AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W159.1418656.1.00
Spruch:
W159 1418656-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des xxxx StA von Kirgisistan gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.3.2011, Zl. 10 10.919-BAT nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung von Spruchteil III. der Beschwerde wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG idgF auf Dauer unzulässig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Der Beschwerdeführer, ein kirgisischer Staatsbürger und Angehöriger der usbekischen Volksgruppe, gelangte am 22.11.2010 gemeinsam mit seiner Ehegattin xxxx sowie den Kindern xxxx unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag wurde er vom Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost erstmals einvernommen, wobei er zu seinen Fluchtgründen angab, dass er ein ethnischer Usbeke sei und seine Frau und seine Kinder auch keine Kirgisen und die Kirgisen seit 2010 keine andere Nationen auf ihrem Gebiet dulden würden. Im Juli 2010 seien in Osh 20.000 Usbeken getötet worden und ihre Häuser niedergebrannt worden, auch auf seinem Haus sei das Wort "Usbeke" geschrieben worden und dieses mit Steinen beworfen worden. Er habe seinen Beruf als xxxx nicht mehr ausüben können, da die Kirgisen die Bezahlung verweigert hätten. Außerdem sei seine Religionszugehörigkeit für ihn ein großer Nachteil gewesen, da er ein Christ sei. Deswegen seien sie gezwungen gewesen, das Haus zu verkaufen und das Land zu verlassen. Der Antragsteller legte eine Geburtsurkunde und eine Heiratsurkunde vor, hinsichtlich derer nach Untersuchung durch die Polizei keine Fälschungen oder Verfälschungen festgestellt werden konnten.
Nach Zulassung zum Asylverfahren wurde der Asylwerber am 21.12.2010 durch das Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen ausgiebig einvernommen. Eingangs der Befragung wiederholte der Beschwerdeführer nochmals, dass er ethnischer Usbeke sei und gesund, er sei verheiratet und er habe vier Kinder. Er sei erst seit 1996 Christ, vorher sei er Moslem gewesen, seine Eltern und sein Bruder würden noch in Kirgisistan leben, hätten aber auch die Absicht auszureisen. Er sei selbstständiger xxxx gewesen und zuvor xxxx. Ursprünglich habe er eine Ausbildung als xxxx für Haushaltstechnik absolviert, anfangs habe er als xxxx sehr gut verdient, aber die Geschäfte seien zurückgegangen und habe er auch falsch investiert. Sein Bruder arbeite jedoch noch in diesem Gewerbe, neun Jahre habe er als xxxx gearbeitet. Der Antragsteller legte weiters einen Führerschein, einen alten sowjetischen Reisepass, ein Wehrdienstbuch, sowie diverse Zeugnisse vor. Er habe in einem Einfamilienhaus in der Stadt xxxx gewohnt und dieses Haus einige Monate nach der Hochzeit gekauft. In Österreich würden sie beide Deutsch lernen, seine Frau gelinge das besser, er habe eine Art Blockade. Er sei Angehöriger der christlichen Bewegung "Die xxxx", diese seien am ehesten mit den Baptisten zu vergleichen, seit 1997 habe er die Kirche regelmäßig besucht, er habe auch zum Rauchen und zum Trinken aufgehört und habe immer eine Bibel bei sich. Sie hätten sich immer in privaten Häusern getroffen. Das Mechanikergewerbe habe er daheim in der Garage ausgeübt.
Sie hätten in erster Linie wegen der Ereignisse in Osh die Heimat verlassen, es hätte auch in xxxx Unruhen gegeben, in zwei Monaten sei vier Mal mit Steinen auf ihr Haus geworfen worden und sei dieses auch damit gekennzeichnet worden, dass darin Usbeken leben würden. Er habe auch einen USB-Stick mit, wo eine usbekische Familie von Kirgisen verbrannt werde, selbst sei er auf diesem Video jedoch nicht zu sehen.
Er habe im September seine Werkstatt schließen müssen, weil immer mehr Kirgisen aus kriminellen Vereinigungen die Reparaturen nicht bezahlt hätten und gemeint hätten, er wäre ihr Sklave und hätte für sie umsonst zu arbeiten. Es hätte auch im Alltag immer Probleme gegeben. Ihr Haus sei im Juli und August vier Mal mit Steinen beschmissen worden, das genaue Datum könne er nicht sagen. Der erste Vorfall sei in der Nacht gewesen, sie hätten geschlafen, das Fenster sei kaputt gegangen, sie hätten auch immer wieder "Allah akbar" gerufen, sie wären dann mit den Kindern in den Keller gegangen und hätten dort abgewartet. Es wären zum Glück nur Provokationen gewesen, die Personen wären nicht in das Haus eingedrungen, es seien insgesamt drei straßenseitige Fenster eingeschlagen worden. Der zweite Vorfall sei im Grunde genauso wie der erste gewesen. An die Uhrzeit könne er sich auch nicht erinnern, die Steine seien ungefähr faustgroß gewesen, auch der dritte und der vierte Vorfall hätte sich genauso ereignet.
Auf dem Zaun sei mit Kreide "Usbeken" geschrieben worden, sie hätten den Schriftzug natürlich abgewaschen. Vom September bis zur Ausreise im November habe er nach einer Ausreisemöglichkeit gesucht, er sei inxxxxauch bei der UNO gewesen, diese hätte ihn aber an das xxxx weiter verwiesen. Vom August bis zur Ausreise sei es zu keinen Vorfällen gekommen, er sei allerdings nur selten aus dem Haus gegangen, z.B. zu kirchlichen Versammlungen. Er hätte sich nur einmal an die Miliz gewandt, andere Behörden habe er nicht kontaktiert, dies hätte keinen Sinn ergeben. Er sei wegen der Bedrohung seines Lebens ausgereist, nicht aus wirtschaftlichen Gründen, die religiösen Probleme hätte er ertragen können. Seine Frau und seine Kinder hätten die gleichen Fluchtgründe.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen vom 21.03.2011, Zl. xxxx wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 22.11.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kirgisistan abgewiesen und unter Spruchteil III. der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kirgisistan ausgewiesen.
In der Begründung des Bescheides wurde zunächst der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zur Herkunftsland getroffen, welche auch solche zur Minderheit der Usbeken enthalten. Beweiswürdigend wurde insbesondere dargelegt, dass es Widersprüche zu den Aussagen der Ehegattin, insbesondere hinsichtlich der eingeschlagenen Fenster gegeben hätte und auch sonstige Ungereimtheiten. Wenn auch nach wie vor ethnische Spannungen bestehen würden, so habe sich die allgemeine Lage nach Abflauen der Konflikte wieder gebessert und hätte der Antragsteller jedenfalls auch über eine Existenzgrundlage in seinem Herkunftsland verfügt.
Zu Spruchpunkt I. wurde insbesondere dargelegt, dass aus dem Umstand allein, dass der Antragsteller der Volksgruppe der Usbeken angehöre, keine Schutzgewährung abgeleitet werden könne, wie aus den Länderfeststellungen zu entnehmen sei. Wenn man den Fluchtgründen Glauben schenken würde, so würde es sich um eine Verfolgung durch Dritte handeln und wäre der kirgisische Staat grundsätzlich gewillt, gegen derlei Unrecht vorzugehen. Außerdem würden die behaupteten Steinwürfe die Intensität einer asylrelevanten Verfolgung nicht erreichen und würde auch das christliche Glaubensbekenntnis per se nicht zur Schutzgewährung führen. Es liege somit kein Sachhalt vor, der zur Gewährung von Asyl führen würde.
Zu Spruchteil II. wurde insbesondere festgehalten, dass der Antragsteller keinerlei Gefährdung glaubhaft machen können und hätte sich die Lage im Heimatland nach den Zusammenstößen im Juni 2010 mittlerweile wieder beruhigt. Der Antragsteller hätte auch die Möglichkeit gehabt, in seinem Herkunftsland seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und würden auch sonst keine Gründe vorliegen, die eine Abschiebung für unzulässig erscheinen lassen würden.
Zu Spruchpunkt III. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antragsteller mit seiner Kernfamilie in Österreich im gemeinsamen Haushalt leben würde und diesbezüglich unzweifelhaft ein Familienleben vorliege, diese jedoch ebenfalls Asylwerber seien und potentiell von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bedroht, sodass bei einer gemeinsamen Ausweisung es zu keinem Eingriff des Familienleben komme. Der Antragsteller sei erst seit dem 22.11.2010 illegal in Österreich, beziehe Grundversorgung und spreche auch nicht Deutsch und habe keine Verwandten in Österreich, sodass nicht von einer Aufenthaltsverfestigung gesprochen werden könne, es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht (in einem gemeinsamen Schriftsatz mit seinen Familienangehörigen) Beschwerde an den Asylgerichtshof. Darin wurde insbesondere in der Beweiswürdigung kritisiert, dass die objektive Wahrscheinlichkeit des Vorbringens nicht beachtet wurde und das Bundesasylamt nahezu ausschließlich auf die persönliche Glaubwürdigkeit abgestellt habe und wurden Länderberichte auszugsweise zitiert und die Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachten beantragt. Zu den subjektiven Gründen der Beweiswürdigung korrigierte der Beschwerdeführer, dass letztlich vier Fenster zerstört worden seien und beantragte er diesbezüglich eine weitere Einvernahme.
Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 29.08.2012 wurde über diesbezüglichen Antrag der beschwerdeführenden Partei dieser ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
Das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 13.05.2014 an und räumte gleichzeitig das Parteiengehör zu einem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kirgisistan sowie zu einer ACCORD-Auskunft zur Lage der usbekischen Minderheit ein, wobei das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sich für die Nicht-Teilnahme an der Verhandlung entschuldigen ließ und auch keine Stellungnahme zu den Länderdokumenten abgab. Der Beschwerdeführer erschien zur Beschwerdeverhandlung mit einer Vertreterin der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, welche mündlich (nur für die Verhandlung) bevollmächtigt wurde. Er hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und wollte dieses weder korrigieren noch ergänzen. Er gab an, dass er, als er ca. 20. Jahre alt gewesen sei, kurz verheiratet gewesen sei, aber mit der ersten Frau keine Kinder gehabt habe, diese lebe in Kirgisistan und er habe schon lange keinen Kontakt mehr mit ihr.
