BVwG L515 2179056-1

BVwGL515 2179056-112.2.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2179056.1.00

 

Spruch:

L515 2179047-1/7E

 

L515 2179056-1/2E

 

L515 2179053-1/2E

 

L515 2179050-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch den Vater, XXXX , geb. XXXX , dieser vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch den Vater, XXXX , geb. XXXX , dieser vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrenshergang

 

I.1. I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise mittels eines erschlichenen Visums in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 12.9.2016 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP3 und bP4.

 

I.2.1. bP1 brachte zusammengefasst vor, im XXXX 2016 im Rahmen einer Mobilisierung zum Militär eingezogen worden zu sein, um anschließend 20 Tage in Berg Karabach kämpfen zu müssen.

 

Weiters hätte sie im Juli 2016 an Demonstrationen teilgenommen, wäre deswegen festgenommen und im Anschuss gesucht worden, weshalb sie Armenien verlassen hätte.

 

I.2.2. In Bezug auf das Vorbringen der bP1 im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

 

" - Anlässlich der niederschriftlichen Erstbefragung am XXXX 2016 gaben Sie folgendes an:

 

- (Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Erstbefragung)

 

[ ]

 

11. Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):

 

Meinen Wehrdienst leistete ich zwischen 2001 und 2003 in Armenien ab. Im XXXX 2016 wurde ich im Rahmen der Mobilisierung zur Militärbehörde gerufen und um unfreiwillig wieder mobilisiert. ( In meinen Wehrdienstbuch ist die Mobilisierung mit einem Anhang sichtbar). Im XXXX 2016 wurde ich nach Berg Karabach geschickt wo ich zwanzig Tage lang kämpfen musste. Danach schickte man mich zwar wieder zurück aber mit der Bedingung, dass ich jederzeit wieder einrücken muss. Das ist mein erster Fluchtgrund.

 

Am 17.07.2016 haben in Jerewan Unruhen begonnen, das Volk hat tagelang anhaltende Demonstrationen veranstaltet um gegen die regierende Macht zu Protestieren. Ich habe vom ersten Tag an bis zum XXXX 2016 an allen Demos teilgenommen. Am XXXX 2016 wurde ich mit vielen anderen zusammen von der Polizei mitgenommen und zu einer Kaserne gebracht. Das ist ein Verstoß gegen die Gesetze weil normalerweise die Polizei die Festgenommenen zur Polizeizentrale bringt und nicht zur Militärbehörde. Dort wurde ich zwei Tage lang geschlagen und misshandelt, nach der Freilassung wurde ich von Männer in Zivilkleidung ständig verfolgt. Sie waren viermal bei uns zu Hause und fragten nach mir. Ich war während dieser Zeit bei Freunden und bekannte untergetaucht und ich kam in diesen Zeiten sehr selten nach Hause. Aus diesen Gründen habe ich entschlossen, gemeinsam mit meiner Familie aus Armenien auszureisen.

 

11.1. Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

 

Erstens möchte ich an keinen Krieg teilnehmen, zweitens bin ich dem Staat als Oppositioneller ein Dorn im Auge. Ich habe Angst um mein Leben und das meiner Familie.

 

 

LA: Wie geht es Ihnen? Leiden oder litten Sie an irgendwelchen gesundheitlichen Problemen, gibt es bestehende Krankheiten oder benötigen Sie aktuell bestimmte medizinische Betreuung oder Medikamente?

 

VP: Mir geht es gut. Ich bin gesund und benötige keine Medikamente.

 

LA: Wie geht es Ihren Angehörigen(Gattin und Töchter)?

 

VP: Ihnen geht es auch gut. Sie sind gesund und benötigen keine Medikamente.

 

LA: Haben Sie im Verfahren bis jetzt, also in der Niederschrift mit der Polizei bei der Erstbefragung immer der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

 

VP: Ja.

 

LA: Gibt es Angehörige in Österreich?

 

VP: Nein.

 

LA: Wann traten Sie Ihre Reise an und von wo aus traten Sie die Reise an?

 

VP: Aus JEREWAN am 25.08.2016 nach Georgien. Von TIFLIS nach ISTANBUL mit dem Flugzeug, dann weiter mit dem Flugzeug nach THESALONIKI, Griechenland. Von Griechenland mit dem Flugzeug nach BUDAPEST, Ungarn und dann am Landweg nach WIEN. Dann fuhren wir nach XXXX , um die Asylanträge zu stellen.

 

LA: Wer arrangierte Ihre Ausreise aus Armenien?

 

VP: Ich fand einen Schlepper namens XXXX .

 

LA: Sind Sie "legal" ausgereist?

 

VP: Ja, mit Visum für Griechenland (Schengen – Visum).

 

LA: Hatten Ihre Familienangehörige auch Reisepässe mit Sichtvermerken?

 

VP: Ja.

 

LA: Was waren alle Ihre konkreten, die genauen und zeitlich aktuellen Gründe, dass Sie Armenien verlassen mussten und Sie nicht zurück nach Armenien können, erzählen Sie bitte?

 

VP: Beginn der freien Erzählung:

 

Ich hatte mehrere Probleme mit dem Staat. Mein erster Fluchtgrund ist, dass ich gezwungen wurde, zu kämpfen. Das wollte ich aber nicht. Ich bin Offizier, aber ich wollte das gar nicht.

 

In unserem Staat wird alles gemacht, was die Regierung möchte. Es gibt keine Gesetze. Wir wollten das alles ändern, deshalb beteiligte ich mich aktiv bei diesen Demonstrationen. Meine Teilnahme an diesen Demonstrationen ist der Polizei aufgefallen. Ich wurde festgenommen von den Polizeibeamten und wurde in eine Kaserne gebracht. In der Kaserne war ich zwei Tage. Dort waren viele Demonstranten, etwa 1.000 Personen. Wir wurden auch geschlagen und erniedrigt. Dann kamen die NGOs und wir konnten freigelassen werden mit Hilfe dieser Organisationen. Ich war von XXXX 2016 bis XXXX 2016 in dieser Kaserne. Ich habe mich dann entschieden zu fliehen, ich war nicht zu Hause, ich habe mich versteckt Meine Familie war zu diesem Zeitpunkt zu Hause. Sie hatten Angst, das Haus, nachgefragt Eigentumshaus zu verlassen. Als Beweis könnte ich einen Ausschutt aus der Zeitschrift "Armenische Zeit" vorlegen.

 

Ende der freien Erzählung.

 

LA: Wie kann es sein, dass Sie Zeitungsausschnitte vom 16.07.2016 vorlegen und behaupten, diese Vorfälle waren am XXXX 2016?

 

VP: Vielleicht war es ein Tippfehler.

 

Anmerkung:

 

Die Zeitungsausschnitte werden kopiert und die Originale dem AW zurückgestellt.

 

LA: Sie behaupten, dass Sie auf dem Foto auf der zweiten Seite dieses Zeitungsausschnittes zu sehen sind. Wann war dieser Vorfall?

 

VP: Am XXXX 2016, als ich in Haft genommen wurde. Ich wurde festgehalten und in die Kaserne gebracht.

 

Anmerkung: Wie kann es sein, dass der Zeitungsartikel vom 16.07.2016 ein Ereignis vom XXXX 2016 dokumentiert?

 

LA: Über welche militärische Ausbildung verfügen Sie?

 

VP: Mir wurde aufgrund meiner Universitätsausbildung (zivil) ein Offiziersdienstgrad im XXXX 2016 (im Wehrdienstbuch eingetragen)verliehen. Der Dienstgrad heißt PROPORSHVK (Unterleutnant). Das wurde vom Staat bewusst gemacht, damit ich mich nicht weigern konnte, an den Einsätzen teilzunehmen.

 

LA: Erging es anderen Zivilingenieuren ähnlich?

 

VP: Es waren viele, alle wurden wir gezwungen.

 

LA: Waren Sie früher einmal beim Militär länger verpflichtet?

 

VP: Ich leistete nur meinen 24 monatigen Wehrdienst ab. Ich war ein Fernmelder. Ich musste Feldkabel verlegen und Telefonverbindungen errichten. Auch musste ich Funkverbindungen herstellen.

 

LA: Auf welchen Frequenzen wurde gesendet?

 

VP: Ich weiß es nicht.

 

LA: Wann haben Sie Ihren Einberufungsbefehl erhalten?

 

VP: Ich habe keinen EB bekommen, ein Militärkommandant kam und forderte mich mit Militärbeamten auf, einzurücken. Das wollte ich nicht und hatte mich um meine Familie zu kümmern.

 

LA: Sind Sie dann eingerückt?

 

VP: Ja, ich wurde gezwungen.

 

LA: Beschreiben Sie diesen Militäreinsatz?

 

VP: Am XXXX 2016 musste ich nach BERG KARABACH einrücken. Ich wurde gezwungen, das freiwillig zu machen. Mir wurde auch eine Waffe an den Kopf gehalten. Ich hatte Angst. In musste in BERG KARABACH. Ich war an der Frontlinie (vordere Frontlinie) eingesetzt. Mein Freund wurde vor meinen Augen von aserbaidschanischen Soldaten getötet. Ich hatte solche Angst, dass sich meine Haare in kürzester Zeit vergrauten. Ich war dort 20 Tage eingesetzt. Zwei Mal stand ich kurz vor meinem Tod. Nach 20 Tagen flüchtete ich aus BERG KARABACH. Ich stand unter Stress. Ich nutzte die Gelegenheit, ein Bekannter half mir, indem er mich mit dem Auto nach Armenien in die Stadt XXXX brachte (Grenze zu Aserbaidschan). Dann fuhr ich mit dem Bus nach

JEREWAN.

