AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W153.2123188.1.00
Spruch:
W153 2123188-1 /8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2016, ZI. 1000024706-14007234, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.06.2016, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der niederschriftlichen Erstbefragung am 08.01.2014 in der Polizeiinspektion XXXX, Erstaufnahmestelle, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er in Senegal für den Kalifen gearbeitet habe. Er habe eine geheime Beziehung mit dessen 4. Tochter gehabt und diese geschwängert. Als er erfuhr, dass sie schwanger sei, habe er das Land verlassen müssen. Auf die Frage, was der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zu befürchten habe, gab dieser an, dass er Angst habe vom Kalifen getötet zu werden.
Nach Zulassung seines Asylantrages wurde der Beschwerdeführer am 02.04.2014 vom zuständigen Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Er gab an, dass er keine Dokumente oder Beweismittel vorlegen könne. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen Folgendes aus:
"...
F. Haben Sie schon mal gearbeitet.
A. Ich habe schon gearbeitet, aber man hat mich nicht bezahlt. Ich habe für die Gemeinschaft gearbeitet. Ich habe bis zum Tod meiner Mutter für die Gemeinschaft gearbeitet, ich glaube es war 2013. ich habe dann im Haus unseres religiösen Anführers gearbeitet. Ich war im Haus für die Betreuung der Gäste zuständig. Nachgefragt gebe ich an, dass der religiöse Anführer XXXX. Im Haus von XXXX habe ich bis zum Zeitpunkt gearbeitet, bis dieses Problem begonnen hat.
...
F. Wo haben Sie zuletzt gewohnt.
A. Im Haus meines Onkels in XXXX. Ich bin dort aber nicht ausgegangen. Ich war dort lediglich ein oder zwei Wochen, dann bin ich ausgereist. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Onkel mich angewiesen hat sie zu vergessen. Er hat mir auch gesagt, ich solle ihn vergessen und nie mehr versuchen mit ihm in Kontakt zu treten.
AW wird auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen.
Frage nach der Adresse des Onkels wird wiederholt.
A: Es tut mir sehr leid, mein Onkel ist Politiker. Er hat mich am Flughafen vor meiner Abreise ganz klar angewiesen, alles zu vergessen, was ihn betrifft. Ich solle nicht mehr versuchen ihn zu kontaktieren. Ich solle alles vergessen, was ich gehört und gesehen habe. Er wies mich an einer Person zu folgen und mit ihr das Land zu verlassen. Es tut mir leid, ich kann ihnen nicht mehr dazu sagen.
F. Dann sind wir jetzt fertig?
A. Ich habe in XXXX, in XXXX gewohnt.
F. Davor waren Sie wo?
A. Im Haus dieses Sheikhs in XXXX. Nachgefragt gebe ich an, dass er in der Moschee in XXXX wohnt.
F: Wissen sie noch wo Sie gewohnt haben, bevor Sie aus XXXX weggezogen sind.
A: Es war nur eine Mietwohnung in XXXX, in der Straße XXXX.
F: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?
A: Ich gehöre zu den Wolof und bin Moslem.
F: Welche Angehörigen der Kernfamilie (Großeltern, Eltern, Geschwister) leben noch in ihrer Heimat.
A.: Meine Eltern sind beide verstorben. Ich habe nur meinen Onkel, das ist der Politiker. Ich habe auch eine Schwester, ich habe sie aber lange nicht gesehen. Nachgefragt gebe ich an, dass sie XXXX heißt. Wo sie lebt weiß ich nicht. Ich weiß nicht wo sie ist. sie hat das Land nach dem Tod meines Vaters verlassen.
F: Haben Sie weitere Verwandte im Heimatland?
A: Nein.
F: Haben Sie Kontakt mit ihrem Onkel im Heimatland?
A: Nein.
F. Haben Sie zu irgendjemandem im Senegal Kontakt.
A. Nein, es gibt niemanden.
F: Wie würden Sie die finanzielle Situation der Familie und Ihre einschätzen. Wovon lebt die Familie.
A. Wir waren nicht reich. Mein Vater war Schneider.
F. Wovon haben Sie nach dem Tod Ihres Vaters gelebt.
A. Von den Einkünften meiner Mutter. Sie hat ein kleines Geschäft in XXXX eröffnet. Sie hatte einen kleine Verkaufstisch und hat Waren verkauft. Das hat sie dann auch in XXXX gemacht.
F. Haben Sie im Haus des Sheiks etwas verdient.
A. Nein, wir waren Schüler dort. Wir hatten die Pflicht unserem Chef zu dienen. er hat mich nach dem Tod meiner Mutter aufgelesen und ich konnte dann in seinem Haus leben.
F: Schildern Sie kurz Ihren Reiseweg (ab Touba)
A: Ich bin von XXXX nach XXXX. Ich glaube mich erinnern zu können, dass der Zeitpunkt meiner Ausreise Ende 2013 war. wenn ich länger darüber nachdenke bin ich mir nicht mehr sicher. Jedenfalls habe ich XXXX mit einem kleinen Linienbus verlassen und bin nach XXXX gereist. ich hatte zwar kein Geld, aber der Kontrollor hat mich umsonst mitgenommen. In XXXX bin ich zu meinem Onkel gegangen und habe ihm mein Problem geschildert. Bei meinem Onkel war ich ca. eine oder zwei Wochen. Mein Onkel war nach der Schilderung meiner Geschichte sehr böse.
F. Wer ist Ihr Onkel.
A. Es ist der Bruder meines Vaters und er heißt XXXX. Er ist Politiker. Das ist alles was ich weiß. Er fragte mich, ob ich nur zu ihm gekommen wäre, um ihm Probleme zu bereiten. er hat mich in einem Zimmer untergebracht. Am nächsten Morgen sagte er mir, dass er mir helfen würde, das Land zu verlassen. ich dürfte aber nie mehr in den Senegal zurückkehren. Dann machte er ein Foto von mir, weshalb weiß ich nicht. Ich habe mich ca. 2 Wochen im Haus meines Onkels aufgehalten. Ich bin die ganze Zeit nicht ausgegangen, bis zu dem Tag an dem ich ausreiste. Mein Onkel brachte mich zum Flughafen. Am Flughafen hat mein Onkel einen schwarzen Mann angesprochen und mit ihm geredet. Es war der Mann mit dem ich reisen musste. er sprach kein Französisch.
F: Wann haben Sie beschlossen auszureisen.
A: Als die Tochter des Sheikhs, sie heißt XXXX, mir sagte, sie sei schwanger.
F. Was haben Sie dann konkret gemacht.
A. An diesem Tag habe ich XXXX verlassen und bin nach XXXX gereist.
F: Wollten Sie den Senegal bereits verlassen, als Sie XXXX verließen?
A: Ich wusste nicht was ich tun sollte. ich wollte mich nur in Sicherheit bringen.
...
F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, detailliert, von sich aus, vollständig und wahrheitsgemäß.
Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.
A: Mein Motiv ist einfach. Ich habe die Tochter des Kalifen geschwängert, wenn gestern heute wäre, ich hätte das nie getan, denn damit habe ich mein Leben ruiniert.
F: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie den Senegal verlassen haben?
A: Nein.
F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn jetzt sie in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
A: Man würde mich töten, weil ich die allergrößte Sünde begangen habe. erstens war ich mit einer Frau zusammen die nicht meine Ehefrau ist und zweitens habe ich sie geschwängert. es tut mir sehr weh, wenn ich daran denke.
...
F. Wie lange haben Sie für Sheikh XXXX gearbeitet.
A. Nicht lange, ich habe vor dem Tod meiner Mutter begonnen, nach dem Tod bin ich dann hingezogen. Ich habe im Haus mitgearbeitet. Es war meine moralische Pflicht.
F. Was war Ihre Position dort.
A. Ich war Schüler, wir haben auch den Koran gelernt, wir haben auch die Besucher empfangen und sind dem Sheikh zur Hand gegangen.
F. Wie viele solche Schüler hatte er.
A. Wir waren ungefähr zwanzig.
F. Das war in der Moschee.
A. Im Bereich der Moschee, in angeschlossenen Gebäuden.
F. Hat er immer in der Moschee gewohnt.
A. Man sah den Sheikh fast niemals. wir wussten, dass er da war, er hat in einem eigenen Zimmer gewohnt, hatte einen eigenen Diener. Dort wohnte er mit seinen Frauen. Wir haben uns um den Rest gekümmert.
F. Wissen Sie noch von anderen Wohnsitzen des Sheikhs.
A. Er hat viele Wohnsitze. Wo sie sind weiß ich nicht, ich kenne nur den bei der Moschee.
F. Seit wann ist er Chef der Mouriden.
A. Seit wann genau weiß ich nicht, aber noch nicht sehr lange. Vor ihm hieß der Kalif Serigne Barra MBACKE. Nach dessen Tod ist der Sheikh XXXX Kalif geworden.
F. Wie viele Kinder und Frauen hat Sheikh XXXX.
A. Ich weiß nicht wie viele Kinder er hat.
F: Wieso nicht.
A. Das kann man nicht wissen. Er hat vier Frauen.
F. Wissen Sie wie viele Kinder er mit diesen vier Frauen hat.
A. Nein. es müssen vier Frauen sein, alle religiösen Führer müssen mehrere Frauen haben, und vier ist das Maximum.
F. Wie kam es zu Ihrer Beziehung mit der Tochter des Sheikhs.
A. Sie hat alles begonnen.
F. Wie.
A. Sie hat alles begonnen.
Frage wird wiederholt.
A. Die Tochter des Sheikhs war nicht sehr oft in dem Haus in dem ich gewohnt habe. Wenn sie gekommen ist, war sie in Begleitung ihrer Mutter. das erste Mal als ich sie gesehen habe, wagte ich nicht sie anzusprechen. Sie ergriff die Initiative und hat mich angesprochen. Gleich beim ersten Mal hat sie mich überzeugt in ihr Zimmer zu kommen. Ich habe erst nachher begriffen, dass sie alles geplant hatte, schließlich bin ich ein Mann. ich bin in ihr Zimmer gegangen um ihr zu dienen. ich war nicht dort um Sex zu haben. Dann hat sie mich in die Arme genommen um mich zu küssen, so hat das alles begonnen.
F. Die Schüler hatten alle Zugang zu den Räumlichkeiten der Familie des Sheikhs.
A. es war um die Familie zu bedienen. Sie sagten, was sie brauchen, dann ging man hin und hat sie bedient.
F. Wissen Sie etwas über das Schicksal der Tochter.
A. Nachdem sie mir sagte, dass sie schwanger wäre, hat sie mit mir über alle Gefahren und Risiken gesprochen. Sie war nicht oft in dem Haus wo ich war, sie lebte eigentlich bei ihrer Mutter. Sie wies mich an, ganz weit weg zu gehen, ich glaube, dass sie mich geliebt hat.
F. Ob ihr etwas zugestoßen wissen sie nicht.
A. Ihr Schicksal kenne ich nicht, vielleicht ist sie auch in Europa.
F. Ist es im Senegal verboten eine außereheliche Beziehung zu führen.
A. Ja, das ist verboten.
F. Wurden Sie jemals bedroht.
A. Nein, dafür war keine Zeit.
F. Was glauben Sie was passiert wäre, wenn der Sheikh Ihrer habhaft geworden wäre.
A. Ich habe mich nicht gegen ihn versündigt, ich habe mich gegen die ganze Gemeinschaft versündigt.
F: Wieso.
A. Es ist verboten und wenn etwas verboten ist, ist es verboten.
F. Was würde Ihnen passieren, wenn Sie in den Senegal zurückkehren würden und man Ihrer habhaft würde.
A. Der der mich trifft, wird den ersten Stein werfen und die anderen werden weiter machen.
F. Meinen Sie das jetzt metaphorisch?
A. Die erste Person die mich wiedererkennt, hat alle Rechte mit mir das zu tun was sie will.
F. Wieso? Wenn es im Senegal verboten ist eine außereheliche Beziehung zu führen, würde man sie doch vermutlich vor Gericht stellen.
A. Nein, das passiert im Senegal nicht so. Nach einer Sünde folgt der Tod. In XXXX kommt nach der Sünde der Tod. Ohne Gericht, ohne Regierung. Sogar der Präsident kann ein Schüler des Kalifen sein.
F: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?
A: Ja.