Der Beschwerdeführer sei immer selbstständig gewesen, zuerst als xxxx, das Schneideratelier hätten sie noch immer und daneben habe er auch noch eine Autowerkstatt gehabt. Bis etwa zu seinem 30. Lebensjahr sei er Moslem gewesen, dann sei er zum Christentum übergetreten. Von der Volksgruppenzugehörigkeit sei er Usbeke, auch seine beiden Eltern seien Usbeken, seine Mutter lebe noch, sein Vater sei vor zwei Jahren verstorben. Sein Vater sei schon in Kirgisistan geboren, seine Mutter in Usbekistan. Seine Muttersprache sei Russisch, er spreche auch ein bisschen Kirgisisch und auch nur ein bisschen Usbekisch. Die Dolmetscherin stellte durch Einsichtnahme in die im Akt des Bundesasylamtes einliegende Heiratsurkunde (AS 9) fest, dass darin als Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers Usbeke vermerkt ist.
Als er etwa 30. Jahre alt gewesen sei, sei ein Missionar zu ihnen gekommen und er habe begonnen die Bibel zu lesen und sich Gedanken über Gott zu machen. Er sei vorher kein praktizierender Moslem gewesen, er habe auch Alkohol getrunken, man kann sogar sagen, dass er ein Atheist gewesen sei. Er sei der christlichen Gruppierung der "xxxx" beigetreten, diese sei eine Pfingstkirche, welche allerdings in Kirgisistan nicht offiziell registriert sei. Die Mitglieder seien vom Heiligen Geist getauft worden, lediglich Gott taufe und nicht die Menschen, es würden auch keine Hände aufgelegt. Bei der Taufe gingen die Täuflinge in das fließende Wasser, würden dann gemeinsam kniend beten. Wegen seiner Religion habe er nur kleinere Probleme unter seinen Verwandten gehabt, wegen des christlichen Glaubens habe er aufgehört zu rauchen und zu trinken, und seien sie jeden Tag am Abend außer Samstag zu Versammlungen gegangen, missioniert habe er allerdings nicht. Er sei bei einer kleineren Abweichung der "xxxx"- Kirche, die keine angestellten Priester habe. Mit den Behörden habe er wegen seiner Religion keine Probleme gehabt. Der Mullah habe ihn gefragt, warum er nicht in die Moschee komme.
Gefragt, ob er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit im Alltag diskriminiert worden sei, gab er an, dass alles nach den Vorfällen in Osh am 10.6.2010 angefangen habe, vorher habe er keine Probleme gehabt. Er habe auch keine Probleme mit staatlichen Behörden, sondern nur mit den "Banditen" gehabt, näher gefragt, was er mit Banditen meine, gab er an, dass dies auch wegen seiner Tätigkeit gewesen sei und nicht nur wegen seiner Nationalität, er habe ein gutes Einkommen gehabt, sie wären gekommen und hätten gewollt, dass er kostenlos für sie arbeite und hätten ihn erniedrigt. Die Banditen seien Angehörige der organisierten Kriminalität, es seien auch andere Nationalitäten dort, aber hauptsächlich seien es Kirgisen. Gefragt, was diese Leute von ihm gewollt hätten, gab er an, dass er nicht genau wisse, wie er das sagen solle, nach den Vorfällen in Osh habe man die Usbeken negativ behandelt. Die Angehörigen der organisierten Kriminalität hätten kein Schutzgeld von ihm erpressen wollen, sie hätten nur gewollt, dass er die Autos kostenlos repariere und seien sie sehr unhöflich zu ihm gewesen. Gefragt, ob es noch weitere Vorfälle gegeben habe, die ihn persönlich betroffen hätten, gab er an, dass man sich nicht an alle Details erinnern könne, es sei eine angespannte Situation gewesen, er hätte nicht gewartet bis etwas passiert sei, sondern sei ausgereist.
Über Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt davon gesprochen habe, dass mehrmals Steine bei ihnen durch die Fenster geworfen worden seien und dass er das nicht erwähnt habe, gab er an, dass es richtig sei und dass vier Mal Steine geworfen worden seien, diese Übergriffe hätten im Juli und August nach den Juni-Vorfällen in Osh begonnen. Auf die Frage, wie viele Leute das gewesen seien, die zu ihm kamen und Steine geworfen hätten, gab er an, dass es immer die gleichen Leute mit einem Auto gewesen seien. Auf die Frage, ob es zwei oder zwanzig Personen gewesen seien, gab er an, dass seine Frau das nicht wisse und er sie nicht beunruhigen haben wolle. Die Steine seien etwa faustgroß gewesen. Den Schaden durch die Steinwürfe habe er nicht gezählt, es seien drei Fenster ganz und ein viertes teilweise kaputt gewesen. Auf die Frage, ob es noch sonst irgendwelche Schäden gegeben habe, antwortete der Beschwerdeführer "nur mit den Steinen". Auf die Frage, ob die Steinwerfer irgendetwas gesprochen oder gerufen hätten, gab er an, dass es jedes Mal in der Nacht gewesen sei und dass sie geschlafen hätten. Personen seien nicht verletzt worden, er habe gegen die Übergriffe eine Anzeige erstattet. Auf die Frage bei wem, antwortete er "Man hat uns gesagt, dass das überall so ist". Nochmals nachgefragt, gab er an, bei der Miliz, sonst habe er nirgends eine Anzeige gemacht. Gleich nach den Übergriffen hätten sie Möglichkeiten zur Ausreise gesucht. Im Juli/August seien die Vorfälle mit den Steinen gewesen, im November seien sie ausgereist. Dazwischen hätten sie keine Steine geworfen, aber sie bedroht. Sie seien persönlich zu ihm ins Geschäft gekommen und hätten ihn auch auf der Straße bedroht. Konkret gefragt, womit, gab er an, dass es so ein psychologischer Druck gewesen sei und dass sie mit Vergeltung gedroht hätten. Es seien "hauptsächlich immer die gleichen" Personen gewesen. Nach den Vorfällen hätte jemand einmal "Usbeken" auf ihr Haus geschrieben.
Gefragt nach dem unmittelbaren Anlass der Ausreise gab er an, dass sie einfach gezwungen gewesen seien, auszureisen. Und zwar seien sie im November 2010 zuerst mit dem Zug nach Moskau gefahren und von dort sei die Familie mit einem Bus hierher gebracht worden. Ein Bruder sei nach xxxx gezogen, seine Mutter sei noch in Kirgisistan, sein Bruder möchte sie aber auch nach Russland bringen. Seine Mutter sei auch zum Christentum konvertiert und die Verwandten wollten nichts mehr mit ihr zu tun haben. Weitere Probleme gab der Beschwerdeführer nicht an, seine Mutter habe ihm gesagt, dass er nicht zurückkehren solle, sonst habe er nichts gehört, was ihn persönlich betreffe.
Er habe keine gesundheitlichen oder psychischen Probleme und arbeite unentgeltlich als Hausmeister in der Flüchtlingspension. Er könne sehr viel und habe in vielen Berufen gearbeitet, auch mit Haustechnik könne er gut umgehen. In der Pension gebe es einmal die Woche einen Deutschkurs, dieser sei kostenlos, aber er habe sich überdies für einen kostenpflichtigen Kurs in St. Pölten eingeschrieben. Sie seien früher zu den xxxx gegangen, diese würden aber nur tanzen, jetzt würden sie nicht mehr hingehen, eine Pfingstkirche gäbe es nur in Wien, das sei ihnen aber zu weit. Bei Vereinen oder Institutionen sei er nicht, er habe fünf Kinder, das sei ein eigener "Verein". Wenn er nach Kirgisistan zurückkehren würde, würde nichts Gutes passieren, konkret könne er das nicht sagen. Er habe auch dort nichts mehr, was ihn halten würde. Über Befragung durch die Beschwerdevertreterin gab er an, dass seine Mutter am Anfang nach ihm gefragt worden sei, es aber langsam ruhiger geworden sei. Seine Mutter habe diese Personen nicht gekannt, die nach ihm gefragt hätten.
Im Anschluss daran wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers befragt und legte sie zahlreiche Belege für ihre Integration sowie für jene der Kinder vor.
Am Schluss der Verhandlung wurden den Verfahrensparteien gemäß § 45 Abs. 3 AVG (ergänzend) folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen eingeräumt.
Gebiet xxxx
Wikipedia Pfingstbewegung
ACCORD Anfragebeantwortung vom 21.09.2006 zur Lage der tartarischen Minderheit
Anfragebeantwortung von ACCORD vom 07.06.2011 zur Situation ethnischer Russen in Kirgisistan
Anfragebeantwortung von ACCORD vom 02.05.2012 zum kirgisischen Religionsgesetz
Anfragebeantwortung von ACCORD vom 12.02.2013 zur aktuellen Lage von ChristInnen in Kirgisistan.
Über Ersuchen der Beschwerdeführervertreterin wurde ihr auch zu den bereits übermittelten Dokumenten (Länderinformationsblatt Kirgisistan, Lage der usbekischen Minderheit) die Möglichkeit zur Abgabe einer nachträglichen schriftlichen Stellungnahme innerhalb gleicher Frist eingeräumt.
Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer auch Gebrauch und wurde auszugsweise aus Dokumenten über die Lage der usbekischen Minderheit in Kirgisistan zitiert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen zur Person des Beschwerdührers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Kirgisistan und Angehöriger der usbekischen Volksgruppe. Der Beschwerdeführer hat in xxxx, 50 Kilometer von der Hauptstadt Bischkek entfernt, jedenfalls nicht im Süden Kirgisistans gelebt. Er war ursprünglich Moslem. Ca. mit 30. Jahren ist er zum christlichen Glauben und zwar zu einer Abspaltung der Pfingstkirche ("xxxx") übergetreten. Er hatte aber diesbezüglich keine Probleme mit staatlichen Behörden, sondern nur kleinere Probleme unter den Verwandten, der Mullah hat ihn aus der Moschee ausgeschlossen. Er hatte in Kirgisistan (gemeinsam mit seinem Bruder) ein Schneideratelier und auch eine Autowerkstatt. Nach den Ereignissen in Osh am 10.6.2010 wollten Angehörige der organisierten Kriminalität die Werkstattrechnungen nicht bezahlen und gingen sehr unhöflich mit ihm um. Schutzgeld wurde keines erpresst. Hinsichtlich der weiteren Ausreisegründe könne mangels glaubhafter Angaben, keine Feststellungen getroffen werden.
Er hat am 14.11.2010 gemeinsam mit seiner Frau (welche ethnische xxxx ist) und den vier minderjährigen Kindern xxxx verlassen und gelangte über Moskau unter Umgehung der Grenzkontrolle am 22.11.2010 nach Österreich, wo er - ebenso wie seine Familienangehörigen - sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er leidet unter keinen organischen oder psychischen Problemen. Sein Bruder ist zwischenzeitig nach Russland ausgereist und wollte auch seine Mutter, die noch in Kirgisistan verblieben ist, mitnehmen. Die Ehefrau des Beschwerdeführer ist sehr gut integriert und spricht Deutsch auf B1 Niveau und liegen mehrere Einstellungszusagen sowie Unterstützungsunterschriften und Unterstützungsschreiben vor, auch die Kinder sind gut integriert und der Beschwerdeführer besucht in Österreich einen Deutschkurs, aber nicht regelmäßig eine Pfingstkirche. Am xxxx geboren.
Zur Kirgisistan wird folgendes festgestellt:
Politische Lage
Während die Verfassung von 2007 dem Präsidenten weitreichende Befugnisse gab, ist die in dem Referendum am 27. Juni 2010 angenommene Verfassung eine Mischform aus einem parlamentarischem und einem präsidentiellen System. Parlament und Premierminister haben darin eine starke Position inne; allerdings hat auch der direkt gewählte Präsident eine Reihe wichtiger Vollmachten, beispielsweise hinsichtlich der Ernennung und Entlassung von Obersten Richtern und des Generalstaatsanwalts. Er ist ferner Oberkommandierender der Streitkräfte und Vorsitzender des Sicherheitsrates. Der Präsident hat eine Amtszeit von 6 Jahren und ist nicht wiederwählbar. In der neuen Verfassung sind die Grundrechte gegenüber der Verfassung von 2007 deutlich gestärkt worden. Nach dem Wahlgesetz hat jeder kirgisische Bürger ungeachtet seiner Herkunft, Rasse, Ethnie, religiösen oder politischen Überzeugungen und seines Geschlechts ab 18 Jahren das Recht zu wählen und kann ab 25 Jahren selbst gewählt werden. Das Parlament "Dschogorku Kenesch" besteht aus 120 Abgeordneten, die nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Keine Partei kann mehr als 65 Sitze erhalten (AA 9.2013a).
Trotz der tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken im Süden des Landes im Juni 2010 gelang es der Interimspräsidentin Rosa Otunbajeva ein Referendum durchzuführen, dass die neue Verfassung zur Wahl stellte. Am 27. Juni 2010 wurde die neue Verfassung mit einer überwältigenden Mehrheit von 90,6% angenommen. Damit wurde Kirgisistan zur ersten parlamentarischen Demokratie Zentralasiens. Bei den Präsidentschaftswahlen am 30. Oktober 2011 trat die Interimspräsidentin Rosa Otunbajeva nicht mehr an. Ihr Parteikollege Almazbek Atambajev von der Sozialdemokratischen Partei Kirgisistans (SDPK) gewann mit 62,8 % die Präsidentschaftswahlen. Er trat am 1. Dezember 2011 sein Amt als neuer Präsident Kirgisistans an. Die bisherige Regierungskoalition aus den Parteien SDPK, Ata Meken und Ar Namyslöste sich am 18. März 2014 durch den Austritt der Partei Ata Meken auf. In der Opposition befanden sich bisher die Parteien Ata Jurt und Respublika. Es bleibt abzuwarten zu welchen Koalitionen sich die Parteien im Parlament formieren werden (GIZ 3.2014a).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (September 2013a): Kirgisistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kirgisistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
Sicherheitslage
Im Juni 2010 wurde, nur zwei Monate nach dem Aufstand gegen Präsident Bakiev, der Süden Kirgisistans von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken erschüttert. In den Städten Osch und Dschalalabad und vielen weiteren, kleineren Orten wurden Häuser in Brand gesetzt. Mehrere hundert Menschen wurden umgebracht. Laut internationalen, wie auch lokalen Menschenrechtsorganisationen wurden vor allem ethnische Usbeken Opfer tödlicher Gewalt, aber auch Kirgisen fanden sich unter den Opfern, wenn auch in einem weit geringeren Ausmaß (GIZ 3.2014a).
Es kommt insbesondere in Bischkek und Karakul zu Zwischenfällen, sowie im Süden des Landes zwischen Kirgisen und Usbeken zu ethnischen Konflikten (BMEIA 24.3.2014). In der südkirgisischen Stadt Dschalalabad besetzten Anhänger der größten Oppositionspartei Ata-Dschurt den Sitz des dortigen offiziellen Vertreters der Regierung und ernannten einen der ihren für diese Funktion. Am 28. Mai 2013 wurde die Zufahrtsstraße zur größten Goldmine in Kirgisistan (Kumtor) von protestierenden Bürgern aus dem Landkreis Dscheti-Ögüs (Regierungsbezirk Issyk-Kul) blockiert (HSS 7.6.2013). Ende Mai und Anfang Juni 2013 kam es in dem Gebiet um Tamga und Barskoon am südlichen Ufer des Sees Issyk-Kul (Rayon Jeti-Oguz) zu größeren Demonstrationen, Straßenblockaden und gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. Die Proteste richteten sich gegen ein Abkommen über die Tätigkeit der Goldmine Kumtor. Der Ausnahmezustand wurde nach 4 Tagen wieder aufgehoben. Im gleichen Zeitraum gab es Proteste um die Stadt Djalal-Abad, bei denen mehrere Verwaltungsgebäude besetzt wurden und die Verbindungsstraße Bischkek-Osch mehrere Tage blockiert wurde (AA 24.3.2014b).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (24.3.2014b): Kirgisistan, Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_EAB3467EBD5924AB00470EFC5407FD2D/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KirgisistanSicherheit_node.html , Zugriff 24.3.2014
BMEIA (24.3.2014): Außenministerium, Außenpolitik, Bürgerservice, Reiseinformationen, Kirgisistan, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/kirgisistan-de.html , Zugriff 24.3.2014
Hanns Seidel Stiftung (7.6.2013): Politischer Sonderbericht Kirgisistan, Juni 2013,
http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/Berichte/130617_Kirgisistan_SB.pdf , Zugriff 24.3.2014
Rechtsschutz/Justizwesen
Die höchsten Gerichte des Landes waren bislang das Verfassungsgericht und das Oberste Gericht. Da das Verfassungsgericht in der Vergangenheit ein willfähriges Instrument der Präsidenten war, sieht die Verfassung von 2010 kein eigenständiges Verfassungsgericht mehr vor. Es gibt jedoch eine Verfassungskammer beim Obersten Gericht, dem die verfassungsmäßige Kontrolle obliegt. Die neue Verfassung räumt den Bürgern auch ein individuelles Beschwerderecht für den Fall ein, dass ihre verfassungsmäßigen Rechte durch Gesetze oder normative Akte verletzt werden. Der oberste Gerichtshof ist die höchste Instanz im bürgerlichen Recht, im Straf-, Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht. Er überprüft die Aktivität aller lokalen Gerichte, einschließlich der Militärgerichte. Die so genannten "Arbitrage-Gerichte" sind für Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Haushalten im ökonomischen Bereich zuständig. Die lokalen Gerichte werden von so genannten "Aksakal (Ältesten)-Gerichten" unterstützt, die auf Initiative von Bürgern oder Selbstverwaltungen in Dörfern und Städten einberufen werden. Die Unabhängigkeit der Gerichte war in der Vergangenheit durch Korruption und ihre Abhängigkeit von der Ernennung durch den Präsidenten beeinträchtigt (AA 9.2013a). Viele Bürger Kirgisistans nehmen das Justizsystem als nicht unabhängig wahr. Seit dem Regierungswechsel im Frühjahr 2010 und der Verabschiedung einer neuen Verfassung unternimmt die Regierung jedoch vermehrt Anstrengungen Korruption zu unterbinden und das Justizsystem zu erneuern, wie etwa mit dem Gesetz zur Schaffung eines Rates zur Richterauswahl. Trotzdem gibt es immer wieder Berichte einseitiger Rechtsprechung wie zum Beispiel bei der Aufarbeitung des Konflikts im Süden des Landes im Juni 2010. So sollen laut Berichten 80% aller Mordanklagen in Südkirgisistan Angehörige der usbekischen Minderheit betreffen. Kirgisische Täter sollen von Anklagen wohl weitgehend unbehelligt bleiben. Auch das oft mangelnde Wissen von Bürgern und Bürgerinnen über ihre Rechte und Zugangsmöglichkeiten zum Justizwesen gerade in ländlichen Gebieten, stellt ein Problem dar (GIZ 3.2014a).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (9.2013a): Kirgisistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kirgisistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
Sicherheitsbehörden
Für die Durchsetzung der Rechtsordnung sind das Ministerium für Innere Angelegenheiten, der nationale Sicherheitsdienst (GKNB) und die Staatsanwaltschaft zuständig. In der Bevölkerung ist die Polizei gefürchtet und wird als unfähig angesehen. Die technische Ausstattung gilt als mangelhaft. Oft fehlt es an einsatzfähigen Streifenwagen, Telefonen oder Computern (BAMF 8.2010; vgl. USDOS 27.2.2014). Es kommt häufig zu willkürlichen Verhaftungen durch die Sicherheitskräfte. Die Zahlung von Bestechungsgeldern, um Untersuchungen oder Anklagen zu vermeiden, war ein großes Problem auf allen Ebenen der Exekutive, wobei die Regierung aber Schritte zur Bekämpfung von Korruption setzte. Fälle von Straflosigkeit innerhalb der Polizei blieben ebenfalls ein Problem; jedoch wurden Beamte des Innenministeriums auf Grund verschiedener Verstöße -einschließlich Korruption, Amtsmissbrauch und Polizeibrutalität - strafrechtlich verfolgt (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2010): Glossar
Islamische Länder: Band 10 Kirgisistan, https://milo.bamf.de/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13935341&objAction=Open&nexturl=/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13568404&objAction=browse , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz verbietet die Anwendung von Folter. In der Praxis wenden aber Polizei und Staatssicherheit Folter an, um Geständnisse von Inhaftierten zu erpressen. Die Bekämpfung der Folter bleibt nach Expertenmeinung eine Herausforderung für Kirgisistan (USDOS 27.2.2014; vgl. BAMF 8.2010). Trotz eines umfassenden staatlichen Programms zur Folterbekämpfung, das auf der Grundlage von Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters über Folter entwickelt wurde, und eines Gesetzes, das die Einrichtung eines Nationalen Zentrums zur Verhütung von Folter und anderen Misshandlungen vorsah, waren Folter und andere Misshandlungen 2012 nach wie vor verbreitet (AI 23.5.2013).
