BVwG L512 2126956-1

BVwGL512 2126956-117.4.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L512.2126956.1.00

 

Spruch:

L512 2126956-1/17E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der Volksrepublik Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 20.04.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 10.07.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, §§ 46, 55 FPG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides zu lauten hat:

 

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, (in weiterer Folge "Bangladesch" genannt), stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 23.04.2013 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 23.04.2013 Folgendes vor:

 

Er sei ledig, Sunnit und gehöre der Volksgruppe der Bengalen und der Religionsgemeinschaft der Sunniten an. Er habe 10 Jahre lang die Schule in Bangladesch besucht und sei zuletzt von seinem Vater unterstützt worden.

 

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er sei seit dem Jahr 2008 Mitglied der BNP gewesen. Der Vater des BF sei Ex-Gemeinderat gewesen. Am 03.03.2013 um 05.00 Uhr seien sie und alle Mitglieder bei einer Protestkundgebung gewesen, die sich gegen die Erhängung von Sayeedi gerichtet habe. Sie seien von der Polizei angegriffen und beschossen worden. Dabei seien 7 Personen getötet worden. Mehrere Personen seien auch von der Polizei angezeigt worden. Polizisten der Gruppe RAB hätten den BF danach zu Hause aufgesucht. Es sei ihnen bekannt gewesen, dass eine Person, die von der RAB gesucht werde, sofort erschossen werde. Der BF habe deshalb Angst bekommen und habe nach Absprache mit seinen Eltern und den Parteimitgliedern das Land verlassen. Bei einer Rückkehr habe der BF Angst, sofort erschossen zu werden [Aktenseite (AS) 3 ff.].

 

Mittels Aktenvermerk vom 14.05.2014 wurde das Asylerfahren eingestellt, da der Aufenthaltsort des BF weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt leicht feststellbar war.

 

Am 29.09.2015 langte der Antrag des BF auf Fortsetzung des Asylverfahrens ein.

 

Vor einem Organwalter der belangten Behörde bestätigte der BF am 25.11.2015 seine bisherigen Angaben und gab ergänzend Folgendes an:

Als es zu der erwähnten Demonstration gekommen sei, seien 7 Personen ums Leben gekommen. Die Bevölkerung sei deshalb sehr wütend auf die Polizei gewesen und habe die Polizeistation angegriffen und demoliert. Danach seien unzählige Personen wegen Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt worden. Der BF habe gehört, dass er - wie andere auch - als Beschuldigter in dieser Anzeige zu finden sei (AS 55 ff.).

 

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als nicht glaubhaft. Es sei - mit näherer Begründung - zu Vorbringenssteigerungen, Unschlüssigkeiten und Widersprüchlichkeiten im Sachvortrag des BF gekommen (AS 166 ff.).

 

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

 

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005) dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von 14 Tagen, da keine Gründe im Sinne des nach § 55 Abs 1 a FPG vorliegen würden.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde erhoben.

 

Es wurden die Anträge gestellt,

 

 

 

 

Begründend wurde zusammengefasst dargelegt, dass das Verfahren mangelhaft, die Beweiswürdigung unrichtig und es zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gekommen sei (AS 193 ff.).

 

I.4. Für den 10.07.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

 

I.4.1. Mit Schreiben vom 27.02.2017 wurde dem BF eine Aufforderung zur Mitwirkung im Beschwerdeverfahren und zur Vorlage von Dokumenten und Beweismitteln übermittelt. Den Verfahrensparteien wurden zudem mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls vom 27.02.2017 aktuelle Länderberichte zur Lage in Bangladesch zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.

 

I.5. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte der BF seine Ausführungen zu seiner Identität und führte aus, dass er verhandlungsfähig sei. Zum Gesundheitszustand befragt erörterte der BF, dass er gesund sei.

 

Der BF hatte zudem die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen [Ordnungszahl (OZ) 10].

 

I.6. Nach der mündlichen Verhandlung langten zahlreiche Unterlagen zur Integration und dem Gesundheitszustand des BF ein.

 

I.7. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

II.1.1. Der Beschwerdeführer

 

Beim BF handelt es sich um einen männlichen, bengalischen Staatsbürger, welcher aus einem Dorf aus dem Subdistrikt XXXX , Distrikt Bogura, Division Rajshahi stammt, die Sprachen Bengali, ein wenig Hindi und ein wenig Urdu spricht. Der BF gehört der Volksgruppe der Bengalen und dem moslemisch/sunnitischen Glauben an.

 

Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.

 

Der BF ist ein lediger, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

 

Familienangehörige des BF - seine Eltern und drei Schwestern - leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF. Vor seiner Ausreise aus Bangladesch wurde der BF von seinem Vater unterstützt. Die Eltern des BF und seine Schwestern leben in einem Haus zusammen. Der Vater des BF hat ein Möbelgeschäft.

 

Der BF leidet an Asthma bronchiale.

 

Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF erhält Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF besuchte Deutschkurse und hat die ÖSD Prüfung Niveau A2 bestanden. Der BF hat Bekannte in Österreich. Der BF ist im Besitz einer Einstellzusage. Der BF ist Mitglied der XXXX , der XXXX , von XXXX , des XXXX . Der BF hat einen Erste-Hilfe-Grundkurs besucht. Der BF spendet an verschiedene Vereine. Der BF arbeitet ehrenamtlich. Der BF ist gerichtlich unbescholten.

 

Die Identität des BF steht nicht fest.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Bangladesch

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Politische Lage

 

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 2.2016).

 

Das Parlament hat bei nur einer Gegenstimme, jedoch ohne Beteiligung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und ihrer Verbündeten an der Parlamentssitzung, am 30.7.2011 die 15. Verfassungsänderung verabschiedet. Im Mittelpunkt der Änderung steht die Abschaffung der Übergangsregierung, wie sie 1996 von der Awami League (AL) verlangt und durchgesetzt wurde und die sich nach Meinung von Wahlbeobachtern bei den folgenden Parlamentswahlen auch bewährte. Mit Überraschung wurde von Teilen der Zivilgesellschaft die Bestätigung des Islam als Staatsreligion aufgenommen, da angenommen worden war, dass die AL beabsichtige, möglichst nah an die ursprüngliche Verfassung von 1972 zu rücken. Allerdings wurde der Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteiischen Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 2.2016; vgl. AA 8 .2015a).

 

Die großen Parteien, insbesondere AL und BNP, werden von zwei quasi-dynastischen Persönlichkeiten geführt: Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia. Beide Frauen sind Erben des politischen Vermächtnis' ihrer ermordeten Männer und genießen dank dieser Position eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei. Sie nehmen nicht nur großen Einfluss auf den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter, sondern geben insgesamt den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) mächtigen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 2.2016).

 

Am 5.1.2014 fanden die 10. Parlamentswahlen ohne Beteiligung der größten Oppositionspartei, die BNP, statt. Die AL konnte so ungefährdet eine komfortable Mehrheit erreichen. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Die Presse berichtete auch über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 2.2016; vgl. AA 8 .2015a).

 

Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet; über 130 Wahllokale wurden in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks. In vielen Distrikten wurden über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v. a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 2.2016, vgl. AA 8 .2015a). Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen - landesweit waren 270.000 Sicherheitskräften im Einsatz - kam es bei den Wahlen zu schweren Ausschreitungen, bei denen 18 Menschen starben. Anhänger der Opposition versuchten bis zuletzt, die Abstimmung mit Brandsätzen und Gewaltakten zu verhindern. Nach Angaben der Behörden zündeten Demonstranten mindestens 127 Wahllokale an und stürmten weitere. In 390 der mehr als 18.000 Wahllokale wurde die Abstimmung wegen der Gewaltausbrüche abgebrochen. Die Polizei setzte auch scharfe Munition ein. Viele der Getöteten waren Aktivisten der Jamaat-e-Islami. Diese islamistische Partei, Bündnispartner der BNP, durfte bei der Wahl nicht antreten, nachdem ein Gericht ihre Registrierung vor einigen Monaten für ungültig erklärt hatte (Zeitonline 5.1.2014).

 

Insgesamt wurden bei gewaltsamen Angriffen rund um die Wahlen im Jänner 2014 Hunderte verletzt und getötet. Sowohl die Regierungspartei von Bangladesch, als auch Oppositionsparteien waren für die Gewalt verantwortlich. Anhänger der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party und der Jamaat-e-Islami Partei (JI) warfen Benzinbomben, um Streiks und Wirtschaftsblockaden zu erzwingen. Vor und nach der Wahl verwüsteten Angreifer auch Häuser und Geschäfte von Mitgliedern der hinduistischen und christlichen Gemeinschaften. Als Reaktion griff die Regierung hart gegen Mitglieder der Opposition durch und Hunderte wurden verdächtigt, gewalttätige Übergriffe begangen zu haben (HRW 27.1.2016). Es wurden Personen verhaftet und TV Stationen geschlossen (WSJ 13.1.2014). Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden führten außergerichtlichen Hinrichtungen, willkürliche Verhaftungen und rechtswidrigen Zerstörung von Privateigentum durch und ließen Personen verschwinden (HRW 27.1.2016). Berichte von Gewalt durch die Opposition halten indes auch nach den Wahlen an, ebenso die harte Linie der Regierung - mit Verhaftungen von Führungspersonen der Opposition und tausenden Anzeigen unter dem Vorwurf der Teilnahme an Gewalt (NYT 11.1.2014). Bereits das Vorfeld der Wahlen war durch Gewaltausbrüche gezeichnet. Insgesamt sollen um die 100 Menschen im Zuge der Wahl getötet worden sein (NYT 11.1.2014). Am Wahltag führte die BNP außerdem einen 48 stündigen landesweiten Streik an (BBC 12.1.2014).