F: Wenn seitens des BFA eine Rückkehrentscheidung (ev. mit Einreiseverbot) erlassen wird, besteht ein Interesse an freiwilliger Ausreise?
A: Nein.
F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?
A: Ja, aber ehrlich gesagt, ich habe nicht ganz verstanden, was hier bei dieser Einvernahme passiert. Ich habe nicht verstanden, wofür man mir diese Fragen stellt.
AW wird erklärt, dass es um die Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz geht.
F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
A: Ja, ich möchte sagen, dass ich beginne dieses Land zu lieben, ich möchte die Sprache lernen, ich möchte hier bleiben, ich möchte Kinder haben, ich möchte arbeiten und mich in die Gemeinschaft einfügen.
F.: Sind Sie, falls notwendig, mit amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes/Vertrauensperson einverstanden.
A.: Ja. Ich möchte nur nicht, dass mein Onkel Probleme bekommt.
...
F.: Haben sie den Dolmetsch während der g e s a m t e n Einvernahme einwandfrei verstanden?
A.: Ja.
F.: Hat der Dolmetsch das rückübersetzt, was sie gesagt haben?
A.: Ja.
..."
Im Zuge der Einvernahme vom 02.04.2015 wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Feststellungen des BFA zu seinem Heimatland zur Stellungnahme ausgehändigt. Am 16.04.2015 langte hierzu eine Stellungnahme ein. Am 03.04.2015 wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt. Die Antwort langte am 30.04.2015 bei der Behörde ein.
Am 07.05.2015 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert zu den Berichten der Staatendokumentation Stellung zu nehmen. Eine diesbezügliche Stellungnahme langte am 26.05.2015 bei der Behörde ein.
Am 25.08.2015 langte eine Meldung über eine Körperverletzung bei der Behörde ein. Der Beschwerdeführer wurde angezeigt eine andere Person mit einer Glasflasche an der Oberlippe verletzt zu haben.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16.02.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Senegal abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Senegal zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Die Behörde hat sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lassen:
"...
Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Mangels Vorlegen eines Identitätsdokuments wurde die Negativfeststellung zu Ihrer Identität getroffen. Aufgrund Ihren Angaben und der verwendeten Sprache geht die Behörde davon aus, dass Sie Staatsangehöriger des Senegal sind.
Aufgrund der schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben bezugnehmend auf Ihren Familienstand, Religionsbekenntnis, Volksgruppenzugehörigkeit und Kinder konnten die oben genannten Feststellungen getroffen werden.
Die Feststellung zu Ihrem Gesundheitszustand ergibt sich aus Ihren Angaben im Verfahren. Sie gaben an, dass es Ihnen gut gehe und Sie keine Medikamente nehmen würden.
Die Feststellung zur illegalen Einreise wurde aufgrund des eindeutigen unbedenklichen Akteninhaltes getroffen.
Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
In der Erstbefragung am 08.01.2014 gaben Sie an, dass Sie im Senegal für den Kalifen gearbeitet hätten. Sie hätten eine geheime Beziehung mit seiner 4. Tochter gehabt und diese geschwängert. Als Sie erfahren hätten, dass sie schwanger gewesen wäre, hätten Sie gewusst, dass Sie das Land zu verlassen hätten, da ihr Vater Sie umbringen würde.
In der Befragung am 02.04.2015 gaben Sie diesbezüglich an, dass Ihr Motiv einfach wäre. Sie hätten die Tochter des Kalifen geschwängert. Wenn Sie es ungeschehen machen könnten, würden Sie es tun, denn damit hätten Sie Ihr Leben ruiniert.
Auf die Frage was Sie bei einer Rückkehr in den Senegal erwarten würde, gaben Sie an, dass man Sie töten würde, weil Sie die allergrößte Sünde begangen hätten. Erstens wären Sie mit einer Frau zusammen gewesen, die nicht Ihre Ehefrau wäre und zweitens hätten Sie sie geschwängert.
Aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 30.04.2015 steht fest, dass der außereheliche Geschlechtsverkehr im Senegal nicht unter Strafe steht. Es wird zwar darauf hingewiesen, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr mit einem Stigma behaftet wäre, doch außerehelicher Geschlechtsverkehr stelle keine strafbare Handlung dar.
Bezüglich der Bedrohung durch den Kalifen ist festzuhalten, dass es sich bei dem erwähnten Kalifen um das Oberhaupt der Muriden handelt. Laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.01.2015 ist der Kalif der Machthaber in der Stadt XXXX. Dort habe er die Macht, die ihm nicht mal der Staatspräsident streitig machen könne. Der Einfluss des Kalifen reiche auch weit über XXXX hinaus. In der Anfragebeantwortung wird jedoch darauf hingewiesen, dass es - wie überall - zu Gewalt zwischen Individuen kommen könne, dass aber eine Person sicherlich staatlichen Schutz verlangen könne und diesen auch erhalten würde.
So werden in dieser Anfragebeantwortung auch Berichte aufgeführt, nach denen ein einflussreicher Marabouts verhaftet wurde, nachdem in seinem Garten zwei Leichen gefunden wurden. In einer weiteren Anfragebeantwortung vom 29.04.2015 wird ein Bericht zitiert, indem die Behörden einen Prediger eines Fernsehsenders vor den Jüngern (talibés) der Muriden schützten, da gegen ihn eine Fatwa erlassen wurde. Der General-Kalif habe seine Jünger dazu aufgerufen keine Selbstjustiz zu üben.
Aus den vorliegenden Länderinformationen geht klar hervor, dass die senegalesischen Behörden sowohl gewillt und auch in der Lage sind, Sie vor der Verfolgung durch eine Privatperson zu schützen.
In Ihrer Stellungnahme zu den vorliegenden Länderinformationen vom 20.05.2015 wiesen Sie auf zwei Fälle hin, bei denen die Familie und die Anhänger des Kalifen Gewalt gegen Personen ausübten. Auch vermuteten Sie eine Verschwörung der Familie des Kalifen im Fall der Verhaftung des Scheichs XXXX. Zu verwiesen ist einmal mehr auf die Anfragebeantwortung vom 12.01.2015. Darin wird ganz klar, dass es zwar zu Gewalt zwischen Individuen kommen könne, dass aber eine Person sicherlich staatlichen Schutz verlangen könne und diesen auch erhalten würde.
Die Feststellung, dass Sie in Ihrem Heimatstaat weder vorbestraft, noch inhaftiert waren, dass Sie keine Probleme mit den Behörden hatten und keine Fahndungsmaßnahmen gegen Sie bestehen. Sowie jene, dass Sie weder politisch tätig noch Mitglied einer politischen Partei waren und auch keine Probleme mit Privatpersonen (z. B. Blutfehden, Racheakte etc.) hatten, ergibt es daher, dass Sie explizit danach gefragt wurden und jegliche Probleme in diesem Zusammenhang verneinten.
Auch aus den sonstigen Umständen konnte eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden.
Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Befragt nach Ihren Befürchtungen im Falle einer Rückkehr, gaben Sie der Befragung am 02.04.2015 an, dass man Sie töten würde, weil Sie die allergrößte Sünde begangen hätten. Erstens wären Sie mit einer Frau zusammen gewesen, die nicht Ihre Ehefrau wäre und zweitens hätten Sie sie geschwängert.
Dieses Vorbringen wurde bereits im Rahmen der Beweiswürdigung Ihre Fluchtgründe betreffend ausführlich erörtert.
Als junger gesunder Mann können Sie nach Ihrer Rückkehr in den Senegal in XXXX leben und sich durch Gelegenheitsarbeiten ein Auskommen finanzieren.
Sie haben angegeben, dass Sie bereits die ersten zehn Jahre Ihres Lebens in XXXX gelebt hätten. Außerdem haben Sie in XXXX einen Onkel. Sie gaben in der Befragung am 02.04.2015 an, dass ein Onkel von Ihnen in XXXX leben würde. Dieser hat Sie bereits bei der Ausreise aus dem Senegal unterstützt und kann Sie auch wieder nach Ihrer Rückkehr unterstützen.
Es sind im Verfahren keine Gründe hervor gekommen, die dafür sprechen, dass Sie bei einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat in eine unmenschliche Lage versetzt werden und gemäß Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Auch herrscht im Senegal keine Situation, die Sie als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aussetzen würde.
Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
...
Sie selbst gaben in der Befragung am 02.04.2015 an, dass Sie in Österreich keine Verwandten hätten. Sie gaben jedoch an, dass Sie eine Freundin hätten. Sie wohnen jedoch nicht mit ihr zusammen.
Dass Sie sich in Grundversorgung befinden ergibt sich aus einer entsprechenden GVS-Abfrage.
Die Feststellung, dass Sie keine nennenswerten Handlungen zur Integration setzten, folgt daraus dass im Verfahren keine Hinweise auf derartige Handlungen hervorkamen.
Die Feststellung Ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit ergibt sich daraus, dass im Strafregister der Republik keine Vormerkung aufscheint. Sie wurden jedoch wegen Körperverletzung angezeigt.
Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
...
Zur Aktualität der Quellen, die für die Länderinformationsblätter herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse, nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
In der Einvernahme vor der ha. Behörde am 02.04.2015 wurden Ihnen die Länderfeststellungen zum Senegal mit der Einladung zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen übergeben. Am 16.04.2015 langte Ihrer Stellungnahme zu den Länderinformationen ein. Sie gaben an, dass Sie den Senegal nicht so kennen würden wie er in den Länderinformationen beschreiben wurde. Außerdem gaben Sie an, dass die Lage in Touba anders wäre als im Rest des Landes.
Sie legten keinerlei Berichte oder Dokumente vor, die den Länderinformationen widersprechen würden. Die Behörde geht daher von der Richtigkeit der Informationen aus.
...."
Rechtlich folgerte das BFA daraus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht habe. Aufgrund der vorliegenden Länderinformationen und im Lichte dieser Vorbemerkungen stehe es für die Behörde außer Zweifel, dass die senegalesischen Behörden sowohl willens als auch in der Lage seien dem Antragsteller Schutz vor Verfolgung durch Privatpersonen zu gewähren. Es könne auch keinesfalls davon ausgegangen werden, dass er schon aufgrund der allgemeinen Situation in seinem Heimatland im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage gedrängt werden könnte, welche ihm eine Rückkehr nach Senegal unzumutbar erscheinen lassen könnte. Abschließend begründete das BFA seine Rückkehrentscheidung.
In der Beschwerde vom 29.02.2016 wiederholt der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Zwischenzeitig lebe er auch in einer Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Sowohl zu ihr als auch zu deren Sohn, mit dem er viel Zeit verbringe, habe er intensiven Kontakt. Zur Bescheinigung seiner Integration wurden ein Schreiben seiner Lebensgefährtin sowie eine Bestätigung seines freiwilligen Engagements in einem Kinderhort und eine erneute Anmeldebestätigung zu einem Deutschkurs A1/1 vorgelegt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 23.05.2016 zu einer mündlichen Verhandlung geladen. Gleichzeitig wurden ihm die aktuellen Länderfeststellungen zu Senegal vom Februar 2016, mit der Möglichkeit in der Verhandlung dazu Stellung zu nehmen, übermittelt. Weiters wurde er ersucht, die Lebensgefährtin zur Verhandlung mitzubringen.
Am 15.06.2016 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seine Identität nicht nachweisen könne. Die Dokumente habe er nach dem Flug dem mitreisenden Freund seines Onkels mitgegeben. Sein vollständiges Geburtsdatum wisse er nicht. Er habe nur sein Geburtsjahr angeben können. Das vorliegende Geburtsdatum, XXXX, habe er beim Asylantrag bekommen. Seine Ausreise habe sein Onkel organisiert. Der Onkel, der jüngere Bruder seines Vaters, heiße XXXX, er sei Politiker und war Bürgermeister von einem Bezirk, von XXXX, gewesen.
Zu seinem Fluchtgrund führte er weiters Folgendes aus:
"...
R: Wo wohnt Ihr Onkel?
BF: In XXXX, in der XXXX, zwischen zwei Straßen.
Anmerkung: Genaue Angaben kann der BF nicht machen.
R: Erzählen Sie mir konkret , warum Sie den Senegal verlassen haben?
