Strittig ist, ob bei 6 Bescheiden betreffend Säumniszuschlagsverfahren Einwendungen gegen die Rechtsgebührenpflicht gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG idF bis 31.12.2010 des Kartenpokerspiels (keine Qualifizierung als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel mangels Sachverständigengutachten möglich, keine Geltung des GSpG für gewerbliche Pokerbetriebe, Erweiterung des B-VG-Kompetenztatbestandes „Monopolwesen“ durch Angelegenheiten des Gewerbes verfassungswidrig) berücksichtigt werden können.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101865.2012
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache des ****Bf.+ADRESSE****, gegen den :
1. Bescheid vom 9. Mai 2012 betreffend Festsetzungen von zwei ersten Säumniszuschlägen gemäß § 217 BAO betreffend zweier Glücksvertragsgebührenbescheide gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7101865/2012),
2. Bescheid vom 9. Oktober 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7103497/2012),
3. Bescheid vom 9. November 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7103496/2012) ,
4. Bescheid vom 11. Februar 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7101019/2013),
5. Bescheid vom 11. März 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7101020/2013),
des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, alle StNr ****x1****
zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist in allen Angelegenheiten nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Streitpunkte
Strittig ist, ob bei 6 Bescheiden betreffend Säumniszuschlagsverfahren Einwendungen gegen die Rechtsgebührenpflicht gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG idF bis 31.12.2010 des Kartenpokerspiels (keine Qualifizierung als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel mangels Sachverständigengutachten möglich, keine Geltung des GSpG für gewerbliche Pokerbetriebe, Erweiterung des B-VG-Kompetenztatbestandes „Monopolwesen“ durch Angelegenheiten des Gewerbes verfassungswidrig) berücksichtigt werden können.
Vorbemerkungen
Bemerkt wird, dass die Rechtsmittelverfahren des Beschwerdeführers (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen sind. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am 31. Dezember 2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit 1. Jänner 2014 auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum 31. Dezember 2013 eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
Kartenpokerspiel wurde bis 31.12.2010 mit Rechtsgeschäftsgebühren (Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG) und wird ab 1.1.2011 mit Glücksspielabgaben gemäß § 57 GSpG besteuert (Glücksspielnovelle BGBl. I 2010/54).
Das Pokercasino ****CASINONAME**** war der Betrieb, der vom 22. März 2010 bis 30. November 2010 als nicht protokollierte Einzelfirma ****Bf.**** geführt wurde. Dort wurde täglich das Kartenspiel Poker in Form von Cashgames und Turnieren ohne Bankhalter gespielt. Da der Bf. keine Selbstberechnung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG durchführte, setzte das Finanzamt mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom 4. Mai 2012 die Gebühren für Poker - Cashgame für den Zeitraum 22. März 2010 bis 30. November 2010 in Höhe von 1,811.263,71 Euro und mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom 4. Mai 2012 für Pokerspiele in Turnierform für den Zeitraum 22. März 2010 bis 30. November 2010 im Betrag von 122.319,93 Euro fest.
Die gegenständlichen Säumniszuschlagsverfahren betreffen noch die Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG.
I. Verfahren
1. zu Bescheid vom 9. Mai 2012 betreffend Festsetzung zwei ersten Säumniszuschlägen gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( RV/7101865/2012).
Hinsichtlich der Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 setzte das Finanzamt mit Sammel-Bescheid vom 9. März 2012 die zwei ersten Säumniszuschläge je für Poker - Cashgame und für Pokerspiele in Turnierform fest (gesamt: 38.671,67 Euro) und legte fest, dass diese Säumniszuschläge bis 18. Juni 2012 zu entrichten sind. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass die Festsetzungen erforderlich waren, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der Frist bis 20.12.2010 entrichtet worden waren.
In der dagegen erhobenen Berufung/Beschwerde stellte der Bf. den Antrag, stattzugeben und die Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben. Die ersten Säumniszuschläge beträfen eine selbst zu berechnende Glücksspielabgabe. Das Finanzamt dürfe nicht für eine Abgabe mit der Wirkung einer Erdrosselungssteuer Säumniszuschläge verlangen, weswegen der Säumniszuschlagsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Die Glücksspielabgabe sei nach Ansicht des Bf. rechtswidrig, denn die vom Bf. veranstalteten Spiele seien keine Glücksspiele im legistischen Sinn. Der neue Ausspielungsbegriff des § 2 GSpG ab 1.1.2011 gelte für gewerbliche Pokerbetriebe nicht, abgesehen davon dürfe der Gesetzgeber den Kompetenztatbestand in der Verfassung „Monopolwesen“ nicht durch Angelegenheiten des Gewerbes erweitern. Diese Erweiterung des Glücksspielmonopols gehe zu Lasten jener Unternehmer, die das Pokern als Geschicklichkeitsspiel ohne Bankhalter rechtmäßig auf Grund eines Gewerbescheins betreiben. Dies verstoße gegen die Verfassung.