 

Die wichtigste Oppositionspartei, die Bangladesh Nationalist Party (BNP) unter Führung von Begum Khaleda Zia, verlangt unterdessen Neuwahlen (WSJ 13.1.2014). Die BNP hatte die Parlamentswahlen am 5.1.2014 boykottiert, nachdem ihrer Forderung, diese von einer neutralen Übergangsregierung durchführen zu lassen, nicht nachgekommen wurde (Zeitonline 5.1.2014). Insgesamt boykottierte eine Allianz von 18 Oppositionsparteien die Wahl (UPI 14.1.2014). Durch den Boykott stand weniger als die Hälfte der Parlamentssitze zur Wahl (BBC 6.1.2014). In 153 Wahlkreisen hatte es keine Gegenkandidaten gegeben, wodurch in nur 147 Wahlkreisen Wahlen durchgeführt werden mussten (Bangladesh Chronicle 12.1.2014). Mit einem Parlament, das sich nun ausschließlich aus der Awami League und ihren Koalitionspartner zusammensetzt, ist dies das erste Mal seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1991, dass keine Opposition im Parlament vertreten ist (WSJ 13.1.2014).

 

Premierministerin Sheikh Hasina, Parteiführerin der Awami League, und ihr Kabinett wurden am 12.1.2014 für eine weitere Amtszeit angelobt (BBC 12.1.2014). Es ist dies die insgesamt dritte Amtszeit Hasinas bzw. die zweite in Folge (Bangladesh Chronicle 12.1.2014).

 

Die aufgrund des Wahlboykottes der BNP fehlende wirksame parlamentarische Opposition führt dazu, dass die BNP statt im Parlament zu diskutieren auf den Straßen agiert und die Regierung unter Sheikh Hasina gegen freie Meinungsäußerung und die Zivilgesellschaft vorgeht. Die Regierung reagiert dagegen mit der Aufstellung von Truppen, um die Gewalt auf den Straßen zu bändigen sowie mit der Inhaftierung tausender Mitglieder der Opposition, beschränkte vor geplanten Protesten den Zugang der Führerin der BNP, Khaleda Zai zu ihrem Büro. Wichtige Oppositionsführer wurden unter dem Vorwand schwerer Vergehen verhaftet. Aus Angst vor Verhaftungen blieben viele untergetaucht (HRW 27.1.2016).

 

Politisches Machtzentrum in Bangladesch ist die Exekutive und hier v. a. das Kabinett unter Vorsitz des Premierministers. Es ist üblich, dass der Führer der stärksten Partei vom Präsidenten zum Premierminister ernannt und mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Dem Premierminister kommt nicht nur die Leitung der Kabinettsitzungen zu, er hat das Recht zur Regierungsumbildung und ihm obliegt die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten. Demgegenüber ist die Rolle des Präsidenten - wiewohl Staatsoberhaupt und formal Kopf der Exekutive - im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Er wird vom Parlament für fünf Jahre und maximal zwei Amtsperioden gewählt. Das Parteiensystem wird durch die Konkurrenz der beiden großen Parteien AL und BNP geprägt. Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit nur die JP (Jatiya Party - Ershad) und - bis zu den vorletzten Wahlen - die JI erzielt. Aufgrund des im Land geltenden Mehrheitswahlrechts spiegelt die Sitzverteilung im Parlament nicht die realen Stimmenanteile wider. Das Mehrheitswahlrecht verhindert zwar die politische Fragmentierung innerhalb der Jatiya Sangsad (= Parlament), begünstigt dadurch aber auch die Bipolarität zwischen AL und BNP. Zwar entscheidet das Parlament de jure über den Haushalt, beschließt zu erhebende Steuern, ratifiziert Verträge oder initiiert Verfassungsänderungen, infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 2.2016).

 

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen, teilweise bereits verabschiedeten, Gesetzen zu Medien, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NRO aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, die Gräueltaten des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure. Viele von ihnen sind heute in führenden Positionen der islamischen Partei Jamaat-al-Islami aktiv. Die Prozesse und (häufig Todes‑) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 8 .2015a).

 

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende Awami League (AL) als Siegerin hervorgegangen (NETZ 1.2.2016).

 

Quellen:

 

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html ,

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

 

 

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Die jeweiligen Oppositionsparteien versuchen, die dominierende Struktur der Regierungspartei durch vielfältige Protestmaßnahmen zu unterminieren, namentlich durch gewaltsame Demonstrationen auf der Straße. Die Grundform des Protestes heisst "hartal" und ist ein Generalstreik mit Blockierung der Verkehrswege, Fahrverbot für Motorfahrzeuge, Schließen von Geschäften usw.; Diese Maßnahmen werden von Aktivisten der jeweiligen Opposition angeordnet und arten oft in gewaltsame Straßenkämpfe mit Aktivisten der Regierungspartei aus, die von der Polizei unterstützt werden. Beide großen Parteien greifen mit demselben Eifer auf "hartal" zurück und sind unfähig, die Debatten im Parlament auszutragen. Zusätzlich breiten sich terroristische islamistische Parteien aus. Vor 2001 hatten 3 geheime islamistische Organisationen existiert, darunter die "Bewegung des islamischen Jihad" (Harkat-ul-Jihad-al-Islam, HUJI). Ende 2005 stieg ihre Zahl bereits auf 87 Gruppen an mit Tausenden von Kämpfern und vielen Ausbildungslagern. Bekannt sind etwa die "Organisation der Mujaheddin Bangladeschs" (Jama'atul Mujahideen Bangladesh, JMB), die den Taliban nahe stehende "Erwachten Muslimischen Massen von Bangladesch" (Jagrata Muslim Janata Bangladesh, JMJB) und die "Partei der Einheit Gottes" (Hizbut Tawhid). Seit 2007 werden die Gruppen islamistischer Terroristen stark unterdrückt. Sie profitieren aber weiterhin von einem weiten Netzwerk von Unterstützern in islamischen NGOs und Koranschulen sowie von Geldüberweisungen aus der Arabischen Halbinsel (DACH 3.2013).

 

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien des Landes "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Politische Auseinandersetzungen werden häufig auf der Straße ausgetragen. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen. Aufgrund der Schwäche staatlicher Institutionen spielen Nichtregierungsorganisationen im sozialen Bereich (Bildung, Gesundheit, etc.) eine große Rolle. Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 8 .2015a).

 

Zum ersten Jahrestag der Parlamentswahlen am 5.1.2015 rief die Opposition zu Straßenblockaden auf, die zu einer wochenlangen Gewalt mit Dutzenden von Todesopfern und unzähligen Verletzten und zu einer Vertiefung der politischen Krise im Land geführt hat. Bürger, sowie die Wirtschaft leiden weiter unter den Blockaden. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 2.2016). Sowohl AL, als auch BNP haben zum zweiten Jahrestag der Parlamteswahlen Kundgebungen vor ihren Parteizentralen abgehalten, wobei die BNP erneut Neuwahlen forderte. Befürchtungen, dass es, wie beim ersten Jahrestag, erneut zu massiven Ausschreitungen kommt, haben sich nicht bestätigt (NETZ 7.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html ,

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Das Justizsystem in Bangladesch ist wie die übrige Verwaltung stark vom Erbe der britischen Kolonialverwaltung geprägt, hat aber zunehmend lokalen sozialen und religiösen Bedürfnissen Rechnung getragen. Gesetze und Urteile der höchsten Instanzen sind via Internet relativ gut zugänglich. Richter werden durch die Regierung ernannt und können nicht als unabhängig betrachtet werden. Auch die Polizei ist während juristischer Verfahren von der politischen Partei abhängig, die gerade an der Macht ist (D-A-CH 3.2013). Korruption und ein erheblicher Rückstand bei den Fällen behindern das Gerichtssystem und Gerichtsverfahren sind geprägt durch eine überlange Verfahrensdauer, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommen Zeugenbeeinflussung, Einschüchterung von Opfern und fehlende Beweise vor. Während die politische Zugehörigkeit in der Verhaftung und Strafverfolgung von Mitgliedern der Opposition eine Rolle spielt, wurde gegen keine Person nur aufgrund von politischen Gründen eine Strafverfolgung eingeleitet (USDOS 25.6.2015). Fälle erfundener und gefälschter Verfahren sind häufig. Beispielsweise wird ohne Basis Klage gegen jemanden erhoben, um einer Person Schaden zuzufügen oder sie zu zwingen, sich in ein teures Gerichtsverfahren zu begeben, was bis zur Aufgabe von Besitz gehen kann. Meistens geht es dabei um Grundbesitz. Manchmal sind aber auch Mitglieder einer Oppositionspartei betroffen. Dabei reicht es, dass der Name auf einem First Information Report der Polizei erscheint. Sobald die Oppositionspartei an die Macht kommt, stoppt sie alle Gerichtsverfahren gegen ihre Aktivisten (D-A-CH 3.2013).

 

Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires Verfahren vor, aber infolge von Korruption und schwache personellen und institutionellen Kapazitäten kann die Justiz dieses Recht nicht immer gewährleisten. Für Beklagte gilt die Unschuldsvermutung, sie haben das Recht auf Berufung und unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert zu werden. Das Gesetz gewährt Angeklagten das Recht auf einen Anwalt, das Belastungsmaterial zu begutachten, Zeugen namhaft zu machen und zu befragen sowie Berufung gegen Urteile einzulegen, jedoch werden diese Rechte von der Regierung häufig nicht respektiert. Einzelpersonen und Organisationen haben das Recht, zivile Rechtsmittel im Falle von Menschenrechtsverletzungen heranzuziehen, das Zivilrechtssystem ist aber langsam und schwerfällig, was viele davon abhielt, diesen Weg zu beschreiten. Korruption und Einflussnahme von außen sind Probleme im zivilen Rechtssystem. Es gibt alternative Verfahren zur Streitbeilegung wie z. B. Mediation. Laut Regierungsquellen beschleunigt die breitere Anwendung der Mediation in Zivilsachen die Rechtspflege, aber es gibt keine Bewertung der Fairness oder Unparteilichkeit (USDOS 25.6.2015). Die Justiz ist bürokratisch, überlastet und hat einen großen Rückstau an anhängigen Verfahren, eine geringe Anzahl an ausgebildeten Richtern und Anwälten, ist kostspielig und unterliegt der Korruption, Störungen und politischem Druck, vor allem auf unteren Ebenen (UK Home Office 2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch bei einer Vielzahl von innerstaatlichen Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 25.6.2015). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln zur Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können. Die Verfassung verbietet willkürliche Verhaftung und Inhaftierung, aber das Gesetz erlaubt Behörden, Personen aufgrund eines Verdachts einer strafbaren Handlung ohne gerichtliche Anordnung oder Haftbefehl festzunehmen (USDOS 25.6.2015).