BF: Alles hat mit einem Mädchen angefangen. Es war alles gut und ich habe für XXXX gearbeitet, dh für die Familie des Großkalifen XXXX. Wir waren ca. 20 Bedienstete. Ich habe dort wirklich gut gelebt, ich wurde wie ein Sohn des Kalifen behandelt. Ich habe es auch gerne gemacht. Es war meine einzige Zuflucht. Dann kam die Tochter des Kalifen, anfangs lebte sie allerdings nicht dort. Ich war dort in dem Haus wie ein Sohn und wenn die Frauen was gebraucht haben, haben sie auch mich gerufen, wahrscheinlich weil ich schon so lange Zeit dort war. Ich war seit 2004, 2005 oder 2006 dort. Ich hatte bis dahin noch keine Erfahrungen mit Frauen. Wir haben uns dann verliebt und wir haben uns in der Nacht getroffen. Nach zwei, drei Monaten kam sie zu mir und sagte mir, dass sie keine Regelblutungen mehr habe. Ich hatte mit ihr vorher mehrmals Sex. Es war so, dass ich dann nicht wusste, was ich tun soll. Nachdem sie mir das gesagt hatte, bin ich am nächsten Tag oder einen Tag später nach XXXX zu meinem Onkel gefahren. Ich habe ihm alles erzählt, es war in der Nacht, er hat gerade geschlafen und er war sehr böse auf mich. Am nächsten Tag hat er nochmals mit mir gesprochen, er sagte ich sei die Schande der Familie und er werde eine Lösung suchen um mich loszuwerden. Ich bin ein bis zwei Wochen bei ihm geblieben. Das war alles.
R: Wurden Sie wegen dieser Beziehung jemals vom Kalifen bedroht?
BF: Nein. Ich habe ihn auch gar nicht mehr gesehen.
R: Wurde Ihr Onkel auf diese Geschichte vom Kalifen bzw. von dessen Umfeld angesprochen?
BF: Nein. Ich glaube aber nicht, dass der Kalif meinen Onkel kennt. Der Kalif hat eine viel höhere Machtposition als mein Onkel. Ich glaube auch nicht, dass der Kalif weiß, dass mein Onkel mein Onkel ist.
R: Haben Sie in Senegal gearbeitet?
BF: Es war keine echte Arbeit, ich war wie ein Diener.
R: Wie sieht der Großkalif aus?
BF: Er war klein mit einem langen schwarzen Bart. Er ist nicht jung. Ich würde ihn zwischen 60 und 70 Jahre alt schätzen. Er hat immer ein traditionelles Gewand an, in verschiedenen Farben. Meistens war es weiß, er trägt aber auch andere typische Männerfarben wie blau, schwarz und grün. Wenn er in der Öffentlichkeit ist, dann hat er schwarze Billen.
R: Wie heißt seiner Tochter?
BF: XXXX.
R: Wo hatten Sie Sex mit ihr?
BF: In dem Teil wo die Frauen sind.
R: Wo haben Sie gewohnt?
BF: Ich habe dort gelebt, wo die Männer wohnen.
R: Wo wohnt der Kalif überhaupt?
BF: Es ist die große Moschee und es gibt vier Türen. Wenn man durch die Tür geht, ist es wie in einem Haus. Es wird extra so gebaut, dass Personen dort schlafen können. Die Frauen haben ein großes Haus. Die Pilger kommen nur beten und gehen dann wieder. Der Kalif wohnt in einem Nebengebäude der Moschee, es ist in einem Komplex der Moschee. Er wohnt nicht ständig da, er hat noch andere Häuser. Ich war aber immer dort.
R: Wo ist der große Friedhof von XXXX?
BF: Ich bin dort nie hingefahren. Ich habe Leute gehört, die darüber gesprochen haben. Er ist nicht so weit weg. In der Moschee gibt es auch einen, der ist nur für die Söhne des Kalifen. Ich war die ganze Zeit nur in der Umgebung der Moschee.
Vorhalt: Ein großer Friedhof ist gleich neben der Moschee.
BF: Ich habe das nicht ganz verstanden.
R: Haben Sie noch Kontakt zur Familie, zu Verwandten und Bekannten in Senegal?
BF: Nein, alle Bekannten waren in XXXX, ich habe keinen Kontakt mehr. Ich hatte Freunde aber keine Verwandten mehr in XXXX.
R: Und zum Onkel?
BF: Nein, er hat mir ganz klar gesagt, dass ich nicht versuchen soll mit ihm Kontakt aufzunehmen. Ich glaube, dass er nicht mehr dort lebt.
R: Warum soll er nicht mehr dort leben?
BF: Ich glaube es einfach.
R: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit ihm?
BF: Es war an dem Tag, als ich zum Flughafen gefahren bin. Er hat mich zum Flughafen gebracht und mir gesagt, ich soll diesem Bekannten nachgehen.
...
R: Wo ist Ihre konkrete Bedrohung?
BF: Ich bin schon bedroht, weil die Muriden ihr eigenes Gesetz anwenden, es sind die islamischen Regeln. Ich hatte Geschlechtsverkehr mit einer Frau, die nicht meine war, es war die Tochter des Kalifen und es war auch noch in der heiligen Stadt. Wenn sie mich finden würden, würden sie mich schlagen oder töten oder ich weiß es nicht. Das einzige was ich weiß, ist, dass eine Rückkehr in den Senegal die Hölle wäre.
R: Hatten Sie seit Ihrer Ausreise, Kontakte zu senegalesischen Behörden, z.B. Botschaft etc.?
BF: Nein, der Kalif kann ja auch hinter diesen Leuten stehen. Ich bin mir sicher, dass sie mich suchen, aber ich weiß nicht, welche Mittel sie dafür verwenden.
R: Waren Sie seit Ihrer Ausreise jemals wieder in Senegal?
BF: Nein, ich denke auch nicht dran, mir wäre lieber zu sterben als zurück zu gehen.
R: Wollen Sie noch etwas sagen?
BF: Ich wollte mich bei Österreich bedanken. Für mich ist Österreich eine Zuflucht. Wenn ich jetzt noch lebe, dass ist es nur wegen Österreich. Ich wollte noch sagen, dass ich mich sehr gut fühle mit meiner jetzigen Familie und ich würde gerne was für Österreich tun.
R an RB: Möchten Sie noch etwas sagen?
RB: Bezüglich der Bedrohung des Kalifen verweise ich auf die Beschwerde und möchte noch dazu ausführen, dass aus den Berichten des BFA durchaus hervorgeht, dass der Kalif über Macht verfügt die auch über die Stadt Touba hinausgeht und zitiert: "Diese Macht könnte ihm niemand nicht einmal der Staatspräsident streitig machen". Nachdem der BF den Kalifen in seiner Ehre verletzt hat, gehe ich davon aus, dass dieser sehr wohl in der Lage ist außerhalb der staatlichen Herrschaft den BF zu verfolgen ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Die Tatsache, dass der BF bisher nichts geschehen ist, führe ich darauf zurück, dass er sich durch die Flucht einer Verfolgung entzogen hat und sehe ich im Falle einer Rückkehr eine große Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung vor der ihn staatliche Stellen nicht schützen würden."
Befragt zur Integration gab der Beschwerdeführer an, dass er derzeit einen A1-Deutschkurs mache. In zwei Wochen sei er fertig und er wolle dann zur A1-Prüfung antreten. Weiters habe er einige Zeit in einem Hort (Internat) ehrenamtlich als "Fußballtrainer" gearbeitet. Er habe auch eine kleine Arbeit bei SOS Menschenrechte, das ist in einem Asylheim, er helfe mit seinen Französisch-Kenntnissen aus. Grundsätzlich beziehe er Grundversorgung. Da er vor zwei Wochen zu seiner Lebensgefährtin gezogen sei, müsse er nunmehr erst wieder darum ansuchen. Seit ca. fünf bis sechs Monaten habe er eine neue Lebenspartnerin und seit zwei Wochen lebe er bei ihr und deren vierjährigen Sohn. Er habe nunmehr eine Familie gefunden, etwas was er seit Jahren nicht mehr gehabt habe. Die Beziehung zu seiner ersten Freundin sei in die Brüche gegangen. Sie seien aber gut befreundet geblieben. In letzter Zeit sei er weder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen noch habe er Probleme mit der Polizei gehabt. Bezüglich der Anzeige vom 18.08.2015, wo es um Körperverletzung gegangen sei, habe er nichts mehr von der Polizei gehört.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde auch die anwesende Lebensgefährtin als Zeugin befragt. Die Zeugin ist gelernte Einzelhandelskauffrau, jedoch derzeit beschäftigungslos. Im November wolle sie eine Ausbildung als Heimhelferin beginnen. Sie bestätigte die Angaben des Beschwerdeführers zur gemeinsamen Partnerschaft. Er unterstütze sie mit ihrem Sohn, er sei wie ein Ersatzvater. Sie habe noch nie so ein gutes Gefühl gehabt. Vom leiblichen Vater des Sohnes erhalte sie keinen Unterhalt. Sie bekomme aber vom Jugendamt XXXX monatlich.
In der Verhandlung wurden weitere Kopien vorgelegt, die die Integration des Beschwerdeführers belegen sollen.
Verlesen wurde die aktuelle Strafregisterauskunft, darin scheinen keine Verurteilungen auf.
Das BFA teilte bereits mit Schreiben vom 31.05.2016 mit, dass es an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehme. Ungeachtet dessen wurde aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers ist er Staatsbürger Senegals und Angehöriger der Volksgruppe der Wolof Er bekennt sich zum muslimischen Glauben. Bis 2003/2004 lebte er in XXXX und nach dem Tod des Vaters übersiedelte er mit seiner Mutter nach XXXX. In seinem Heimatland hat der Beschwerdeführer einen Onkel, ein jüngerer Bruder seines verstorbenen Vaters, der ihm die Reise nach Europa organisiert hat. Die Eltern sind verstorben und der Aufenthalt seiner Schwester ist unbekannt.
Der Beschwerdeführer reiste mit dem Flugzeug illegal nach Österreich und stellte hierorts am 06.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung durch den religiösen Führer der Muriden, der ihn wegen einer geheimen Beziehung zu seiner Tochter mit dem Tode bedroht, kann nicht festgestellt werden.
Zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu sein. Insbesondere ist laut den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln grundsätzlich gewährleistet und herrscht keine Hungersnot. Der Beschwerdeführer selbst ist volljährig und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Eine schwere Erkrankung liegt beim Beschwerdeführer nicht vor.
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer verbrachte nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens in Senegal. Im Jänner 2014 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Europa und hält sich seit 06.01.2014 aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf. Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers vorliegt. Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Deutsch-Kenntnisse. Er nahm 2014 an einem Deutschkurs teil und besucht derzeit einen A1-Deutschkurs. Eine Deutschprüfung hat er nicht abgelegt. Er spielte zeitweise in einem Hort einer Stadtgemeinde mit den Kindern Fußball. Besondere weitere Integrationsmaßnahmen sind nicht bekannt. Der Beschwerdeführer verfügt über einen österreichischen Bekanntenkreis und ist seit ungefähr einem halben Jahr in einer fixen Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Seit Anfang Juni 2016 lebt er mit seiner Lebensgefährtin und deren vierjährigen Sohn in einem gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin ist derzeit beschäftigungslos und beabsichtigt im November eine Ausbildung als Heimhelferin zu beginnen. Der Beschwerdeführer hat ein gutes Einvernehmen zum Sohn der Lebensgefährtin, spielt mit diesem Fußball und holt ihn vom Kindergarten ab.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten und lebt von der Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
Zur Situation in Senegal werden auszugsweise folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom Februar 2016 und insbesondere aus der Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 30.04.2015 zitiert:
"...
Politische Lage
Der Senegal ist eine Präsidialdemokratie nach französischem Vorbild. Der Präsident wird in allgemeiner, direkter und freier Wahl vom Volk für sieben Jahre gewählt. Den Regierungsvorsitz hält der Premierminister, welcher, so wie auch die Fachminister, direkt vom Präsidenten ernannt wird (GIZ 6.2015a, vgl. AA 10.2015a). Das Land verfügt über ein lebendiges Mehrparteiensystem, das 1976 etabliert wurde und in dem etwa 180 Parteien zugelassen sind. Artikel 3 der senegalesischen Verfassung garantiert das allgemeine Wahlrecht. Über Wahlkämpfe berichten die Medien umfassend und fair. Die Gewaltenteilung ist in Senegal rechtlich garantiert. In der Praxis kann eine Einflussnahme durch die Exekutive nicht ausgeschlossen werden (AA 21.11.2015).