Im Übrigen stellte der Bf. den Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO, die Säumniszuschläge nicht festzusetzen, als den Bf. kein grobes Verschulden trifft. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Diese Rechtsansicht werde von namhaften Verfassungsexperten wie Univ.Prof. Winkler und Univ.Prof. Raschauer vertreten. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht. Eine zur belangten Behörde differierende vertretbare Rechtsauffassung sei jedenfalls nicht geeignet, das vom § 217 Abs. 7 BAO geforderte grobe Verschulden an der Säumnis abzuleiten, das einer Bewilligung dieses Antrages entgegenstehen würde.
Vorlage: Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor und ersuchte um Abweisung des Rechtsmittels. Im gegenständlichen Berufungsverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen könne nicht geklärt werden, ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäftsgebühren rechtmäßig seien. Weiters seien die in der Berufung vorgebrachten Gründe nicht geeignet, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO (mangelndes grobes Verschulden an der Säumnis) aufzuzeigen.
2. zu Bescheid vom 9. Oktober 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Poker - Cashgame ( RV/7103497/2012).
Hinsichtlich der Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 den zweiten Säumniszuschlag fest (gesamt: 18.112,64 Euro) und legte fest, dass dieser Säumniszuschlag bis 16. November 2012 zu entrichten ist. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass die Festsetzungen erforderlich waren, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet worden waren.
In der dagegen erhobenen Berufung/Beschwerde stellte der Bf. den Antrag, stattzugeben und die Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben. Der Säumniszuschlag beträfe eine selbst zu berechnende Glücksspielabgabe. Das Finanzamt dürfe nicht für eine Abgabe mit der Wirkung einer Erdrosselungssteuer Säumniszuschläge verlangen, weswegen der Säumniszuschlagsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Im Übrigen brachte der Bf. dieselben Berufungs/Beschwerdegründe vor wie zu Punkt 1.
Im Übrigen stellte der Bf. den Antrag, gemäß § 217 Abs. 7 BAO, die Säumniszuschläge nicht festzusetzen, als den Bf. kein grobes Verschulden trifft. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Diese Rechtsansicht werde von namhaften Verfassungsexperten wie Univ.Prof. Winkler und Univ.Prof. Raschauer vertreten. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht. Eine zur belangten Behörde differierende vertretbare Rechtsauffassung sei jedenfalls nicht geeignet, das vom § 217 Abs. 7 BAO geforderte grobe Verschulden an der Säumnis abzuleiten, das einer Bewilligung dieses Antrages entgegenstehen würde.
Vorlage: Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor und ersuchte um Abweisung des Rechtsmittels. Im gegenständlichen Berufungsverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen könne nicht geklärt werden, ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäftsgebühren rechtmäßig seien.
3. zu Bescheid vom 9. November 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Pokerspiele in Turnierform ( RV/7103496/2012).
Hinsichtlich der Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 9. November 2012 den zweiten Säumniszuschlag fest (gesamt: 1.223,20 Euro) und legte fest, dass dieser Säumniszuschlag bis 17. Dezember 2012 zu entrichten ist. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass die Festsetzungen erforderlich waren, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet worden waren.
In der dagegen erhobenen Berufung/Beschwerde stellte der Bf. den Antrag, stattzugeben und die Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben. Der Säumniszuschlag beträfe eine selbst zu berechnende Glücksspielabgabe. Das Finanzamt dürfe nicht für eine Abgabe mit der Wirkung einer Erdrosselungssteuer Säumniszuschläge verlangen, weswegen der Säumniszuschlagsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Im Übrigen brachte der Bf. dieselben Berufungs/Beschwerdegründe vor wie zu Punkt 1.