 

LA: Nahmen Sie dann Ihre Tätigkeit als Zollbeamter wieder auf?

 

VP: Ich lebte versteckt und arbeitete dann nicht mehr.

 

LA: Wie können Sie dann erklären, dass Sie öffentlich an Demonstrationen teilnehmen?

 

VP: Es waren so viele Menschen dabei und ich mischte mich unter diese Menschenmenge.

 

LA: Warum haben Sie sich an den Demonstrationen bis zum XXXX 2017 teilgenommen?

 

VP: Unsere armenischen Helden (30 Personen) haben die Gesetzwidrigkeiten der armenischen Regierung nicht mehr geduldet und sind in eine Polizeistation als Protest eingedrungen. Sie verlangten den Rücktritt des Präsidenten. Die Polizeibeamten haben versucht, diese Helden umzubringen. Um diesen Helden Beistand zu leisten gingen viele Menschen aus Solidarität auf die Straße.

 

LA: Wie viele Armenier haben an dieser Demonstration teilgenommen?

 

VP: Über 100.000 Personen.

 

LA: Was wissen Sie bezüglich des Ausganges dieser Besetzung?

 

VP: Die Polizeibeamten schossen, fünf Personen wurden verletzt, drei wurden getötet. Dann haben die Helden aufgegeben, denn sie haben gesehen, dass es zu keinen Erfolg führt.

 

LA: Wie viele wurden zu dieser Militärbehörde (Kaserne) gebracht?

 

VP: Fast 1.000.- Es waren sehr viele.

 

LA: Ist es allen Personen in dieser Kaserne gleich ergangen?

 

VP: Ja, alle wurden wir gleich behandelt.

 

LA: War die Militärbehörde nicht ein "Ausweich – Stützpunkt", weil an den Polizeistationen kein Platz mehr war?

 

VP: Nein, das wurde extra so gemacht, um die Demonstration aufzulösen und die Menschen auseinanderzubringen.

 

LA: Was passierte in dieser Kaserne in JEREWAN?

 

VP: Wir mussten auf den Boden sitzen und warten.

 

LA: Wurden Sie in dieser Kaserne geschlagen?

 

VP: Wir wurden geschlagen und erniedrigt.

 

LA: Wie geht das, dass 1000 Personen gleichzeitig geschlagen werden?

 

VP: Drei bis vierhundert Polizisten waren vor Ort.

 

LA: Gehören Sie einer Oppositionspartei an?

 

VP: Ich war ein Mitglied bei der Partei Armenischer Nationalkongress bis Juli 2016.

 

LA: Haben Sie die Ereignisse in Armenien weiter verfolgt?

 

VP: Es wurden Strafverfahren gegen diese Helden eingeleitet und diese werden verurteilt.

 

LA: Ein Beamter arbeitet doch für seinen Staat und ist für die Einhaltung bzw. den Vollzug der Gesetze zuständig. Sie behaupten auch, als Zollbeamter tätig gewesen zu sein. Wie können Sie mir Ihre oppositionelle Einstellung beschreiben?

 

VP: Das stimmt, ich war gegen die Regierung und mir wurde immer wieder vorgehalten, dass ich gegen die Regierung bin.

 

LA: Werden so wie Sie es bezeichnen diese "Helden" auch als "Gründungsparlament" bezeichnet?

 

VP: Ja, von der Regierung.

 

LA: Sind Sie ein Mitglied der außerparlamentarischen Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" oder sympathisierten Sie mit den Besetzern dieser Polizeistation?

 

VP: Das sind auch für mich Helden, sie haben für Armenien gekämpft und waren bis zu diesem Vorfall Nationalhelden. Ich habe lediglich sympatiert mit diesen Helden.

 

LA: Wie viele Sympathisanten hatten diese "Helden"

 

VP: Sämtliche Teilnehmer dieser Demonstrationen.

 

LA: Wie haben Sie demonstriert – sind Sie lediglich mit der Menschenmasse mitgezogen?

 

VP: Ja, ich habe mich angeschlossen.

 

LA: Wie können Sie dies mit Ihrem Beruf als Zollbeamter rechtfertigen bzw. vereinbaren – Sie verdienten doch Ihr Geld vom armenischen Staat?

 

VP: Ich habe mein Geld nicht vom Staat sondern von meinen Firmen bezahlt.

 

LA: Arbeiteten Sie gar nicht als Beamter Waren Ihre Arbeitsverhältnisse privatrechtlich?

 

VP: Ja, ich war XXXX , die Firmen. Diese Firmen bekamen vom Staat eine Lizenz (Einfuhrberechtigung) Meine Aufgabe war es, die Einfuhr und die Ausfuhr zu prüfen.

 

LA: Zoll ist doch eine Hohheitsaufgabe – Sie arbeiteten somit nicht als Beamter sondern in privatrechtlichen Dienstverhältnissen – ist das korrekt?

 

VP: Ja.

 

LA: Ich bin mit den Fragen zu den Fluchtgründen soweit fertig. Wollen Sie dazu noch etwas sagen? Haben Sie alle Ihre Gründe geltend gemacht? Hatten Sie genug Zeit und Möglichkeit, alle Ihre Gründe geltend zu machen?

 

VP: Ja. Ich konnte alles schildern.

 

LA: Sie leben in einer betreuten Unterkunft in [ ]. Stimmt das?

 

VP: Ja.

 

LA: Haben Sie außerhalb der Betreuungsstelle bereits soziale Kontakte zur österreichischen Gesellschaft?

 

VP: Ich lerne Deutsch, Ich habe Freunde gefunden.

 

LA: Betätigen Sie sich bei karitativen Organisationen oder anderen Vereinen?

 

VP: Nein.

 

LA: Sprechen Sie Deutsch?

 

VP: Ja.

 

LA: Haben Sie sich jemals in oder außerhalb von Armenien politisch betätigt, gehören Sie irgendeiner politischen Organisation oder Partei an?

 

VP: Nein, früher war ich ein einfaches Parteimitglied am Armenischen Nationalkongress.

 

LA: Hat sich jemand in Ihrer Familie politisch engagiert?

 

VP: Nein.

 

"

 

bP2 – bP3 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband. Weiters brachte bP2 vor, dass sie und die Kinder gesund sind.

 

bP2 brachte vor, dass sie an ihrem Wohnort in Österreich Freunde hätten und die Kinder mit einheimischen Kindern spielen würden. Sie spreche bereits "ein bisschen" deutsch

 

I.3. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Armenien gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit 14 Tagen festgelegt.

 

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

 

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu –zum Teil unter Vermengung der Elemente einer rechtlichen Beurteilung Folgendes aus(Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

 

"Sie gaben bei Ihrer Erstbefragung an, im XXXX 2016 im Rahmen einer Mobilisierung zur Militärbehörde gerufen worden zu sein und dass Sie sich an den Kämpfen in Berg Karabach beteiligen mussten. Danach hätte man sie mit der Bedingung, jederzeit wieder einrücken zu müssen, wieder zurückgeschickt. Dies bezeichneten Sie als ihren ersten Fluchtgrund.

 

Als zweiten Fluchtgrund gaben Sie am XXXX 2016 an, dass Sie sich in JEREWAN an Demonstrationen beteiligt hätten und deshalb von der Polizei in eine Kaserne gebracht wurden, wo Sie zwei Tage lang geschlagen und misshandelt worden, sowie nach Ihrer Freilassung von Männern in Zivilkleidung verfolgt worden wären. Diese Vorbringen werden der nachfolgenden Beweiswürdigung zugrunde gelegt, andere Fluchtgründe haben Sie über ausdrückliches Nachfragen nicht geltend gemacht.

 

Vorab sah sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl veranlasst, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Sie unabhängig Ihres Fluchtvorbringens von potenzieller "vulnerability" betroffen sind. Nachdem Sie bei Ihrer Einvernahme angaben, dass es Ihnen gut gehen würde, Sie gesund wären und nicht auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen wären, ist diese Frage zu verneinen.

 

Die von Ihnen zu Protokoll gegebenen personsbezogenen Daten sowie Lebensgeschichte bieten keine Hinweise auf das Vorliegen einer individuell besonders herausragenden Stellung Ihrer Person innerhalb der armenischen Gesellschaft, etwa durch Geburt, sozialer Stellung, religiösen Fachwissens, etc. Das bedeutet in Verbindung mit Ihrem unbedenklichen Gesundheitszustand und Kenntnis der Amts-/Landessprache auf Muttersprachenniveau im Grundsätzlichen, dass eine neuerliche gesellschaftliche Sozialisation Ihrer Person in Armenien Platz greifen kann. In diesem Zusammenhang wird darauf hinzuweisen sein, dass Sie hier in Österreich über keinerlei sonstiges familiäres Umfeld verfügen und dazu noch mit kulturellen, sprachlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen konfrontiert sind, die Ihnen völlig fremd sein müssen. Wenn man dann noch bedenkt, dass Sie bis nach Österreich reisen konnten - und dies ohne Sprachkenntnisse oder sonstige Unterstützung - dann wird man wohl davon ausgehen müssen, dass Sie mangels Anzeichen beachtenswerter psychischer/physischer Problemstellungen im Grundsätzlichen nicht einer besonderen Schutzwürdigkeit bedürfen und eine Rückkehr nach Armenien, d.h. in eine Ihnen soziokulturell und sprachlich vertraute Umgebung, zumutbar ist.