Die senegalesische Bevölkerung hat in einem von internationalen Beobachtern anerkannten und demokratisch glaubwürdigen Wahlprozess am 25.3.2012 den bisherigen Präsidenten Wade abgewählt, dessen dritte Kandidatur umstritten war. Neuer Präsident wurde der erfolgreichste Oppositionskandidat Macky Sall. Am 1.7.2012 wurde ein neues Parlament gewählt, in dem die Koalition um Präsident Sall die Mehrheit erringen konnte, aber auch die Opposition vertreten ist (AA 21.11.2015). Die Regierung begann auf Grundlage ihres Regierungsprogramms "Yonnu Yokkute" zahlreiche Reformen. Sie hat ferner Verfahren eingeleitet, in denen Korruption und Unterschlagungen der vergangenen Jahre aufgearbeitet werden sollen. Seit Juli 2014 liegt der Schwerpunkt der Regierung auf der Umsetzung eines umfangreichen Programms zur Entwicklung der Infrastruktur ("Plan Sénégal Emergent") (AA 10.2015a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
- AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Senegal - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Senegal/Innenpolitik_node.html , Zugriff 19.2.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - GeschichteStaat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/ , Zugriff 19.2.2016
Sicherheitslage
Das französische Außenministerium empfiehlt erhöhte Aufmerksamkeit im ganzen Land (FD 19.2.2016). Gemäß französischem Außenministerium, dem deutschen Auswärtigen Amt sowie dem eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten besteht in den Regionen der Casamance [innerstaatliches Konfliktgebiet, seit 2012 weitgehend Waffenruhe] sowie den Grenzgebieten zu Mali und Teilen des Grenzgebiets zu Mauretanien [in beiden letztgenannten Regionen erhöhtes Sicherheitsrisiko aufgrund von Operationen terroristischer Gruppen in der Sahelzone, zu der Mali und Mauretanien gehören] erhöhtes Sicherheitsrisiko (FD 19.2.2016, vgl. AA 19.2.2016, EDA 19.2.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (19.2.2016): Senegal - Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SenegalSicherheit_node.html , Zugriff 19.2.2016
- EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (19.2.2016): Reisehinweise für Senegal, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/senegal/reisehinweise-fuersenegal.html , Zugriff 19.2.2016
- FD - France Diplomatie (19.2.2016): Sénégal - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/senegal/ , Zugriff 19.2.2016...
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Senegal gilt als weitgehend demokratisches und stabiles Land, in dem die grundlegenden Menschenrechte geachtet werden (GIZ 6.2015a). Die Republik Senegal zeichnet sich durch rechtsstaatliche und demokratische Strukturen aus. Sie gewährleistet grundlegende Freiheitsrechte, insbesondere die in der laizistischen Verfassung ausdrücklich geschützte Religionsfreiheit sowie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit (AA 10.2015a). Die Menschenrechtslage ist für weite Bevölkerungsgruppen weiterhin befriedigend und hat sich nach dem demokratischen Machtwechsel im Frühjahr 2012 deutlich entspannt. Senegal hat eine aktive Zivilgesellschaft, die Medienlandschaft ist diversifiziert und zum Teil regierungskritisch. Senegal ist ein säkularer Staat. Bisher zeigten Versuche religiöser Kreise in oder außerhalb Senegals, dies zu ändern, keine erkennbare Wirkung, es gibt jedoch im Land eine spürbare, substanzielle Besorgnis vor islamistischem Terrorismus (AA 21.11.2015).
Senegal ist Vertragsstaat der Afrikanischen Menschenrechtscharta und der folgenden UN-Menschenrechtskonventionen:
- Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) einschließlich dessen ersten Zusatzprotokolls;
- Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte;
- Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;
- Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau einschließlich
- Zusatzprotokoll;
- Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende
- Behandlung oder Strafe;
- Übereinkommen über die Rechte des Kindes (inkl. zwei der drei Zusatzprotokolle);
- Übereinkommen zur Bekämpfung der Korruption;
- Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
- Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen
Vorbehalte zu den Übereinkommen sind nicht erklärt worden. Daneben ist Senegal der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten und hat die Flüchtlingskonvention der Afrikanischen Union (AU) ratifiziert. Senegal hat als erster Staat das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert. Senegal ist nicht Vertragsstaat des Zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (AA 21.11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Senegal - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Senegal/Innenpolitik_node.html , Zugriff 19.2.2016
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - GeschichteStaat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/ , Zugriff 19.2.2016 ^
Bewegungsfreiheit
Verfassung und Gesetze gewährleisten Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, sowie für Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Regierung respektiert diese Rechte generell auch in der Praxis. Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz für intern Vertriebene, Flüchtlinge und staatenlose Personen (USDOS 25.6.2015).
Ein entwickeltes Meldewesen existiert nicht. Die Auseinandersetzungen in der Casamance lösten 2011 Fluchtbewegungen der betroffenen Bevölkerung aus. Teile der Zivilbevölkerung flohen aus den jeweiligen Kampfgebieten, nicht nur über die praktisch offenen Grenzen nach Guinea-Bissau und Gambia, sondern auch in die befriedeten Zonen, insbesondere in das Gebiet in und um die Regionalhauptstadt Ziguinchor sowie in den nördlichen, vom Konflikt nicht betroffenen Teil Senegals. Dort fanden sie meist Aufnahme bei Verwandten. Fluchtbewegungen wurden nicht behindert, und die Casamance-Flüchtlinge wurden staatlicherseits nicht behelligt. Nach UNHCR-Angaben lag die Zahl der Binnenvertriebenen ("IDPs") im Jahr 2013 bei ca. 20.000 (AA 21.11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
- USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Senegal, http://www.ecoi.net/local_link/306283/443556_de.html , Zugriff 22.2.2016
Grundversorgung/Wirtschaft
Die Wirtschaft des Senegal mit seinen rund 14 Millionen Einwohnern ist von den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Dienstleistungen bestimmt. Fast 80 Prozent der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig. Der wichtigste Wachstumsbereich ist der Dienstleistungssektor (vor allem Finanzwesen, Telekommunikation und Immobilien). Der informelle Sektor trägt über 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Über 60 Prozent der Wirtschaftsaktivitäten des Landes konzentrieren sich auf den Großraum der Hauptstadt Dakar (AA 10.2015b). Die senegalesische Wirtschaft ist durch starke Importabhängigkeit, einen kleinen Heimatmarkt und eine geringe Exportbreite geprägt. Die industrielle Produktion des Landes ist relativ schwach (der sekundäre Sektor erwirtschaftet etwa 20 Prozent des BIP) und der Tourismus in den letzten Jahren rückgängig. Dennoch ist der Senegal als Mitglied der westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEMOA und der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO (ECOWAS) ein Schwergewicht in der regionalen Wirtschaft. Nach Nigeria, der Côte d'Ivoire und Ghana ist der Senegal die viertgrößte Wirtschaftsmacht in der Region (GIZ 6.2015c).
Die Erwartungen der Wählerschaft, dass sich ihre wirtschaftliche Situation durch den Regierungswechsel maßgeblich verbessert, konnte die Regierung bislang nur ansatzweise erfüllen. Insbesondere steigende Lebenshaltungskosten sowie Probleme in der Energieversorgung bergen das Potential für soziale Konflikte. Das Wachstum reicht wegen der demographischen Entwicklung nicht aus, die im Land verbreitete Armut (ca. 50 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsschwelle) zurückzudrängen (AA 21.11.2015). Das zentrale Politikfeld ist seit 2003 die Armutsbekämpfung, auch mittels einer Strategie des beschleunigten Wachstums, die auf Förderung des Wirtschaftswachstums und des Privatsektors abzielt Das zentrale Dokument zur Armutsbekämpfung ist die nationale Strategie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung 2013-2017 (SNDES). Unter Macky Sall wurde der "Plan Sénégal émergent" als Schlüsseldokument für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Senegal entwickelt und wird heute als nationale Strategie in den Vordergrund gestellt (GIZ 6.2015c).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
- AA - Auswärtiges Amt (10.2015b): Senegal - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Senegal/Wirtschaft_node.html , Zugriff 22.2.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015c): Senegal - WirtschaftEntwicklung, http://liportal.giz.de/senegal/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 22.2.2016
Medizinische Versorgung
Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist sehr schlecht, vor allem außerhalb der Hauptstadt Dakar ist die Gesundheitsversorgung völlig unzureichend. Es gibt ein starkes Stadt-Land-Gefälle und etwa drei Viertel der Ärzte praktizieren in der Hauptstadt Dakar. Krankenhausbetten sind auf dem Land kaum vorhanden (GIZ 6.2015b). Trotz gut ausgebildeter Ärzte ist das staatliche Gesundheitssystem unzureichend, Patienten müssen ihre Medikamente, Operationen und Krankenhausaufenthalte selbst finanzieren. Dies verursacht vor allem Probleme bei chronischen Erkrankungen. Häufig muss in solchen Fällen die gesamte erweiterte Familie für die Behandlungskosten aufkommen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hat keinen Zugang zu parallel existierenden privaten Behandlungen, die für sie unerschwinglich sind. Das Angebot an meist aus Frankreich importierten Medikamenten ist umfassend. Obwohl wesentlich preiswerter als in Europa, sind die Medikamente für die große Bevölkerungsmehrheit kaum erschwinglich bzw. nicht über einen längeren Zeitraum finanzierbar. Es ist davon auszugehen, dass auf den Märkten eine Vielzahl gefälschter Medikamente zirkuliert. Die Frage, ob und in welchem Umfang langwierige Behandlungen oder komplizierte Operationen in Senegal durchgeführt werden können, muss von Fall zu Fall beantwortet werden. Grundsätzlich gilt, dass eine umfangreiche medizinische Behandlung mit relativ hohen Kosten und langen Wartezeiten verbunden ist. In vielen Fällen ist eine fachgerechte Behandlung nicht garantiert (AA 21.11.2015). Die niedrige Lebenserwartung, die hohe Sterblichkeitsrate bei Geburten und die hohe Säuglingssterblichkeit spiegeln diese Defizite wieder, so wie auch der ungenügende Zugang der Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser und zu einer korrekten Sanitärversorgung (GIZ 6.2015b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015b): Senegal - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/senegal/gesellschaft.html , Zugriff 22.2.2016
Behandlung nach Rückkehr
Ein Rückübernahmeabkommen zwischen Senegal und der EU existiert nicht. Abgeschobene senegalesische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt resultierenden Nachteile zu befürchten und werden auch wegen einer Asylantragstellung keinen Repressionen ausgesetzt. Die Einreisebehörden erlauben die Einreise unter der Voraussetzung, dass die abgeschobene Person ihre senegalesische Staatsangehörigkeit nicht leugnet. Andernfalls werden Betroffene unmittelbar in das abschiebende Land zurückgesendet. Es wird daher empfohlen, für senegalesische Abzuschiebende ohne reguläre Reisedokumente zuvor immer ein "Sauf Conduit" (entspricht einem Laissez-passer) bei der senegalesischen Botschaft zu beantragen, um Schwierigkeiten bei der Einreise auszuschließen. In der Regel ist das Urkundenwesen zuverlässig (AA 21.11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation:
Strafbarkeit von außerehelichem Geschlechtsverkehr
In einer E-Mail-Auskunft vom 17. April 2015 schreibt ein Professor für Afrikanische Studien, von dem keine Erlaubnis zur Nennung seines Namens vorliegt, dass außerehelicher Geschlechtsverkehr im Senegal keine strafbare Handlung darstelle (Professor, 17. April 2015).
Das senegalesische Strafgesetzbuch vom 21. Juli 1965 findet sich in der Fassung von 1999 auf der vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) betriebenen Website Refworld:
- Code pénal (Senegal), Loi de base No. 65-60, 21. Juli 1965 (verfügbar auf Refworld)
Das Dokument wurde nach den Suchbegriffen "sexuel" und "sexe" durchsucht, allerdings wurden dabei keine rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf außerehelichen Geschlechtsverkehr gefunden. Auch die Suchbegriffe "mariage", "marié" und "conjugale" brachten diesbezüglich keine Ergebnisse.