Im Übrigen stellte der Bf. den Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO, die Säumniszuschläge nicht festzusetzen, als den Bf. kein grobes Verschulden trifft. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Diese Rechtsansicht werde von namhaften Verfassungsexperten wie Univ.Prof. Winkler und Univ.Prof. Raschauer vertreten. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht. Eine zur belangten Behörde differierende vertretbare Rechtsauffassung sei jedenfalls nicht geeignet, das vom § 217 Abs. 7 BAO geforderte grobe Verschulden an der Säumnis abzuleiten, das einer Bewilligung dieses Antrages entgegenstehen würde.
Vorlage: Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor und ersuchte um Abweisung des Rechtsmittels. Im gegenständlichen Berufungsverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen könne nicht geklärt werden, ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäftsgebühren rechtmäßig seien.
4. zu Bescheid vom 11. Februar 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 Poker - Cashgame ( RV/7101019/2013).
Hinsichtlich der Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 11. Februar 2013 den dritten Säumniszuschlag fest (gesamt: 18.112,64 Euro) und legte fest, dass dieser Säumniszuschlag bis 18. März 2013 zu entrichten ist. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass die Festsetzungen erforderlich waren, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach dem Tag, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt wurde, entrichtet worden waren.
In der dagegen erhobenen Berufung/Beschwerde stellte der Bf. den Antrag, stattzugeben und die Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben. Der Säumniszuschlag beträfe eine selbst zu berechnende Glücksspielabgabe. Das Finanzamt dürfe nicht für eine Abgabe mit der Wirkung einer Erdrosselungssteuer Säumniszuschläge verlangen, weswegen der Säumniszuschlagsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Im Übrigen brachte der Bf. dieselben Berufungs/Beschwerdegründe vor wie zu Punkt 1.
Im Übrigen stellte der Bf. den Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO, die Säumniszuschläge nicht festzusetzen, als den Bf. kein grobes Verschulden trifft. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Diese Rechtsansicht werde von namhaften Verfassungsexperten wie Univ.Prof. Winkler und Univ.Prof. Raschauer vertreten. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht. Eine zur belangten Behörde differierende vertretbare Rechtsauffassung sei jedenfalls nicht geeignet, das vom § 217 Abs. 7 BAO geforderte grobe Verschulden an der Säumnis abzuleiten, das einer Bewilligung dieses Antrages entgegenstehen würde.
Vorlage: Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor und ersuchte um Abweisung des Rechtsmittels. Im gegenständlichen Berufungsverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen könne nicht geklärt werden, ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäftsgebühren rechtmäßig seien.
5. zu Bescheid vom 11. März 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Pokerspiele in Turnierform ( RV/7101020/2013)
Hinsichtlich der Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 11. März 2013 den dritten Säumniszuschlag fest (gesamt: 1.223,20 Euro) und legte fest, dass diese Säumniszuschläge bis 18. April 2013 zu entrichten ist. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass die Festsetzungen erforderlich waren, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt wurde, entrichtet worden waren.
In der dagegen erhobenen Berufung/Beschwerde stellte der Bf. den Antrag, stattzugeben und die Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben. Der Säumniszuschlag beträfe eine selbst zu berechnende Glücksspielabgabe. Das Finanzamt dürfe nicht für eine Abgabe mit der Wirkung einer Erdrosselungssteuer Säumniszuschläge verlangen, weswegen der Säumniszuschlagsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Im Übrigen brachte der Bf. dieselben Berufungs/Beschwerdegründe vor wie zu Punkt 1.
Im Übrigen stellte der Bf. den Antrag, gemäß § 217 Abs. 7 BAO, die Säumniszuschläge nicht festzusetzen, als den Bf. kein grobes Verschulden trifft. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Diese Rechtsansicht werde von namhaften Verfassungsexperten wie Univ.Prof. Winkler und Univ.Prof. Raschauer vertreten. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht. Eine zur belangten Behörde differierende vertretbare Rechtsauffassung sei jedenfalls nicht geeignet, das vom § 217 Abs. 7 BAO geforderte grobe Verschulden an der Säumnis abzuleiten, das einer Bewilligung dieses Antrages entgegenstehen würde.
Vorlage: Die Berufung/Beschwerde legte das Finanzamt, was nach der damaligen Rechtslage möglich war, ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor und ersuchte um Abweisung des Rechtsmittels. Im gegenständlichen Berufungsverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen könne nicht geklärt werden, ob die zugrundeliegenden Rechtsgeschäftsgebühren rechtmäßig seien.
II. Erwägungen
6. Säumniszuschläge
§ 217 Abs. 1 BAO lautet: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
§ 217 Abs. 2 BAO lautet: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
§ 217 Abs. 3 BAO lautet: Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.