 

Bei Ihrer Erstbefragung gaben Sie, befragt zu Ihrem Fluchtgrund an, dass Sie Ihren Wehrdienst in den Jahren 2001 bis 2003 abgeleistet hätten. Im XXXX 2016 wären Sie im Rahmen der Mobilisierung zur Militärbehörde gerufen und "unfreiwillig" mobilisiert worden. Sie wiesen damals auf einen Eintrag in Ihrem Militärdienstbuch hin, wo diese Mobilisierung in einem Anhang eingetragen wäre. Sie wären im XXXX 2016 nach BERG KARABACH geschickt worden und Sie hätten dort 20 Tage lang kämpfen müssen. Danach hätte man Sie wieder mit der Bedingung, jederzeit einrücken zu müssen, zurückgeschickt. Dies bezeichneten Sie als Ihren ersten Fluchtgrund.

 

Zu Ihrem zweiten Fluchtgrund gaben Sie unter Punkt 11 Ihrer Erstbefragung an, dass am 17.07.2016 in JEREWAN Unruhen begonnen hätten. Das Volk hätte tagelang gegen die regierende Macht protestiert. Sie hätten vom ersten Tag an bis zum XXXX 2016 an den Demonstrationen teilgenommen und wären gemeinsam mit anderen am XXXX 2016 von der Polizei mitgenommen und in eine Kaserne gebracht worden. Sie bezeichneten dies als Verstoß gegen die Gesetze und rechtfertigten dies damit, dass "normalerweise" Festgenommene zur Polizeizentrale und nicht zur Militärbehörde gebracht werden. In dieser Kaserne wären Sie zwei Tage lang geschlagen und misshandelt worden. Nach Ihrer Freilassung wären Sie von Männern in Zivilkleidung ständig verfolgt worden. Viermal hätten diese Männer Ihr Zuhause aufgesucht und nach Ihnen gefragt. Aus diesem Grund wären Sie "untergetaucht" und hätten sich entschlossen, gemeinsam mit Ihrer Familie Armenien zu verlassen.

 

Bei Ihrer Einvernahme am 14.09.2017 wurde noch, bevor Sie zu Ihren Fluchtgründen befragt wurden, auf Ihre persönlichen Umstände eingegangen. Sie wurden am XXXX in JEREWAN geboren und hätten sich immer in der Hauptstadt Ihres Herkunftsstaates aufgehalten. Sie gaben an, bis zum XXXX 2016 beim XXXX in JEREWAN als XXXX beschäftigt gewesen zu sein. Sie sind mit Frau XXXX , geb. XXXX verheiratet und hätten mit Ihr zwei gemeinsame XXXX , nämlich XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX .

 

Im Rahmen einer "Freien Erzählung" bekamen Sie ausreichend Zeit, die genauen zeitlich aktuellen Gründe zu schildern, welche Sie einst motivierten, Armenien zu verlassen. Sie gaben an, mehrere Probleme mit dem Staat zu haben. Ihr erster Fluchtgrund wäre, dass Sie gezwungen worden wären, zu kämpfen. Sie hätten dies, wie Sie es beschreiben, nicht wollen. Sie gaben weiter an, dass in Armenien das gemacht werde, was die Regierung möchte, so hätten Sie sich an Demonstrationen beteiligt, was der Polizei aufgefallen wäre. Von Polizisten wären Sie festgenommen und gemeinsam mit etwa 1.000 weiteren Demonstranten zu einer Kaserne verbracht worden, wo Sie geschlagen und erniedrigt worden wären. Durch die Hilfe von NGOs wären Sie freigelassen worden und hätten sich dann entschlossen, Armenien zu verlassen. Sie schlossen Ihre "Freie Erzählung" mit der Vorlage eines Zeitungsausschnittes der Zeitschrift " XXXX " vom 16.07.2016 ab.

 

Da Sie Ihren bei Ihrer Erstbefragung erwähnten Fluchtgrund, nämlich den Einsatz in BERG KARABACH nur nebenbei erwähnten, wurden Sie bei den Fragen, welche Ihnen im Anschluss an Ihre "Freie Erzählung" gestellt wurden, aufgefordert, diesen Militäreinsatz zu beschreiben. Sie wären gezwungen worden, sich freiwillig an den Kämpfen in BERG KARABACH zu beteiligen, sie gaben sogar an, dass Ihnen eine Waffe an den Kopf gehalten worden wäre und Sie nach 20 Tagen durch die Hilfe eines Freundes von BERG KARABACH flüchten konnten.

 

Bei genauerer Betrachtung dieses Sachverhaltes fallen mehrere Ungereimtheiten auf. In Ihrer Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie im XXXX 2016 nach BERG KARABACH geschickt wurden und dort 20 Tage gekämpft hätten. Bei Ihrer Fragebeantwortung am 14.09.2017 wurde Ihnen eine Waffe an Ihren Kopf gehalten und von Ihnen wäre gefordert worden, sich "freiwillig" an den Kämpfen zu beteiligen. Dies deutet darauf hin, dass Ihre Erlebnisse in BERG KARABACH frei erfunden sind, denn zwischen einer Entsendung – bzw. "Soldaten wohin schicken" und einer Rekrutierung, wo jemand mit einer Waffe am Kopf gezwungen wird, sich an einem Konflikt, genauer an einem "eingefrorenen Konflikt" militärisch zu beteiligen, ist ein riesiger Unterschied.

 

Es wird also ein gravierender Widerspruch zwischen Ihrer Erstbefragung ( dann schickte man mich zwar wieder zurück ) und Ihrer Einvernahme ( nach 20 Tagen flüchtete ich aus BERG KARABACH. Ich stand unter Stress. Ich nutzte die Gelegenheit ) gesehen, was sich nachteilig auf Ihre Glaubwürdigkeit auswirkt.

 

Sie gaben selbst zu Protokoll, dass Sie Ihren Wehrdienst zwischen den Jahren 2001 und 2003 abgeleistet hätten. Dies ist auch mit den landeskundlichen Feststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat vereinbar. Laut landeskundlichen Feststellungen sind in Armenien Männer zwischen 18 und 27 wehrpflichtig. Es würde auch eine Rückstellung aus sozialen Gründen möglich sein. Sie wurden jedoch im Jahr 1981 geboren und waren laut Zeitrechnung im XXXX , bzw. XXXX 2016 fast 35 Jahre alt gewesen. Alleine dies zeigt der Behörde, dass sich dieser Sachverhalt niemals so ereignet haben kann, wie von Ihnen geschildert wurde. Sie waren laut Ihren Angaben ein einfacher Fernmeldesoldat, legten Feldkabel aus und betrieben Funkstationen. Ihre Militärzeit ist also schon über 13 Jahre vorbei. Man muss sich die Frage stellen, was diese Militärbehörde von Ihnen erwartet hätte. Naheliegend ist es doch, ehemalige Soldaten, welche in den letzten Jahren ihren Wehrdienst abgeleistet haben, einzuziehen. Auf die Frage, über welche militärische Ausbildung Sie verfügen, antworteten Sie, dass Ihnen etwa 13 Jahre nach Ihrem "Abrüsten" aufgrund Ihrer absolvierten Universitätsausbildung ein Offiziersdienstgrad verliehen wurde, Sie sozusagen so ganz ohne Ausbildung von heute auf morgen von einem Mannschaftssoldaten in den Offiziersstand befördert wurden. Auch dies ist in keiner Weise glaubhaft. Ein Zettel in einem Militärdienstbuch wird auch nicht als geeignetes Beweismittel angesehen, da dieser über keinerlei Sicherheitsmerkmale verfügt, welche urkundentechnisch überprüfbar wären. Es entstanden also vielerlei Zweifel, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so ereignet haben könnte, wie von Ihnen behauptet wurde.

 

Da diese Einberufung nach vorheriger Beförderung in den Offiziersstand in keiner Weise nachvollziehbar war, stellte das Bundesamt speziell für Ihren Fall am 14.09.2017 eine Anfrage an die Staatendokumentation. Es sollte in Armenien erhoben werden, ob es möglich ist, dass ein 35jähriger im Berufsleben stehender Familienvater nach einer Beförderung in den Offiziersstand gezwungen werden kann, sich militärisch am BERG KARABACH – Konflikt zu beteiligen.

 

Am 20.09.2017 antwortete die Staatendokumentation auf die Anfrage vom 14.09.2017. Eine Zwangsrekrutierung ist in Armenien nur dann möglich, wenn eine Voll- oder Teilmobilisierung verhängt wird. Dies ist seit der Unabhängigkeit Armeniens niemals eingetreten. Selbst wenn eine Voll- oder Teilmobilisierung eintreten würde, wäre eine Zwangsrekrutierung nicht von Nöten. Auch äußerte sich die armenische Nichtregierungsorganisation (NGO) "Peace Dialogue", welche sich insbesondere mit den menschenrechtlichen Zuständen der Armee auseinandersetzt, dass gemäß armenischer Verfassung nur im Falle des Kriegsrechts und bei Mobilmachung Zwangsrekrutierungen erlaubt sind. Angesichts der Rechtslage im vorliegenden Fall wird eine Zwangsrekrutierung als "unwahrscheinlich" erachtet.

 

Auch wird in der Anfragebeantwortung vom 30.01.2017 "Armenien – Fragen zum Wehrdienst" bestätigt, dass es keinen Präzedenzfall einer Voll- oder Teilmobilmachung in Armenien gibt. Gemäß der armenischen Verfassung ist der Präsident zur Mobilmachung berechtigt. Weiter wird in dieser Anfragebeantwortung beschrieben, dass alle Personen, welche den Grundwehrdienst absolviert haben, bis zum 45. Lebensjahr dem Reservestand angehören.