 

Die Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren. Das Rapid Action Batallion (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14). Diese Eliteeinheit ist u.a. für Terrorabwehr und Drogendelikte und andere schwere Verbrechen zuständig. Ihr werden schwere menschenrechtliche Verstöße wie z.B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 14.1.2016).

 

Machtpolitisch bedeutsam ist auch das Militär, das aufgrund der Korruption und Ineffektivität der Polizei immer wieder Aufgaben im Rahmen der Sicherung oder (Wieder‑) Herstellung der inneren Sicherheit übernehmen muss (GIZ 2.2106).

 

Trotz des Versprechens der regierenden Awami League, schwere Menschenrechtsverletzung nicht zu tolerieren, dauern derartige Missbräuche unvermindert an und haben in einigen Bereichen zugenommen. Sicherheitskräfte begehen ernste Missbräuche einschließlich willkürlicher Verhaftungen, Folter, zwangsweiser Verschleppungen und Mord. Nur in wenigen Fällen kam es deswegen zu Untersuchungen oder wurden verantwortliche Personen zur Verantwortung gezogen (HRW 27.1.2016). Betroffene, die gerade in Strafverfahren mit extrem langer Untersuchungshaft rechnen müssen, sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

 

http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 29.1.2016

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung verbieten, gibt es Vorwürfe der Folter, körperlicher und psychischer Misshandlungen während Verhaftungen und Verhören durch Sicherheitskräfte, inklusive RAB und der Polizei. Die Sicherheitskräfte gingen mit Drohungen, Schlägen und Elektroschock vor. Gemäß der lokalen NGO Odhikar haben Sicherheitskräfte während der ersten neun Monate des Jahres 2014 10 Personen zu Tode gefoltert. Es kommt selten zu Anzeigen, Bestrafungen oder Verurteilungen der Verantwortlichen durch die Regierung (USDOS 25.6.2015).

 

Am 24.10.2013 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das Folter in Gewahrsam kriminalisiert und als Mindeststrafe lebenslange Haft sowie Geldstrafen für Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden, Sicherheitsbehörden oder Regierungsbeamte vorsieht, die Folter und unmenschliche Behandlung von Häftlingen in Gewahrsam begangen haben oder dafür oder für den Tod der Häftlinge verantwortlich sind. Das Gesetz sieht auch vor, dass die Täter der Familie des Opfers 200.000.- Taka ($ 2.500.-) an Entschädigung zahlen. Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass sich Beamte, die der Folter, unmenschlicher Behandlung oder des Todes in Gewahrsam für schuldig befunden wurden, sich nicht durch Berufung auf außergewöhnliche Umstände, insbesondere Krieg, innenpolitische Stabilität, Ausnahmezustand oder den Auftrag eines Vorgesetzten oder einer Behörde rechtfertigen können. Das Gesetz erlaubt einem Richter, einen Verdächtigen in Untersuchungshaft zu nehmen, während der die Befragung des Verdächtigen ohne einen Anwalt erfolgen kann (USDOS 25.6.2015). Foltervorwürfe werden nicht mit der notwendigen Stringenz verfolgt, in Einzelfällen kam es aber zu Verurteilungen (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

http://www.ecoi.net/local_link/270654/400719_de.html , Zugriff 29.2.2016

 

Korruption

 

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Im Korruptionswahrnehmungsindex 2015 von Transparency International belegt Bangladesch den 139. von 168 Plätzen (je niedriger desto besser) - im Vergleich zu Platz 145 von 175 im Jahr 2014 (TI 27.1.2016). Über 60% aller bangladeschischen Haushalte haben Korruption selbst erfahren. Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf. Transparency International bezeichnet die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC) als "zahnlosen Tiger". Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016).

 

Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen. Aufgrund der Schwäche staatlicher Institutionen spielen Nichtregierungsorganisationen im sozialen Bereich (Bildung, Gesundheit, etc.) eine große Rolle. Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 8 .2015a). Der Kauf öffentlicher Ämter und politischer Posten ist üblich. Die großen Parteien übertragen ihre interne Praxis auch auf die Verwaltung: ihre Mitglieder werden für die Mühen belohnt mit Beförderungen und lukrativen Posten, während die anderen ausgeschlossen werden (D-A-CH 3.2013).

 

Das Gesetz sieht Strafen für korrupte Beamte vor, aber die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt. Menschenrechtsgruppen, die Medien, die ACC und andere Institutionen berichteten im Verlauf des Jahres über Regierungskorruption. Beamte, die in korrupte Praktiken involviert sind bleiben ungestraft. Laut eines Berichts der Weltbank aus dem Jahr 2010 untergräbt die Regierung die Arbeit der ACC und hat die Verfolgung von Korruption behindert. Der Bericht stellt fest, dass die Regierung weit weniger Korruptionsfälle erfasste als die vorherige Übergangsregierung und dass eine Regierungskommission der ACC empfiehlt, tausende von Korruptionsfällen fallenzulassen. Stimmen aus der Zivilgesellschaft erklärten, dass die Regierung nicht ernsthaft gegen Korruption kämpft und sie die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung verwendet. Die Regierung unternahm Schritte der verbreiteten Korruption in der Polizei nachzugehen. Der Generalinspekteur der Polizei setzte die Antikorruptionsausbildung fort, um eine leistungsfähigere Polizei zu schaffen. Eine Beurteilung der Auswirkungen dieser Maßnahmen innerhalb der Polizei liegt nicht vor. Die Regierung setzte die Justiz politischem Druck aus und Fälle, in die Oppositionsführer verwickelt waren, wurden oft auf ordnungswidrige Art und Weise abgewickelt. In der Justiz bleibt Korruption ein ernstes Problem und ist ein Grund für langwierige Verzögerungen bei Verfahren, die Zeugenmanipulation und Einschüchterung der Opfer beinhalten. Mehrere Berichte von Menschenrechtsgruppierungen und Korruptionsüberwachungsgruppen haben auf die wachsende öffentliche Unzufriedenheit mit der wahrgenommenen Politisierung der Justiz hingewiesen (USDOS 25.6.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html ,

 

Zugriff 29.2.2016

 

 

 

 

Zugriff 29.2.2016

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert. Demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien sind festgeschrieben. Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Grund- und Menschenrechte ist nicht ausreichend. Grundsatz-urteile des Obersten Gerichtshofs zu Menschenrechtsgarantien werden von Regierung und Behörden nicht ausreichend umgesetzt (AA 14.1.2016).

 

Die bedeutendsten Menschenrechtsprobleme sind außergerichtliche Tötungen, gewaltsames Verschwindenlassen von Personen, einige Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und der Presse sowie schlechte Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte. Weitere Menschenrechtsprobleme betreffen Folter und andere Formen der Gewaltausübung durch Sicherheitskräfte, weitverbreitete Korruption, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Die Behörden haben Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt. Politisch motivierte Gewalt und innerparteilich Gewalt bleiben ernste Probleme. Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt. Frauen leiden an Ungleichbehandlung, Kinder- und Zwangsheiraten sind ein Problem und viele Kinder sind gezwungen zu arbeiten, vor allem in der Schattenwirtschaft. Die Gründe dafür sind wirtschaftliche Not oder weil sie Opfer von Menschenhandel sind. Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort, obgleich viele Führer der Regierung und auch der Zivilgesellschaft behaupten, dass diese Akte politische oder wirtschaftliche Motive hatten und nicht gänzlich der religiösen Überzeugungen oder Einstellung zuzuschreiben sind. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung besteht weiter. Die schwach ausgeprägte Rechtsstaatlichkeit ermöglicht es nicht nur dem Einzelnen, darunter auch Regierungsbeamten, straflos Menschenrechtsverletzungen zu begehen, sie hält die Bürger auch davon ab, ihre Rechte einzufordern. Die Regierung unternahm nur wenig, um Fälle von Tötungen und Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen und zu verfolgen. Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann in der Regel unabhängig und ohne Einschränkungen der Regierung agieren, Untersuchungen durchführen und ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle veröffentlichen. Obwohl Menschenrechtsgruppen die Regierung oft scharf kritisieren, praktizieren sie auch teilweise Selbstzensur (USDOS 25.6.2015).

 

Die Regierung erhöhte ihre Angriffe auf zivilgesellschaftliche Organisationen und Kritiker und legte einen Gesetzesentwurf vor, der die ausländische Finanzierung derartiger Gruppen einschränkt. Die Meinungsfreiheit wurde weiter eingerschränkt, regierungskritische Medien waren mit Schließungen, Redakteure mit Verhaftung und Anschuldigungen konfrontiert. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Journalisten waren Klagen von führenden Pareianhängern ausgesetzt, weil sie die Regierung kritisiert haben und Missbilligungen durch die Gerichte, weil sie unfaire Gerichtsverhandlungen kritisiert haben (HRW 27.1.2016).

