VwGH 90/15/0028

VwGH90/15/002817.9.1990

Wiener Gebietskrankenkasse in Wien X, Wienerbergstraße 15-19, gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Jänner 1990, Zl. GA 7 - 1822/89, betreffend Säumniszuschlag

Normen

BAO §217 Abs1;
BAO §217;
BAO §218;
BAO §217 Abs1;
BAO §217;
BAO §218;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden vom 28. August 1989 forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin Umsatzsteuerbeträge für die Jahre 1983 bis 1987 nach, die (was zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig ist) am 10. Februar 1984, 11. Februar 1985, 12. Februar 1986, 10. Februar 1987 und 10. Februar 1988 fällig geworden waren. Gemäß § 210 Abs. 4 BAO wurden der Beschwerdeführerin Nachfristen bis 4. Oktober 1989 gesetzt.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 1989 setzte das Finanzamt Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt S 1,531.073,-- wegen nicht fristgerechter Entrichtung der obgenannten Umsatzsteuerbeträge fest.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin vor allem mit der Begründung, die Nachforderung von Umsatzsteuer für die Jahre 1983 bis 1987 (im Gesamtausmaß von S 76,553.639,--) sei zu Unrecht erfolgt, die betreffende Umsatzsteuerschuld bestehe gar nicht. Unabhängig davon sei die Verhängung der Säumniszuschläge zu Unrecht erfolgt, weil die Beschwerdeführerin in allen Jahren in ihren Umsatzsteuererklärungen und deren Beilagen die entsprechenden Beträge als abziehbare Vorsteuern geltend gemacht habe. Das Finanzamt habe diese Erklärungen unbeanstandet anerkannt und die zu entrichtende Umsatzsteuer im Sinne der Umsatzsteuererklärungen akzeptiert. Die Beschwerdeführerin habe daher nicht annehmen können, daß ihr irgendeine Säumnis angelastet werden könne. Schließlich habe das Finanzamt zu dem Zeitpunkt, zu dem es zur Auffassung gelangt sei, daß Umsatzsteuer nachzufordern sei, die in Frage stehenden Nachforderungen mit einem bereits bestehenden Guthaben kompensationsweise einbringlich gemacht. Die der angeblichen Umsatzsteuerschuld entsprechenden Beträge seien daher bereits im Verfügungsbereich des Finanzamtes gewesen, sodaß auch aus diesem Grund eine Säumigkeit niemals habe eintreten können.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Berufungsvorentscheidung vom Finanzamt abgewiesen, worauf die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab und vertrat in der Begründung nach Wiedergabe des § 217 Abs. 1 BAO sowie des § 21 Abs. 1 und Abs. 5 UStG 1972 und der §§ 217 Abs. 3 sowie 210 Abs. 4 BAO im wesentlichen folgende Meinung:

Die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages bestehe ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung der Abgabe, weshalb der Einwand in der Berufung der Beschwerdeführerin, die der Säumniszuschlagsfestsetzung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide seien zu Unrecht erlassen worden, unbeachtlich sei. Mit einem derartigen Vorbringen könne die Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge nicht in Frage gestellt werden.

Bei Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben könne auf Grund der Gesetzeslage (§ 21 Abs. 1, 3 und 5 UStG in Verbindung mit § 217 Abs. 3 BAO) die Entstehung eines Säumniszuschlages im allgemeinen nicht verhindert werden; die gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1972 maßgeblichen Fälligkeiten würden gemäß § 21 Abs. 5 leg. cit. durch eine Nachforderung nicht verändert. Die im Zuge der Nachforderung gemäß § 210 Abs. 4 BAO gesetzten Nachfristen (bis 4. Oktober 1989) hätten keineswegs "spätestens mit Ablauf der obgenannten Fälligkeitstage" begonnen, sodaß auch eine Hinausschiebung der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen gemäß § 217 Abs. 3 BAO nicht in Betracht komme. Auch die vom Finanzamt schließlich vorgenommene kompensationsweise Einbringlichmachung der Umsatzsteuernachforderung mit einem bestehenden Guthaben der Beschwerdeführerin habe die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Säumniszuschlages nicht in Frage stellen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten insoferne verletzt, "als sie, obwohl die in Frage stehende Abgabenschuld nicht besteht und das Finanzamt für Körperschaften überdies die entsprechenden Beträge mit bestehenden Guthaben sofort kompensieren konnte und dies auch tat, dennoch zusätzlich mit Säumniszuschlägen belastet wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 217 Abs. 1 BAO bestimmt, daß, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages eintritt, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird. ...