 

Wiederholt wird auf die Anfragebeantwortung vom 20.09.2017 hingewiesen:

 

Eine teilweise oder vollständige Mobilisierung der armenischen Streitkräfte ist seit der Unabhängigkeit Armeniens trotz des bewaffneten Konfliktes mit Aserbaidschan bislang nicht vorgekommen.

 

Eine Zwangsbeförderung ist ebenfalls unwahrscheinlich, insbesondere mit der Intention einer Zwangsrekrutierung.

 

Auch im Punkt "Wehrdienst und Rekrutierungen" der landeskundlichen Feststellungen wird beschrieben, dass in Armenien ein komplexes System von gesetzlichen Garantien und Schutzmechanismen bestehen würde, damit Rechte des Armeepersonals, inklusive der Rekruten in den Streitkräften geschützt werden. Auch bestehen externe und alternative Mechanismen zum Schutz der Rechte des Militärpersonals, so etwa der Rechtsschutz oder Beschwerden, welche sowohl an den armenischen Ombudsmann als auch den "Public Concil" des Verteidigungsministeriums gerichtet werden können, welcher aus Vertretern von lokalen NGOs besteht, und sich mit Beschwerden zu Menschenrechtsverletzungen, speziell während der Einberufung, auseinandersetzt.

 

Aus diesem Grunde ist Ihre behauptete Beförderung mit einer nachfolgenden zwangsweisen Beteiligung am BERG KARABACH – Konflikt völlig haltlos, in keiner Weise glaubhaft oder nachvollziehbar. Es scheint sogar, als wären Ihre dahingehenden Behauptungen "aus der Luft gegriffen".

 

Auch in den landeskundlichen Feststellungen wird auf die Problemzone BERG KARABACH eingegangen:

 

BERG KARABACH ist seit 1994 de facto unabhängig von Aserbaidschan.

 

BERG KARABACH wird von keinem Staat, auch nicht von Armenien völkerrechtlich anerkannt, doch sind die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Armenien sehr eng.

 

Als Resultat des armenisch-aserbaidschanischen Konflikts um die Region BERG KARABACH, halten die armenischen Separatisten mit Unterstützung der Republik Armenien den größten Teil BERG KARABACHS sowie sieben weiterer aserbaidschanische Territorien unter ihrer Kontrolle.

 

Es ist somit auch nicht nachvollziehbar, dass Sie von JEREWAN in Armenien aus sozusagen als "Kombattant" oder als offizieller Kriegsbeteiligter (Soldat) für den Militärdienst herangezogen werden.

 

Zu Ihrem in Ihrer Erstbefragung als zweiten Fluchtgrund angegebenen Sachverhalt, nämlich Ihrer Beteiligung an Demonstrationen "gegen die regierende Macht" muss angemerkt werden, dass Sie sich, sollten Sie sich tatsächlich an diesen Demonstrationen beteiligt haben, diesen aus Solidarität angeschlossen haben. Sie gaben zu Protokoll, dass Sie sich unter die Menschenmasse gemischt hätten und so wie die anderen Beteiligten, sich einfach angeschlossen haben.

 

In den landeskundlichen Feststellungen wird auf diese Demonstrationen im Punkt "Sicherheitslage" eingegangen:

 

Mitglieder der außerparlamentarischen Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" besetzten am 17.7.2016 in Jerewan eine Polizeistation und nahmen zeitweise mehrere Geiseln. Ein Polizist starb dabei (RFE/RL 17.7.2016). Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von Schirajr Sefiljan, eines inhaftierten Oppositionsführers, und den Rücktritt des Staatspräsidenten. Kriegsveteran Sefiljan kritisierte vor allem das Verhalten der Regierung im Konflikt um die Region Nagorny Karabach (DW 17.7.2016). In der darauf folgenden Woche kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Nach offiziellen Angaben wurden 51 Personen verletzt und 136 verhaftet (NZZ 21.7.2016). Bei erneuten Zusammenstößen am 29.7.2016 zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften wurden 75 Personen verletzt und 20 verhaftet (RFE/RL 30.7.2016). Nach zwei Wochen endete der Konflikt um die besetzte Polizeistation mit der Kapitulation der bewaffneten Gruppe (RFE/RL 1.8.2016, vgl. Spiegel online 31.7.2016).

 

Sie gaben an, dass Sie sich unter die Menschenmenge mischten und bezifferten diese Menschenmenge mit 100.000 Personen. Etwa 1.000 Personen wären so wie Sie von Polizisten in diese Kaserne gebracht worden. Dazu gaben Sie an, dass Sie in dieser Kaserne am Boden sitzen und warten haben müssen. Nachdem Sie in Ihrer Erstbefragung angaben, dass Sie in dieser Kaserne zwei Tage lang geschlagen und misshandelt wurden, wurde Ihnen im Anschluss auf Ihre Antwort "Wir mussten auf den Boden sitzen und warten" die Frage gestellt, ob Sie in dieser Kaserne auch geschlagen wurden. Erst dann gaben Sie zu Protokoll, dass Sie "geschlagen und erniedrigt" wurden. Sollten Sie nämlich tatsächlich derartiges erlebt haben, hätten Sie entsprechend geantwortet, bzw. nicht erst nach Aufforderungen dies angegeben.

 

Während Ihrer "Freien Erzählung" legten Sie einen Zeitungsausschnitt der armenischen Zeitung " XXXX " vor. Sie behaupteten, dass Sie auf dem Bild der zweiten Seite dieses Artikels zu sehen sind. Dieser Zeitungsausschnitt wurde zu den Beweismitteln genommen. Nachdem Sie behaupteten, dass Sie vom XXXX XXXX bis XXXX XXXX in dieser Kaserne von Polizisten festgehalten wurden, Ihr vorgelegter Zeitungsartikel jedoch mit 16.07.2016 datiert ist, wurden Sie auf diese Ungereimtheit mit dem Datum angesprochen. Sie rechtfertigten sich, dass dies ein Tippfehler wäre. Das ist jedoch aus Sicht der Behörde auszuschließen, da dieses Datum vor dem Artikel "alleine stehend" angeführt ist und den armenischen Redakteuren zuzutrauen ist, dass ihnen ein falsches Datum für so ein einschneidendes sicherheitspolitisches Ereignis aufgefallen wäre und dieses richtiggestellt worden wäre. Auch kann bei Betrachtung des angesprochenen Fotos keinerlei Ähnlichkeit mit Ihrer Person festgestellt werden.

 

Man erkennt auf diesem Bild nur, dass ein Mann festgehalten wird. Es wird also in diesem Zusammenhang lediglich festgestellt, dass Sie sich möglicherweise an diesen Demonstrationen angeschlossen haben. Sie haben sich so wie Sie angegeben haben, "unter die Menschenmasse gemischt". Auch muss in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass Sie am 21.07.2016 an einer offiziellen Behörde, nämlich am griechischen Konsulat in JEREWAN für sich und Ihre Familie ein Visum Typ "C" beantragt haben. Über Erteilung dieser Sichtvermerke wurde am XXXX 2017 entschieden. Diese Sichtvermerke galten vom 15.08.2016 bis zum 10.09.2016. Es ist demnach auch nicht nachvollziehbar, dass Sie derartiger Verfolgung ausgesetzt waren, denn immerhin wurde Ihnen eine legale Ausreise aus Armenien ermöglicht. Bezüglich Ihrer Angabe bei Ihrer Erstbefragung, dass Sie nämlich nach der Freilassung aus dieser Kaserne tatsächlich von Männern in Zivilkleidung verfolgt wurden und viermal an Ihrer Adresse nach Ihnen gefragt wurde, wurde bei Ihrer Einvernahme nicht mehr erwähnt. Es ist auch personalmäßig nicht möglich, dass sämtliche Beteiligten an diesen Demonstrationen, sie gaben an, dass 1.000 Personen in dieser Kaserne waren und sich insgesamt 100.000 beteiligt hätten, überwacht werden, bzw. jeder persönlich systematisch "verfolgt" wird.

 

Im Punkt "Sicherheitslage" der landeskundlichen Feststellungen wird der 17.07.2016 als Datum für die von der außerparlamentarischen Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" besetzte Polizeistation in JEREWAN genannt. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Bei erneuten Zusammenstößen am 29.7.2016 zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften wurden 75 Personen verletzt und 20 verhaftet. Wenn man gegenüberstellt, dass Sie am 21.07.2016 diese Sichtvermerke am griechischen Konsulat beantragten und der Ihrerseits zögerlich ausgehändigte Zeitungsausschnitt als "nichts aussagend" bewertet wurde muss man sich die Frage stellen, ob Sie sich tatsächlich in dieser Form an den Demonstrationen beteiligt haben. Asylrelevanz wird durch Ihre mögliche Teilnahme an den Demonstrationen jedenfalls nicht indiziert. Auf die landeskundlichen Feststellungen, Punkt "Versammlungsfreiheit" wird erneut verwiesen, denn im Artikel 44 der armenischen Verfassung ist das Recht auf Organisation und Teilnahme an friedlichen und nicht bewaffneten Versammlungen verankert. Vorstellbar ist es auch, dass die Polizei aufgrund der Vielzahl an Festgenommenen in den Polizeistationen nicht ausreichend Platz vorgefunden und sich deshalb auf die Infrastruktur in den Kasernen gestützt hätte.

 

Ihre am Ende Ihrer Einvernahme geäußerten Befürchtungen bezüglich einer Suche durch die armenische Polizei, bzw. durch das armenische Militär aufgrund von "Fahnenflucht" sind somit nicht haltbar und erscheinen als nicht nachvollziehbar.