§ 217 Abs. 4 BAO lautet: Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
….
§ 217 Abs. 7 BAO lautet: auf Antrag des Abgabepflichtigen sind die Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
§ 217 Abs. 8 BAO lautet: Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß
a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften und
b) für Nachforderungszinsen (§ 205), soweit nachträglich dieselbe Abgabe betreffende Gutschriftszinsen festgesetzt werden.
§ 217 Abs. 9 BAO lautet: Im Fall der nachträglichen rückwirkenden Zuerkennung oder Verlängerung von Zahlungsfristen hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung der zuerkannten oder verlängerten Zahlungsfrist zu erfolgen.
….
Vollstreckbarkeit
§ 226 BAO lautet: Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag.
Einbringung
§ 230 Abs. 6 BAO lautet: Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212 a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.
Chronologische Übersicht Säumniszuschläge
§ 33 TP 17 GebG, 3-11/2010 Cashgame Bescheid gem § 201, 4.5.2012 | Erster Säumniszuschlag Vollstreckbarkeit 20.12.2010 Bescheid 9.5.2012
| Zweiter Säumniszuschlag Dreimonatsfrist 11.6.2012 bis 11.9.2012 Bescheid 9.10.2012 (RV/7103497/2012)
| Dritter Säumniszuschlag Dreimonatsfrist 11.12.2012 Bescheid 11.2.2013 (RV/7101019/2013)
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§ 33 TP 17 GebG, 3-11/2010 Turnier Bescheid gem § 201, 4.5.2012 | Erster Säumniszuschlag Vollstreckbarkeit 20.12.2010 Bescheid 9.5.2012
| Zweiter Säumniszuschlag Dreimonatsfrist 11.6.2012 bis 11.9.2012 Bescheid 9.11.2012 (RV/7103496/2012)
| Dritter Säumniszuschlag Dreimonatsfrist 11.12.2012 Bescheid 11.3.2013 (RV/7101020/2013)
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6.1. Erste Säumniszuschlagsbescheide
- vom 9. Mai 2012 betreffend Festsetzungen von zwei ersten Säumniszuschlägen gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 ( 12. RV/7101865/2012).
Abgabenzahlungsschuld ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Rechtmäßigkeit einer Säumniszuschlagsvorschreibung nämlich außer dem Eintritt des Säumnisfalles nur den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld, nicht hingegen auch den einer sachlich richtigen oder bereits rechtskräftigen Abgabenschuld voraus. Lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides ist zu prüfen (VwGH 17.9.1990, 90/15/0028; VwGH 8.3.1991, 90/17/0503; VwGH 24.11.1993, 90/13/0084; VwGH 30.5.1995, 95/13/0130; BFG 02.09.2014, RV/7101221/2014). Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist daher die nicht rechtzeitig entrichtete formelle Abgabenzahlungsschuld (Fischerlehner, Abgabenverfahren 2 [2016] § 217 Anm 2 ist; vgl. Ritz, BAO 6 , § 217 Tz 4 unter Verweis auf VwGH 23.3.2000, 99/15/0145, 0146).
Im gegenständlichen Fall handelte es sich um die bis 31.12.2010 zu erhebenden Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG, die Selbstbemessungsabgaben sind: Diese Gebühren sind gemäß § 31 Abs. 3 GebG ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten und sind am 20. des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden Kalendermonats fällig.
Fälligkeiten/Entrichtungszeitpunkt: Die Rechtsgebühren
für März 2010 wären mit 20. April 2010,
für April 2010 mit 20. Mai 2010,
für Mai 2010 mit 21. Juni 2010,
für Juni 2010 mit 20. Juli 2010,
für Juli 2010 mit 20. August 2010,
für August 2010 mit 20. September 2010,
für September 2010 mit 20. Oktober 2010,
für Oktober 2010 mit 22. November 2010 und
für November 2010 mit 20. Dezember 2010
fällig gewesen.
Bis zu diesen Zeitpunkten hatte der gemäß § 28 Abs. 3 GebG zur unmittelbaren Gebührenentrichtung Verpflichtete über die abzuführenden Beträge – sowohl was Poker-Cashgame als auch Pokerspiele in Turnierform betrifft - an das Finanzamt eine Abrechnung vorzulegen. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Wetteinsätze, Spieleinsätze oder Gewinste der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten.
