UFS ZRV/0114-Z4I/03

UFSZRV/0114-Z4I/0310.2.2004

Verfassungswidrigkeit des Altlastensanierungsgesetzes und Antrag auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/17/0191 eingebracht. Mit Erk. v. 25.4.2005 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät, gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Hauptzollamtes Innsbruck vom 11. August 2003, GZ. 800/31561/2003, betreffend Altlastenbeitrag für das erste Quartal 2003, entschieden:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit der Altlastenbeitragsanmeldung für das erste Quartal 2003 vom 7. Mai 2003 hat die Bf. 691 Tonnen Baurestmassen und 16.679 Tonnen übrige Abfälle angemeldet, die entsprechenden Altlastenbeiträge aber mit jeweils Null ausgewiesen und keine Zahlung vorgenommen.

Das Hauptzollamt Innsbruck hat in der Folge mit Bescheid nach § 201 BAO vom 20. Mai 2003, Zahl 800/31410/2003, die Anmeldung berichtigt und den Altlastenbeitrag für das langfristige Ablagern von Abfällen auf der Deponie Riederberg gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG), BGBl. Nr. 299/1989 idgF), für die nach § 7 Abs. 1 Z 1 leg. cit. die Beitragsschuld entstanden sei, in Höhe von € 732.179,60 (zuzüglich eines Säumniszuschlages in Höhe von € 14.643,59) neu festgesetzt. Das Hauptzollamt Innsbruck stützte dabei seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass es, auch wenn die Bf. die Nullfestsetzung ihrer Beitragsanmeldung damit begründet, dass das AlSAG mit seinen mehrfachen Novellierungen im Grunde des Gutachtens von Prof. T. vom 12. Oktober 2001 mit Verfassungswidrigkeit behaftet sei, als für die Erhebung des Altlastenbeitrages zuständige Behörde das Gesetz rechtskonform zu vollziehen und nicht über die Verfassungswidrigkeit des Altlastensanierungsgesetzes zu befinden habe. Gemäß § 3 Abs. 1 AlSAG unterliege das langfristige Ablagern von Abfällen einschließlich des Einbringens von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden seien, dem Altlastenbeitrag. Beitragsschuldner sei im Sinne des § 4 leg. cit. der Betreiber der Deponie. Bemessungsgrundlage sei die Masse des Abfalls. Die Beitragsschuld entstehe im Falle des langfristigen Ablagerns nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Ablagerungen vorgenommen worden seien. Da sich die Selbstberechnung der Abgaben als nicht richtig erwiesen habe, sei der Altlastenbeitrag für das erste Quartal 2003 gemäß § 201 BAO neu festzusetzen gewesen. Für die nicht am Fälligkeitstage entrichteten Beiträge sei zusätzlich gemäß § 217 BAO ein Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des Altlastenbeitrages festzusetzen gewesen.

Mit Eingabe vom 27. Mai 2003 erhob die Bf. gegen diesen Bescheid Berufung wegen Verfassungswidrigkeit und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Bestimmungen des ALSAG nach ihrer Auffassung als gleichheitswidrig, als sachlich nicht gerechtfertigt, als die Erwerbsfreiheit einschränkend und als im Widerspruch mit den Wettbewerbsregeln des EU-Vertrages stehend, weil inländerdiskriminierend, seien. Die Bf. wisse zwar, dass die Behörde die gesetzlichen Bestimmungen, so lange sie Bestandteil der Rechtsordnung sind, bei ihren Entscheidungen anzuwenden habe, sie sei aber gezwungen gegen den Bescheid zu berufen um letzlich die Möglichkeit zu haben, die Bestimmungen beim VfGH anzufechten.

Das Hauptzollamt Innsbruck hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 11. August 2003, Zahl: 800/31561/2003, als unbegründet abgewiesen und hierzu ausgeführt, dass es als zuständige Behörde für die Erhebung des Altlastenbeitrages nicht über die Verfassungswidrigkeit des AlSAG zu befinden, sondern dass es dieses Gesetz rechtskonform zu vollziehen habe. Da sich die Selbstberechnung des Altlastenbeitrages als nicht richtig erwiesen habe, sei der Altlastenbeitrag für das erste Quartal 2003 vom Hauptzollamt Innsbruck mit Bescheid gemäß § 201 BAO neu festzusetzen gewesen.