 

Sie brachten im Verfahren keine anderen Gefährdungspotenziale vor als jene, die für nicht asylrelevant erachtet wurden. Solche können auch amtswegig im Falle Ihrer Rückkehr nach Armenien nicht festgestellt werden. Durch Ihre Einreise nach Österreich zeigen Sie, dass Sie über eine überdurchschnittliche Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit verfügen, welche Ihnen bei Ihrer Rückkehr nach Armenien zugutekommen wird.

 

Es kamen im Verfahren keine konkreten Umstände hervor, dass Sie bei einer Rückkehr nicht wieder am Erwerbsleben teilnehmen könnten. Sie sprechen die Landes- bzw. Amtssprache auf Muttersprachenniveau und verfügen somit über entsprechende Artikulationsmöglichkeiten, die für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses erleichternd sind, Sie sind auch mental und organisch soweit gesund und können somit einer Beschäftigung nachgehen.

 

Sie verfügen über eine solide Schulbildung und haben in JEREWAN Familienangehörige. Ihre Eltern sind dort aufhältig. Armenien hat etwa drei Millionen Einwohner und beschränkt sich nicht nur auf JEREWAN. Auch größere Städte wie beispielsweise GJUMN oder WANADSOR würden sich für Ihre Familie als Wohnalternative eignen. Sie könnten dort auch als Arbeiter oder Angestellter beruflich Fuß fassen und wären in der Lage, Ihr Leben gemeinsam mit Ihrer Familie dort weiterzuführen.

 

Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich: Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (vgl. hiezu www.caritas-wien.at/rueckkehrhilfe ). Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe wurden Sie bereits im Zuge Ihrer Einvernahme aufmerksam gemacht.

 

Selbst wenn Sie auch nach Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat für den Wiedereinstieg in das dortige Leben einige Startschwierigkeiten erwarten sollten, entsteht kein Rückkehrhindernis. Ziel des Refoulmentschutzes ist es nämlich nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern allein einen Schutz vor Lebenssituationen, die von dem im § 50 FPG aufgezählten Normen erfasst werden würden, zu gewähren. Ihr Vorbringen bzw. Ihre Situation ist jedoch nicht in diese Normen zu subsumieren.

 

Eine Rückkehr nach Armenien gestaltet sich nach ho. Beurteilung als unproblematisch. Der Flughafen von JEREWAN wird von WIEN aus über WARSCHAU, Polen regelmäßig angeflogen."

 

In Gesamtbetrachtung muss hier von Seiten des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl demnach davon ausgegangen werden, dass keine Hinderungsgründe einer Rückkehr gegeben sind und auch keine Gründe vorliegen, welche zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnten und war daher Ihr Antrag auch in diesem Punkt abzuweisen.

 

In Bezug auf die weitern bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

 

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien bzw. der Herkunftsregion der bP von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich diese zwar in manchen Bereichen als problematisch darstellen, sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt, zumal die bP von diesen Problempunkten nicht betroffen ist. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

 

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die bB folgendes fest (Gliederungen und Heraushebungen nicht mit dem original übereinstimmend):

 

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hat etwas über 3 Millionen Einwohner (2016). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier, 1,2% Jesiden, 0,4% Russen und Angehörige kleinerer Minderheiten wie Assyrer, Kurden oder Griechen (NSS-RA 2013, vgl. CIA 12.1.2017).

 

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik. Das Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Verfassung von 2005 wurde zuletzt durch das Referendum vom 06.12.2015 weitreichend geändert. Die neue Verfassung sieht die Umwandlung des bisherigen semi-präsidialen Regierungssystems in ein parlamentarisches System vor. Das Amt des Staatspräsidenten wird im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert (AA 3 .2017a).

 

Die Opposition warf dem amtierenden Präsidenten Sarksyan, dessen letzte Amtszeit 2018 ausläuft, vor, das Amt des Regierungschefs anzustreben (Standard 7.12.2015). Laut zentraler Wahlkommission stimmten bei einer Beteiligung von 50,5 Prozent 63,5 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderungen. Die Oppositionspartei Armenischer Nationalkongress warf der Regierung Wahlbetrug vor. Hunderte Demonstranten protestierten gegen den Ausgang (RFE/RL 7.12.2015). NGOs, wie das Anti-Korruptions-Zentrum von Transparency International, berichteten von massiven Unregelmäßigkeiten, darunter über 900 Verletzungen der Wahlordnung sowie Fälle von Einschüchterung (Caucasian Knot 9.12.2015, vgl. EN 7.12.2015).

 

Die regierende Republikanische Partei Armeniens gewann bei den Parlamentswahlen vom 2.4.2017 über 49% und die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Das Mitte-Rechts-Bündnis des russlandfreundlichen Oligarchen Gagik Tsarukyan erreichte 27%. Daneben schaffte das Bündnis Yelq und die nationalistische Armenische Revolutionäre Föderation den Einzug ins Parlament (EN 3.4.2017; vgl. PA 4.4.2017). Insbesondere die künftige Orientierung des Landes vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zwischen einer EU-Annäherung einerseits und einem starken Bündnis mit Russland infolge des militärischen Konflikts mit Aserbaidschan andererseits, dominierten thematisch den Wahlkampf (RFL/RL 3.4.2017).

 

Trotz der Einhaltung der Grundfreiheiten und der guten Administrierung der Parlamentswahlen unter Einführung neuer Technologien, wurden die Wahlen durch glaubwürdige Berichte über Stimmenkauf und Druckausübung auf WählerInnen, Beamte sowie Angestellte von Privatunternehmen überschattet (OSCE/ODIHR 3.4.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei heftigen Gefechten vom 2.4 bis 5.4.2016, den schwersten seit 22 Jahren zwischen den Nachbarländern Armenien und Aserbaidschan an der Frontlinie zu Nagorny Karabach, kam es zu Opfern unter den militärischen Einheiten. Laut aserbaidschanischen Angaben starben auch Zivilisten (Standard 3.4.2016, RFL/RL 4.4.2016). Das Verteidigungsministerium der de facto Republik Nagorny Karabach berichtete ebenfalls von zivilen Opfern (CN 2.4.2016). Am 5.4.2016 vereinbarten Aserbaidschan und Nagorny Karabach einen Waffenstillstand. Im Zuge der viertägigen Kampfhandlungen starben mehr als 64 Menschen (Standard 5.4.2016).

 

 

Mitglieder der außerparlamentarischen Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" besetzten am 17.7.2016 in Jerewan eine Polizeistation und nahmen zeitweise mehrere Geiseln. Ein Polizist starb dabei (RFE/RL 17.7.2016). Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von Schirajr Sefiljan, eines inhaftierten Oppositionsführers, und den Rücktritt des Staatspräsidenten. Kriegsveteran Sefiljan kritisierte vor allem das Verhalten der Regierung im Konflikt um die Region Nagorny Karabach (DW 17.7.2016). In der darauf folgenden Woche kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Nach offiziellen Angaben wurden 51 Personen verletzt und 136 verhaftet (NZZ 21.7.2016). Bei erneuten Zusammenstößen am 29.7.2016 zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften wurden 75 Personen verletzt und 20 verhaftet (RFE/RL 30.7.2016). Nach zwei Wochen endete der Konflikt um die besetzte Polizeistation mit der Kapitulation der bewaffneten Gruppe (RFE/RL 1.8.2016, vgl. Spiegel online 31.7.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Alle Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung angeklagt oder verurteilt waren, konnten sich nach der Gesetzesreform von 2013 für den Zivildienst entscheiden, wobei ihnen etwaige bereits abgeleistete Haftstrafen auf die Dauer des noch abzuleistenden Dienstes angerechnet wurden (CoE-PA 27.8.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

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Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

 

Familienbeihilfen

 

 

Einmalige Beihilfen

 

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

 

Arbeitslosenunterstützung

 

2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (SSA 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Die Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren erbracht. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei. Allerdings gilt dies nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem.

 

 

 

 

 

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

 

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

 

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

I.3.1. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass sich das Vorbringen der bP, insbesondere jenes der bP1 als glaubhaft darstelle. Diskrepanzen in Bezug auf die Rekrutierung zum Militär wären dadurch erklärbar, dass die bP den Dolmetsch anlässlich der Erstbefragung nicht gut verstanden hätte.

 

Der Berichtslage ist zu entnehmen, dass es beim armenischen Militär zu Menschenrechtsverletzungen käme und hätte dieses in Armenien eine derartig dominante Position inne, dass es sanktionslos rechtswidrige Akte setzen könne.

 

Im Rahmen einer Schlussfolgerung wiederholte die bP, dass sie gezwungen worden sie, im besetzten Gebiet von Aserbaidschan zu kämpfen, sie sei von dort desertiert, hätte versteckt gelebt und an Demonstrationen im Juli 2016 teilgenommen, wo sie verhaftet und anschließend wieder freigelassen worden wäre, worauf sie Armenien verlassen hätte.

 

I.3.2. Im Rahmen einer Beschwerdeergänzung legten die bP ua. die schriftliche Erklärung eines Armeniers vor, welcher angab, sich mit der bP1 in Berg Karabach befunden zu haben. Weiters legte das Foto einer Menschenansammlung vor, auf der die bP1 zu sehen sein soll. Ebenfalls legte die die Kopie eines Personalausweises vor. Dies sollte den Mann zeigen, welcher der bP zur Flucht verholfen hätte.