 

Sicherheitskräfte verübten Entführungen, Morde und willkürliche Verhaftungen die insbesondere auf Führer und Unterstützer der Opposition abzielten. Eine positive Entwicklung, nach Jahren der Straflosigkeit für die Sicherheitskräfte, war die Verhaftung mehrerer Mitglieder des berüchtigten RAB nach der Entführung und offensichtlichen Verübung von Auftragsmorden an sieben Personen im Mai 2014 (HRW 29.1.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die laut Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird von der Regierung nicht immer respektiert. Es gab einige Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Einige Journalisten zensurierten aus Angst vor Belästigung und Repressalien selbst ihre Kritik an der Regierung. Die Verfassung setzt Kritik der Verfassung mit Aufwiegelung gleich. Die Strafe wegen Volksverhetzung reicht von drei Jahren bis zu lebenslanger Haft. Im Laufe des Jahres wurde niemand aufgrund dieser Bestimmung verurteilt. Das Gesetz beschränkt Hassrede aber definiert nicht klar, was darunter zu verstehen ist und räumt der Regierung weitreichende Interpretationsbefugnisse ein. Die Regierung kann die Redefreiheit einschränken, wenn sie als gegen die Sicherheit des Staates gerichtet erachtet wird, gegen freundschaftliche Beziehungen mit ausländischen Staaten, gegen die öffentliche Ordnung, Anstand oder Moral oder wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung oder Anstiftung zu einer Straftat. Die unabhängigen Medien waren aktiv und drückten eine Vielzahl von Ansichten aus, allerdings waren Medien, die die Regierung kritisierten negativen Druck durch die Regierung ausgesetzt. Die Regierung zensiert indirekt die Medien durch Bedrohungen und Belästigungen. Journalisten zufolge verlangten Regierungsbeamte bei mehreren Gelegenheiten von in Privatbesitz befindlichen Fernsehsendern keine Aktivitäten und Äußerungen der Opposition auszustrahlen. Einzelpersonen und Gruppen tauschen ihre Ansichten in der Regel über das Internet aus. Die Bangladesh Telocommunication Regultory Commission (BTRC) filtert Internetinhalte, die die Regierung als schädlich für die nationale Einheit und religiöse Überzeugung erachtet. Die Regierung blockierte auch einige Facebook-Seiten einschließlich Seiten, die den Propheten Mohammed darstellen und Seiten die sowohl dem Permierminister als auch der Opposition gegenüber kritisch sind (USDOS 25.6.2015). Im Lauf des Jahres 2015 wurden mehrere religionskritische (Online‑)Aktivisten, Blogger und Medienschaffende in aller Öffentlichkeit ermordet. Die Morde werden einer mit Al Qaida sympathisierenden Terrorgruppe zugeordnet. Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, und der Innenminister warnte die Blogger zunächst, nicht zu weit zu gehen. Die Regierung scheint das Problem inzwischen ernster zu nehmen und gewährt in vielen Fällen Personenschutz (AA 14.1.2016).

 

In Bangladesch besteht eine vielfältige und lebendige Medienlandschaft, elektronische Medien werden, jedenfalls in den Städten, umfassend genutzt. Die Digitalisierung des Landes bis 2021, dem 50. Jahr der Staatsgründung, ist politisches Ziel. Schon jetzt sind weite Teile des Landes vernetzt und die Durchdringung mit Mobiltelefonen ist hoch. Trotz Übergriffen und Einschüchterungsversuche können Print- und Fernsehmedien verhältnismäßig unabhängig berichten, allerdings kommt es häufig zu Selbstzensur. Die Regierung legte im vergangenen Jahr einen Gesetzesentwurf zur verstärkten Regulierung der Fernsehsender vor. Bangladesch befindet sich auf dem Pressefreiheitsindex 2015, so wie schon 2014, auf dem 146. Rang von 180 (je niedriger desto besser) (RwB 12.2.2015). Die Anzahl gewaltsamer Übergriffe gegen Journalisten bleibt auf hohem Niveau (AA 14.1.2016)

 

Quellen:

 

 

 

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit/Opposition

 

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert und von der Regierung im Allgemeinen auch respektiert. Allerdings kann es in Zeiten politischen Protests und politischer Unruhe zu Einschränkungen kommen (USDOS 25.6.2015). Die Regierung hat aber das Recht und macht davon Gebrauch, Ansammlungen von mehr als vier Menschen zu unterbinden (AA 14.1.2016).

 

Demonstrationen finden regelmäßig statt. Die Regierung respektiert die Versammlungs-freiheit aber nicht in jedem Fall. Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Straf-prozessgesetz die Versammlungsfreiheit aufgehoben wurde, nachdem die Regierungspartei selbst eine Versammlung für denselben Tag angesetzt hatte. Die Regierung beendete in ver-schiedenen Fällen solche verbotenen Versammlungen gewaltsam (AA 14.1.2016).

 

Regierung und Opposition geben sich in Bangladesch traditionell unnachgiebig. Eine Kompromisskultur gibt es nicht. Bereits eine angedeutete Verhandlungsposition wird als Schwäche ausgelegt - von politischen Gegnern, den Wählern und selbst von Parteifreunden. Die jeweilige Opposition war und ist nicht bereit, im Parlament das Pro und Kontra einer politischen Sachfrage zu diskutieren und am Ende durch die Regierungsmehrheit in Demokratie kompatibler Weise niedergerungen zu werden. Sie verlagert stattdessen die Diskussion auf die Straße, sucht die Konfrontation, mobilisiert ihre Anhänger und zwingt die Gesellschaft zur Immobilität, indem so genannte Hartals ausgerufen werden. Bei diesen Streiks blockieren die Anhänger der den Hartal ausrufenden Partei die Straßenverbindungen und legen so das öffentliche Leben lahm (GIZ 2.2016). Man zählt etwa 200 politische Parteien in Bangladesch. Obwohl Bangladesch sowohl ethnisch und religiös homogen ist, bleibt die politische Landschaft zersplittert. Korruption und der Einsatz von Schlägern (musclemen oder mastans) sind unter politischen Führern häufig, insbesondere wenn diese ein öffentliches Amt innehaben. Die Studentenorganisationen der großen Parteien versuchen die Universitäten zu kontrollieren (Unterkunft, Finanzen, Ausbildungsprogramme, Diplome etc.). Dabei kommt es zu besonders heftigen Auseinandersetzungen, sowohl gegenüber Studierenden als auch gegenüber Professoren. Die Sicherheitskräfte gehen hart gegen Regierungsgegner oder Personen vor, denen eine oppositionelle Haltung unterstellt wird. Auch führende Gewerkschafter sind Ziel der Unterdrückung. Einige Politiker sind verschwunden, nachdem sie von Sicherheitskräften entführt worden waren (D-A-CH 3.2013).

 

Das Mehrparteiensystem umfasst zahlreiche Parteien jeglicher politischer Ausrichtung, einschließlich islamistischer Orientierung. Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hatte in der Vergangenheit die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und "Awami League" (AL), begünstigt (AA 14.1.2016).

 

Die größte Oppositionspartei BNP, gegründet 1978, ist am Boden:

notwendige Reformen nicht erkennbar, weite Teile der Führungsspitze (immer noch) im Gefängnis, eine Chance auf (wenigstens lokale) Regierungsverantwortung nicht in Sicht; ihre Mitglieder traten im Lauf des Jahres 2015 in Scharen aus und liefen zur AL über. Durch den Misserfolg ihres General-streiks über 3 Monate hinweg - im Verlauf desselben mehr als 120 Personen ums Leben kamen - hat die BNP Glaubwürdigkeit bei den Anhängern und Sympathie bei der Bevöl-kerung verspielt. Ziel der BNP ist nun, sich erneut zu sammeln (AA 14.1.2016).

 

Frontorganisationen der Parteien AL und BNP (Studentenvereinigungen, Bauern- und Arbeitervertretungen) sind teilweise militant. So sind etwa einige Studentenführer der Organisationen Chattra League (AL) und Chattro Dal (BNP) mit Klein- und anderen Waffen ausgestattet und kontrollieren - anstelle der Universitätsverwaltung - die Vergabe von Bau- und Instandhaltungsarbeiten an der Universität. Andere Frontorganisationen sind in kriminelle Machenschaften wie Erpressung oder die illegale Kontrolle von Aufträgen im öffentlichen Beschaffungswesen verwickelt. Teilweise weisen diese Frontorganisationen Strukturen auf, welche denen von kriminellen Banden oder Milizen ähneln. Madrassen werden oft als Instrument genutzt, um Ideologien zu verbreiten und um als Deckmantel für militante Aktionen zu dienen. Allein die in Kuwait ansässige RIHS (Revival of Islamic Heritage Society) kanalisierte Gelder nach Bangladesch, mit denen mehr als 1.000 Moscheen und Madrassen errichtet wurden, auch mit dem Ziel, Jihadis zu rekrutieren. Bombenattentate - z.B. die landesweiten Detonationen 2005 - und der Kauf von Waffen wurden ebenso von diesen Geldern finanziert. Dieses Beispiel verdeutlicht die internationale Vernetzung der islamistischen Bewegung in Bangladesch. Islamische NRO haben zunehmend weitere Geldquellen erschlossen, in dem sie wirtschaftlich aktiv geworden sind (Investitionen in Transportunternehmen, Pharmakonzernen, Finanzinstitutionen, Immobilien). Der Wirtschaftswissenschaftler Abul Barkat schätzt, dass das jährliche Nettoeinkommen allein der islamischen NRO etwa 1,8 Mio. USD beträgt. Knapp 70% der Einnahmen entspringen Geschäftstätigkeiten; 30% der Gelder stammen aus dem Ausland (GIZ 2.2106).