In einem im März 2013 veröffentlichten Artikel der senegalesischen Nachrichtenwebsite Leral.net wird erwähnt, dass das senegalesische Strafgesetzbuch von 1965 seit dem Jahr 2000, in dem einige Abänderungen vorgenommen worden seien, unverändert sei.
Das Abänderungsgesetz zum Strafgesetzbuch aus dem Jahr 2000 findet sich unter folgendem Link:
- Loi N° 2000-38 du 29 décembre 2000 modifiant le Code pénal. In:
Journal Officiel de la République du Sénégal, 10. Februar 2001, S. 67-70 (verfügbar auf der Website des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, IKRK)
https://www.icrc.org/applic/ihl/ihlnat.nsf/0/817b98ba3f48b58fc12571150038b523/ $FILE/Penal%20Code%20-%20Senegal%20-%20FR.pdf
Auch darin wurden keine rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf außerehelichen Geschlechtsverkehr gefunden. Das Coram Children's Legal Centre, eine im Vereinigten Königreich ansässige Wohlfahrtsorganisation, die sich für die Rechte von Kindern weltweit einsetzt, geht in einem im März 2014 veröffentlichten Bericht für die International Planned Parenthood Federation (IPPF), einem Dachverband im Bereich der Familienplanung, auf die rechtlichen Barrieren im Senegal beim Zugang von jungen Menschen zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit ein. In der Zusammenfassung des Berichts wird erwähnt, dass zu den direkten rechtlichen Barrieren die Strafbarkeit von Abtreibungen, ausgenommen als letzter Ausweg zur Rettung des Lebens der Mutter, sowie die Strafbarkeit von Homosexualität zählen würden.
Zu den indirekten rechtlichen Barrieren würden die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen, an denen Personen unter 16 Jahren beteiligt seien, das gesetzlich vorgeschriebene Mindestheiratsalter von 18 für Jungen und 16 für Mädchen sowie die Festlegung des Alters der gesetzlichen Volljährigkeit auf 18 Jahre gehören. Zwar würden diese rechtlichen Regelungen den Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit nicht direkt behindern, jedoch würden sie in einem Kontext interpretiert und angewendet, in dem es jungen Leuten durch gesellschaftliche Normen verboten sei ("normatively prohibited"), vor Erreichen des Erwachsenenalters und dem Eingehen einer Ehe sexuell aktiv zu sein [...].
Ulrike Schuerkens von der französischen Hochschule École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) schreibt in einem Beitrag in einer 2013 erschienenen Enzyklopädie zur Kultursoziologie der Scheidung, dass fast alle erwachsenen SenegalesInnen verheiratet seien und vorehelicher Geschlechtsverkehr im Senegal mit einem Stigma behaftet sei. Alles deute darauf hin, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr im Senegal sogar weit seltener vorkomme als in den in Bezug auf Sexualität konservativsten Ländern im Westen [...].
Der staatliche Auslandssender der USA, Voice of America (VOA), erwähnt in einem Artikel vom Juli 2012, dass laut den Vereinten Nationen kulturelle Normen im Senegal die Menschen davon abbringen würden, vor- bzw. außerehelichen Geschlechtsverkehr zu haben [...].
Im oben bereits erwähnten senegalesischen Strafgesetzbuch von 1965 finden sich in den Artikeln 329 bis 331 Bestimmungen zum Ehebruch.
Laut Artikel 329 kann der Ehebruch nur vom jeweils anderen Ehepartner angezeigt werden. Polygamie bei Ehemännern stellt, solange sie in gewohnheitsrechtlich tolerierter Art und Weise praktiziert wird ("usages tolérés par la coutume"), jedoch keinen Ehebruch dar.
Artikel 330 sieht unter anderem vor, dass der/die EhebrecherIn mit einer Geldstrafe von 20.000 bis 100.000 Francs belegt wird. Der Person, mit der der Ehebruch begangen wurde, droht dieselbe Strafe, so Artikel 331. Die einzigen Beweise, die gegen den/die Mitbeschuldigte(n) angeführt werden können, sind, neben dem Ertappen auf frischer Tat, ein Geständnis oder vom Mitbeschuldigten verfasste Briefe bzw. andere Schriftstücke [...]
Beth Buggenhagen, eine Anthropologin an der Indiana University Bloomington mit geographischer Spezialisierung unter anderem auf den Senegal, antwortet in einer E-Mail- Auskunft vom 22. April 2015 wie folgt auf die Frage, ob außerehelicher Geschlechtsverkehr im Senegal strafbar sei: Sie sei nicht in der Lage zu bestätigen, dass Ehebruch nach dem Zivilgesetzbuch (das weitestgehend auf französischem Recht basiere) strafbar sei. Allerdings sei der Senegal zu 95 Prozent muslimisch und nach muslimischem Familienrecht seien Ehebruch strafbar und die entsprechenden Bestimmungen vollstreckbar. Im Allgemeinen mische sich der Staat nicht in das muslimische Familienrecht ein. Sie sei sich sicher, so Buggenhagen weiter, dass es viele, viele Fälle von Frauen (und möglicherweise auch Männern) gebe, die in ihren Gemeinschaften von muslimischen Personen ("Muslim figures") bestraft würden. Obwohl die Scharia im Senegal nicht offiziell anerkannt sei, sei es ein Erbe der französischen Kolonialherrschaft, dass man sich, insbesondere in ländlichen Gegenden, bei Angelegenheiten des Familienrechts den muslimischen Kongregationen (Tidschani, Muriden, Qadiriyya und Layenne) füge. Dies werde bis heute so gehandhabt [...]
Die senegalesische Nachrichtenwebsite Setal.net berichtet in einem Artikel vom Februar 2014 über eine Untersuchung, die von der senegalesischen Tageszeitung Observateur durchgeführt worden sei. Dem Artikel zufolge habe sich der Observateur für Ortschaften im laizistischen Senegal interessiert, in denen die Scharia angewendet werde. Dabei hätten die Orte Thiénaba Seck, Médina Gounass und Maïmounatou herausgeragt.
Für den ersten Ort, Thiénaba Seck, der rund 15 Kilometer von Thiès entfernt liege, sei festgestellt worden, dass dort das islamische Recht in seiner vollen Härte angewendet werde. Zum Beispiel würden EhebrecherInnen ("fornicateurs") mit 100 Peitschenhieben bestraft. Am Vorabend des letzten Gamu (Feierlichkeiten zum Geburtstag des Propheten Mohammed, Anm. ACCORD) sei ein islamisches Gericht zusammengekommen und 8 Personen hätten jeweils 100 Peitschenhiebe erhalten. Mädchen, die außerehelich schwanger würden, würden das Dorf verlassen. Nach der Niederkunft würden sie zurückkehren, um sich zu rehabilitieren.
Im Gegensatz zu Thiénaba Seck werde in Maïmounatou Ehebruch nicht gemäß den Bestimmungen der Scharia geahndet und Dieben würden nicht die Hände abgehackt. Allerdings fordere das Dorf die Genehmigung vom Staat, dies tun zu können [...].
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 29. April 2015)
- Buggenhagen: E-Mail-Auskunft, 22. April 2015
- Code pénal (Senegal), Loi de base No. 65-60, 21. Juli 1965 (verfügbar auf Refworld)
- IPPF - International Planned Parenthood Federation: Over-protected and under-served: A multi-country study on legal barriers to young people's access to sexual and reproductive health services; Senegal case study (Autor: Coram Children's Legal Centre), März 2014 http://www.ippf.org/sites/default/files/ippf_coram_senegal_report_eng_web.pdf
- Leral.net: Pour actualiser le Code pénal sénégalais, le Procureur Alioune Ndao et 25 hommes de Droit en conclave à Somone, 21. März 2013
- Loi N° 2000-38 du 29 décembre 2000 modifiant le Code pénal. In:
Journal Officiel de la République du Sénégal, 10. Februar 2001, S. 67-70 (verfügbar auf der Website des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, IKRK)
https://www.icrc.org/applic/ihl/ihlnat.nsf/0/817b98ba3f48b58fc12571150038b523/ $FILE/Penal%20Code%20-%20Senegal%20-%20FR.pdf
- Professor für Afrikanische Studien: E-Mail-Auskunft, 17. April 2015
- Schuerkens, Ulrike: Senegal. In: Cultural Sociology of Divorce: An Encyclopedia (Hg.: Robert E. Emery), 2013, S. 1077-1079 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=ix9zAwAAQBAJ&pg=PA1077&lpg=PA1077&dq=premarital sex in senegal&source=bl&ots=wQ7QBteD1r&sig=EwIuyI56BbKjzYLR4PZzmdOTRo&hl=de&sa=X&ei=e2cvVb6iHKHgywObn4HQCA&ved=0CGIQ6AEwCQ #v=onepage&q=premarital%20sex%20in%20senegal&f=false
- Setal.net: Médina Gounass, Thiénaba Seck et Maïmounatou: des villages sénégalais où la Charia islamique est appliquée, 22. Februar 2014
- VOA - Voice of America: Senegal Vigilant Against HIV/AIDS Despite Success, 10. Juli 2012
http://www.voanews.com/content/senegal-vigilant-against-hiv-aids-despitesuccess/1382032.html
Einfluss führender muridischer Marabouts insbesondere auf Polizei und Justiz (inkl. regionaler Unterschiede):
Jeune Afrique, ein wöchentlich erscheinendes Nachrichtenmagazin mit Sitz in Paris, das schwerpunktmäßig zu politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Themen im frankophonen Afrika und im Maghreb berichtet, schreibt im März 2012, dass die Muridiyya, die eine der beiden wichtigsten Bruderschaften des Senegal darstelle, weltweit über 4 Millionen AnhängerInnen verfüge. In der Stadt Touba, in deren Zentrum eine große muridische Moschee stehe, habe Kalif Scheich Sidy El Mokhtar Mbacké, Oberhaupt der Muriden seit Juli 2010, das Sagen. Diese Macht könne ihm niemand, nicht einmal der Staatspräsident, streitig machen. Obwohl die Bevölkerung Toubas auf mehr als eine Million angewachsen sei, habe sich die Stadt ihren ursprünglichen administrativen Status einer "ländlichen Gemeinde" bewahrt. In Touba gebe es keine gewählten Amtsträger, sondern nur Berater, die allesamt vom Kalifen in ihre Ämter eingesetzt würden. Laut einem Berater des Präsidenten dieser ländlichen Gemeinde erlaube dies dem Kalifen, seine Macht über die Stadt zu bewahren. Doch der Einfluss des Kalifen reiche weit über Touba hinaus. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vom Februar 2012 hätten sich fast alle Präsidentschaftskandidaten zum Kalifen begeben, um ihn zu bitten, eine Wahlanweisung ("ndiguël") zu erlassen. Die Wahl des Muriden Abdoulaye Wade [Staatspräsident von April 2000 bis April 2012, Anm. ACCORD] zum Präsidenten habe ein Ende der bisherigen Bemühungen um eine gewisse Distanz des Staates zur Religion eingeläutet. Unmittelbar nach seinem Wahlsieg habe sich Wade in Touba vor dem Kalifen niedergekniet und dies damit begründet, dass er nicht in seiner Funktion als Staatschef, sondern als "Jünger" der Muridiyya nach Touba gefahren sei. Im Laufe seiner Präsidentschaft habe Wade dem Kalifen mehrmals die Treue geschworen und Geschenke gemacht. Kürzlich habe er erklärt, dass man Touba nicht gleich den anderen religiösen Zentren des Landes behandeln dürfe. Laut dem Islamwissenschaftler Abdoul Aziz Kébé, welcher der Bruderschaft der Tidjaniya angehöre, habe man vor der Präsidentschaft Wades nicht darauf geachtet, ob jemand Muride sei oder nicht. Nun achte man jedoch sehr wohl darauf. Laut einem Experten in Tivaouane, dem Zentrum der Tidjaniya, würden die höchsten politischen Ämter im Land, darunter die wichtigsten Ministerposten der Regierung Wade, von militanten Muriden besetzt [...].
In einem Artikel vom Jänner 2013 schreibt die französische Tageszeitung Le Figaro, dass der Kalif der Muriden die Politiker, die vor jeder Wahl um seine Unterstützung werben würden, ohne Unterschied behandle und keinen von ihnen offiziell unterstütze. Abdoulaye Wade habe seinerzeit erklärt, er sei in Dakar Präsident, bleibe in Touba jedoch ein Talibé. Die Zeitung bemerkt, dass Macky Sall, der Wade im Jahr 2012 im Präsidentenamt nachgefolgt sei, genauso denke wie Wade [...].