 

I.3.3. Da sich die unter I.2.2. beschriebenen Bescheinigungsmittel im unleserlichen Zustand im Akt befanden, wurden die bP nach Beschwerdevorlage aufgefordert, diese im leserlichen Zustand vorzulegen. Die bP kamen dieser Aufforderung fristgerecht vor. Zusätzlich wurden Fotos einer Demonstration und eine handschriftliche Zusammenfassung der Begründung des Antrages der bP vorgelegt.

 

I.4. Das Vorbringen gem. den Punkten II.3.1. – II.3.3. stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

 

I.5. Seitens des ho. Gerichts wurden jene Bescheinigungsmittel, welche als nicht übersetzt Akteninhalt waren und bis dato –zum Teil wegen entsprechender Untätigkeit der bB- unübersetzt vorlegen, übersetzt. Hierbei stellt sich insbesondere heraus, dass der seitens der bP bereits bei der bB vorgelegte Zeitungsartikel die Vorfälle rund um die seitens der bP1 beschriebenen Demonstrationen in allgemeiner Form beschreibt (Beschreibung der exzessiven Polizeigewalt, Festnahme von Demonstranten, Freilassung der überwiegenden Anzahl der Demonstranten ohne Anklageerhebung, Anklageerhebung gegen einen Teil der Festgenommenen). Auf die bP1 wird in diesen Artikeln nicht Bezug genommen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt)

 

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

 

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

 

Die bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

 

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.

 

Familienangehörige leben nach wie vor in Armenien.

 

Die bP haben in Österreich über die Kernfamilie hinausgehend und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit ihrer Einreise und anschließenden Antragstellung im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig mittels eines erschlichenen Visums in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben sich gewisse Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Identität der bP steht fest.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an und verweist auch auf deren Ergänzungen im Rahmen der Beweiswürdigung.

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP den von ihr behaupteten Gefährdungen ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt wären.

 

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die bP1 zwangsrekrutiert, an der Demarkationslinie zwischen Berg Karabach und Aserbaidschan eingesetzt wurde und sie von dort desertierte. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass sie sich danach vor den Behörden versteckt gehalten, sie an Demonstrationen teilgenommen und hierbei festgenommen worden und anschließend wieder freigelassen worden und anschließend von staatlicher Seite gesucht wurden wäre.

 

2. Beweiswürdigung

 

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich –vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines nationalen Identitätsdokuments, sowie aus den Treffern in Bezug auf die Visa-Abfrage in Bezug auf die bP.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

 

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen. Soweit die rechtfreundliche Vertretung der bP Quellenmaterial benennt, welches Defizite in Bezug auf die Lage der Menschenrechte in der dort beschriebenen Form beschreiben, ist festzuhalten, dass derartige Defizite auch im ho. zur Entscheidungsfindung herangezogenen Quellenmaterial nicht verkannt werden und sich die Quellen in ihrem objektiven Aussagekern nicht widersprechen. Dies gilt auch in Bezug auf die seitens des Rechtsfreundes behaupteten Einsatz von armenischen Soldaten in Berg Karabach, weil den genannten Berichten nicht entnehmbar ist, dass Reservisten –und etwa nicht ausschließlich Berufssoldaten- dort eingesetzt werden.

 

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Die Ausführungen der bB sind für sich im zitierten Rahmen –soweit in weiterer Folge nichts anderes angeführt wird- als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

 

Aus dem Foto, wo die bP1 zu sehen sein soll (das Foto ist eher unscharf, die bP1 ist nicht einwandfrei erkennbar, es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die gekennzeichnete Person tatsächlich die bP1 ist), bescheinigt allenfalls lediglich, dass sich die bP1 in einer nicht näher definierbaren Menschenansammlung befindet.

 

Die übrigen Fotos zeigen eine Demonstration, welche ist nicht feststellbar und hierauf die bP nicht erkennbar und haben daher in Bezug auf das konkrete Vorbringen der bP keinen Beweiswert.

 

Auch bescheinigt der vorgelegte Zeitungsartikel nicht, dass die bP1 an der genannten Demonstration teilnahm, da sie darin nicht genannt wird und ist der bB beizupflichten, dass der Mann der auf einem Bild im Artikel gezeigt wird, nicht als die bP1 identifizierbar ist. Hätte sich die bP jedoch in ordnungsgemäßer Weise im Rahmen einer inneren Quellenanalyse mit dem Artikel auseinandergesetzt und es nicht bloß dabei belassen, diesen lediglich zum Akt zu geben, ohne dessen Inhalt zu erkunden, hätte sie erkannt, dass der Artikel über Vorfälle berichtet, welche sich nach dem 16.7.2016 zutrugen und daher der Einwand der bP1, beim Datum auf dem Artikel (7.16.2016 [Anm.: auch in Armenien gilt der Gregorianische Kalender, welcher lediglich 12 Monate im Jahr kennt!]) um einen Tippfehler handeln und daher der diesbezügliche Einwand der bP beachtlich sein könnte. Das ho. Gericht kommt jedoch zum Schluss, dass selbst bei Ausblendung der in diesem Punkt verfehlten Beweiswürdigung die noch verbleibende Beweiswürdigung der bB sich noch immer als tragfähig darstellt.

 

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass das Stattfinden der Demonstrationen an sich und das gewaltsame Vorgehen der Polizei als wahr unterstellt wird, hieraus kann jedoch nicht per se der Schluss gezogen werden, dass dies auch auf die bP1 zutrifft, zumal sie die Teilnahme und insbesondere die Folgen der Teilnahme nicht glaubhaft machen konnte. Auch kann der Berichtslage nicht entnommen werden, dass sämtliche Demonstrationsteilnehmer festgenommen und darüber hinaus sämtliche Festgenommene nach ihrer Freilassung weiter belangt worden wären.

 

Wenn die bP einen armenischen Personalausweis vorlegt, bescheinigt dies den Umstand, dass dieser Ausweis ausgestellt wurde und Inhaber den bP eine Kopie überließ, mehr nicht, jedenfalls nicht, dass diese Person den bP zu einer Flucht aus Armenien verhalf. Auch kommt der schriftlichen Erklärung jener Person, welche angibt, mit der bP in Berg Karabach gewesen zu ein, untergeordneter Beweiswert zu, weil es sich hierbei sichtlich um eine Sympathieperson aus der Sphäre der bP handelt, welche die genannte Erklärung nicht unter Wahrheitspflicht abgab.

 

Zur Abrundung der Ausführungen der bB sei festgehalten, dass es sich als jeglicher Lebenserfahrung und Logik widersprechend darstellt, dass jemand, welcher sich wegen Desertion und hierauf resultierender Gefahr einer strenger Bestrafung versteckt hält, dieses Versteck verlässt und dann wiederholt an einer Demonstration teilnimmt und sich so seinen Verfolgern qualifiziert exponiert. Ebenso wenig ist es nachvollziehbar, dass die Verfolger die bP1, nachdem sie ihrer habhaft wurden, sie wieder freilassen, anstatt die befürchteten Sanktionen durchzusetzen, um sie im Anschluss nach der Freilassung, wenn sich die bP1 wieder versteckt hält, wieder (erfolglos) zu suchen.

 

Es stellt sich für das ho. Gericht auch nicht nachvollziehbar, dass die bP1 den behaupteten Haftaufenthalt trotz ausdrücklichen Nachfragens nicht genauer beschreibt und sich hier in ein paar allgemein gehaltenen Sätzen erschöpft. Wäre sie tatsächlich festgenommen gewesen, wäre davon auszugehen, dass die Ereignisse in der Haft wesentlichen genauer, umfang- und detailreicher geschildert hätte.

 

Letztlich sei darauf hingewiesen, dass die chronologische Abfolge der Ereignisse in Bezug auf die Ausstellung eines Reisepasses für die bP2, sowie die Beantragung eines Visums für die bP, welche die bP für die "Flucht" nach Österreich benötigen, seherische Fähigkeiten voraussetzen würden. Da derartiges nicht aktenkundig ist, indiziert der chronische Hergang der Ereignisse, dass kein fluchtartiges Verlassen des Landes, sondern ein von den behaupteten fluchtauslösenden Ereignissen losgelöste wohlgeplante, vorbereitete und geordnete Ausreise vorliegt. Dass die bP vorerst von Armenien nach Georgien ausreisten ist leicht dadurch erklärbar, dass keine direkte Flugverbindung von Armenien in die Türkei, welches ein Zwischenziel der bP darstellte, besteht.