 

Die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führen nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung. Allerdings hat die Regierung seit dem Wahlboykott Anfang 2014 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen. Allein im Januar 2015 sollen 7.000 Aktivisten verhaftet worden sein, wobei auch vor hochrangigen Politikern nicht Halt gemacht wurde. Verhaftungen und strafrechtliche Verfahren werden traditionell mit Vorwürfen wegen Korruption, Steuerhinterziehung oder Erpressung begründet, hinzu kommen nun auch Vorwürfe wegen Anstiftung zu bzw. Durchführung von Brandanschlägen (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Zugriff 1.3.2016

 

 

Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen bleiben hart und manchmal lebensbedrohlich. Wegen Überbelegung der Zellen schlafen Gefangene in Schichten und verfügen nicht über angemessene Sanitäranlagen (USDOS 25.6.2015). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40m² zusammen leben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten und es besteht zudem die Gefahr religiöser Radikalisierung (AA 14.1.2016). Obwohl die Behörden weibliche Häftlinge routinemäßig getrennt von Männern unterbringen, werden Frauen in Schutzhaft (in der Regel Opfer von Vergewaltigung, Menschenhandel und häuslicher Gewalt) nicht immer separat von Kriminellen untergebracht. Das Gesetz verlangt zwar die separate Inhaftierung von Jugendlichen, jedoch werden viele zusammen mit den Erwachsenen eingesperrt. Obwohl Gesetze und Gerichtsentscheidungen die Inhaftierung Minderjähriger verbieten, wurden Kinder - gelegentlich zusammen mit ihren Müttern - eingesperrt. Das Gefängnispersonal erlaubt Gefangenen die Einbringung unzensierter Beschwerden und gelegentlich werden Beschwerden auch untersucht (USDOS 25.6.2015). Die Nahrung ist von schlechter Qualität, Medikamente und Ausbildung des Personals sind ungenügend (D-A-CH 3.2013), sodass sich Krankheiten ausbreiten (D-A-CH 3.2013; vgl. AA 14.1.2016). Die Regierung von Bangladesch erlaubt dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) oder anderen unabhängigen Menschenrechtsorganisationen keine Besuche der Gefängnisse (USDOS 25.6.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

Todesstrafe

 

Für zahlreiche Straftatbestände ist die Todesstrafe vorgesehen, u.a. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, Volksverhetzung und Hochverrat, aber auch Falschmünzerei und Schmuggel. Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt weiterhin jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe, ein Zusatzgesetz von 2012 auch deren Finanzierung. Insbesondere aus einer weiten gesetzlichen Definition des Terrorismusbegriffs kann eine missbräuchliche Anwendung resultieren (AA 14.1.2016).

 

Bangladesch vollzieht weiterhin die Todesstrafe (HRW 29.1.2015). In jedem Einzelfall wird das Urteil in einem obligatorischen Bestätigungsverfahren vom Obersten Gerichtshof geprüft und in der Regel in lange Haftstrafen umgewandelt. Eine Begnadigung durch den Präsidenten ist möglich. Verurteilungen in Abwesenheit sind zulässig und kommen vor. Unterinstanzlich verurteilte Todeskandidaten müssen grundsätzlich mit jahrelangen Warte-zeiten rechnen, bis ihr Fall endgültig entschieden ist, es sei denn, es besteht ein politisches bzw. öffentliches Interesse an einem schnellen Verfahren (AA 14.1.2016).

 

So wurde im Dezember 2013 Abdul Qader Mollah, ein Führer der Partei Jamaat-e-Islami gehängt, nachdem er während des Unabhängigkeitskrieges 1971 für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig befunden wurde (HRW 29.1.2015). Ein weiteres führendes Mitglied der Jamaat-e-Islami, Abdus Subhan, wurde wegen Verbrechen während des Unabhängigkeitskrieges mit Pakistan 1971 zum Tode verurteilt (BBC 18.2.2015). Am 13.11.2014 wurde der Bürgermeister der Stadt Nagarkanda, Zahid Hossain Khokon, von einem Sondergericht u.a. wegen Massenmord, Vergewaltigung und der Zwangskonvertierung von Hindus zum Islam während des Unabhängigkeitskrieges 1971 zum Tode verurteilt. Das Gericht hat bereits mehrere Todesurteile, auch gegen Politiker, ausgesprochen. Die meisten Verurteilten gehörten der islamischen Jamaat-e-Islami an (BAMF 17.11.2014).

 

Am 21.11.2015 wurden erneut zwei Personen hingerichtet und einige weitere Angeklagte warten auf das Urteil des Berufungsgerichtes (HRW 27.1.2016). Laut Amnesty International waren Ende 2014 1.235 Menschen zum Tode verurteilt (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

http://www.bbc.com/news/world-asia-31515635# , Zugriff 1.3.2016

 

 

 

Religionsfreiheit

 

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, betont aber auch das säkulare Prinzip das in der Praxis die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Hinduisten, Buddhisten, Christen und anderen Religionen gewährleisten soll. Die Verfassung und andere Gesetze sowie Richtlinien schützen die Religionsfreiheit (USDOS 14.10.2015). Die regierende AL betont das säkulare Prinzip immer wieder öffentlich und setzt sich für den Schutz religiöser Minderheiten und die freie Religionsausübung ein (AA 14.1.2016), manche Regierungspraktiken schränken die Religionsfreiheit jedoch ein. Menschenrechtsorganisationen zufolge kann Gewalt gegen Angehörige religiöser Minderheiten oft nicht ausschließlich auf die Religionszugehörigkeit zurückgeführt werden. Führer religiöser Minderheiten beschwerten sich, dass sowohl den regierenden, als auch oppositionellen Parteien nahestehende Personen zu Gewalt gegen religiöse Minderheiten angestiftet haben, um dies dann für politische Zwecke zu nützen. Regierungsbeamte und Polizei konnten den Schutz von Personen, darunter auch Angehöriger religiöser Minderheiten, manchmal nicht gewährleisten und haben gewalttätige Vorfälle oft nur widerwillig untersucht. Die Regierung unternahm Schritte, Opfer zu unterstützen und religiöses und privates Eigentum, das im Zuge dieser Gewalt beschädigt wurde, wieder herzustellen (USDOS 14.10.2015).

 

Etwa 88% der Bevölkerung bekennen sich zum Islam, 10% zum Hinduismus und der geringe Restanteil entfällt auf Buddhisten, Christen und Animisten (GIZ 2.2016; vgl. CIA 25.2.2016). Die wichtigsten Feste der in Bangladesch vertretenen Religionen werden ungeachtet der Tatsache, dass der Islam Staatsreligion ist, gefeiert (GIZ 2.2016). Es gibt auch eine kleine Anzahl von Schiiten, Bahai, Animisten und Ahmadiyya Moslems. Die Schätzungen schwanken zwischen ein paar tausend bis zu 100.000 Anhängern in jeder Gruppe. Gemeinschaften, die Opfer religiös motivierter Ausschreitungen geworden sind, können bei der Polizei Klage einreichen und sind im Allgemeinen durch die von der Awami League kontrollierten Behörden geschützt (D-A-CH 3.2013).

 

Es kommt zu gelegentlichen Übergriffen auf religiöse Minderheiten, so etwa um die Parlamentswahlen im Januar 2015 und vermehrt seit November 2015. Die Nationale Menschenrechtskommission stellte fest, dass es der Regierung nicht gelang, nach der Wahl am 05. Januar 2014 Übergriffe auf Hindus zu verhindern und der High Court kritisierte, dass Sicherheitsbehörden darin versagten, religiöse und andere Minderheiten vor Angriffen zu schützen (AA 14.1.2016). Die verbreitetste Art von Missbrauch waren Brandanschläge und Plünderungen von religiösen Stätten und Privathäuser. Vor allem Attacken auf Hindus setzten sich fort. Organisationen, die sich für Relgionsfreiheit einsetzen zufolge ist die Ursache für Gewalt gegen religiöse Minderheiten schwer festzustellen und kann in religiöser Feindseligkeit, verbrecherischen Absichten, persönlichen Konflikten, Eigentumsstreitigkeiten, politischen Angelegenheiten oder einer Kombination dieser Faktoren zu suchen sein (USDOS 14.10.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.3.2016

 

 

 

Ethnische Minderheiten

 

Die bengalische Bevölkerungsgruppe macht 98% der Gesamtbevölkerung aus, die restlichen 2% sind hauptsächlich Volksstämme und nicht-bengalische Muslime (CIA 25.2.2016). Ein verfassungsrechtlicher Schutz von Minderheiten ist in Bangladesch nicht explizit vorgesehen. Die Gleichheit vor dem Gesetz gilt jedoch für alle bangladeschischen Staatsangehörigen. Weiterhin schützt Art. 28 der Verfassung die Bürger vor jeglicher Art Diskriminierung durch den Staat aufgrund von Religion, Rasse, Kaste, Geschlecht oder Geburtsort (AA 14.1.2016). Angehörige ethnischer Minderheiten sind wegen ihrer Armut vor allem durch hochrangige lokale Bengalen von illegaler Besetzung des Landes betroffen, die die Unterstützung durch die Polizei genießen. Oft werden diesen Bengalen Besitzurkunden für Land ausgestellt, das seit Generationen Gemeingut der Minderheiten gewesen ist (D-A-CH 3.2013).

 

Quellen:

 

 

 

 

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.3.2016

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz sieht Freizügigkeit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückführung vor - außer in sensiblen Bereichen wie den Chittagong Hills Tracts (CHT) und Cox's Bazar und es werden diese Rechte in der Regel auch respektiert. Inhaber von Reisepässen benötigen keine Genehmigungen oder ein Visa um das Land zu verlassen. Einige hochrangige Oppositionsbeamte berichteten von umfangreichen Verzögerungen bei der Neuausstellung ihrer Reisepässe (UK Home Office 11.2014; vgl. USDOS 25.6.2015).

 

Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde sowie teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und auf Grund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten Grenzen (AA 14.1.2016).

