/21/0234), nicht unwesentliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall ist unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Haft weiter zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach in Schubhaft war, und zwar zuletzt 2004 über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten, und dass die letzte Haftentlassung erfolgte, weil die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht zu erwarten gewesen war. Darüber hinaus ist noch miteinzubeziehen, dass der Beschwerdeführer - soweit ersichtlich - nicht straffällig geworden ist, sodass aus dem Blickwinkel der öffentlichen Ordnung eine Sicherung der Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers nicht als besonders dringlich geboten erscheinen musste (vgl. zur Berücksichtigung einer allfälligen Delinquenz des Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung allgemein etwa das hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542).

Vor diesem Hintergrund vermag der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, die von ihr beurteilte Haft erweise sich als verhältnismäßig, trotz des mehrfachen fremdenrechtlichen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers nicht zu teilen. Die angefochtenen Bescheide waren daher - zur Gänze - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Jänner 2011

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