 

Wenn die bB den Angaben der bP und hier insbesondere der bP1 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine entsprechende Gewichtung zuspricht, so kann dem nicht entgegen getreten werden. Im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 27.6.2012, U 98/12 ist festzuhalten, dass das ho. Gericht die vom genannten Höchstgericht aufgezeigten Spezifika der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht verkennt, es ist jedoch auch festzuhalten, dass dem genannten Erkenntnis ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde liegt, zudem es sich beim dortigen Asylwerber um einen psychisch angeschlagenen und von den Strapazen der Schleppung gezeichneten jugendlichen Afghanen handelte, der über traumatische Ereignisse aus seiner Kindheit berichtete und dem ho. Gericht vorgeworfen wurde, diese Umstände zu wenig berücksichtigt zu haben ("Der AsylGH ist bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zur umfassenden Auseinandersetzung mit allen relevanten Gesichtspunkten verpflichtet. Dazu gehört beispielsweise auch seine psychische Gesundheit, bei deren Beeinträchtigung ein großzügigerer Maßstab an die Detailliertheit seines Vorbringens zu legen ist (VfSlg. 18.701/2009). Auch das Alter und der Entwicklungsstand des Beschwerdeführers sind zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der behaupteten Ermordung seines Vaters ungefähr acht Jahre alt. Der AsylGH qualifiziert die Schilderung der Ermordung des Vaters als detailarm, unpräzise und unkonkret, erwähnt das kindliche Alter des Beschwerdeführers zu dem Zeitpunkt aber mit keinem Wort. Bei der gebotenen Würdigung des durchschnittlichen Entwicklungsstandes eines achtjährigen Kindes hätte sich der AsylGH mit dem Alter des Asylwerbers auseinander zu setzen gehabt und einen dementsprechenden Maßstab an die Detailliertheit der Eindrücke des Beschwerdeführers anlegen müssen. Das gilt umso mehr für die Schilderung der politisch motivierten Feindschaft zwischen dem Vater des Beschwerdeführers, der mit den Taliban zusammengearbeitet habe, und seinem Mörder, einem Angehörigen der Hezb-e Wahdat Partei, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des zu ermittelnden Sachverhaltes höchstens sechs Jahre alt war. Auch bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens wird das kindliche Alter des Beschwerdeführers mit keinem Wort erwähnt."). Dem AsylGH wurde nicht vorgeworfen, dass es die Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes berücksichtigte und kann dem genannten Erkenntnis nicht entnommen werden, dass die Angaben der bP vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund generell kein Beweiswert zukommt, sondern führt das Höchstgericht aus, dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Spezifika dieser Befragung besonders zu berücksichtigen sind. Hier ist auch auf die Regierungsvorlage zu § 19 AsylG (RV 952 XXII. GP ) hinzuweisen, der ua. Folgendes zu

entnehmen ist: " ... Die Befragung hat den Zweck die Identität und

die Reiserouten des Fremden festzustellen, nicht jedoch im Detail befragend, welche Gründe ihn bewogen haben, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe, ohne kontradiktorische Befragung, ist auch im Rahmen der Befragung möglich. [Anm.: Unterstreichung nicht im Original]..."

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei den volljährigen bP bereits bei der Antragstellung um volljährige, nicht ungebildete Menschen, welche nicht schwerpunktmäßig über lange zurückliegende Ereignisse aus ihrer Kindheit berichteten. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die bP durch die Befragung durch die ho. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht überfordert waren. Auch ergaben sich keine Hinweise, dass sie vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in relevanter Weise verängstigt gewesen wäre und wählten sie den Zeitpunkt der Antragstellung sichtlich von sich aus, indem sie diese zur Stellung eines solchen Antrages aufsuchen. Sie wussten offensichtlich, dass sie sich in Österreich befinden. Weiters wurden die befragte bP am Beginn der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes belehrt, dass ihre Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes darstellten und ist auch anzunehmen, dass sich im gegenständlichen Fall die Reisebewegung von Georgien zur Asylbehörde im Lichte des bereits festgestellten Sachverhalts als weitaus weniger anstrengend darstellte, als eine solche von Afghanistan nach Österreich und finden sich im von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Befragungsprotokoll keine Hinweise, dass sich der Gesundheitszustand bzw. der sonstige allgemeine Zustand der der bP so schlecht darstellte, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, der Befragung zu folgen und vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Auch wurde sie befragt, ob sie Beschwerden oder Krankheiten hätten, die sie an der Einvernahme hindern würden. Dies wurde verneint. So zeigt auch der Inhalt des Protokolls dass sie in der Lage waren, an sie gerichtete Fragen vollständig zu beantworten und bestehen keine Hinweise, dass die Postulationsfähigkeit bei der Schilderung der Ausreisegründe bzw. Rückkehrhindernisse eine herabgesetzte gewesen wäre.

 

Wenn die bP in der Beschwerde nunmehr unsubstantiiert Verständigungsschwierigkeiten mit dem eingesetzten Dolmetsche behaupten, ist auf das von den bP unterfertigte Einvernahmeprotokoll zu verwiesen, welchem der Beweiswert des § 15 AVG zukommt. Diesem ist entnehmbar, dass die bP in einer ihnen verständlichen Sprache einvernommen wurden, ihnen die Niederschrift rückübersetzt wurde und sie, obwohl sie hierzu die Gelegenheit hatten, keine Einwände erhoben.

 

Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Fragen und Antworten in einem logischen Konnex stehen, was nur dann möglich ist, wenn zwischen den bP und dem Dolmetsch ein einwandfrei Verständigung möglich war und erscheint es auch nicht nachvollziehbar, dass während der gesamten niederschriftlichen Einvernahme eine offensichtlich einwandfrei Verständigung möglich war, diese jedoch nur während der Befragung zu den Ausreisegründen partiell ausgesetzt haben soll. Ebenso würde die Schilderung der bP voraussetzen, dass der Dolmetsch das Vorbringen der bP falsch übersetzt und im Anschluss den deutschsprachigen Inhalt des Protokolls wiederum falsch, aber zufällig in jener Form wie sie von der bP vorgetragen wurde, rückübersetzt hätte, da widrigenfalls davon auszugehen wäre, dass die bP nach der Rückübersetzung Einwände gegen die Niederschrift vorgebracht hätten. Dazu müsste noch kommen, dass diese Divergenz ausschließlich im Zusammenhang mit den behaupteten Ausreisegründen aufgetreten wäre.

 

Ebenso bekräftigte die bP1 im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der bB die Richtigkeit ihrer Angaben anlässlich der Erstbefragung und deren richtige Protokollierung ("LA: Haben Sie im Verfahren bis jetzt, also in der Niederschrift mit der Polizei bei der Erstbefragung immer der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

VP: Ja. LA: Wur-de Ihnen diese Einvernahme richtig rückübersetzt und wurde alles korrekt protokolliert? VP:Ja.)

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich davon auszugehen, dass im Rahmen der Erstbefragung bei den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine einwandfreie Verständigungsmöglichkeit bestand und die Angaben der bP lediglich den misslungenen Versuch darstellen, Ungereimtheiten im Vorbringen der bP im Hinblick auf den erhofften Verfahrenshergang zu verschleiern.

 

Vor dem Hintergrund der oa. Ausführungen, insbesondere unter Beachtung des Erk. d. VfGH vom 27.6.2012, U 98/12, sowie dem Zweck der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (ua. eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe, ohne kontradiktorische Befragung) ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das ho. Gericht und die bB nicht angehalten sind, die Angaben der bP vor den Angaben des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund zu ignorieren, sondern konnten diese im hier durchgeführten Umfang berücksichtigt und in die Beweiswürdigung aufgenommen werden.

 

Wenn die bP Bedenken gegen die Ausführungen des seitens der Staatendokumentation herangezogenen Vertrauensanwalt hegen, ist seitens des ho. Gerichts festzuhalten, dass es davon ausgeht, dass den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen dieses Vertrauensanwaltes erhöhte Beweiskraft zukommt.

 

Obgleich es sich bei den entsprechenden Ausführungen des Vertrauensanwaltes nach ho. Ansicht nicht um ein Gutachten im eigentlichen Sinne, sondern -in Übereinstimmung mit der bP- um ein "sonstiges Beweismittel" handelt, welches der freien Beweiswürdigung unterliegt, wird ihm dennoch gewichtige Beweiskraft zugemessen. Einerseits ergibt sich aus dem Qualifikationsprofil des Anwalts (welches in der Verhandlung zur Einsicht auflag und erörtert wurde), dass es sich hierbei um eine Person mir hoher fachlicher Reputation handelt, welche in einem Aufgabenfeld tätig ist und war, das eine hohe Fähigkeit zu analytischem Denken und Handeln, sowie die Fähigkeit verschiedene, auch sich widersprechende Informationen auszuwerten und hieraus Schlüsse zu ziehen, sowie verlässliche Personen und Quellen zur Informationsbeschaffung heranzuziehen.

 

Ebenso steht der Anwalt sichtlich weder in einer qualifiziert engen Verbindung, noch in einer Gegnerschaft zum armenischen Staat, sondern steht er diesem neutral gegenüber. Auch ist dem erkennenden Gericht kein Fall bekannt, in dem sich ho. in Auftrag gegebene Recherchen oder Einschätzungen im Nachhinein als nicht den Tatsachen entsprechend herausgestellt hätte und erstatteten die bP kein konkretes Vorbringen, welche Zweifel an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen im beschriebenen Umfang hervorkommen ließen.

 

Der im Verfahren herangezogene Rechtsanwalt wurde auch dem erkennenden Gericht von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Jerewan empfohlen und wird auch von der genannten Vertretungsbehörde, welche vor Ort tätig ist und sich so über die Arbeit des Anwaltes vor Ort ein unmittelbares Bild machen kann, zu deren Zufriedenheit herangezogen.

 

Beim Rechtsanwalt handelt es sich um gebürtigen Armenier.

 

Der Anwalt ist nach wie vor in Armenien ansässig und spricht sein Beruf ebenfalls für die Annahme, dass er mit der allgemeinen Lage im Land und der Beweiskraft aus Armenien stammender Quellen vertraut ist.

 

Der Anwalt hat kein Interesse am Ausgang des Asylverfahrens, ganz egal in welche Richtung auch immer. Gegenteiliges ist von Asylwerbern zu behaupten, welche ein vitales Interesse am Verfahrensausgang in ihrem Sinne haben.

 

Ebenso konnte sich der erkennende Richter anlässlich eines Aufenthaltes des genannten Anwaltes in Österreich im Jänner und Juni 2013, sowie im Jänner und Sommer 2016 von dessen hoher fachlichen Reputation überzeugen.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen geht das erkennende Gericht davon aus, dass der Anwalt befähigt ist, seine fallbezogenen Aussagen auf verlässliche Quellen zu stützen (er teilte in der Anfragebeantwortung nichts über eine allfällige Zweifelhaftigkeit der von ihm herangezogenen Quellen mit), diese Quellen einer entsprechenden inneren Analyse zu unterziehen, sowie hieraus die richtigen Schlüsse ableiten und wird das Rechercheergebnis deshalb nicht angezweifelt, selbst wenn es von der bP naturgemäß bestritten wird. Hier wird auf die bereits getroffenen Ausführungen verwiesen.