 

Es gab keine speziellen, auf Frauen und Minderheiten bezogenen Kontrollen. Hingegen beschränkt sich nach dem internationalen anglikanischen Women's Network, die Freizügigkeit der Frauen in der Regel auf die Nähe ihrer Häuser und lokalen Nachbarschaften. Der Bericht stellte weiter fest, dass die islamische Praxis der Purdah die Teilnahme an Aktivitäten außerhalb des Hauses, wie Bildung, Beschäftigung und sozialen Engagements weiter einschränken kann. Der Grad dieser Beschränkungen hängt sehr stark von den Traditionen der einzelnen Familien ab, aber viele Frauen benötigen in der Regel die Erlaubnis ihrer Ehemänner, um solche Aktivitäten durchführen zu können (UK Home Office 11.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417442805_bgd-cig-background-2014-11-28-v1-0.pdf , Zugriff 2.3.2016

 

 

Zugriff 1.3.2016

 

Meldewesen

 

Ein landesweites Meldewesen besteht nicht (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

Grundversorgung/Wirtschaft

 

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht. Nichtstaatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 14.1.2016). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin fast 26,5% der Bevölkerung (ca. 44 Millionen) unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 USD. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,34%, die Geburtenziffer je Frau bei 2,24 (AA 8 .2015).

 

Die Volkswirtschaft Bangladeschs hat sich - zumindest in monetärer Hinsicht - in den Jahren seit der Unabhängigkeit von einer vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Ökonomie zu einer Industrie- und Dienstleistungsökonomie gewandelt. Der traditionell stark entwickelte Sektor der Landwirtschaft trägt heute nur noch knapp ein Sechstel zum BIP bei (GIZ 2.2016), allerdings ist die Hälfter der Bangladeschi in der Landwirtschaft beschäftigt - mit Reis als dem einzig wichtigen Produkt (CIA 25.2.2016). Demgegenüber steht ein erheblicher Bedeutungsgewinn des industriellen Sektors und des Dienstleistungsbereichs (GIZ 2.2016), auf den mehr als die Hälfte des BIP fällt (CIA 25.2.2016). Bangladeschs Wirtschaft ist seit 1996 rund 6% pro Jahr gewachsen trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung, langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen, der globalen Finanzkrise 2008/09 und Rezession. Der Export von Kleidungsstücken, das Rückgrat des Industriesektors Bangladeschs der 80% der gesamten Exporte ausmacht, hat im Jahr 2015 die Zahl von 25 Mia. USD überstiegen. Der Bereich blieb in den letzten Jahren stabil, trotz einer Reihe von Fabriksunfällen, bei denen mehr als 1.000 Arbeiter getötet wurden und lähmenden Streiks sowie einer bundesweiten Transportblockade durch die Opposition während der ersten Monate des Jahres 2015. Ein verlässliches Wachstum des Exports von Kleidungsstücken kombiniert mit Überweisungen von Bangladeschi aus Übersee, die sich auf fast 15 Mia. USD und 8% des BIP im Jahr 2015 beliefen, machen den größten Anteil an Bangladeschs Leistungsbilanz und steigenden Devisenreserven aus (CIA 25.2.2016). Ungeachtet des Wachstums der Textilindustrie ist die Struktur des industriellen Sektors nach wie vor durch die Be- und Verarbeitung von Agrarprodukten, eine geringe Diversifizierung, viele Betriebe der Klein- und Heimindustrie und nur wenige große und mittlere Betriebe gekennzeichnet. Die Schlüsselindustrien sind in den Großräumen Dhaka und Chittagong konzentriert. Im Dienstleistungssektor arbeiten etwa 26% der Erwerbsbevölkerung Bangladeschs, die mehr als die Hälfte des BIP durch Dienstleistungen erwirtschaften (GIZ 2.2016).

 

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Ca. 8,6 Mio. bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das "Bureau of Manpower, Employment and Training" (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 14.1.2016).

 

Die Vergabe von Mikrokrediten gehört zu den am meisten eingesetzten Instrumenten der Armutsbekämpfung in Bangladesch. Maßgeblich zu ihrer Verbreitung in Bangladesch beigetragen hat die Grameen Bank. Mittlerweile hat sie bei den zahlreich vertretenden NGOs im Land Nachahmer gefunden. Auch diese geben nun Kredite an die jeweiligen Zielgruppen und helfen dabei, Klein- und Kleinstunternehmen zu starten. Ende 2006 wurde dem Gründer der Bank, Muhammad Yunus, und der Grameen Bank der Friedensnobelpreis verliehen (GIZ 2.2016; vgl. NETZ o.D.).

 

Quellen:

 

 

 

Zugriff 2.3.2016

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 2.3.2016b).

 

Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 14.1.2016; vgl. MedCOI 6.3.2015). In der Hauptstadt Dhaka sowie in Sylhet, Chittagong und Barisal existieren Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Ausstattung und Hygiene in den Krankenhäusern sind ungenügend. In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten. Wohlhabende Bangladeschi und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (Bangkok, Singapur, auch Indien). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden (AA 14.1.2016).

 

Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (Singapur, Thailand). Die Einfuhr aus Deutschland ist ohne behördliche Genehmigung nur mit ärztlicher Bescheinigung in kleinerem Umfang möglich (AA 14.1.2016).

 

Die U.S. Social Security Administration bezieht sich in ihrer Veröffentlichung 'Social Security Programs Throughout the World Bangladesh' auf das Arbeitsrecht 2006 das Leistungen bei Krankheit für Mitarbeiter in Industrieunternehmen und in Unternehmen mit mindestens fünf Arbeitnehmern zuweist. Das Gesetz bezieht sich auch auf medizinische Einrichtungen vor Ort, die für Mitarbeiter von Unternehmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern bereitstehen sollten oder eine medizinische Zuwendung in Höhe von 100 Taka (BDT) pro Monat für Arbeitnehmer vorsieht, deren Arbeitgeber keine solche Ausstattung bieten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber bezahlt. Laut "Bangladesch Health Watch" sind in Bangladesch noch "erhebliche Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung vorhanden."

Gesundheitszustand und Zugang zum Gesundheitssystem variieren unter der armen Bevölkerung erheblich zwischen städtischen und ländlichen Regionen, Geschlecht, Alter, Region und Geographie, Beruf und Ethnie. Um dieses Problem zu beheben werden verschiedene Maßnahmen zur Gesundheitsfinanzierung umgesetzt: Pre-paid Gesundheitskarten, Gutscheine, Mikro Krankenversicherung, kommunale Versicherungen, private Krankenversicherung, "Pufferfonds" (buffer funds) und Notkredite. Lokale Innovationen wurden von großen NGOs durchgeführt. Diese Finanzierungsinitiativen für Gesundheit sind für eine bestimmte Art von Betreuung, Regionen und Bevölkerungsgruppen gedacht. Das Gutscheinsystem der Regierung ist beispielsweise für die Gesundheit von Müttern und Augenpflege vorgesehen, die Mikro Krankenversicherungsleistungen der Mikro-Kredit-NGOs sind auf Kreditnehmer und ihre Familie ausgerichtet. Obwohl die medizinische Grundversorgung in öffentlichen Krankenhäusern und anderen Einrichtungen angeblich kostenlos sein soll, tragen die Patienten am Ende die Kosten für Medizin und Labortests sowie weitere unvorhergesehene Mehrkosten (MedCOI 6.3.2015).

 

Abgesehen von einer Reihe medizinischer Hilfsprojekte von NGOs gibt es praktisch keine kostenlose medizinische Versorgung. Eine beitragsabhängige medizinische Versorgung niedrigen Standards ist gewährleistet (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen. Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrags staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 14.1.2016; vgl. ÖB New Delhi 3.2010). Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel in Deutschland) sind nicht bekannt. Der International Organization for Migration (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem so genannten "General Diary" gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 14.1.2016).

 

IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren, ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM Dhaka betreute im vergangenen Jahr abgelehnte Asylbewerber oder andere zurückgekehrte Personen u. a. aus Großbritannien, der Schweiz, Australien und Belgien (AA 14.1.2016). Während und nach den Unruhen im Mittleren Osten wurden tausende Rückkehrer, insbesondere aus Libyen, unterstützt (IOM 3.2012). IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen regelmäßig nicht auf sich allein gestellt (AA 14.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund seiner Teilnahme an einer Demonstration, die sich gegen die Regierung von Bangladesch richtete, angezeigt wurden bzw. in diesem Zusammenhang vom Rapid Action Batallion (RAB) gesucht wurde. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF mit staatlichen Stellen oder anderen Privatpersonen Probleme hatte.

 

II.2. Beweiswürdigung:

 

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

 

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlungen ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.

 

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

 

Der BF hat vor dem erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung angeführt, dass er gesund sei. Wenn der BF nach der mündlichen Verhandlung medizinische Unterlagen eines Facharztes für Lungenkrankheiten vorlegt, kann anhand dieser Dokumente zweifelsfrei festgestellt werden, dass der BF an Asthma bronchiales leidet. Der BF ist seit 09.10.2017 in ärztlicher Behandlung, wobei Kontrolltermine nach etwa 4 Wochen vereinbart wurden. Der behandelnde Arzt hat zudem dem BF Medikamente verschrieben.

 

Wenn in diesem Zusammenhang der Gesundheitszustand des BF bei einer eventuellen Rückkehr Berücksichtigung finden muss, ist Folgendes zu bedenken: Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass die medizinische Versorgung in Bangladesch laut Berichtslage mit Europa nicht zu vergleichen ist. So ist diese vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 2.3.2016b). Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (Singapur, Thailand). Ebenso muss festgehalten werden, dass es als notorisch angesehen werden muss, dass Asthma in Bangladesch behandelbar ist. So gibt es Leitlinien für die Behandlung von Lungenerkrankungen. Die Bangladesh Lung Foundation hat einige Kliniken für Lungenerkrankungen eingerichtet (siehe http://www.bdlungfoundation.org/index.php ), es gibt Unterstützungsgruppen wie einen Asthma Club, etc.. Es gibt auch einige Lungenfachärzte, die auf die Behandlung von Asthma Patienten spezialisiert sind (siehe bspw. http://asthmabd.net/web_admin/page/Concern/Asthma-Center ).