In Ausführung des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wiederholt die Beschwerdeführerin zunächst ihre schon im Abgabenverfahren vorgetragenen Argumente, die Verwirkung eines Säumniszuschlages setze das materielle Bestehen einer Abgabenschuld voraus; eine solche habe im vorliegenden Fall aber gar nicht bestanden, daher auch nicht fällig werden können und sei diesbezüglich deswegen auch keine Säumnis eingetreten.

Dem ist entgegenzuhalten, daß nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0029; 15. September 1986, Zl. 86/15/0033; 16. Dezember 1986, Zl. 86/14/0066, 0067, und vom 22. September 1989, Zl. 89/17/0090-0092), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraussetzt, sondern nur einer formellen, und daß die den Säumniszuschlag festsetzende Behörde lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen hat.

Die belangte Behörde hat sich demnach im angefochtenen Bescheid frei von Rechtsirrtum nicht weiter mit dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin zur Frage der materiellen Richtigkeit der mit Bescheiden vom 28. August 1989 vorgenommenen Umsatzsteuernachforderungen auseinandergesetzt und die Beschwerdeführerin in der Gegenschrift zu Recht auf die Möglichkeit des § 221a Abs. 2 BAO verwiesen (vgl. dazu die gerade oben zitierten hg. Erkenntnisse vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0029, und vom 22. September 1989, Zl. 89/17/0090-0092).

Das zweite Argument der Rechtsrüge der Beschwerdeführerin geht dahin, es hätten sich die in Rede stehenden Umsatzsteuerbeträge bei Fälligkeit "ohnedies im Verfügungsbereich des Finanzamtes" befunden und sei deshalb keine Säumnis eingetreten. Zur näheren Darlegung legte die Beschwerdeführerin in ihrer Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde fünf Kontonachrichten des Finanzamtes vor. Auch daraus läßt sich aber für den Beschwerdestandpunkt nichts gewinnen, weil hinsichtlich sämtlicher ins Treffen geführter Guthaben aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kontonachrichten ersichtlich ist, daß jeweils eine Rückzahlung an die Beschwerdeführerin erfolgte ("GF 20"). Von einer fristgerechten kompensationsweisen Tilgung der obgenannten Abgabenschulden zum Zeitpunkt der einzelnen Fälligkeiten kann somit keinesfalls ausgegangen werden. Daß die Abgabenbehörde später die Umsatzsteuernachforderungen vom 28. August 1989 im Kompensationsweg einbringlich machte, ändert nichts an der nicht fristgerechten Entrichtung der betreffenden Umsatzsteuerbeträge bezogen auf die für die Verwirklichung des Säumniszuschlages gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1972 allein maßgeblichen Fälligkeiten vom 10. Februar 1984,

11. Februar 1985, 10. Februar 1986, 10. Februar 1987 und 10. Februar 1988.

Da schließlich auch die gemäß § 210 Abs. 4 BAO gesetzten Nachfristen bis 4. Oktober 1989 keineswegs spätestens mit Ablauf der oben genannten Fälligkeitstage begonnen haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. November 1987, Zl. 87/15/0029) erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit.

Da der Verwaltungsgerichtshof ferner die Auffassung der Beschwerdeführerin, der angefochtene Bescheid entbehre einer schlüssigen Begründung und stelle den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend klar, weshalb er an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leide, nicht zu teilen vermag, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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