Der Bf. hat die Rechtsgebühren zu diesen Fälligkeitszeitpunkten gemäß § 31 Abs. 3 GebG aF nicht entrichtet, dadurch ist der erste Säumniszuschlag in Höhe von 2% verwirkt. Auf Grund der unterbliebenen Selbstberechnung der Gebühr ergingen über den Zeitraum 3-11/2010 am 4. Mai 2012 die zwei Bescheide gemäß § 201 BAO für Poker-Cashgame und Pokerspiele in Turnierform. Auf den Säumniszuschlag infolge „automatischer“ Fälligkeit der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG iVm § 31 Abs. 3 GebG aF hat es keinen Einfluss, wenn ein Bescheid gemäß § 201 BAO erlassen wurde. Wird eine Selbstbemessungsabgabe nach ihrer Fälligkeit mit Bescheid festgesetzt, so steht zur Entrichtung einer allenfalls daraus resultierenden Nachforderung gemäß § 210 Abs. 4 BAO eine Nachfrist von einem Monat zu (hier der 11.6.2012). Ein Säumniszuschlag ist jedoch unabhängig von der Einhaltung dieser Frist wegen der Nichtentrichtung der Abgabe bis zum Fälligkeitstag verwirkt (Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter, 158ff; Ritz, BAO 6 § 217 Tz 33). Die Nachfrist verhindert lediglich sofortige Vollstreckungsmaßnahmen, nicht aber die Verwirkung von Säumniszuschlägen. (BFG 13.08.2014, RV/7102409/2014 unter Verweis auf VwGH 22.2.1995, 94/13/0242).
Der Bf. kann in seinen Säumniszuschlagsangelegenheiten nichts für sich gewinnen, wenn er die Säumniszuschlagsbescheide mit dem Einwand bekämpft, die zugrundeliegenden Glücksvertragsgebühren seien verfassungswidrig. In den gegenständlichen Beschwerden wurden keine Gründe vorgebracht, die gegen die objektive Säumnisfolge nach § 217 Abs. 1 und 2 BAO bzw. für eine Aufhebung des Säumniszuschlagsbescheides sprechen würden.
Die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages iHv. 2 % der genannten Summen erweist sich daher grundsätzlich als rechtmäßig (vgl. § 217 Abs. 5 BAO, vgl. auch BFG 22.8.2014, RV/7102354/2014; BFG 18.12.2014, RV/7102596/2011; BFG 14.9.2015, RV/7100706/2013). Aus all diesen Gründen war diesen Berufungen/Beschwerden gegen die ersten Säumniszuschlagsbescheide kein Erfolg beschieden.
Informativ wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld im Beschwerdeverfahren gegen die zugrunde liegenden Glücksvertragsgebühren/Glücksspielabgaben die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.
6.2. Zweite Säumniszuschlagsbescheide
- vom 9. Oktober 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Poker-Cashgame ( 2. RV/7103497/2012),
- vom 9. November 2012 betreffend Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Pokerspiel in Turnierform ( 3. RV/7103496/2012) ,
Der zweite Säumniszuschlag ist verwirkt, soweit eine Abgabe nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. (Ritz, Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO. Einführung eines zweiten und dritten Säumniszuschlages SWK 9/2011 S 312).
Da die Glücksvertragsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG bis 31.12.2010 Selbstbemessungsabgaben sind, würde die Dreimonatsfrist de facto frühestens mit Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages beginnen (20. Dezember 2010). Da die Rechtsgebühren bescheidmäßig festgesetzt wurden, beginnt die Dreimonatsfrist für die Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages mit Ablauf der Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO. (BFG 18.12.2014, RV/7102596/2011; Ritz, BAO 6 § 217 Rz 11). Die Nachfrist endete am 11. Juni 2012. An diesem Tag trat auch die Vollstreckbarkeit der Abgaben(nach)forderung ein. (vgl Ritz, Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO. Einführung eines zweiten und dritten Säumniszuschlages SWK 9/2011 S 312).
Hinsichtlich der zweiten Säumniszuschlagsbescheide ist unbestritten, dass bis drei Monate nach Eintritt der Vollstreckbarkeit keine Tilgung des Abgabenrückstandes erfolgte.