 

Dass der BF aufgrund seiner Lungenerkrankung erhebliche Einschränkungen in seiner Lebensführung oder im Zuge seiner Arbeitsfähigkeit hinnehmen muss, kann nicht erkannt werden. Der BF legte zum Beweis seiner Integration Unterlagen bezüglich seiner ehrenamtlichen Tätigkeit vor. Der BF unterstützt eine Hilfseinrichtung bei der Lebensmittelsortierung im Lager. Folglich ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF ehrenamtlich tätig ist, dass der BF offenbar in der Lage ist einfache Tätigkeiten durchzuführen.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse - der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen - allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

 

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

 

Der BF trat mit seinen mündlichen als auch schriftlichen Stellungnahmen bzw. mit der Vorlage von diversen Berichten den Länderfeststellungen bzw. verschiedenen Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die schwierige politische Lage bzw. Sicherheitslage in Bangladesch und dass das politische Leben in Bangladesch durch die beiden größten Parteien des Landes "Awami League" (AL) und "Bangladesch Nationalist Party" (BNP) und deren Organisationen bestimmt wird. So werden häufig politische Auseinandersetzungen auf den Straßen ausgetragen. Generell ist ebenso zu bedenken, dass die Polizei und die Verwaltung stark parteipolitisch durchdrungen sind, die Regierung unternahm jedoch auch Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Beispielsweise hat die Regeln zur Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 25.6.2015). Korruption und ein erheblicher Rückstand bei den Fällen behindern zwar das Gerichtssystem und Gerichtsverfahren sind geprägt durch eine überlange Verfahrensdauer, von einer allgemeinen, das Leben eines jeden Bürgers betreffenden, Gefährdungssituation im Sinne des Art. 3 EMRK ist aber nicht auszugehen.

 

Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass die dem BF vom BFA zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Bangladesch zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann. Es ist - bei einem Land wie Bangladesch mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen - de facto unmöglich, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348). Insoweit die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums sind, ist in Betracht zu ziehen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Quellen späteren Ursprungs zeichnen ein im Wesentlichen gleiches Bild (vgl. z. B.

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292#content_7 ). Zu bedenken ist zudem, dass Quellen älteren Datums der chronologischen Schilderung asylrelevanter Ereignisse dienen, wofür die Zitierung älterer Quellen erforderlich ist.

 

II.2.4.1. Das Vorbringen des BF - er werde aufgrund einer Teilnahme an einer Demonstration von staatlichen Stellen verfolgt - wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für unglaubwürdig erachtet.

 

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht. Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen.

 

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

 

Der BF wurde im Rahmen des Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.

 

Befragt zu seinen Fluchtgründen schilderte der BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht eine Bedrohungssituation, die im Detail betrachtet, teilweise widersprüchlich, unschlüssig und in sich nicht nachvollziehbar ist.

 

II.2.4.1. Dass der BF offenbar Umstände schildert, die nicht der Wahrheit entsprechen, wird - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - dadurch erkennbar, wenn die Aussagen des BF in Bezug auf seine politische Tätigkeit in seiner Heimat betrachtet werden. So gab der BF unmissverständlich im Zuge seiner Erstbefragung befragt zu seinem Fluchtgrund an, dass er seit dem Jahr 2008 Mitglied der BNP sei. In der Einvernahme vor dem BFA führte der BF anfänglich ebenso an, dass er im Jahr 2008 der BNP beigetreten sei. Als der BF jedoch von der Organwalterin der belangten Behörde näher zu seiner politischen Einstellung befragt wurde, änderte der BF ohne ersichtlichen Grund seine bisherigen Aussagen. Der BF führte an, dass er vor 2008 keiner Partei zugehörig war. Freunde vom BF seien bei der BNP gewesen. Er habe nur Sympathien zu dieser Partei gehabt. Er sei kein eingetragenes Mitglied gewesen. Befragt, ob er Mitglied der BNP oder nur Sympathisant gewesen sei, gab der BF erneut an, er sei nur Sympathisant gewesen, er habe nie ein Mitgliedsformular ausgefüllt.

 

Warum der BF in der Erstbefragung und zu Beginn seiner Einvernahme vor dem BFA davon sprach, dass er Mitglied der BNP in Bangladesch gewesen sei, anschließend jedoch davon, dass er lediglich Sympathisant sei, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht. Dem BF wurden seine Angaben in der Erstbefragung rückübersetzt, vor dem BFA führte der BF eindeutig an, dass er noch alles wisse, was er in der Erstbefragung gesagt habe. Der BF erörterte auch vor dem BFA anfänglich, dass er im Jahr 2008 Mitglied der BNP geworden sei. Es liegen keinerlei Hinweise vor, dass es zu Missverständnissen oder Verständigungsproblemen gekommen sei, die diese Divergenz im Sachvortrag des BF erklären könnten. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass der BF Einzelheiten präsentiert, die offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechen, ansonsten hätte der BF diese gleichbleibend geschildert.

 

Beim BF handelt es sich um einen gebildeten jungen Mann mit mehrjähriger schulischer Ausbildung, der sich betreffend die Konsequenzen und der Bedeutung seiner Aussagen wohlweislich bewusst ist. Ist doch ein erheblicher Unterschied darin zu sehen, ob ein Asylwerber Mitglied einer politischen Partei ist oder lediglich ein Sympathisant.

 

Auffällig und nicht irgendwie verständlich ist in diesem Kontext auch, dass der BF Details bezüglich einer von ihm behaupteten Demonstration vor dem BFA anders darlegte als vor dem erkennenden Gericht. Im Verfahren vor der belangten Behörde hat der BF angeführt, dass die Polizei bei der Demonstration Gewalt angewandt hat und deshalb 7 Menschen ums Leben gekommen wären. Vor dem erkennenden Gericht bestritt der BF diese Aussage und gab an, dass tatsächlich eine Person ums Leben gekommen sei. Unmittelbar danach erörterte der BF hingegen, dass es auch sein könnte, dass mehrere Personen getötet wurden, aber nicht 7 Personen. Das wisse er deshalb, da er die Leute am Boden liegen sah. Der BF war offenbar in diesem Detailaspekt nicht in der Lage gleichbleibende Angaben zu machen. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es jedoch Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. Wenn der BF - wie im gegenständlichen Fall - unterschiedliche Angaben zu getöteten Personen macht - erscheint dies nicht für seine Glaubwürdigkeit zu sprechen.

 

Es kam zudem im Sachvortrag zu weiteren Unstimmigkeiten. Vor dem BFA legte der BF dar, dass sein Vater bei der BNP gewesen sei. So sei er im provisorischen Vorstand der BNP in der Gemeinde gewesen. Momentan hätte sein Vater jedoch keine Funktion. Im Anschluss auf diese Angaben gab der BF völlig unerwartet an, sein Vater habe doch eine Funktion. Er sei Vizeobmann der BNP der Gemeinde XXXX . Eine derartige Abänderung eines Sachvortrages hinterlässt grundsätzlich den Eindruck, dass der BF offenbar Gegebenheiten präsentiert, die nicht der Wahrheit entsprechen. Ist doch kaum nachvollziehbar, wenn der BF einmal ausführt, sein Vater würde momentan keine politische Funktion bekleiden und im nächsten Moment darlegt, er hätte doch eine politische Funktion inne.

 

Vor dem erkennenden Gericht änderte der BF erneut seine diesbezüglichen Aussagen zur politischen Tätigkeit seines Vaters ab. Er gab an, dass sein Vater von 1998-2003 Gemeinderat, von 2003-2006 Vizeobmann der BNP in XXXX war. Seit 2003 sei sein Vater kein Mitglied der BNP. Somit hätte der Vater des BF - laut diesem Sachvortrag - keine politische Funktion aktuell inne und sei auch kein Mitglied der BNP.

 

Wenn der Vater des BF kein Mitglied der BNP war und auch keine politische Funktion inne hatte, erscheint das Vorbringen des BF vor dem BFA nicht schlüssig zu sein. So erklärte der BF, sein Vater sei als Vizeobmann der BNP deshalb nicht zur Demonstration gegangen, da er von der regierenden Partei unter Druck gesetzt worden wäre. Abgesehen von der Unstimmigkeit bezüglich der Parteizugehörigkeit und Funktion des Vaters des BF, ereignete sich die Demonstration laut Angaben des BF am 03.03.2013. Folgt man den Angaben des BF vor dem BVwG war der Vater des BF zu diesem Zeitpunkt kein Mitglied der BNP und auch nicht mehr politisch tätig.

 

Dass der BF vor dem erkennenden Gericht erkennbar versucht, seine Verfolgungssituation in seiner Heimat durch seinen Sachvortrag zu steigern, wird durch sein Vorbringen in Bezug auf seine Teilnahme an der Demonstration deutlich. Der BF hat zwar unmissverständlich stets angeführt, dass er an einer Demonstration teilgenommen hat, dass er auch an den tumultartigen Auseinandersetzungen beteiligt war, hat der BF vor dem BFA nie vorgebracht. So führte der BF vor dem BVwG an, er habe Leute geschlagen und Geschäfte zerstört. Er habe dabei einen Zahn verloren. Wäre der BF jedoch tatsächlich an diesen Ausschreitungen dabei gewesen und hätte sich dabei eine Verletzung zugezogen, wäre es aus Sicht des erkennenden Gerichtes nicht erklärbar, wenn der BF dies nicht bereits vor dem BFA vorgebracht hätte. Wurde der BF doch vor dem BFA aufgefordert, seine Fluchtgeschichte so zu schildern, dass ein Außenstehender dies verstehen könne bzw. wurde der BF vor der Organwalterin ausführlichst zum Fluchtgeschehen befragt.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist jedoch davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Die oben angeführten nachträglichen Ergänzungen führen jedoch dazu, dass der Eindruck entsteht, dass der BF nachträglich sein Vorbringen mit Details anreichert, um es irgendwie lebensnah erscheinen zu lassen. Dazu war der BF jedoch nicht der Lage.