Der staatliche US-Auslandssender Voice of America (VOA) berichtet im März 2012, dass der Marabout Scheich Béthio Thioune, der über etwa 500.000 AnhängerInnen verfüge, bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im März 2012 den amtierenden Präsidenten Wade unterstützt habe, nachdem ihm angeblich ein früherer Kalif der Muridiyya in einem Traum erschienen sei und ihm aufgetragen habe, seinen Jüngern die Anweisung ("ndiguël") zu erteilen, für Wade zu stimmen. Andere würden vermuten, dass manche Marabouts wie Thioune im Gegenzug für ihre Unterstützung Geld erhalten würden. Derartige Geldzahlungen seitens der Regierung seien laut dem politischen Analysten Abdou Lô ein häufiges Phänomen und würden Marabouts einen gewissen materiellen Wohlstand sichern. Laut einem Anhänger von Thioune sei einem solchen "ndiguël" unverzüglich und vorbehaltlos Folge zu leisten. Allerdings würden sich Lô zufolge viele Anführer der großen Marabout-Bruderschaften in politischen Belangen neutral verhalten, da ihnen bewusst sei, dass ihr Einfluss außerhalb des religiösen Bereichs im Abnehmen begriffen sei [...].
Ein Professor für afrikanische Politik an einer Universität in den USA teilte in einer E-Mail-Auskunft vom 13. Jänner 2015 Folgendes mit:
"I am afraid that there are no straightforward answers to your questions. Religious leaders are indeed important in Senegal and carry significant weight in certain decisions. Senegal is also a democracy that largely respects human rights issues and where individuals have reasonable recourse to the justice system."
(Professor für afrikanische Politik, 13. Jänner 2015)
Lage von erwachsenen bzw. früheren Talibés, die bei ihren Marabouts in Ungnade gefallen sind (Behandlung durch Gesellschaft, religiöse Führer, Justiz, die eigenen "Häuser", aber auch andere "Häuser" etc.):
Der oben genannte Professor für afrikanische Politik an einer Universität in den USA schrieb in der E-Mail-Auskunft vom 13. Jänner 2015:
"From what I can gather from your comments, it seems you are dealing with a personal conflict/sex scandal. As anywhere, this could of course lead to violence between individuals, but without intimate knowledge of the case I cannot judge whether the person is at any risk, and if so what. He should in any case certainly demand and expect appropriate protection from the state authorities if he feels at risk." (Professor für afrikanische Politik, 13. Jänner 2015)
Jeune Afrique berichtet, dass Scheich Bethio Thioune, der als einer der einflussreichsten muridischen Marabouts im Senegal gelte, am 23. April 2012 verhaftet worden sei, nachdem zwei vergrabene Leichen in seinem Garten aufgefunden worden seien. Am 26. April sei er wegen Beihilfe zum Mord, ungenehmigter Begrabung von Toten, Hortung von Waffen und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden. Es sei sofort ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden, und er befinde sich in der Haftanstalt in der Stadt Thiès. Bei den Toten handle es sich um Bara Sow (37 Jahre) und Ababacar Diagne (40 Jahre), die beide Jünger von Thioune gewesen seien. Diese Tat habe sich ereignet, nachdem sich Bara Sow zum Haus von Thioune im Dorf Keur Samba Laobé (nahe Thiès) begeben habe, um ihn zu bitten, Gebete zu sprechen. Der Marabout sei jedoch nicht gewillt gewesen, Sow zu empfangen und habe ihn sogar wegen "Blasphemie" ins Gefängnis sperren lassen, da er ihn (den Marabout) als Gott behandelt habe. Angesichts der Entschlossenheit von Sow und seinen Freunden sei es dann zu einem Handgemenge gekommen. Während die meisten Mitglieder der Gruppe geflohen seien, seien Sow und Diagne von den anderen Jüngern von Thioune zu Tode geprügelt worden. Ermittlern zufolge seien die Leichen dann in einem 1,5 Kilometer vom Dorf gelegenen "Sammelgrab" vergraben worden. Der Staatsanwalt von Thiès gehe von einer persönlichen Verstrickung von Thioune in den Mordfall aus
[...].
Slate Afrique, ein in Paris betriebener Ableger des US-Online-Magazins Slate, schreibt im April 2012 unter Berufung auf die senegalesische Nachrichtenwebsite Dakaractu, dass die beiden Jünger (Talibés) des Scheichs Béthio Thioune deshalb getötet worden seien, weil sie den Marabout als einen Gott behandelt hätten. Für Thioune allerdings sei Serigne Saliou Mbacké, der im Jahr 2007 verstorbene fünfte Kalif der Muridiyya, der einzige Gott. Daher habe Thioune zehn seiner Jünger angewiesen, Sow und Diagne wegen dieser "Majestätsbeleidigung" zu bestrafen. Die beiden Männer seien vor den Augen des Marabout gefoltert worden, der dann angeordnet habe, die Leichen in einem Lieferwagen wegzutransportieren und zu begraben. Später habe die Polizei elf Jünger festgenommen, welche die Beamten dann zu dem Ort geführt hätten, an dem die beiden Leichen vergraben worden seien. Daraufhin habe der Staatsanwalt von Thiès die Festnahme von Thioune angeordnet [...]
Im Juli 2012 schreibt Slate Afrique, dass dieser Fall um Béthio Thioune für ein "Erdbeben" im Senegal gesorgt habe. Den meisten SenegalesInnen sei klar, dass Thioune unter Präsident Wade niemals dafür zur Rechenschaft gezogen worden wäre. Lange Zeit über sei die politische Geschichte des Landes von einer ambivalenten Beziehung zwischen den Regierenden und den religiösen Führern bestimmt gewesen. Seit einigen Jahren würden es die Marabouts nicht mehr wagen, sich mittels "ndiguëls" in öffentliche Debatten bei Wahlen einzubringen. So habe Wade vor der Präsidentschaftswahl 2012 vergeblich um die Unterstützung der Marabouts gebuhlt. Der einzige religiöse Führer, der ihn unterstützt habe, sei Béthio Thioune gewesen. Marabouts hätten nämlich erheblich an Ansehen verloren, und ihre Jünger würden die zahlreichen Vorteile, die sie genießen würden, zunehmend kritisch betrachten [...].
Jeune Afrique berichtet in einem weiteren Artikel, dass eine Gruppe von aufgebrachten Talibés am 20. Juni 2014 in Touba zwei Häuser, eine Bäckerei und ein Fahrzeug von Moustapha Cissé, dem Vize-Präsidenten des Parlaments, in Brand gesteckt hätten. Die Talibé hätten Cissé, der ebenfalls Muride sei, vorgeworfen, bei einem privaten Gespräch, das ohne sein Wissen aufgezeichnet worden sei, einen religiösen Würdenträger der Muriden beleidigt zu haben. 19 Personen, die wegen mutmaßlicher Beteiligung an den Ausschreitungen in Untersuchungshaft genommen worden seien, seien von den Ermittlern am 22. Juni wieder freigelassen worden. Laut einem Berater des Präsidenten könne es sich bei den Freilassungen um einen Akt der "Beschwichtigung" gehandelt habe. Die Richtervereinigung habe darin indes eine "Ungleichbehandlung" und eine "inakzeptable Einmischung der Exekutive in die Arbeit der Justiz" gesehen [...].
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 12. Jänner 2015)
- HRW - Human Rights Watch: Senegal: Urgent Action Needed on Forced Child Begging, März 2014 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1395264200_senegal0314-forupload.pdf
- Jeune Afrique: Sénégal : marabout power ou l'influence des confréries, 6. März 2012
- Jeune Afrique: Sénégal : Cheikh Bethio Thioune inculpé pour meurtre et incarcéré à la prison de Thiès, 26. April 2012 http://www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20120426182204/justice-meurtremacky-sall-abdoulaye-wade-s-n-gal-s-n-gal-cheikh-bethio-thioune-inculp-pour-meurtreet-incarc-r-la-prison-de-thi-s.html
- Jeune Afrique: Sénégal : Touba hors la loi?, 8. Juli 2014 http://www.jeuneafrique.com/Article/JA2790p034.xml1/
- Le Figaro: L'autre Mecque est en Afrique, 11. Jänner 2013 http://www.lefigaro.fr/international/2013/01/11/01003-20130111ARTFIG00629-lautre-mecque-est-en-afrique.php
- NYT - New York Times: Murder Case Against a Sheik Tests Senegal's New President, 19. November 2012 http://www.nytimes.com/2012/11/20/world/africa/murder-case-against-cheikh-bethiothioune-tests-senegals-new-government.html?_r=0
- Professor für afrikanische Politik: E-Mail-Auskunft, 13. Jänner 2015
- Slate Afrique.com: Sénégal - Le marabout a-t-il commandité le meurtre de ses disciples qui le prenaient pour dieu?, 24. April 2012 http://www.slateafrique.com/86201/senegal-le-marabout-t-il-commandite-le-meurtrede-ses-disciples-qui-le-prenaient-pour-dieu
- Slate Afrique: Sénégal: la fin des privilèges pour les marabouts, 19. Juli 2012
http://www.slateafrique.com/86713/fin-des-privileges-pour-les-marabouts-macky-sall
- VOA - Voice of America: Spiritual Leaders Play Important Role in Senegal Election, 20. März 2012 http://www.voanews.com/content/spiritual-leaders-play-important-role-in-senegalelection-143635926/179127.html
- Walfadjri: Les talibés mettent le feu aux domiciles de Cissé Lô, 21. Juni 2014
Berichte über Fälle, in denen AnhängerInnen der Muriden außerhalb des gesetzlichen Rahmens Selbstjustiz verübt haben:
Die senegalesische Online-Zeitung PressAfrik schreibt in einem älteren Artikel vom September 2011, dass Oustaz Taïb Socé, Prediger eines Fernsehsenders sowie eines Radiosenders im Senegal, einem Mordversuch durch Jünger ("talibés") der Muriden entkommen sei. Diese seien der Meinung gewesen, Taïb Socé habe sich unhöflich gegenüber dem Gründer des Muridismus, Scheich Ahmadou Bamba, geäußert. Laut der senegalesischen Zeitung Tribunal hätten sich die Jünger auf den Weg zum Haus von Taïb Socé in Cambérène 2 (Stadtteil von Dakar, Anm. ACCORD) gemacht, nachdem im Radio eine Fatwa (von einer muslimischen Autorität erteilte Rechtsauskunft, Anm. ACCORD) von Serigne Moustapha Diakhaté gesendet worden sei. Vor dem Haus seien sie allerdings auf ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften gestoßen, von denen sie schließlich vertrieben worden seien. Der General-Kalif der Muriden habe seine Jünger zur Ruhe aufgerufen und mitgeteilt, dass ein Jünger nicht zur Selbstjustiz greifen solle, bevor er nicht alle Seiten dazu aufgerufen habe, Vernunft walten zu lassen [...].
In einem ebenfalls älteren, auf dem senegalesischen Nachrichten- und Unterhaltungsportal Seneweb.com veröffentlichten Artikel vom Dezember 2011 wird berichtet, dass AnhängerInnen der Muriden das Zuhause von Oustaz Abdoul Karim Ndour, einem Prediger der Bewegung Al Fallah in der Stadt Diourbel, angegriffen hätten. Dabei seien vier Mitglieder der Familie Karim Ndours schwer verletzt, das Haus verwüstet und sein Auto mit Steinen beworfen worden. Außerdem sei die Moschee angegriffen worden, in der Karim Ndour als Imam arbeite. Dem Vorsitzenden der Bewegung Al Fallah zufolge werde Karim Ndour vorgeworfen, sich während einer Predigt abfällig gegenüber den Muriden geäußert zu haben [...].