Dagegen richtet sich die nunmehrige Beschwerde vom 21. August 2003, worin unter Bezugnahme auf das Berufungsvorbringen vom 4. Dezember 2001 gegen den Bescheid des Hauptzollamtes Innsbruck, Zahl 800/16174/2001, im gleichartigen Verfahren für einen früheren Zeitraum die Verfassungs- und EU-Rechtswidrigkeit der Bestimmungen des § 2 und der §§ 3 bis 11 AlSAG, zumindest aber der §§ 2 und 3 bis 6 AlSAG, wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie wegen Inländerdiskriminierung, wobei sich die EU-Rechtswidrigkeit aus der Inländerdiskriminierung und der dadurch entstehenden Wettbewerbsverzerrung ergäbe, geltend gemacht wird.

Hinsichtlich des Säumniszuschlages wurde ausgeführt, dass die österreichische Rechtsordnung, insbesondere die Bestimmungen über die Selbstberechnungsabgaben, keine andere Möglichkeit bieten würde, als Null-Meldungen abzugeben und auf eine Bescheidausfertigung zu bestehen, um den Inhalt des dem Bescheid zugrundeliegenden Gesetzes beim VfGH anfechten zu können. Da bei Selbstberechnungsabgaben eine bescheidmäßige Erledigung nur dann möglich erscheine, wenn zwar die Angaben hinsichtlich Mengen den Tatsachen entsprächen, jedoch Null-Meldungen abgegeben werden, um einen Bescheid zu erlangen, erscheine die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO im gegenständlichen Fall gerechtfertigt, da die Bf. kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung treffe, sondern sie zu einer Abgabe einer Null-Meldung gezwungen sei, um überhaupt eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe zu erreichen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:.

Die mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom Hauptzollamt Innsbruck aufgrund der unrichtigen Selbstberechnung des Altlastenbeitrages laut Altlastenbeitragsanmeldung für das erste Kalendervierteljahr 2003 vom 20. Mai 2003 erfolgte Neufestsetzung erging aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 3 Abs. 1 Z 1 und 7 Abs. 1 Z 1 AlSAG, wobei sich die Höhe des Beitrages für Zeiträume ab 1. Jänner 2001 aus § 6 Abs. 1 Z 1a AlSAG hinsichtlich des Anteiles an Baurestmassen und aus § 6 Abs. 1 Z 3 leg. cit. hinsichtlich des Anteiles an übrigen Abfällen ergibt. Die Vorbringen in der Beschwerde zielen lediglich auf die Verfassungs- bzw. EU-Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen ab, wobei in gleichgelagerten Fällen bereits Beschwerden gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind. Es wird weder die Höhe des festgesetzten Altlastenbeitrages - abgesehen von der Anfechtung wegen der behaupteten Verfassungswidrigkeit der betreffenden Bestimmungen - noch der zugrundeliegende Sachverhalt bekämpft. Der unabhängige Finanzsenat ist an das im Artikel 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip gebunden, wonach die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Er ist daher nicht berufen über eine allfällige Verfassungswidrigkeit des Altlastensanierungsgesetzes bzw. einzelner Bestimmungen dieses Gesetzes zu befinden.

Hinsichtlich des Säumniszuschlages bestimmt § 217 Abs. 7 BAO, dass auf Antrag des Abgabenpflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen sind, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Hierzu ist festzustellen, dass im vorliegendendem Fall die Abgabe einer unrichtigen Selbstberechnung und in der Folge die damit verbundenen Nichtentrichtung zum Fälligkeitstermin bewusst vorgenommen bzw. in Kauf genommen wurde. Statt die sich aus dem geltenden Altlastensanierungsgesetz ergebenden Beitragssätze anzuwenden, wurde die Berechnung jeweils mit "Null" durchgeführt. Die hierfür angeführte Begründung, nämlich dass die Bf. gezwungen gewesen sei eine Null-Meldung einzureichen, geht ins Leere. Zur Abwendung der Rechtsfolge, dass dem Abgabenpflichtigen ein Säumniszuschlag vorgeschrieben wird, wäre es zumutbar gewesen eine den gesetzlichen Bestimmungen richtige Altlastenbeitragsanmeldung abzugeben und den Beitrag zum Fälligkeitstermin zu entrichten. Zur entsprechenden Rechtsverteidigung hätte in weiterer Folge ein Feststellungsbescheid (§ 92 Abs. 1 BAO) beantragt werden können (vgl. VfGH 3.3.1971, B 175/70 bzw. auch Ritz in Bundesabgabenordnung, Kommentar 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Orac-Verlag). Die Voraussetzung für eine Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages, nämlich das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens, ist im vorliegendem Fall daher nicht erfüllt. Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Innsbruck, 10. Februar 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 6 Abs. 1 Z 1 lit. a ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 6 Abs. 1 Z 3 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 7 Abs. 1 Z 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Verfassungswidrigkeit, langfristiges Ablagern, Beitragspflicht, Deponie, Säumniszuschlag, grobes Verschulden

Stichworte