 

Wenn der BF im Verfahren darlegt, er habe gehört, dass unzählige Menschen wegen Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt worden wären, unter anderem auch der BF, hat der BF im Zuge seiner freien Fluchtgrundschilderung nicht erwähnt, dass er von der RAB zu Hause aufgesucht wurde. Erst als die Organwalterin den BF dahingehend befragte, ob jemals die Polizei nach ihm suchte, erwähnte der BF diesen Umstand. Ein derart wichtiges Detail bezüglich der Bedrohungslage von sich aus nicht zu erzählen, erscheint kaum nachvollziehbar zu sein. Vor allem deshalb, da der BF im Zuge der Erstbefragung darlegte, es sei allgemein bekannt, dass eine Person, die von der RAB gesucht werde, sofort erschossen werde.

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vermittelte der BF mit seinem Sachvortrag nicht den maßgeblichen Eindruck, dass er bei seiner Rückkehr mit einer erheblichen Gefährdung zu rechnen hat. Der BF hat eine individuelle Bedrohung nicht glaubhaft machen können.

 

In Anbetracht der oa. Erwägungen geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass die vom BF vorgebrachte Verfolgung unglaubwürdig ist und in dieser Form auf Grund der unschlüssigen, auch divergeierden Aussagen als nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig anzusehen ist. Dem BF ist es nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

Im Lichte einer unterlassenen Vorlage unbedenklicher Bescheinigungsmittel sind abseits der nationalen Rechtsprechung dazu auch die europarechtlichen Vorgaben von Bedeutung. So normiert die - nicht direkt anwendbare - Statusrichtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 als Ausfluss der Staatenpraxis in deren Artikel 4 Absatz 1 und 5 Folgendes: "Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substanziieren;

 

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;

 

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

 

Wendet man im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung diese sekundärrechtliche Norm auf das gegenständliche Verfahren an, so führt auch dies nicht zum Verzicht auf die Beischaffung von Bescheinigungsmitteln seitens des BF, zumal nicht festgestellt werden kann, dass sich der Antragsteller offenkundig bemühte seinen Antrag in Bezug auf die bestehenden Verfolgungshandlungen zu substantiieren.

 

Weiters konnte die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers im Verfahren im oa. Ausmaß nicht festgestellt werden. Keinesfalls konnte festgestellt werden, dass die Aussagen des Antragstellers zur aktuellen Verfolgungssituation kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen.

 

Im gegenständlichen Fall ist daher festzustellen, dass dem BF auch aus europarechtlicher Sicht die Glaubhaftmachung des behauptetermaßen ausreisekausalen Sachverhaltes nicht gelang, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass die Aussagen des BF kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen und er aufgrund der mangelnden Glaubwürdigkeit des Vorbringens auch den geforderten Nachweis nicht erbrachte (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber, vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem vorgeschlagenen Entwurf

werden folgende Richtlinien umgesetzt ... : Richtlinie 2004/83/EG

des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083 ; ...")

 

II.2.5. Die Angaben des BF bezüglich seiner familiären und wirtschaftlichen Lage werden aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben als wahr und somit der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt. Ebenso wird der Sachvortrag des BF bezüglich seiner privaten und familiären Interessen in Österreich als den Tatsachen entsprechend angesehen, da diese Ausführungen einerseits mit den amtlich zur Verfügung stehenden Informationen, wie Einsicht in das Zentrale Melderegister (ZMR), das Strafregister der Republik Österreich (SA), das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), sowie das Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS) im Einklang stehen und zudem keine Zweifel an den Angaben des BF aufkamen.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung:

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) ...

 

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass dem BF nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.-...

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

..."

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

 

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

 

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

 

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss der BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der BF vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, jungen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

 

Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Er stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und der BF kann daher Unterstützung durch seine Familie erwarten.

 

Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Soweit der Gesundheitszustand des BF zu berücksichtigen ist, ist Folgendes In Betracht zu ziehen:

 

In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Der BF hat durch Unterlagen belegt, dass er an Asthma leidet und ärztlich behandelt wird. Aufgrund der Länderinformationen bzw. notorischer Tatsachen muss festgehalten werden, dass Asthma in Bangladesch behandelbar ist. So gibt es Leitlinien für die Behandlung von Lungenerkrankungen. Die Bangladesh Lung Foundation hat einige Kliniken für Lungenerkrankungen eingerichtet, es gibt Unterstützungsgruppen wie einen Asthma Club, etc.. Es gibt einige Lungenfachärzte, die auf die Behandlung von Asthma Patienten spezialisiert sind. Der BF verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte, die ihm im Notfall unterstützen würden. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ist daher festzustellen, dass im gegenständlichen Fall außerordentliche Umstände im Sinne der zuvor zitierten Judikatur des EGMR zu Art 3 EMRK nicht vorliegen.

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der BF nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Der Aufenthalt des BF ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt im obigen Sinn.

 

Es liegen folglich keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.2. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Gemäß § 52 Abs 3 FPG ist unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen. Die Erlassung der Entscheidung ist zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 9 Abs 3 AsylG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

 

II.3.4.2. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie hier der Rückkehrentscheidung, kann folglich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

 

Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig.

 

Artikel 8 EMRK schützt das Privatleben umfassend und sichert dem Einzelnen einen Bereich,

 

innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten kann.

 

II.3.4.3. Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF erhält Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF besuchte Deutschkurse und hat die ÖSD Prüfung Niveau A2 bestanden. Der BF hat Bekannte in Österreich. Der BF ist im Besitz einer Einstellzusage. Der BF ist Mitglied der XXXX , der XXXX , von XXXX und des XXXX . Der BF hat einen Erste-Hilfe-Grundkurs besucht. Der BF spendet an verschiedene Vereine. Der BF arbeitet ehrenamtlich. Der BF ist gerichtlich unbescholten.

 

Die Rückkehrentscheidung betreffend den BF stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben, aber einen in das Recht auf Privatleben dar.

 

II.3.4.4. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

 

II.3.4.5. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Der BF ist illegal im April 2013 nach Österreich eingereist und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen hat. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Familien- und Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der BF nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung der Asylverfahren in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Familien - bzw. Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.

 

Bei der Gewichtung im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG kann maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass die vom BF gesetzten integrationsbegründenden Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem er sich (spätestens nach Abweisung seines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz durch das BFA im April 2016) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Daran kann auch die lange Dauer des Verfahrens, mag den BF daran auch kein Verschulden treffen, nichts ändern (VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0076).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

 

Dass der BF bemüht ist seine Deutschkenntnisse zu verbessern, zudem gemeinnützige Tätigkeiten ausübt, über eine Einstellzusage verfügt wird durchaus als Bestreben angesehen, sich in Österreich zu integrieren.

 

Der BF hat Bekannte in Österreich. Wenn in diesem Zusammenhang auf die vorgelegten Unterstützungsschreiben einzugehen ist, zeigen diese durchaus auf, dass der BF soziale Kontakte in Österreich pflegt, und enge Beziehung zu diese.

 

Aus Kenntnissen der deutschen Sprache vermag vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof den Umstand, perfekt Deutsch zu sprechen, als kein über das übliche Maß hinausgehendes Integrationsmerkmal erachtete (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029), kein wesentliches Gewicht zukommen.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Auch wenn sich der BF um seine sprachliche und gesellschaftliche Integration bemüht zeigte, kommt seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gesamtbetrachtend vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur kein allzu großes Gewicht zu, zumal die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, wesentlich gemindert wird.

 

Die Feststellung, wonach der BF strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten des BF ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbrachte, dort sozialisiert wurde und zur Schule ging, hingegen die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Vergleich zu seinem Lebensalter als kurz zu bezeichnen ist, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal er dort familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und Geschwister hat und er die Sprache des Herkunftsstaates beherrscht.

 

Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF sowie seinem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH, B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engerer Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Aufgrund dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12.06.2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007).

 

Zusammenfassend sprechen folgende Aspekte für eine bestehende Integration und ein schützenswertes Familien- bzw. Privatleben des BF: Die Dauer des Aufenthalts, Deutschkenntnisse, ehrenamtliche Tätigkeit, Spenden, Mitgliedschaft bei Vereinen.

 

Unter Abwägung der Interessen und in wertender Gesamtschau überwiegen allerdings folgende öffentlichen Interessen, die gegen einen Aufenthalt des BF in Österreich sprechen:

 

illegale Einreise; unsicherer Aufenthalt; auf Asylrecht gegründeter Aufenthalt der sich auf nicht glaubhaftes Vorbringen stützte;

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie an einem geordneten Zuwanderungswesen im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die familiären und privaten Interessen des BF. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK daher nicht geboten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

II.3.4.4. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

 

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.5. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

II.3.5 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wäre. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.

 

II.3.6. Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen. Sohin war Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides spruchgemäß mit der getroffenen Maßgabe zu berichtigen, da der negative Ausspruch nach § 55 AsylG 2005 Rechtskraftwirkungen entfalten kann (Vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0174).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe und der Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung, zum Flüchtlingsbegriff, der hier vertretenen Zurechnungstheorie und den Anforderungen an einen Staat und dessen Behörden um von dessen Willen und Fähigkeit, den auf seinem Territorium aufhältigen Menschen Schutz vor Übergriffen zu gewähren ausgehen zu können, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.

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