Jeune Afrique, ein französischsprachiges Wochenmagazin zur Politik, Wirtschaft und Kultur Afrikas, berichtet, dass Scheich Bethio Thioune, der als einer der einflussreichsten muridischen Marabouts (muslimischer religiöser Führer, Anm. ACCORD) im Senegal gelte, am 23. April 2012 verhaftet worden sei, nachdem zwei vergrabene Leichen in seinem Garten aufgefunden worden seien. Am 26. April sei er wegen Beihilfe zum Mord, ungenehmigter Begrabung von Toten, Hortung von Waffen und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden. Es sei sofort ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden, und er befinde sich in der Haftanstalt in der Stadt Thiès. Bei den Toten handle es sich um Bara Sow (37 Jahre) und Ababacar Diagne (40 Jahre), die beide Jünger von Thioune gewesen seien. Diese Tat habe sich ereignet, nachdem sich Bara Sow zum Haus von Thioune im Dorf Keur Samba Laobé (nahe Thiès) begeben habe, um ihn zu bitten, Gebete zu sprechen. Der Marabout sei jedoch nicht gewillt gewesen, Sow zu empfangen und habe ihn sogar wegen "Blasphemie" ins Gefängnis sperren lassen, da er ihn (den Marabout) als Gott behandelt habe. Angesichts der Entschlossenheit von Sow und seinen Freunden sei es dann zu einem Handgemenge gekommen. Während die meisten Mitglieder der Gruppe geflohen seien, seien Sow und Diagne von den anderen Jüngern von Thioune zu Tode geprügelt worden. Ermittlern zufolge seien die Leichen dann in einem 1,5 Kilometer vom Dorf gelegenen "Sammelgrab" vergraben worden. Der Staatsanwalt von Thiès gehe von einer persönlichen Verstrickung von Thioune in den Mordfall aus
[...].
Slate Afrique, ein in Paris betriebener Ableger des US-Online-Magazins Slate, schreibt im April 2012 unter Berufung auf die senegalesische Nachrichtenwebsite Dakaractu, dass die beiden Jünger des Scheichs Béthio Thioune deshalb getötet worden seien, weil sie den Marabout als einen Gott behandelt hätten. Für Thioune allerdings sei Serigne Saliou Mbacké, der im Jahr 2007 verstorbene fünfte Kalif der Muridiyya, der einzige Gott. Daher habe Thioune zehn seiner Jünger angewiesen, Sow und Diagne wegen dieser "Majestätsbeleidigung" zu bestrafen. Die beiden Männer seien vor den Augen des Marabout gefoltert worden, der dann angeordnet habe, die Leichen in einem Lieferwagen wegzutransportieren und zu begraben. Später habe die Polizei elf Jünger festgenommen, welche die Beamten dann zu dem Ort geführt hätten, an dem die beiden Leichen vergraben worden seien. Daraufhin habe der Staatsanwalt von Thiès die Festnahme von Thioune angeordnet [...].
Jeune Afrique berichtet in einem weiteren Artikel, dass eine Gruppe von aufgebrachten Jüngern am 20. Juni 2014 in Touba zwei Häuser, eine Bäckerei und ein Fahrzeug von Moustapha Cissé, dem Vize-Präsidenten des Parlaments, in Brand gesteckt hätten. Die Jünger hätten Cissé, der ebenfalls Muride sei, vorgeworfen, bei einem privaten Gespräch, das ohne sein Wissen aufgezeichnet worden sei, einen religiösen Würdenträger der Muriden beleidigt zu haben. 19 Personen, die wegen mutmaßlicher Beteiligung an den Ausschreitungen in Untersuchungshaft genommen worden seien, seien von den Ermittlern am 22. Juni wieder freigelassen worden. Laut einem Berater des Präsidenten könne es sich bei den Freilassungen um einen Akt der "Beschwichtigung" gehandelt habe. Die Richtervereinigung habe darin indes eine "Ungleichbehandlung" und eine "inakzeptable Einmischung der Exekutive in die Arbeit der Justiz" gesehen [...].
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 29. April 2015)
- ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Senegal: 1) Einfluss führender muridischer Marabouts insbesondere auf Polizei und Justiz (inkl. regionaler Unterschiede); 2) Lage von erwachsenen bzw. früheren Talibés, die bei ihren Marabouts in Ungnade gefallen sind (Behandlung durch Gesellschaft, religiöse Führer, Justiz, die eigenen "Häuser", aber auch andere "Häuser" etc.) [a-9022], 12. Jänner 2015.
- Buggenhagen, Beth: E-Mail-Auskunft, 22. April 2015.
- Jeune Afrique: Sénégal : Cheikh Bethio Thioune inculpé pour meurtre et incarcéré à la prison de Thiès, 26. April 2012 http://www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20120426182204/justicemeurtremacky-sall-abdoulaye-wade-s-n-gal-s-n-gal-cheikh-bethio-thioune-inculp-pourmeurtreet-incarc-r-la-prison-de-thi-s.html
- Jeune Afrique: Sénégal : Touba hors la loi?, 8. Juli 2014 http://www.jeuneafrique.com/Article/JA2790p034.xml1/
- Le Témoin: Touba, Cimitière de la République, 29. Juni 2014 (verfügbar auf seneplus.com)
http://www.seneplus.com/article/touba-cimetière-de-larépublique…
- Libération: Sénégal: Mbacké et Touba, vice et versets, 25. Jänner 2015
http://www.liberation.fr/monde/2015/01/25/senegal-mbacke-et-touba-vice-etversets_1188440
- NYT - New York Times: Murder Case Against a Sheik Tests Senegal's New President, 19. November 2012 http://www.nytimes.com/2012/11/20/world/africa/murder-case-against-cheikh-bethiothioune-tests-senegals-new-government.html?_r=0
- PressAfrik : Pour avoir offense Serigne Touba, Taïb Socé et sa famille échappent à un lynchage, 15. September 2011 http://www.pressafrik.com/Pour-avoir-offense-Serigne-Touba-Taib-Soce-et-sa-familleechappent-a-un-lynchage_a67255.html
- Seneweb.com: Différend entre talibés mourides et le movement Al Fallah de Diourbel: Serigne Mourtada Mbacké joue la carte de l'apaisement, 12. Dezember 2011 http://www.seneweb.com/news/Societe/differend-entre-talibes-mourides-et-lemouvement-al-fallah-de-diourbel-serigne-mourtada-mbacke-joue-la-carte-de-l-rsquoapaisement_n_55652.html
- Slate Afrique.com: Sénégal - Le marabout a-t-il commandité le meurtre de ses disciples qui le prenaient pour dieu?, 24. April 2012 http://www.slateafrique.com/86201/senegal-le-marabout-t-il-commandite-le-meurtrede-ses-disciples-qui-le-prenaient-pour-dieu
- Walfadjri: Les talibés mettent le feu aux domiciles de Cissé Lô, 21. Juni 2014
Informationen zur Familie von Serigne Sidy Mokhtar Mbacké (insbesondere Ehefrauen und Töchter):
Jeune Afrique, ein französischsprachiges Wochenmagazin zur Politik, Wirtschaft und Kultur Afrikas, berichtet in einem Artikel vom Juli 2010 über den Tod des sechsten General-Kalifen der Muriden, Serigne Mouhamadou Lamine Bara Mbacké. Sein Nachfolger Sidy El Moctar Mbacké, besser bekannt als Serigne Scheich Maty Lèye, sei am 1. Juli 2010 eingesetzt worden. Bei dem neuen Kalifen, der im Jahr 1925 in Mbacké Kadior geboren worden sei, handle es sich um den Sohn von Serigne Lamine Bara Mbacké und den Enkel des Gründers der Muridiyya, Scheich Ahmadou Bamba. Der siebte Kalif der Muriden sei ein zurückhaltender und bescheidener Mann, den viele Senegalesen erst im Zuge seiner Amtseinsetzung kennengelernt hätten [...].
In einem auf dem senegalesischen Nachrichten- und Unterhaltungsportal Seneweb.com veröffentlichten Artikel vom Juli 2010 wird erwähnt, dass der neue Kalif Scheich Sidy Moukhtar Mbacké besser als Serigne Scheich Maty Lèye bekannt sei, ein Name, der eine Referenz auf seine Mutter darstelle. Beim Vater des Kalifen habe es sich um Serigne Bara Mbacké gehandelt [...].
Die senegalesische Nachrichtenwebsite Dakaractu berichtet in einem Artikel vom Februar 2015 über die Vorbereitungen zum Magal (muslimische Wallfahrt, Anm. ACCORD) von Mbacké Cadior. Beim Treffen des Vorbereitungsausschusses sei auch eine Delegation religiöser Autoritäten zugegen gewesen, darunter Serigne Moustapha Mbacké, ältester Sohn des General-Kalifen der Muriden, sowie sein Bruder Scheich Bara Lath [...]
In einem im Juli 2014 veröffentlichten Artikel der senegalesischen Nachrichtenwebsite Thiesvision.com wird eine Person namens Serigne Bara Maty Lèye als Sohn des General-Kalifen der Muriden erwähnt. Bei den Lokalwahlen in Mbacké-Cadior habe Serigne Bara Maty Lèye, der für die Alliance pour la République angetreten sei, rund 50 Stimmen weniger erhalten als sein Widersacher von der Parti Sénégalais Démocratique [...].
Auf der senegalesischen Nachrichtenwebsite Rewmi.com findet sich ein undatierter Artikel mit Auszügen eines Interviews mit Sidy Moctar Mbacké, dem General-Kalifen der Muriden. Unter anderem erwähnt der General-Kalif, dass sein Sohn Scheich Abdou Latif Mbacké der Imam der Moschee in der Ortschaft Kër Ngana sei [...].
Seneweb.com berichtet in einem Artikel vom August 2014, dass der Bürgermeister Dakars dem General-Kalifen der Muriden einen Besuch abgestattet habe, um diesem sein Beileid zum Tod von Sokhna Gasse Diakhaté, eine der Ehefrauen des General-Kalifen, auszusprechen
[...].
Ein undatierter Artikel der senegalesischen Nachrichtenwebsite Le Dakarois führt an, dass es sich bei der verstorbenen Sokhna Gaass Diakhaté um die zweite Ehefrau des General-Kalifen der Muriden gehandelt habe [...].
Lifixew.com, eine Nachrichtenwebsite für die senegalesische Diaspora in Kanada, erwähnt in einem undatierten Artikel, dass Serigne Scheich Bara Maty Lèye, der Sohn des General-Kalifen, vor einem Mann namens Mara Diop gewarnt habe. Dieser gebe sich als Sohn von Sokhna Maimouna Mbacké aus, einer Tochter des General-Kalifen der Muriden
[...].
Die senegalesische Nachrichtenwebsite Ajo News berichtet im April 2014, dass ein Mann namens Serigne Amsatou Diakhaté verhaftet worden sei, der sich als Sohn des General-Kalifen der Muriden ausgegeben habe. Der Mann habe angegeben, Serigne Mohamed Mbacké zu heißen und der Sohn des General-Kalifen und seiner Ehefrau Sokhna Mai Mbacké zu sein. Sokhna Oumy Mbacké, eine Tochter des General-Kalifen und Vertreterin der Familie in Rufisque, habe allerdings, nachdem sie dem Mann gegenübergestellt worden sei, bestätigt, dass er nicht Teil der Familie Mbacké sei [...]
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 29. April 2015)
- Ajo News: Un faux Mbacké-Mbacké arrêté avec de la drogue, 24. April 2014
http://ajonews.info/un-faux-mbacke-mbacke-arrete-avec-de-la-drogue/
- Dakaractu: Magal de M'backé Cadior 2015: Louga se prépare activement, 18. Februar 2015
http://www.dakaractu.com/Magal-de-M-backe-Cadior-2015-Louga-se-prepareactivement_a84520.html
- Jeune Afrique: Serigne Cheikh Maty Lèye succeed au sixième khalife, 6. Juli 2010
- Le Dakarois: Serigne Sidy Makhtar En Deuil: Sokhna Gaass Diakhaté sa 2ème épouse s'est
éteinte, ohne Datum
http://www.ledakarois.net/sokhna-gaass-diakhate-sa-2eme-epouse-s-est-eteinte.html
- Lifixew.com: Touba En Alerte Sur Les Agissements D'Un Vrai Faux Petit-Fils Du Khalife En
Cavale, ohne Datum
- Rewmi.com: Exclusif Le Khalife Général Des Mourides, Sidy Moctar Mbacke Se Confie A Rewmi Quotidien : " J'Inscris Mon Action Dans La Continuité... ", ohne Datum
- Seneweb.com: Serigne Cheikh Maty Lèye Mbacké (Nouveau Khalife général des mourides) : Un soufi doublé d'un agriculteur, 2. Juli 2010
- Seneweb.com: Khalifa Sall à Touba pour présenter ses condoléances au Khalife Des Mourides, 3. August 2014 http://www.seneweb.com/news/Societe/khalifa-sall-a-touba-pour-presenter-ses-_n_131975.html
- Thiesvision.com: Mbacké-Cadior: Serigne Bara Maty Lèye perd devant Pape Ndiaye, 1. Juli 2014
http://www.thiesvision.com/Mbacke-Cadior-Serigne-Bara-Maty-Leye-perd-devant-Pape-Ndiaye_a12748.html "
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des BFA und des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere den Niederschriften und Rechercheergebnissen, sowie aus der mündlichen Verhandlung.