Der Bf. kann in ihren Säumniszuschlagsangelegenheiten nichts für sich gewinnen, wenn sie die Säumniszuschlagsbescheide mit dem Einwand bekämpft, die zugrundeliegenden Glücksvertragsgebühren und die Glücksspielabgaben seien verfassungswidrig. In den gegenständlichen Beschwerden wurden keine Gründe vorgebracht, die gegen die objektive Säumnisfolge nach § 217 Abs. 1 und 2 BAO bzw. für eine Aufhebung der Säumniszuschlagsbescheide sprechen würden.
Die Festsetzung von zweiten Säumniszuschlägen iHv. 1 % der genannten Summen erweist sich daher grundsätzlich als rechtmäßig (vgl. § 217 Abs. 5 BAO, vgl. auch BFG 22.8.2014, RV/7102354/2014; BFG 18.12.2014, RV/7102596/2011; BFG 14.9.2015, RV/7100706/2013). Aus all diesen Gründen war diesen Berufungen/Beschwerden gegen die zweiten Säumniszuschlagsbescheide kein Erfolg beschieden.
Informativ wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld im Beschwerdeverfahren gegen die zugrunde liegenden Glücksvertragsgebühren/Glücksspielabgaben die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.
6.3. Dritte Säumniszuschlagsbescheide
- vom 11. Februar 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Poker-Cashgame ( 4. RV/7101019/2013),
- vom 11. März 2013 betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO betreffend Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF für den Zeitraum 3/2010 bis 11/2010 für Pokerspiel in Turnierform ( 5. RV/7101020/2013),
Der dritte Säumniszuschlag ist verwirkt, soweit eine Abgabe nicht spätestens drei Monate nach Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet wird. Dies gilt unabhängig vom Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung des zweiten Säumniszuschlages ( Ritz, Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO, SWK 2001 S 312; Ritz, BAO 6 , § 217 Tz 12; Fischerlehner, Abgabenverfahren 2 [2016] § 217 Anm 3).
Da die Glücksvertragsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG bis 31.12.2010 Selbstbemessungsabgaben sind, beginnt die Dreimonatsfrist für die Verwirkung des dritten Säumniszuschlages, drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages . (BFG 18.12.2014, RV/7102596/2011).
Hinsichtlich der dritten Säumniszuschlagsbescheide für die Rechtsgebühren ist unbestritten, dass bis drei Monate nach Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages keine Tilgung des Abgabenrückstandes erfolgte. Auslösemoment für den zweiten Säumniszuschlag ist der Tag an dem die Dreimonatsfrist, gerechnet ab Eintritt der Vollstreckbarkeit, endet. Auslösemoment für den dritten Säumniszuschlag ist der Tag an dem die Dreimonatsfrist, gerechnet ab Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages, endet. Die Bescheidzustellung über die Festsetzung des ersten Säumniszuschlages stellt im Zusammenhang mit dem zweiten und dritten Säumniszuschlag kein fristenauslösendes Ereignis dar.
Der Bf. kann in seinen Säumniszuschlagsangelegenheiten nichts für sich gewinnen, wenn er die Säumniszuschlagsbescheide mit dem Einwand bekämpft, die zugrundeliegenden Glücksvertragsgebühren seien verfassungswidrig. In den gegenständlichen Beschwerden wurden keine Gründe vorgebracht, die gegen die objektive Säumnisfolge nach § 217 Abs. 1 und 2 BAO bzw. für eine Aufhebung der Säumniszuschlagsbescheide sprechen würden.
Die Festsetzung von dritten Säumniszuschlägen iHv. 1 % der genannten Summen erweist sich daher grundsätzlich als rechtmäßig (vgl. § 217 Abs. 5 BAO, vgl. auch BFG 22.8.2014, RV/7102354/2014; BFG 18.12.2014, RV/7102596/2011; BFG 14.9.2015, RV/7100706/2013). Aus all diesen Gründen war diesen Berufungen/Beschwerden gegen die dritten Säumniszuschlagsbescheide kein Erfolg beschieden.
Informativ wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld im Beschwerdeverfahren gegen die zugrunde liegenden Glücksvertragsgebühren/Glücksspielabgaben die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.
7. Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO auf Nichtfestsetzung von ersten, zweiten und dritten Säumniszuschlägen
Der Bf. hat zu den ersten, zweiten und dritten Säumniszuschlagsbescheiden den Antrag gestellt, mangels grobem Verschulden die Säumniszuschläge nicht festzusetzen.