Quellen:
AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kyrgyzstan, http://www.ecoi.net/local_link/247988/374139_de.html , Zugriff 24.3.2014
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2010): Glossar Islamische Länder: Band 10 Kirgisistan, https://milo.bamf.de/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13935341&objAction=Open&nexturl=/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13568404&objAction=browse , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Korruption
Laut einer aktuellen Umfrage von Transparency International glauben 90% aller Befragten in Kirgisistan, dass die Polizei und Mitarbeiter öffentlicher Ämter korrupt sind, des Weiteren glauben 89%, dass auch der Justizapparat in Kirgisistan korrupt ist (GIZ 3.2014a). Kirgisistan belegte auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International für das Jahr 2013 den 150. von 177 Plätzen (TI o.D.). Die Kirgisische Republik hat im Jahr 2003 ein Gesetz zur Bekämpfung von Korruption verabschiedet (GIZ 3.2014a).
Quellen:
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
TI - Transparency International (o.D.): Corruption Perceptions Index 2012, http://www.transparency.org/cpi2013/results , Zugriff 24.3.2014
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
NGOs, Gewerkschaften und kulturelle Vereine müssen sich beim Justizministerium registrieren lassen. NGOs müssen mindestens drei Mitglieder haben. Das Justizministerium verweigerte keiner heimischen NGO die Registrierung (USDOS 27.2.2014). In Kirgisistan sind ca. 7.000 NGOs tätig (BAMF 8.2010). Das Gesetz verbietet vom Ausland finanzierten politischen Parteien und NGOs politische Ziele zu verfolgen. Zu einem gewissen Grad wurden die Aktivitäten von heimischen und internationalen Organisationen eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2010): Glossar
Islamische Länder: Band 10 Kirgisistan, https://milo.bamf.de/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13935341&objAction=Open&nexturl=/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13568404&objAction=browse , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Wehrdienst
Im Alter zwischen 18 und 27 Jahren bestehen eine Wehrpflicht sowie die Möglichkeit eines freiwilligen Militärdienstes - Frauen ab 19 Jahren können freiwillig bei der Armee dienen (CIA 11.3.2014).
Quellen:
CIA - Central Intelligence Agency (11.3.2014): The World Factbook - Kyrgyzstan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kg.html , Zugriff 24.3.2014
Allgemeine Menschenrechtslage
Mit seiner Reformfreudigkeit wurde Kirgisistan unter den zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion aus westlicher Sicht zu einem Paradebeispiel für einen post-sozialistischen Staat, der nach seiner Unabhängigkeit im August 1991 nicht nur sehr früh und konsequent marktwirtschaftliche Prinzipien umsetzte, sondern auch im politischen Bereich demokratische Strukturen einführte. So hob sich Kirgistan durch entscheidende demokratische Kriterien wie relative Pressefreiheit und Parteienvielfalt von seinen Nachbarstaaten ab (GIZ 3.2014a). Kirgisistan ist den wichtigsten Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Verfassung garantiert eine weite Palette von Grundrechten. Die Durchsetzung der Menschenrechte wird allerdings in der Praxis durch mangelnde rechtsstaatliche Tradition und fehlende Unabhängigkeit der Justiz erschwert (AA 9.2013a).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (9.2013a): Kirgisistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kirgisistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
Meinungs- und Pressefreiheit
Das Gesetz sieht Rede- und Pressefreiheit vor und die Regierung hat sich bemüht diese auch in der Praxis zu gewährleisten. Die Redefreiheit wurde allerdings nicht konsequent geschützt (USDOS 27.2.2014). Im Pressefreiheitsindex 2013 von Reporter ohne Grenzen nimmt Kirgisistan Platz 106 (von insgesamt 179) ein. Im Vergleich zum Vorjahresindex 2012 mit Platz 108 bedeutet dies eine weitere leichte Verbesserung. Trotzdem werden Journalisten in Kirgisistan immer wieder bedroht wenn sie zu sensiblen Themen recherchieren wie z. B. über Korruption oder die Gewaltexzesse im Süden Kirgisistans im Juni 2010. Auch die Zensur von Websites gehört in Kirgisistan zum Alltag. Im Oktober 2012 kam es zu Protesten von Journalisten gegen die Maßregelung der Presse durch das Parlament (GIZ 3.2014a).
Quellen:
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Das Gesetz sieht Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen auch in der Praxis (USDOS 27.2.2014). Die bisherige Regierungskoalition aus den Parteien SDPK, Ata Meken und Ar Namyslöste sich am 18. März 2014 durch den Austritt der Partei Ata Meken auf. In der Opposition befanden sich bisher die Parteien Ata Jurt und Respublika. Es bleibt abzuwarten zu welchen Koalitionen sich die Parteien im Parlament formieren werden (GIZ 3.2014a).
Quellen:
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Haftbedingungen
Die Zustände auf Polizeistationen, in der Untersuchungshaft und in Gefängnissen sind in vielen Fällen menschenunwürdig (AA 9.2013a). Es herrscht u.a. Knappheit an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Die Untersuchungshafträume und temporären Haftanstalten waren besonders überfüllt; die Bedingungen dort waren schlimmer als in den Gefängnissen (USDOS 27.2.2014). Es gibt Fälle von Misshandlung. Die Zivilgesellschaft und die EU setzen sich dafür ein, die Menschenrechtslage gerade in Untersuchungshaft und Strafvollzug zu verbessern (AA 9.2013a). Die Regierung gewährt Nichtregierungsorganisationen Zugang zu den Haftanstalten (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (9.2013a): Kirgisistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kirgisistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Todesstrafe
Die Todesstrafe wurde durch Gesetz im Juni 2007 abgeschafft. (AA 9.2013a)
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (9.2013a): Kirgisistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kirgisistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 24.3.2014
Religionsfreiheit
Die Bevölkerung besteht offiziell aus rund 75% Muslimen, 20% Russisch-Orthodoxen und 5% anderen Religionsgruppen (CIA 11.3.2014). Es gibt heute 1,648 Moscheen und 46 orthodoxe Kirchen. Neben muslimischen und orthodoxen Glaubensgemeinschaften existieren weitere religiöse Gruppen, wie protestantische, katholische und jüdische Glaubensgemeinschaften, sowie eine kleine buddhistische Gruppe. Ungefähr 1,800 islamische und 300 christliche Organisationen sind in Kirgisistan aktiv. Radikal-islamische Organisationen wie Hizb-ut-Tahrir oder die Islamische Bewegung Usbekistans (IMU) sind verboten und agieren im Untergrund (GIZ 3.2014b). Die Verfassung sieht Religionsfreiheit für alle Bürger vor. Andere Gesetze und Richtlinien beschränken jedoch die Religionsfreiheit und die Regierung setzte diese Gesetze und Richtlinien auch in der Praxis um. Die Regierung beschränkte die Registrierung von einigen Religionsgemeinschaften und die Tätigkeit von jenen muslimischen Moslemgruppen, welche sie als Bedrohung der Sicherheit ansah. Es gab einige Berichte über Misshandlungen und Diskriminierungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Im Laufe des Jahres [2012] haben sich Spannungen zwischen Muslimen, Konvertiten aus dem Islam und den Anhängern anderer Religionen fortgesetzt (USDOS 20.5.2013). Kirgisistan gilt laut Einschätzung mancher Experten als das Land in Zentralasien, in dem die Islamisierung am schnellsten voranschreitet. Wer das Straßenbild der Hauptstadt Bischkek Ende der 90er Jahren des letzten Jahrhunderts mit heute im Jahr 2011 vergleicht, dem springt sofort ins Auge, dass sich die religiöse Landschaft in Kirgisistan verändert. Neben jungen Mädchen in Miniröcken sieht man heute immer wieder Frauen, die den Hijab tragen, der Haar und Hals vollständig bedeckt. Noch gibt es ein gelassenes Nebeneinander der verschiedenen Lebensstile. Doch es gibt verschiedene Stimmen, sowohl internationaler Beobachter, als auch aus der Zivilgesellschaft in Kirgisistan, die vor einer religiösen Radikalisierung warnen und die die Veränderung des Straßenbilds nur als die Spitze des Eisbergs sehen (GIZ 3.2014b).