Für das Bundesverwaltungsgericht steht fest, dass die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers unglaubwürdig ist und zudem keine Fluchtgründe im Sinne der GFK vorliegen. Es konnte daher eine drohende Verfolgung im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers in wesentlichen Punkten vage, nicht plausibel und widersprüchlich blieben.
Das Bundesverwaltungsgericht bezweifelt aufgrund der Kenntnisse des Beschwerdeführers, dass dieser zum inneren Kreis des Kalifen, insbesondere zu den weiblichen Mitgliedern der Familie des Kalifen, Zugang hatte. Der Beschwerdeführer konnte den Kalifen nur sehr allgemein beschreiben. So sagte er, dass der Kalif einen langen schwarzen Bart habe und er ihn zwischen 60 und 70 Jahre alt schätze. Der Kalif ist jedoch über 90 Jahre und hat einen weißen Bart. Richtig ist hingegen seine Angabe, dass der Kalif in der Öffentlichkeit oft ein weißes Gewand und dunkle Brillen trage. Das deutet jedoch daraufhin, dass er den Kalifen nur von Bildern oder von öffentlichen Auftritten kennt. Ebenso sind seine Ortskenntnisse eher die eines Außenstehenden. Er weiß zwar, dass sich im Bereich der Moschee die Mausoleen der verstorbenen Kalifen befinden, den daneben befindlichen Friedhof kennt er aber nicht (vgl. google-map XXXX). Auch die Beschreibung der Unterkunft des Kalifen neben der großen Moschee ist äußerst vage. Widersprüchlich sind auch die Angaben über die Dauer seiner Tätigkeit beim Kalifen. In der mündlichen Verhandlung sagte der Beschwerdeführer, dass er im Haus des Kalifen wie ein Sohn gewesen sei und, wenn die Frauen was gebraucht hätten, sei er gerufen worden, wahrscheinlich, weil er schon so lange Zeit dort gewesen sei. Er sei seit 2004, 2005 oder 2006 dort gewesen (vgl. oben S 11). In der Einvernahme vor der Behörde gab er hingegen an, dass er nicht lange im Haus des Kalifen gearbeitet habe. Er habe vor dem Tod seiner Mutter 2013 mit der Arbeit begonnen (vgl. oben S 5). Widersprüchlich sind auch die Angaben über die Schwangerschaft der Tochter des Kalifen. In der mündlichen Verhandlung sprach er lediglich noch davon, dass ihm diese mitgeteilt habe, dass ihre Regel ausgeblieben sei. Der Beschwerdeführer gab auch zu, dass er weder vom Kalifen noch von dessen Anhängern bedroht worden sei. Er äußerte lediglich sehr vage, dass er bedroht werde, weil die Muriden ihr "eigenes Gesetz" anwenden würden. Dies seien die islamischen Regeln. Er habe Geschlechtsverkehr mit einer Frau, die nicht seine war, gehabt, es sei die Tochter des Kalifen und es sei auch noch in der heiligen Stadt gewesen. Wenn sie ihn finden würden, würden sie ihn schlagen oder töten oder er wisse es nicht. Konkreteres über eine Bedrohung konnte er nicht sagen.
Auch dass er seine Identität nicht nachweisen kann, da er angeblich seine Reisedokumente dem Schlepper habe übergeben müssen und dass er keinen Kontakt mehr zu seinem Onkel haben dürfe, macht den Beschwerdeführer in hohem Maße persönlich unglaubwürdig.
Die Schilderungen des Beschwerdeführers können also letztlich nicht einmal ansatzweise als plausibel und konsistent qualifiziert werden.
Doch selbst im Fall einer tatsächlichen Bedrohung durch einflussreiche religiöse Gruppen, ergibt sich aus den Länderfeststellungen und der individuellen Anfragebeantwortung, dass es für eine Einzelperson im Regelfall möglich und zumutbar ist, sich in einem Landesteil, im konkreten Fall in XXXX, niederzulassen und sich auf diese Weise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Gefahr zu entziehen. Es wird zwar darauf hingewiesen, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr mit einem Stigma behaftet wäre, doch außerehelicher Geschlechtsverkehr stellt keine strafbare Handlung dar (vgl. oben S 20). Bezüglich der Bedrohung durch den Kalifen ist festzuhalten, dass laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.01.2015 der Kalif der Machthaber in der Stadt sei und er dort die Macht, die ihm nicht mal der Staatspräsident streitig machen könne. Der Einfluss des Kalifen reiche auch weit über XXXX hinaus. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass es - wie überall - zu Gewalt zwischen Individuen kommen könne, dass aber eine Person sicherlich staatlichen Schutz verlangen könne und diesen auch erhalten würde. Aus den Länderinformationen geht klar hervor, dass die senegalesischen Behörden sowohl gewillt und auch in der Lage sind jemanden vor der Verfolgung durch Privatpersonen zu schützen. Der Kalif selbst gilt als bescheidener und zurückhaltender Mann und hat schon ausdrücklich bei Streitigkeiten zur Vernunft und Ruhe aufgerufen und seine Jünger vor Selbstjustiz gewarnt (vgl. oben S 26). Der Beschwerdeführer vermochte somit die diesbezüglichen Länderfeststellungen nicht auf substantiierte Weise in Zweifel zu ziehen. Der Beschwerdeführer hat die ersten 10 Lebensjahre in der Hauptstadt XXXX gelebt und hat nach eigenen Angaben dort einen Onkel. Es ist davon auszugehen, dass er mit dem Onkel wieder Kontakt aufnehmen und mit dessen Hilfe rechnen kann.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte nicht feststellen, dass, trotz einer seit kurzem bestehenden Lebenspartnerschaft, eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers vorliegt. Der Beschwerdeführer hat nur geringe Deutsch-Sprachkenntnisse und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
§ 11 AsylG 2005 lautet:
"(1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen."
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459; 28.05.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 06.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; 28.05.2009, 2008/19/1031). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid (bzw. das Asylerkenntnis) erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
Im vorliegenden Fall ist auf Grund der Sachverhaltsfeststellungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine drohende Verfolgung im Sinn der wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen nicht glaubhaft machen konnte. Sein Fluchtvorbringen war als unglaubwürdig zu beurteilen und außerdem stünde im Fall einer lokal begrenzten Privatverfolgung jedenfalls eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Ergebnis nicht von jenen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 FrG (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; 28.06.2005, 2005/01/0080), weshalb zur Auslegung die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden kann.
Nach dieser Rechtsprechung ist Voraussetzung für eine positive Entscheidung betreffend den subsidiären Schutz, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Landes in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203; 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028; 06.11.2009, 2008/19/0174).
Der Asylwerber hat glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Fall seiner Abschiebung in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewendet werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509; 22.08.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461; 25.01.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Im vorliegenden Fall liegen nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen keinerlei Umstände vor, welche ein Refoulement des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat als unzulässig erscheinen ließen, zumal in diesem Staat weder eine objektiv extreme Gefahrenlage in dem geschilderten Sinn noch eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers aus in seiner Person gelegenen Gründen zu befürchten ist.
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den Länderberichten und der individuellen Anfragebeantwortung lässt sich insbesondere keineswegs eine reale Gefahr ableiten, dass etwa ein arbeitsfähiger Mann in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfinden oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Der Beschwerdeführer hat jedenfalls wie jeder Rückkehrer auch die Möglichkeit, Unterstützung bei Verwandten, insbesondere seinem Onkel in XXXX, und Bekannten zu suchen.
Letztlich stellen sich also die Gefahren in Senegal in hohem Maße als spekulativ dar. Im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung kann keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK ausgegangen werden, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzes nicht vorliegen.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 55 AsylG 2005 lautet:
"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
§ 57 AsylG 2005 lautet:
"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
§ 58 AsylG 2005 lautet:
"§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
..."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
...
§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
...
§ 52 (1) ...
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
...
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
...
§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK wurde im vorliegenden Fall erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die näheren Umstände der Zumutbarkeit der Übersiedlung des Partners in das Heimatland des Beschwerdeführers sowie die Frage, inwieweit die Dauer des Asylverfahrens dem Beschwerdeführer anzulasten ist (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 39; 24.11.2009, 1820/08, Omojudi, RN 41; VfGH 07.10.2010, B 950/10; 01.07.2009, U 992/08 und U 1104/08; 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219).
Im vorliegenden Fall ist somit im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung zu prüfen, ob ein Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK zulässig ist.
Der Beschwerdeführer verbrachte nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens in Senegal. Im Jänner 2014 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Europa und hält sich seit 06.01.2014 aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf.
Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Deutsch-Kenntnisse. Er nahm 2014 an einem Deutschkurs teil und besucht derzeit einen A1-Deutschkurs. Eine Deutschprüfung hat er nicht abgelegt. Er spielte zeitweise in einem Hort einer Stadtgemeinde mit den Kindern Fußball. Weitere besondere Integrationsmaßnahmen wurden nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer verfügt über einen österreichischen Bekanntenkreis und ist seit ungefähr einem halben Jahr in einer fixen Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin. Seit Anfang Juni 2016 lebt er mit seiner Lebensgefährtin und deren vierjährigen Sohn in einem gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin ist derzeit beschäftigungslos und beabsichtigt im November eine Ausbildung als Heimhelferin zu beginnen. Der Beschwerdeführer hat ein gutes Einvernehmen zum Sohn der Lebensgefährtin, spielt mit diesem Fußball und holt ihn vom Kindergarten ab.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten und lebt von der Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Zweifelsfrei besteht eine aufrechte Lebensgemeinschaft und somit grundsätzlich ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8
EMRK.
Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes, führt im gegenständlichen Fall zu dem Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens als in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und verhältnismäßig zu beurteilen ist (vgl. zur zwingend vorgesehenen Ausweisung von Asylwerbern nach dem negativen Abschluss des Asylverfahrens zwecks Vermeidung einer Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch das Stellen von Asylanträgen z. B. VfGH 17.03.2005, G 78/04, und VwGH 08.09.2000, 2000/19/0043).
Der Beschwerdeführer ist erst 2014 nach Österreich gekommen und hat vor kurzem mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Lebensgemeinschaft begründet, obwohl sich beide bewusst sein mussten, dass dieser bloß einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus hat und somit kein ausreichender Grund zur Annahme bestand, er werde dauerhaft in Österreich bleiben dürfen. Hierzu stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der gesetzlich vorgesehene Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel in Österreich erlangen wollen, ein Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ist. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Es liegen auch keine anderen besonderen Gründe vor, im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung, einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Verbleib im Bundesgebiet im Sinne des Art. 8 EMRK erkennen zu können. Der Beschwerdeführer verfügt nur über geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Von einer Selbsterhaltungsfähigkeit in naher Zukunft ist nicht auszugehen. Derzeit leben auch die Lebensgefährtin und deren Kind ausschließlich von öffentlichen Leistungen. Für das Kind ist zweifellos die Lebensgefährtin als Mutter die primäre Bezugsperson. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich im kurzen Zeitraum der Partnerschaft ein besonders berücksichtigungswürdiges Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem vierjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin entwickelt hat.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.
Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.
Im Sinne der obigen Ausführungen sind daher auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben, ein diesbezüglich bestätigender formaler Abspruch hatte im Sinne des VwGH vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, jedoch ersatzlos zu entfallen.
Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen auch nicht vor. Der Beschwerdeführer befindet sich seit Jänner 2014 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt.
Auch liegen keine Voraussetzungen gemäß § 50 FPG vor, die eine Unzulässigkeit der Abschiebung nach Senegal rechtfertigen würde. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Senegal ist daher zulässig.
Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, war die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige besondere Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt worden.
Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 46 und § 52 FPG als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.
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