Laut VwGH 15.5.1997, 96/15/0101 liegt keine leichte Fahrlässigkeit vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen die erforderliche, und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Der Bf. ist an und für sich mit der Rechtslage durchaus vertraut, er hätte sich informieren und damit die Säumniszuschläge verhindern können, wenn er die Glücksvertragsgebühren rechtzeitig bekanntgegeben und gezahlt hätte. Der Bf. war außerdem im fraglichen Zeitraum rechtfreundlich vertreten. Es wäre dem Bf. auch zumutbar gewesen, Stundungsansuchen vor Fälligkeit der Selbstbemessungsabgaben abzugeben. (Siehe auch Fischerlehner, Der UFS zum groben Verschulden beim Säumniszuschlag. Eine Auswahl der zum groben Verschulden ergangenen Rechtsprechung, SWK 2005, S 59 dort zitiert UFS 10.2.2004, ZRV/0114-Z4I/03).
Vom Bf. wurden hauptsächlich verfassungsmäßige Bedenken gegen die Glücksvertragsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG und gegen die Glücksspielabgabe gemäß § 57 GSpG geäußert. Der Bf. brachte vor, dass aufgrund der Übergangsfrist des § 60 Abs. 24 GSpG die in gewerblichen Pokercasinos veranstalteten Pokerkartenspiele weder als Glücksspiele noch als Ausspielung iSd § 2 GSpG zu qualifizieren seien. Eine oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu existiere nicht.
Dem Bf. ist entgegenzuhalten, dass bereits in den Jahren 2010 und 2011 eine oberstgerichtliche Rechtsprechung existierte:
- Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes
Rechtslage bis 31.12.2010: Zur Frage der Rechtsgeschäftsgebührenpflicht des Kartenpokerspiels lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. September 1995, B 220/95 die Behandlung der Beschwerde ab. Mit Beschluss VfGH 21.9.2012, B 1357 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde betreffend UFS 7.10.2011, RV/0743-W/11 mit folgender Begründung ab:
Der Beschwerde ist „….zu entgegnen, dass die Frage, ob mit der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010, eine verfassungswidrige Ausweitung des Glücksspielmonopols erfolgt ist, für die Lösung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung ist, weil § 33 TP 17 GebG (in der Fassung vor dem 1. Jänner 2011) - gestützt auf die Abgabeneinhebungskompetenz des Bundes gemäß § 6 F-VG 1948 – lediglich an die in § 1 GSpG genannten Glücksspiele – unabhängig von deren monopolrechtlichen Konsequenzen – anknüpft. Gleiches gilt für die Frage, ob durch diese Novelle ein verfassungswidriger Eingriff in geschützte Rechtspositionen erfolgte, da die beschwerdeführende Gesellschaft die strittige Veranstaltung auch im Hinblick auf die – mit hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2012, G 51/11, zum Teil aufgehobene Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 24 GSpG rechtmäßig durchführen konnte. In der Abgabeneinhebung ist auch kein Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zu erkennen, weil es der Abgabenpflichtige in der Hand hat, die Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen (vgl. dazu auch VwGH 28.3.2011, 2011/17/0039 mwN). Dass der Begriff des Spiels „Poker“ in verfassungswidriger Weise unbestimmt sei, kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen…. “. Der VwGH 9.9.2013, 2012/16/0188 lehnte die Behandlung der (Sukzessiv-)Beschwerde ab.
Rechtslage ab 1.1.2011: Zur Frage der Glücksspielabgabenpflicht des Kartenpokerspiels lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss VfGH 19.2.2015, E 293/2015 (zu BFG 18.12.2014, RV/7103332/2011) die Behandlung der Beschwerde ab, da es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft. Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Mit Beschlüssen VfGH 8.6.2017, E 1330/2016, E 1756/2016 (zu BFG 10.6.2016, RV/7101758/2012 (BFG 13. Mai 2016, RV/7101232/2012)), VfGH 26.2.2018, E 3452/2017 zu BFG 21.8.2017, RV/7101181/2013 und VfGH 26.2.2018, E 3862/2017 zu BFG 25.09.2017, RV/7100907/2012 und VfGH 26.2.2018, E 3860/2017 zu BFG 25.09.2017, RV/7100908/2012 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab, da die Regelungen der §§ 57ff GSpG nicht die Erwerbsausübungsfreiheit verletzen. Wenn der Steuergesetzgeber im öffentlichen Interesse liegende Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte und damit eine Verminderung der Rentabilität einhergehen kann, führt das nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen.
- Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes
Rechtslage bis 31.12.2010: Der Verwaltungsgerichtshof 8.9.2005, 2000/17/0201 entschied, dass das Kartenpokerspiel ein Glücksspiel ist. Im Fall einer anderen Unternehmung des Bf. hat der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der gegen die Entscheidungen UFS 13.5.2011, RV/0499-I/10 und UFS 11.5.2011 RV/0500-I/10 erhobenen Beschwerde mit Beschluss VwGH 26.6.2014 , 2011/16/0158 und 2011/16/0159 abgelehnt .
Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluss VwGH 18.10.2016, Ro 2014/16/0041 (zu UFS 19.11.2013, RV/0742 G/11, RV/0743 G/11, RV/0744 G/11, RV/0745 G/11, RV/0746 G/11) betreffend Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG für Kartenpokerspiel die Revision zurück, da mit der GSpG-Novelle 2008 der Gesetzgeber gemäß § 1 Abs. 2 GSpG das Pokerspiel dem Glücksspiel zugeordnet hat. „Damit wurde diese Frage abschließend gelöst, sodass es keines Gutachtens über den Einfluss des Zufalls auf das Spielergebnis bedarf. Die von der Revisionswerberin zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einholung von Sachverständigengutachten über die Rolle des Zufalls beim Pokerspiel erging zu § 1 GSpG in der Fassung vor der GSpG-Novelle 2008 und ist infolge der geänderten Rechtslage nicht relevant.“
Rechtslage ab 1.1.2011: Der Verwaltungsgerichtshof VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024 wies die Revision zu BFG 18.12.2014, RV/7103332/2011 ab, denn ob das unternehmerische Anbieten von Poker außerhalb von Spielbanken aufgrund einer Gewerbeberechtigung bis zu den Glücksspielnovellen 2008/2010 verboten war oder nicht, ist für die Glücksspielabgabe nicht relevant. Für die Glücksspielabgaben kommt es auf eine Gewerbeberechtigung nicht an. (VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024 Rn 24). Poker ist bereits aufgrund der beispielhaften Aufzählung des § 1 Abs 2 GSpG ein Glücksspiel (VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024 Rn 15) und in der Steuerbelastung der tatsächlich getätigten Einsätze mit 16% konnte der Verwaltungsgerichtshof eine exzessive Steuerbelastung nicht erkennen. Die Anbieterin muss die Kartenpokerspiele so organisieren, dass die Glücksspielabgabe entrichtet werden kann (VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024 Rn 35, 36). Der Verwaltungsgerichtshof VwGH 27.3.2018 , Ro 2017/17/0025 ua. zu BFG 10.6.2016, RV/7101758/2012 wies die Revision zurück, da zufolge VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024 keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung mehr vorliegt.
Dazu wird dem Bf. entgegengehalten, dass die Bezahlung der selbstzuberechnenden Glücksvertragsgebühren und Glücksspielabgaben einer Klärung der Rechtsfrage im Rechtsmittelweg nicht im Wege steht: Der Verfassungsgerichtshof sprach bereits in etlichen Beschlüssen und Erkenntnissen, ua. VfGH 30.11.2011, G 12-14/11; VfGH 30.6.2012, G 51/11 (Punkt 3.3.) aus, dass zwar durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides erwirkt werden kann. Aber auch durch einen Antrag auf Rückerstattung nach § 239 BAO kann ein Bescheid erwirkt werden, durch den der Bf. über Beschwerdeverfahren zu den Höchstgerichten kommen kann. Dadurch, dass der Bf. weder die Glücksvertragsgebühren noch die Glücksspielabgaben rechtzeitig bekanntgegeben und gezahlt hat, trifft ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden, weswegen dieser Berufung/Beschwerde betreffend Anträgen auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge kein Erfolg beschieden war. Die Bescheide bleiben aufrecht.
Die Rechtsgebühren und die Säumniszuschläge wurden bis zum heutigen Tag nicht entrichtet.
Bemerkt wird, dass hinsichtlich der Abgabensicherung des Zeitraumes 2009/2011, in welchem der Betrieb von einer anderen Unternehmung des Bf. geführt wurde, das Erkenntnis mit heutigem Tag erging (RV/7100612/2012).
10. Unzulässigkeit der Revision gegen alle Erkenntnisse zu den 6 Bescheiden
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da diese Erkenntnisse der in den Erwägungen angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgen, bzw. sich die Rechtsfolgen aus der Gesetzeslage ergeben, ist die Revision unzulässig.
Wien, am 24. August 2018