Quellen:
CIA - Central Intelligence Agency (11.3.2014): The World Factbook - Kyrgyzstan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kg.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014b): Kirgisistan, Gesellschaft, Kultur und Religion, http://liportal.giz.de/kirgisistan/gesellschaft/ , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (20.5.2013): 2012 International Religious Freedom Report - Kyrgyz Republic, http://www.ecoi.net/local_link/247473/371058_de.html , Zugriff 24.3.2014
Ethnische Minderheiten
Die Bevölkerung besteht offiziell zu etwa 64,9% Kirgisen, 13,8% Usbeken, 12,5% Russen, 1,1% Dunganen, 1% Ukrainer und 1% Uiguren, während andere Gruppen 5,7% ausmachen (Volkszählung 1999) (CIA 11.3.2014). Der Norden des Landes mit der Hauptstadt Bischkek ist stark Russisch geprägt. Trotz der massiven Abwanderung von Russen und Deutschen leben im Norden Kirgisistan auch heute noch über 80 verschiedene Ethnien in mehr oder weniger friedlicher Koexistenz nebeneinander. Im ländlich geprägten Süden Kirgisistans, mit den im Ferghanatal gelegenen städtischen Zentren Osch (zweitgrößte Stadt des Landes) und Dschalalabad, leben vor allem Usbeken und Kirgisen, sowie zu einem kleinen Prozentsatz auch Tadschiken. Das Ferghanatal mit 15 Mio. Einwohnern gilt als eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Gebiete Zentralasiens und gleichzeitig als potentieller Krisenherd mit großen wirtschaftlichen, sozialen und interethnischen Problemen. Die wesentlichen Konfliktlinien sind:
Grenzstreitigkeiten und eine komplizierte ethnische Situation, die unter dem Druck von Überbevölkerung, hoher Arbeitslosigkeit und Armut immer wieder zu Spannungen führen. Der blutige Konflikt zwischen usbekischer und kirgisischer Bevölkerung im Juni 2010 ist nur das jüngste Beispiel einer ganzen Reihe von Konflikten in der Vergangenheit. All diese Probleme geschehen vor dem Hintergrund wachsender islamistischer und radikaler Gruppierungen, die als eine Bedrohung der Stabilität des Landes empfunden werden (GIZ 3.2014b).
Das Gesetz weist Kirgisisch als Staatssprache und Russisch als weitere Amtssprache aus und garantiert die Erhaltung sowie die gleichberechtigte und freie Entwicklung der Minderheitensprachen. Weiters wird ausgeführt, dass alle Personen in Kirgisistan vor dem Gesetz gleich sind und nicht aufgrund von Rasse, Geschlecht, Nationalität, politischer oder religiöser Überzeugung diskriminiert werden dürfen. Nichtkirgisisch sprachige Bürger führten jedoch an, dass ihnen im öffentlichen Dienst bei Beförderungen Grenzen gesetzt sind. Außerdem klagten sie über unfaire bzw. ausschließende Sprachprüfungen (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
CIA - Central Intelligence Agency (11.3.2014): The World Factbook - Kyrgyzstan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kg.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014b): Kirgisistan, Gesellschaft, Kultur und Religion, http://liportal.giz.de/kirgisistan/gesellschaft/ , Zugriff 24.3.2014
HRW Human Rights Watch (21.1.2014): Report 2014 Kyrgyzstan, http://www.hrw.org/world-report/2014/country-chapters/kyrgyzstan?page=3 , Zugriff 31.3.2014
MRG Minority Rights Group (24.9.2013): State of the World's Minorities and Indigenous Peoples 2013, http://www.minorityrights.org/12071/state-of-the-worlds-minorities/state-of-the-worlds-minorities-and-indigenous-peoples-2013.html , Zugriff 31.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Usbeken
Kontakt und Zusammenleben zwischen Kirgisen und Usbeken waren im Laufe der historischen Entwicklung dieser beiden Ethnien unterschiedlich geprägt. Trotz ethnischer Nähe, - z.B. einer ähnlichen Sprache und der Zugehörigkeit zum gleichen Glauben - grenzen sich Kirgisen und Usbeken klar voneinander ab. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal auf das von beiden Seiten verwiesen wird, sind die historisch unterschiedlichen Wirtschaftsweisen: zum einen die pastoralnomadische Lebensweise mit mobilen Behausungen und Viehzucht der Kirgisen und die sesshaft lebenden, Ackerbau treibenden Usbeken auf der anderen Seite. Auch wenn diese unterschiedlichen Wirtschafts- und Lebensweisen während der Zeit der Sowjetunion zerstört wurden, stellt dieser Unterschied in der Markierung von ethnischen Trennlinien einen wichtigen Punkt dar. Trotzdem sind viele Einflüsse von Usbeken auf Kirgisen in Bezug auf ihre Lebensweise und ihre Traditionen und Sprache spürbar (GIZ 3.2014b).
Angehörige der usbekischen Minderheit, die sich hauptsächlich im Süden konzentrieren, fordern seit langem mehr politische und kulturelle Rechte, unter anderem eine stärkere Repräsentation in der Regierung, mehr usbekisch sprachige Schulen und einen offiziellen Status für die usbekische Sprache (FH 1.2013). Ethnische Usbeken in Osh und Dschalalabad sehen sich in Zuge der Arbeitsuche, insbesondere bei Jobs im öffentlichen Dienst, einer Diskriminierung ausgesetzt. Es gab auch mehrere Berichte über die Beschlagnahme von Unternehmen und Eigentum von ethnischen Usbeken (MRG 24.9.2013).
Zwar unternahmen die Behörden Anläufe, um die gewaltsamen Ausschreitungen vom Juni 2010 in den Städten Osch und Dschalalabat aufzuklären - oft gegen erheblichen internen Widerstand, doch gelang es nicht, die Ereignisse und ihre Folgen effektiv aufzuklären und den Tausenden Opfern schwerer Straftaten und Menschenrechtsverletzungen, darunter auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ethnische Usbeken waren im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen vom Juni 2010 weiterhin in unverhältnismäßigem Umfang von Inhaftierung und Strafverfolgung betroffen (AI 23.5.2013, vgl. HRW 21.1.2014).
Quellen:
AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kyrgyzstan, http://www.ecoi.net/local_link/247988/374139_de.html , Zugriff 24.3.2014
Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Kyrgyzstan, http://www.ecoi.net/local_link/246481/370018_de.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014b): Kirgisistan, Gesellschaft, Kultur und Religion, http://liportal.giz.de/kirgisistan/gesellschaft/ , Zugriff 24.3.2014
HRW Human Rights Watch (21.1.2014): Report 2014 Kyrgyzstan, http://www.hrw.org/world-report/2014/country-chapters/kyrgyzstan?page=3 , Zugriff 31.3.2014
MRG Minority Rights Group (24.9.2013): State of the World's Minorities and Indigenous Peoples 2013, http://www.minorityrights.org/12071/state-of-the-worlds-minorities/state-of-the-worlds-minorities-and-indigenous-peoples-2013.html , Zugriff 31.3.2014
Frauen/Kinder
Frauen haben die Positionen des Finanz- und Gesundheitsministers sowie der Generalstaatsanwalts inne. Insgesamt 25 Frauen waren in dem 120-köpfigen Parlament vertreten (USDOS 27.2.2014). Frauen wurden dieselben Rechte wie den Männern zugesprochen, mit gleichen Zugangschancen zu Arbeit und Bildung. Brautentführung und arrangierte Ehen gegen den Willen der Frau, Brautpreis und Polygamie wurden verboten und unter Strafe gestellt (GIZ 3.2014a). Kirgisistan ratifizierte zahlreiche internationale Abkommen, unter anderem das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) der Vereinten Nationen. Laut Bericht des Forum of Woman-s NGOs of Kyrgyzstan enthalten z.B. folgende Gesetze Bestimmungen zu Gewalt gegen Frauen: Gesetz über häusliche Gewalt, Gesetz zur Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel sowie "über die Grundlagen der staatlichen Garantien von Gleichberechtigung" (BAMF 8.2010). Das Gesetz verbietet häusliche Gewalt und Missbrauch in der Ehe. Nichtsdestotrotz bleibt die häusliche Gewalt ein Problem. Laut dem Innenministerium muss die Polizei bei beinahe 10.000 Fällen von familiären Konflikten jährlich einschreiten. Das Strafmaß selbst reicht bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (sofern die Misshandlung einen tödlichen Ausgang hat). Es gibt einige NGOs die den Opfern häuslicher Gewalt Unterstützung bieten, unter anderem rechtliche, medizinische und psychologische Hilfe, eine Krisenhotline, Schutzhäuser und Präventionsprogramme. Organisationen, die Opfern helfen, betreiben auch Lobbying. Das Sezim Schutzhaus wurde finanziell von der Regierung unterstützt (USDOS 27.2.2014). In Kirgisistan gibt es mehr als zwölf Frauenrechtsgruppen, die den Frauen im Falle häuslicher Gewalt Beratung, Hilfe und Schutz gewähren. Wenige Gruppen unterhalten Notunterkünfte, diejenigen mit Krisenzentren bieten Notrufnummern an, an die sich Betroffene wenden können, um psychologische, rechtliche und medizinische Hilfe zu bekommen. Von Nichtregierungsorganisationen betriebene Notunterkünfte mit wenigen Betten gibt es nur in größeren Städten. Diese dürfen jedoch nur bis zu zehn Tage kostenlos angeboten werden (BAMF 8.2010). Kinder unter 18 Jahren machen ca. 35 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die veränderte wirtschaftliche Situation des Landes hat des Leben der Kinder in Mitleidenschaft gezogen - Familien sind zerrüttet worden, Investitionen in das Bildungssystem und die staatliche Fürsorge sind zurückgegangen, und die sozialen Einrichtungen, die für die Wahrung der Kinderrechte sorgen, sind durch Reformen verändert worden. Schätzungsweise vier Prozent aller Kinder unter 14 Jahren müssen Kinderarbeit verrichten. Die meisten kommen aus Familien mit niedrigem Einkommen und arbeiten in verschiedenen Sektoren wie z.B. in Manufakturen und in der Schwerindustrie. Kinder werden aus einer Reihe von Gründen in Betreuungseinrichtungen gegeben, dazu gehören extreme Armut der Herkunftsfamilie, Arbeitslosigkeit, Migration der Eltern auf der Suche nach Arbeit, die Zerrüttung von Familien, Krankheiten in der Familie, häusliche Gewalt, Drogenmissbrauch oder der Tod der Eltern. Die meisten dieser Kinder werden in unterfinanzierten Betreuungseinrichtungen untergebracht. Berichten internationaler Organisationen zufolge wird in diesen Heimen körperliche Gewalt ausgeübt. Kinder, die aus solchen Institutionen kommen, sind nicht genügend auf ein selbständiges Leben vorbereitet und werden häufig arbeitslos oder arbeiten in der Schattenwirtschaft. Familien von Kindern mit besonderem Förderbedarf und Behinderungen erhalten oft keine Unterstützung; die Kinder werden meist aus den Familien herausgenommen und in staatlichen Institutionen untergebracht. (SOS o.D.)