 

Das ho. Gericht geht daher aufgrund der oa. Umstände davon aus, dass die vom Vertrauensanwalt mitgeteilten Umstände den Tatsachen entsprechen.

 

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift bzw. deren Ergänzungen nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde bzw. deren letztmaliger Ergänzung vorlag, keine Änderung eintrat.

 

Letztlich geht das ho. Gericht in Übereinstimmung mit der bB davon aus, dass sich die seitens der bP behaupteten Ausreisegründe bzw. Rückkehrhindernisse im Rahmen einer Gesamtbetrachtung als nicht glaubhaft darstellen und daher den weiteren Ausführungen nicht zu Grunde gelegt werden können.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

 

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr einer Verfolgung zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

 

Selbst wenn man entgegen der Überzeugung des ho. Gerichts davon ausginge, dass die bP tatsächlich an den genannten Demonstrationen teilgenommen hätte, könnte nicht angenommen werden, dass die bP aufgrund der Teilnahme gegenwärtig mit weiteren Konsequenzen zu rechnen hätte, weshalb die Teilnahme rechtlich nicht beachtlich wäre (VwGH 27. 6. 1995, 94/20/0689; vgl auch VwGH 17. 6. 1993, 93/01/0348, 0349; 15. 12. 1993, 93/01/0019; 23. 2. 1994, 93/01/0407; 2. 2. 1994, 93/01/0345).

 

Ebenso stellt die Furcht vor Ableistung des Militärdienstes stellt grundsätzlich keinen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dar, ebenso wenig wie eine wegen der Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes oder wegen Desertion drohende, auch strenge Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH 10.03.1994, 94/19/0257). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Furcht vor Verfolgung im Fall der Wehrdienstverweigerung oder Desertion nur dann als asylrechtlich relevant anzusehen, wenn der Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während dieses Militärdienstes im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichenderweise benachteiligt würde oder davon auszugehen sei, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsbürgern härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung drohte (verstärkter Senat vom 29.06.1994, Slg Nr. 14.089/A; VwGH 21.08.2001, 98/01/0600). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in einem Erkenntnis (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0072) auch festgestellt, dass bei Kriegen, die sich im größeren Ausmaß gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten (vergl. Art. 1 Abschnitt F GFK) und einem Deserteur zumindest eine gegen den Staat gerichtete politische Gesinnung unterstellt werde, die im Falle einer Desertion zu erwartende Bestrafung die Gewährung von Asyl rechtfertige.

 

Auch militärische Gefahren, welche die bP1 als Soldat betreffen würden, rechtfertigen die Gewährung von Asyl nicht, weil es sich um keine, individuell gegen die bP gerichtete Handlungen, sondern um allgemeine, alle Soldaten im militärischen Einsatz betreffende Gefahren handelt.

 

Da sich aus der Begründung des Antrages der bP keiner der oa. Umstände ergab, sondern sie als Begründung für den Unwillen, den Militärdienst ableisten zu wollen, lediglich allgemeine militärische Gefahren vorbrachte, stellt sich das diesbezügliche Vorbringen –ungeachtet der fehlenden Glaubhaftigkeit- hier als nicht rechtlich beachtlich dar.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.- wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

"

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. XXXX 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Armenien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Region Berg Karabach angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei den volljährigen bP handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

 

Auch steht es den bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird erwarten (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.

 

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.

 

Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen ebenfalls nicht hervor und ist davon auszugehen, dass Österreich im Bedarfsfall in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. 2. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. – 5. (2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) ..."

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) –(4) § 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) – (6) "

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

"§ 52. (1) (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 4. und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3)- (11)..."

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1)...

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) – (5).

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

 

II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst –bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl bei der bB als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass die hier vorliegende Aufenthaltsdauer von ca. 17 Monaten viel zu kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1;

Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029;

vgl. aber auch zur Unbeachtlichkeit selbst hoher Integration nach dreijährigem Aufenthalt nach rechtswidriger Einreise und negativ entschiedenem Asylverfahren VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP1 und bP2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

 

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter, nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

 

Die bP verfügt über keine familiären jedoch über die privaten Anknüpfungspunkte

 

 

Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP –so wie jedem anderen Fremden auch- sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Im gegenständlichen Fall ist auch auf die eindeutige Rechtslage zu verweisen, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.

 

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

 

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

 

Die beschwerdeführenden Parteien sind erst einen kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die volljährigen bP selbsterhaltungsfähig wären zw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Teilen des österreichischen Arbeitsmarktes, welcher auch Asylwerbern offen steht, unternommen hätte. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Eltern der minderjährigen bP aus eigener Finanzkraft für den Unterhalt der minderjährige bP aufkommen können.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Aus dem beschriebenen Freundschaftskreis ist entnehmbar, dass die bP in ihrem unmittelbaren Lebenskreis über gewisse soziale Anknüpfungspunkte verfügen, woraus jedoch keine relevante Integration verbunden ist.

 

Zum anzunehmenden Schulbesuch von bP3 und bP3 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten bzw. ihre ersten prägenden Jahre in Armenein verbrachten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

 

Es wird im gegenständlichen Fall auch darauf hingewiesen, dass es nunmehr an den Eltern der minderjährigen bP liegen wird, ihrer Verpflichtung zum Bundesgebiet nachzukommen und nicht in weiterer Folge rechtswidrig in diesem zu verharren, zumal sie durch ein solche Verhalten die Eingliederung ihrer Kinder verzögern bzw. erschweren und ihnen somit schaden würden.

 

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP reisten in dem Sinne rechtswidrig in das Bundesgebiet ein, indem sie ein Schengenvisum C, Reisevisum ("klassisches Touristen-visum") erschlich (Anm.: laut Visakodex muss von der Auslandsvertretungsbehörde ua. Folgendes festgestellt werden: die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Reisezwecks in den Schengenraum (die bP nannten bei der Antragstellung wahrheitswidrig touristische Zwecke), sowie die Bereitschaft des Visumsinhabers, vor Gültigkeitsablauf des Visums den Schengenraum wieder zu verlassen; hieraus ist erschließbar, dass die bP im Rahmen des Erteilungsverfahrens die Vertretungsbehörde über ihr tatsächlichen Absichten täuschte, bzw. diese verschleierte, um das Visum zu erlangen, indem sie ihre Niederlassungsabsicht und den sichtlichen Unwillen, den Schengenraum wieder zu verlassen, verschwieg [das Verhalten der bP stellte einen Visa- Versagungsgrund gem. Art. 32 Visakodex dar, wenn er der Behörde bekannt geworden wäre]) und dieses Visum widmungswidrig einsetzte, indem sie hiermit nicht in Reise- sondern in Niederlassungsabsicht in das Bundesgebiet einreiste. Die Einreise und der Aufenthalt vor der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die bP stellen sich daher als rechtswidrig dar, weil sie vom ausgestellten Visum nicht gedeckt waren. Eine vorübergehende Legalisierung war der bP nur durch die Stellung eines unbegründeten bzw. rechtsmissbräuchlichen Antrages auf internationalen Schutz möglich.

 

Soweit die minderjährigen bP hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten.

 

Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.

 

 

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst waren.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. XXXX 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Auch sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die zeitliche Komponente nicht das allein ausschlaggebende Faktum darstellt.

 

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Armenien auf die bP

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Armenien ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

 

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

 

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

 

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde.

 

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. XXXX 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser es als nicht erforderlich erachtete, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht verunmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits zu den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 50 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

II.3.4.9. Die bB erteilte der bP zurecht kein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG, zumal der Aufenthalt der bP nicht gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, dies nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist und die bP auch nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die bP auch nicht glaubhaft machte, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

II.3.4.10. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.11. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die hier vorliegenden Umstände gehen letztlich nicht über jene Umstände in relevanter Weise hinaus, wie sie jeden Fremden, welcher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist, betreffen. Auch wurden keine weiteren Umstände und kein entsprechender Ausreisetermin seitens der bP genannt. Die eingeräumte Frist erscheint somit angemessen.

 

II.3.4.12. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

II.3.5. Einreiseverbot

 

Da von der bB kein Einreiseverbot erlassen wurde, ist hierüber seitens des ho. Gerichts mangels Vorliegens eines Beschwerdegegenstandes nicht zu entscheiden.

 

Ohne die bB präjudizieren zu wollen, wird für den Fall, dass die bP die Frist für die freiwillige Ausreise ungenützt verstreichen lassen, auf Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008 (" Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. "), welcher im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation des § 53 FPG zur berücksichtigen wäre und auf die lediglich demonstrative Aufzählung der Tatbestände des Abs. 2 leg. cit. hingewiesen.

 

II.4. Familienverfahren.

 

Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung ergingen, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.

 

II.5. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

 

§ 24 VwGVG lautet:

 

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

----------

 

1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

 

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

 

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

 

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

 

 

oder

 

 

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

 

 

 

 

 

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

 

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

 

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

 

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon bei der bB stattgefundenen persönlichen Anhörung (das hierbei erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahme wurde in einer entsprechenden Niederschrift, der die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies –so wie im gegenständlichen Fallunterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Georgiens in Zweifel gezogen hätte.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

 

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

 

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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