Quellen:
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2010): Glossar
Islamische Länder: Band 10 Kirgisistan, https://milo.bamf.de/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13935341&objAction=Open&nexturl=/llde/livelink.exe?func=ll&objId=13568404&objAction=browse , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014a): Kirgisistan - Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kirgisistan/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2014
SOS-Kinderdörfer (ohne Datum): Kinderdörfer in Kirgisistan, http://www.sos-kinderdoerfer.de/wo-wir-helfen/asien/kirgisistan/pages/default.aspx , Zugriff 24.3.2014
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Bewegungsfreiheit
Gemäß dem Gesetz zur internen Migration wird die Bewegungsfreiheit garantiert. Die Regierung respektierte das Gesetz gemeinhin, und die Bürger konnten sich innerhalb des Landes frei bewegen. Jedoch beschränken bestimmte Richtlinien die interne Migration, Wiederansiedlung und Auslandreisen. Um in einer Region des Landes leben und arbeiten zu können, ist per Gesetz ein Eintrag im Melderegister notwendig. Nicht gemeldeten Personen kann der Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildungseinrichtungen verwehrt werden. Bürger die Zugang zu vertraulichen Staatsgeheimnissen hatten, dürfen nicht ins Ausland reisen (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Kyrgyz Republic,
http://www.ecoi.net/local_link/245043/368491_de.html , Zugriff 24.3.2014
Grundversorgung/Wirtschaft
Kirgisistan ist nach Angaben des CIA-Factbook mit einem BIP pro Kopf von ca. 2.500 US-Dollar (Stand 2013) ein armes Land. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen berichtet von 33,7 % der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben. Zwei Drittel davon lebt in ländlichen Gebieten. Bemerkbar ist ein starkes Nord-Süd-Gefälle, wobei der Norden reicher als der Süden ist. Durch einen im April 2010 erfolgten Regierungsumsturz und interethnische Auseinandersetzungen im Süden des Landes im Juni 2010 musste die kirgisische Volkswirtschaft hohe Schäden hinnehmen. Die Landeswährung Som ist relativ stabil. Im internationalen Geldtransfer bestehen keine Restriktionen (GIZ 3.2014c).
Quellen:
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014c): Kirgisistan, Wirtschaft und Entwicklung, http://liportal.giz.de/kirgisistan/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 24.3.2014
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung in Kirgisistan entspricht nicht europäischen Verhältnissen (AA 24.3.2014b). Soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und der freie Zugang zu medizinischer Versorgung sind laut Gesetz ein verbrieftes Recht jeden Bürgers in Kirgisistan. In der Praxis jedoch ist der Zugang zu medizinischen Leistungen nicht für alle gleich. Mit 140 US-Dollar (Stand 2010) Gesundheitsausgaben pro Kopf ist Kirgisistans Gesundheitswesen auch heute noch chronisch unterfinanziert. Zur Zeit der Sowjetunion im Jahr 1990 standen pro Einwohner 156 US-Dollar zur Verfügung, was auch damals schon eine Unterfinanzierung des Gesundheitswesens bedeutete. Trotzdem war die Gesundheitsversorgung für alle Bürger kostenfrei. Nach der Unabhängigkeit 1991 sanken die Ausgaben aufgrund der Wirtschaftskrise auf 37 $ per capita im Jahr 1993. Patienten mussten nun für ihre medizinische Behandlung selbst bezahlen. Von seiner schlimmsten Krise Anfang der 1990er Jahre hat sich das staatliche Gesundheitswesen inzwischen erholt. Mit Hilfe der internationalen Gebergemeinschaft wurde ab 1994 versucht mit Langzeitreformen das Gesundheitswesens in Kirgisistan zu reformieren. Ziele der beiden Reformprogramme Manas (1996-2006) und Manas Taalimi (2006 - 2010) waren, die medizinische Grundversorgung zu verbessern, den Krankenhaussektor zu reformieren und die Familienmedizin zu stärken. Die von der WHO, der Weltbank, der DEZA und der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit geförderten Reformprogramme konnten durch die Einführung einer sogenannten "Single Payer Reform" im Jahr 2001 die bis dahin weit verbreiteten obligatorischen Bestechungsgelder im medizinischen Sektor reduzieren. Die "Single Payer Reform" sieht vor, dass die Patienten für ihre Behandlung einen offiziell festgelegten Satz bezahlen und dafür alle Behandlungen und Medikamente, die für eine Basisversorgung nötig sind, ohne weitere Kosten erhalten. Laut WHO sank mit der Reform die Anzahl der Patienten, die inoffizielle Zahlungen leisten mussten, um eine adäquate Behandlung zu bekommen, von 70% im Jahr 2001 auf 52% im Jahr 2006. Die Zahl von 52% zeigt jedoch, dass auch heute noch oft mit Geld nachgeholfen werden muss, um eine gute Behandlung zu bekommen (GIZ 3.2014b). Die Stiftung für Krankenpflichtversicherung, die der Regierung des kirgisischen Staates unterstellt ist, kann unter dem Link www.foms.kg aufgerufen werden. Die Stiftung führt ein Programm zu staatlich garantierter Gesundheitsfürsorge durch. Um im Rahmen dieses Programmes voll- oder teilweise anspruchsberechtigt zu sein (Erste Hilfe, ambulante Versorgung auf 1. und 2. Ebene, Zahnarzt, pharmazeutische Leistungen, Prophylaxe), muss die Person zunächst eine Krankenversicherungspolice für 400 KGS/Jahr [ca. €
6,20] erwerben und regelmäßige Beiträge entrichten. (IOM-ZIRF 16.11.2012)
Hepatitis C kann behandelt werden. Eine Impfung gegen Hepatitis B ist möglich. Psychiatrische Erkrankungen können behandelt werden (MedCOI 24.2.2012).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (24.3.2014b): Kirgisistan, Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_EAB3467EBD5924AB00470EFC5407FD2D/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KirgisistanSicherheit_node.html , Zugriff 24.3.2014
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2014b): Kirgisistan, Gesellschaft, Kultur und Religion, http://liportal.giz.de/kirgisistan/gesellschaft/ , Zugriff 24.3.2014
IOM-ZIRF Rückkehrinformationen (16.11.2012): Beantwortete Rückkehrfragen [ZC207], geändert am 26.11.2012, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/14088703/16141744/Bischkek_-_Medizinische_Versorgung,_16.11.2012.pdf?nodeid=16141523&vernum=-2 , Zugriff 24.3.2014
MedCOI (24.2.2012): Kirgisistan, Auskunft BMA 3902 durch SOS International,
https://www.medcoi.eu/download.aspx?guid=d68a0bfb-86ec-404c-9766-14a99714ce13 , Zugriff 24.3.2014
Zur Lage der usbekischen Minderheit in Kirgisistan wird folgendes ergänzend festgestellt:
Ethnische UsbekInnen wurden überproportional Ziel von Verhaftungen und strafrechtlicher Verfolgung im Zusammenhang mit den Ausschreitungen im Juni 2010. Solche willkürliche Verhaftungen sind hauptsächlich im Jahre 2010 vorgekommen, 2012 offenbar seltener, da sich die Situation insgesamt beruhigt hat. Nach einem Bericht des US-Departement of State vom April 2013 gibt es nach wie vor anhaltende ethnische Spannungen in Südkirgisistan und auch willkürliche Verhaftungen und Misshandlungen von kirgisischen Staatsbürgern usbekischer Volksgruppenzugehörigkeit.
Kirgisisch ist Staatssprache, Russisch eine Amtssprache. Die Bewahrung von Minderheitssprachen sowie die gleiche und freie Entwicklung würden per Gesetz garantiert. BürgerInnen, die kein Kirgisisch sprechen würden, behaupteten jedoch, dass eine Stellung im Staatsdienst ab einem gewissen Level ausgeschlossen sei.
Human Rights Watch bemängelt in dem im Jänner 2013 veröffentlichten Jahresbericht, dass nicht angemessen gegen Rechtsverletzungen, insbesondere gegenüber UsbekInnen im Süden vorgegangen werde und auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe im Oktober 2012 in einem Urteil den "weitverbreiteten Gebrauch von Folter von Mitgliedern der usbekischen Minderheit im südlichen Teil Kirgisistans" angeprangert. Nach einem Bericht des deutschen auswärtigen Amtes im Juni 2013 kam es auch Anfang Jänner 2013 zu mehrtätigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Bewohnern der usbekischen Enklave Sokh im Süden Kirgisistans. Seit den Ereignissen vom Juni 2010 sind fast keine usbekisch-sprachigen Medien mehr in Betrieb.
Freedom House berichtet im Mai 2013, dass der Menschenrechtsverteidiger Ulugbek Asimow und seine Familie in Bischkek angegriffen worden seien. Es werde davon ausgegangen, dass es sich um einen gezielten Angriff auf den Menschenrechtsverdeidiger gehandelt habe. Human Rights Watch berichtet weiter, dass es am 2.4.2013 in Bischkek am Obersten Gerichtshof zu Gewalt gekommen sei, nachdem der Freispruch eines ethnischen Usbeken, dem Verbrechen in Zusammenhang mit den ethnischen Ausschreitungen im Juni 2010 vorgeworfen wurden, aufgehoben worden sei. Viele usbekische Männer gehen als Arbeitsmigranten nach Russland und manche versuchen auch die russische Staatsbürgerschaft zu erlangen.
(ACCORD-Anfrage-Beantwortung vom 12.6.2013 a-8424)
Zur Situation der Christen in Kirgisistan wird ergänzend festgestellt:
Wie in anderen zentralasiatischen Ländern unterscheidet das strenge Religionsgesetz Kirgisistans zwischen staatlich registrierten und nicht registrierten Gemeinschaften, wobei die Registrierung für, vor allem kleine und neue christliche Kirchen mit schier unüberwindlichen Hürden verbunden ist (ACCORD-Anfrage-Beantwortung vom 12.2.2013 a-8270). Im Gesetz "über die Religionsfreiheit und religiöse Organisationen in der kirgisischen Republik" konnte keine Bestimmung zu einem Verbot der Konversion gefunden werden. Es sind jedoch eindringliche Aktivitäten verboten, die darauf abzielen, Gläubige zum Übertreten von einer Konfession zu einer anderen zu bewegen (Art. 5 Abs. 4). Berichten von US DOS zufolge gäbe es weiterhin Spannungen zwischen MuslimInnen und konvertierten Musliminnen sowie ausländischen christlichen Missionaren. (ACCORD-Anfrage-Beantwortung vom 2.5.2012 a-7981)
Zur Situation der tatarischen Minderheit in Kirgisistan wird folgendes festgestellt:
Laut einem Bericht des US Departement of State gehören nur rund 0,9 % der Bevölkerung in Kirgistan der tartarischen Minderheit an (August 2006). Manche Tartaren sind bereits im 13. Jahrhundert in diese Region eingewandert, andere, vor allem Krimtartaren, während des zweiten Weltkrieges nach Zentralasien deportiert worden. Die Beziehungen zwischen den moslemischen Kirgisen und Tartaren sind relativ gut, es gibt allerdings kaum Informationen darüber (ACCORD-Anfrage-Beantwortung vom 21.9.2006, a-5064).
Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Asylwerbers durch das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost am 22.11.2010 sowie durch das Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen am 21.12.2010 und durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2014, durch Vorlage einer Geburtsurkunde, einer Heiratsurkunde, eines abgelaufenen sowjetischen Reisepasses, eines Führerscheines sowie diverser Zeugnisse, z.B. eines Berufsschulabschlusses als Koch, sowie diverser Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben, weiters durch Vorhalt eines Länderinformationsblattes der Staatendokumentation und zahlreicher, oben näher bezeichneter, verfahrensbezogener ACCORD-Auskünfte durch das Bundesverwaltungsgerichts.
2. Beweiswürdigung
Die allgemeinen Feststellungen zu Kirgisistan sind einem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation entnommen, die nicht nur für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sondern insbesondere auch für Bundesverwaltungsgericht (§ 5 Abs. 6 BFA-G), zuständig ist, in dem auch die Bezug habenden Primärquellen genauestens aufgelistet sind. Ergänzt wurden diese allgemeinen Feststellungen durch verfahrensbezogene Feststellungen, die sich vor allem auf einschlägige Auskünfte des österreichischen Zentrums für Länderinformation ACCORD gründen und in denen ebenfalls die durchwegs seriösen staatlichen und nicht staatlichen internationalen Quellen zitiert wurden. Hinsichtlich der Situation der sehr kleinen tartarischen Minderheit in Kirgisistan gibt es offenbar überhaupt nur sehr wenige Berichte (was an und für sich schon gegen eine Verfolgung oder Diskriminierung dieser Minderheit spricht) und sind diese noch älteren Datums und werden diese daher wegen des Fehlens jüngerer Berichte in dem vorliegenden Erkenntnis zitiert. Sämtliche Länderberichte wurden dem Parteiengehör unterzogen und hat dazu von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme lediglich der Beschwerdeführer Gebrauch gemacht hat, der wiederum Länderberichte zitierte, jedoch weder die vorgehaltenen Länderberichte kritisierte, noch andere Schlussfolgerungen daraus zog.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).
Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:
203.037-0/IV/29/98 uva.m.)
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist allgemein relativ vage, oberflächlich und wenig konkret, obwohl seitens des einvernehmenden Referenten des Bundesasylamtes als auch durch den vorsitzenden Richter präzise Fragen gestellt wurden und auch bei unpräzisen Antworten nachgefragt wurde.
Besonders vage hat der Beschwerdeführer die angeblichen Steinwürfe durch die Fenster der Wohnung geschildert und fallen diesbezüglich zahlreiche unpassende Antworten auf die präzisen Fragen auf, wobei der Beschwerdeführer in seiner Muttersprache Russisch mit Hilfe von einer bekannt guten und vertrauenswürdigen Dolmetscherin befragt wurde. Beispielweise hat der Beschwerdeführer auf die präzise Frage "Wie viele Leute die Steine geworfen hätten", lediglich angegeben, dass es immer die gleichen Banditen gewesen seien, auch eine nähere Eingrenzung, ob es zwei oder zwanzig Personen gewesen seien, ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sondern hat er wiederum unpassend geantwortet, "Das alles weiß meine Frau nicht". Weiters antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage ob es noch irgendwelche Schäden gegeben habe, unpassend mit "nur mit den Steinen". Auf die präzise Rückfrage, bei wem der Beschwerdeführer eine Anzeige wegen dieser Übergriffe erstattet habe, antwortete er wiederum unpassend "Man hat uns gesagt, dass das überall so ist." Auch die konkrete Frage, womit der Beschwerdeführer bedroht worden sei, beantwortete er vage und ausweichend "Das war so ein psychologischer Druck...". Schließlich konnte der Beschwerdeführer auch nicht näher ausführen, was die angeblichen Angehörigen der organisierten Kriminalität konkret von ihm gewollt hätten ("Ich weiß nicht, wie ich das genau sagen soll..."), er hat lediglich präzise ausgeführt, dass sie kein Schutzgeld von ihm erpresst hätten und dass sie gewollt hätten, dass er die Autos kostenlos repariere und dass sie sehr unhöflich zu ihm gewesen seien, ihn erniedrigt hätten, ohne dies näher auszuführen. Einigermaßen konkret konnte der Beschwerdeführer hingegen seinen Glaubenswechsel und seine Glaubensbetätigung im Herkunftsland darlegen. Diesbezüglich hat er jedoch eindeutig ausgeführt, dass er weder staatlicher, noch einer privaten Verfolgung unterlegen ist, sondern es nur "kleinere Probleme mit den Verwandten und dem Mullah (offenbar der nächsten Moschee) gegeben habe".
Der Beschwerdeführer konnte auch weder die Daten, noch die Wochentage der Steinwürfe, welche die nach seinem Vorbringen intensivsten Eingriffe in seine zu schützende persönliche Sphäre waren, nennen.
In dem vagen Vorbringen des Beschwerdeführers sind auch einige Widersprüche enthalten: Während der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen am 21.12.2010 ausdrücklich sagte, dass die Steinwerfer immer wieder "Allah akbar" gerufen hätten, gab er auf die konkrete Frage in der Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes, ob diese Personen irgendetwas gesprochen oder gerufen hätten, lediglich unpassend an, dass es jedes Mal in der Nacht gewesen sei, auf die nochmalige Nachfrage führte er wiederum ausweichend aus, dass es für sie so ein Stress gewesen sei und dass er nichts Konkretes behaupten könne und nur dass sie vielleicht etwas geschrien hätten. Wie das Bundesasylamt zutreffend in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, hat der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen am 21.12.2010 eindeutig davon gesprochen, dass lediglich drei Fenster durch die Steinwürfe beschädigt wurden (AS 67), während seine Frau bereits damals von vier Fenstern sprach, was der Beschwerdeführer dann in der Beschwerde und auch in der Beschwerdeverhandlung - widersprüchlich zum ursprünglichen Vorbringen - ebenfalls behauptete.
Schließlich hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen auch gesteigert, indem er in der Beschwerdeverhandlung erstmals behauptete, dass er nach den Steinwürfen bis zur Ausreise noch bedroht wurde. Ein gesteigertes Vorbringen ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als unglaubwürdig einzustufen (VwGH vom 08.04.1987, Zahl 85/01/0299, VwGH vom 02.02.1994, Zahl 93/01/1035), weil grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden muss (VwGH vom 05.10.1988, Zahl 88/01/0155, VwGH vom 11.11.1998, Zahl 98/01/261 u. v. a. m.).
Bemerkenswerter Weise hat der Beschwerdeführer die vor dem Bundesasylamt als intensivste Verfolgungshandlung angeführten Steinwürfe vor dem Bundesverwaltungsgericht ursprünglich erst gar nicht erwähnt, sondern diese erst angeführt, nachdem ihm sein Vorbringen durch den vorsitzenden Richter vorgehalten wurde.
Der Beschwerdeführer hat jedoch von sich aus Dokumente zu seiner Identität und seinem beruflichen Werdegang, sowie auch zur Integration vorgelegt.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der erkennende Richter das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Religionswechsel und den Problemen mit Kunden in der Autowerkstatt als glaubwürdig ansieht, nicht jedoch das vage und widersprüchliche Vorbringen hinsichtlich Steinwürfen in die Wohnung der Beschwerdeführer.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013,am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Gemäß § 75 Abs. 19 Asylgesetz 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.
A)
Zu I.:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann an-zunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asyl-werber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).
Wenn auch die Situation der usbekischen Minderheit in Kirgisistan nach wie vor problematisch ist und auch problematischer sein mag als die Situation anderer Minderheiten in dem Vielvölkerstaat Kirgisistan, so geht der erkennende Einzelrichter nicht von einer Gruppenverfolgung (asylrelevante Verfolgung ausschließlich auf Grund der Zugehörigkeit zur usbekischen Volksgruppe in Kirgisistan) aus, sondern ist es zur Erfüllung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass eine persönliche individuelle Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr im Entscheidungszeitpunkt vorliegt.(siehe Asylgerichtshof vom 23.09.2013 D3 419701-1/2011, Asylgerichtshof vom 25.09.2012 D3 420583-1/2011/19E, Asylgerichtshof vom 04.11.2013 D4 430998-1/2012 u.a.)
Soweit sich der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen lediglich auf die allgemeine Situation der usbekischen Volksgruppe in Kirgisistan bezieht, kann somit daraus nicht die Flüchtlingseigenschaft abgeleitet werden.
Hinsichtlich einer allenfalls denkbaren religiösen Verfolgung als Angehöriger einer nicht traditionellen kleinen christlichen Gruppierung und als konvertierter Moslem hat der Beschwerdeführer selbst ausgesagt, dass es diesbezüglich keinerlei staatliche Verfolgungshandlungen gegeben hat und dass er lediglich "kleinere Probleme" mit seinen Verwandten und einem örtlichen Mullah gehabt habe, die jedenfalls von der Intensität her nicht als asylrelevant einzustufen sind. Im Übrigen kann auch keineswegs von einer allgemeinen Christenverfolgung oder Verfolgung zum Christentum konvertierter Moslems in Kirgisistan gesprochen werden, wie aus den obigen Länderfeststellungen hervorgeht.
Auch die behaupteten "Erniedrigungen" durch Angehörige der organisierten Kriminalität, welche von ihm verlangt hätten, dass er kostenlos Autos für sie repariere, erfüllen von der Intensität her jedenfalls nicht das Kriterium der Asylrelevanz und wäre es dem Beschwerdeführer im Übrigen offen gestanden ausstehende Reparaturrechnungen bei den staatlichen Gerichten einzuklagen. Er hat eindeutig festgestellt, dass keine Schutzgelderpressung erfolgt ist und auch dass er als ethnischer Usbeke nicht von staatlichen Stellen verfolgt wurde.
Schließlich ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht im Süden Kirgisistans, wo die Situation der usbekischen Minderheit offenbar problematischer ist, gelebt hat, sondern im Norden.
Die behaupteten Steinwürfe wurden in der obigen Beweiswürdigung nicht als glaubwürdig qualifiziert, sodass letztlich kein asylrelevantes und glaubwürdiges Vorbringen verblieben ist.
Die Beschwerde zu Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.
Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.).
§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).
Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FremdenG 1997 ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (nach der Rechtslage nach dem AsylG 1997 musste sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen; z.B. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000;
VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367;
25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FremdenG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509; 22.8.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Im gegenständlichen Fall liegt die vorgebrachte Bedrohung iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 schon deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Wie auch aus den obigen Länderfeststellungen hervorgeht, besteht in Kirgisistan jedenfalls keine Bürgerkriegssituation oder sonst kein Klima allgemeiner Gewalt, welche darauf hindeuten würde, dass der Beschwerdeführer als Zivilperson in eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes geraten würde (vgl. auch Asylgerichtshof vom 17.09.2012 D3 415844-1/2010, Asylgerichtshof vom 20.7.2011 D4 259631-2/2008).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die im Lichte des § 8 zu beurteilende Bedrohungssituation nach § 57 Fremdengesetz (nunmehr § 50 FPG) durch ein konkretes, personenbezogenes, glaubwürdiges und mit allfälligen Bescheinigungsmitteln untermauertes Vorbringen darzutun. In der Beschwerdeverhandlung vom 13.5.2014, antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage des vorsitzenden Richters, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Kirgisistan zurückkehren würde, dass er nichts behaupten könne, was passieren könne, dass aber nichts Gutes passieren würde und dass er sich auch in Kirgisistan nicht niederlassen würde, da er dort nichts mehr habe, was ihn dort halten würde. Damit erstattet der Beschwerdeführer ein ziemliches vages Vorbringen, jedenfalls kein konkretes personenbezogenes glaubwürdiges und mit allfälligen Bescheinigungsmitteln untermauertes Vorbringen hinsichtlich des Vorliegens einer (aktuellen) Bedrohungssituation gem. § 50 FPG.
Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich die Frage, ob er irgendwelche (aktuellen) gesundheitlichen oder psychischen Probleme hat, verneint, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer gesund ist.
Der Unabhängige Bundesasylsenat hat mehrfach ausgesprochen, dass das Fehlen der Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung und das Fehlen der Sicherstellung des überlebensnotwendigen Existenzminimums (siehe UBAS vom 15.12.1999, 208.320/0-IX/25/99; UBAS vom 17.07.2000, 212.800/0-VIII/22/99; UBAS vom 12.06.2002, 216.594/0-VIII/22/02, UBAS vom 22.10.2004, 227.507/0-VIII/22/02, u.a.) für ein Refoulementverbot spricht. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Zielstaat einer Abschiebung im Einzelfall entgegenstehen (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059; 09.07.2002, 2001/01/40164; 13.11.2001 2000/01/0453).
Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können (vgl. auch VwGH vom 15.03.1989, 88/01/0339).
Der Beschwerdeführer hat in Kirgisistan in verschiedenen Berufen, z. B. als xxxx und als xxxx gearbeitet und außerdem eine xxxx und eine xxxxausbildung absolviert. Wenn auch sein Bruder zwischenzeitig in die Russische Föderation ausgereist ist, so ist vor dem Hintergrund der obigen Länderfeststellungen nicht davon auszugehen, dass Angehörige der usbekischen Minderheit bei einer selbstständigen oder handwerklichen Tätigkeit besonders diskriminiert würden, sondern eher im öffentlichen Dienst und ist aufgrund der vielfältigen Berufserfahrungen des Beschwerdeführers jedenfalls davon auszugehen, dass er in der Lage wäre durch Erwerbsarbeit das zum Überleben Notwendige für sich und seine Familie zu erwirtschaften.
Es ist daher auf Grund der persönlichen Umstände und des bisherigen Lebenslaufes des Beschwerdeführers nicht zu erwarten, dass er bei einer Rückkehr nach Kirgisistan in eine derartige existenzbedrohende Notlage geraten würde, die in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK fallen würde.
Es war daher auch die Beschwerde zu Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
Es wurde auch keinem Mitglied der Kernfamilie der Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, sodass die Verleihung dieses Status auch nicht im Wege des Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 in Frage kommt.
Zu II.:
Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit. in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesasylamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
§ 75 Abs. 20 AsylG normiert, dass, wenn das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
bestätigt, so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).
Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. I in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 - seit 01.01.2014 nunmehr § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG - umgesetzt.
Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).
Der Beschwerdeführer ist seit rund vier Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig und unbescholten, er ist bemüht die deutsche Sprache zu erlernen und hat deswegen sich auch privat und gegen entsprechendes Entgelt über die Deutschkurse in der Bundesbetreuung hinaus einen Deutschkurs organisiert. Der Beschwerdeführer erfährt überdies die Unterstützung zahlreicher österreichischer Mitbürger, die die gute Integration der gesamten Familie bezeugen und sich für den Verbleib der Familie in Österreich einsetzen und arbeitet der Beschwerdeführer überdies unentgeltlich als Hausmeister in der Flüchtlingspension, in der sie untergebracht sind.
Die Ehefrau des Beschwerdeführer ist besonders gut in Österreich integriert, hat bereits zahlreiche Deutschkurse, zuletzt eine Prüfung in dem hohen Niveau B1 absolviert und verfügt bereits über mehrere Einstellungszusagen. Auch die Kinder der Beschwerdeführer sind äußerst gut integriert und betreiben neben der Schule noch zahlreiche Aktivitäten wie xxxx und sind offenbar bei ihren Mitschülern sehr beliebt, sodass sich diese in rührenden Briefen für den Verbleib der jungen Beschwerdeführer einsetzen. Die Kinder des Beschwerdeführers haben in Österreich prägende Jahre ihrer Kinderzeit erlebt und wurden hier sozialisiert.
Die Bindungen des Beschwerdeführers, dessen Bruder bereits ausgereist ist und dessen Mutter dies ebenfalls beabsichtigt, zu seinem Herkunftsstaat, wo er einer ethnischen Minderheit angehört, sind jedenfalls als gering zu bezeichnen und noch geringer stellen sich die Bindungen seiner Kinder an ihren Herkunftsstaat dar. Auch erfolgt eine Verwurzelung (im Aufenthaltsstaat) bei Kindern schneller als bei Erwachsenen (Asylgerichtshof vom 12.12.2012, D19 307.392-3/2008) und stellt die überwiegende Sozialisation von Kindern in Österreich ein maßgebliches Kriterium zu Gunsten der Antragsteller dar (Asylgerichtshof vom 26.2.2013, B9 300.142-2/2008). In Anbetracht des geringen Alters der Kinder des Beschwerdeführers und des unzweifelhaft engen Familienlebens, kommt nur eine gleichförmige Entscheidung der Eltern und Kinder in Betracht.
Im Übrigen hat der Beschwerdeführer auch nur einen Asylantrag gestellt und ist eine gewisse Verzögerung in der Bearbeitung dieses Antrages durch die Asylbehörden nicht zu verneinen.
Zusammenfassend ist daher im Rahmen einer Interessensabwägung zu befinden, dass bei dem Beschwerdeführer nicht wegen seiner eigenen herausragenden Integration, sondern vor allem wegen der hervorragenden Integration seiner Ehefrau und seiner Kinder und des unzweifelhaften gemeinsamen Familienlebens seine privaten Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung, insbesondere wegen einer Übertretung der einreiserechtlichen Vorschriften durch die illegale Einreise, überwiegen.
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).
Der Beschwerde zu Spruchteil III. war daher Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Vielmehr wurden die in dem vorliegenden Fall auftauchenden Rechtsfragen auf Basis der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gelöst und damit begründet.
Im Übrigen steht im vorliegenden Erkenntnis Tatsachenfragen, insbesondere die Beweiswürdigung und Fragen der Integration, im Vordergrund. Es liegen somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.
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