Haftung erst fünf Jahre nach Aufhebung des Konkurses geltend gemacht
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101096.2013
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/16/0026. Mit Beschluss v. 14. 10. 2014 zurückgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache H., Adresse, vertreten durch Mag. Dr. Geza Simonfay, Rechtsanwalt, Neustiftgasse 3/6, 1070 Wien, über die Beschwerde des Haftungspflichtigen vom 30. Juni 2012 gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom 30. Mai 2012 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die Haftungssumme im Ausmaß von € 14.950,90 wie folgt reduziert:
Umsatzsteuer 11/2004 in Höhe von € 2.724,28,
Umsatzsteuer 12/2004 in Höhe von € 2.569,54,
Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 0,01,
Umsatzsteuer 01/2005 in Höhe von € 3.251,73,
Umsatzsteuer 02/2005 in Höhe von € 394,38,
Umsatzsteuer 04/2005 in Höhe von € 1.064,77,
Umsatzsteuer 05-06/2005 in Höhe von € 999,97,
Lohnsteuer 2004 in Höhe von € 1.262,50,
Körperschaftsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 296,50,
Körperschaftsteuer 04-06/2005 in Höhe von € 296,50,
Körperschaftsteuer 07-09/2005 in Höhe von € 282,00,
Körperschaftsteuer 01-03/2006 in Höhe von € 218,50,
Kammerumlage 10-12/2004 in Höhe von € 72,36,
Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 227,25,
Dienstgeberbeitrag 12/2004 in Höhe von € 51,25,
Dienstgeberbeitrag 1/2005 in Höhe von € 51,20,
Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 8,07,
Dienstgeberbeitrag 3/2005 in Höhe von € 37,19,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 21,21,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2004 in Höhe von € 9,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1/2005 in Höhe von € 9,56,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 0,75,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 6,94,
Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2004 in Höhe von € 212,86,
Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 212,86,
Pfändungsgebühr 2005 in Höhe von € 260,25,
Barauslagen 2005 in Höhe von € 2,75,
Stundungszinsen 2005 in Höhe von € 59,02,
Säumniszuschlag 1 zu 2005 in Höhe von € 176,19,
Säumniszuschlag 2 zu 2005 in Höhe von € 85,46 und
Säumniszuschlag 3 zu 2005 in Höhe von € 85,46.
II. Darüber hinaus wird die Beschwerde für
Umsatzsteuer 11/2004 in Höhe von € 2.724,27,
Umsatzsteuer 12/2004 in Höhe von € 2.569,53,
Umsatzsteuer 01/2005 in Höhe von € 3.251,73,
Umsatzsteuer 02/2005 in Höhe von € 394,38,
Umsatzsteuer 04/2005 in Höhe von € 1.064,77,
Umsatzsteuer 05-06/2005 in Höhe von € 999,96,
Lohnsteuer 2004 in Höhe von € 1.262,50,
Körperschaftsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 296,50,
Körperschaftsteuer 04-06/2005 in Höhe von € 296,50,
Körperschaftsteuer 07-09/2005 in Höhe von € 282,00,
Körperschaftsteuer 01-03/2006 in Höhe von € 218,50,
Kammerumlage 10-12/2004 in Höhe von € 72,36,
Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 227,25,
Dienstgeberbeitrag 12/2004 in Höhe von € 51,24,
Dienstgeberbeitrag 1/2005 in Höhe von € 51,19,
Dienstgeberbeitrag 3/2005 in Höhe von € 37,18,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 21,21,
Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2004 in Höhe von € 212,86,
Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 212,86,
Pfändungsgebühr 2005 in Höhe von € 260,25,
Stundungszinsen 2005 in Höhe von € 59,01,
Säumniszuschlag 1 zu 2005 in Höhe von € 176,18,
Säumniszuschlag 2 zu 2005 in Höhe von € 85,45 und
Säumniszuschlag 3 zu 2005 in Höhe von € 85,45
im Gesamtausmaß von € 14,913,13 als unbegründet abgewiesen.
III. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom 30. Mai 2012 wurde Herr H. (in weiterer Folge: Bf.) als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9, 80 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma M- Gesellschaft m.b.H., Adresse2, im Ausmaß von € 29.864,03 in Anspruch genommen, nämlich
Umsatzsteuer 11/2004 in Höhe von € 5.448,55,
Umsatzsteuer 12/2004 in Höhe von € 5.139,07,
Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 0,01,
Umsatzsteuer 01/2005 in Höhe von € 6.503,46,
Umsatzsteuer 02/2005 in Höhe von € 788,76,
Umsatzsteuer 04/2005 in Höhe von € 2.129,54,
Umsatzsteuer 05-06/2005 in Höhe von € 1.999,93,
Lohnsteuer 2004 in Höhe von € 2.525,00,
Körperschaftsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 593,00,
Körperschaftsteuer 04-06/2005 in Höhe von € 593,00,
Körperschaftsteuer 07-09/2005 in Höhe von € 564,00,
Körperschaftsteuer 01-03/2006 in Höhe von € 437,00,
Kammerumlage 10-12/2004 in Höhe von € 144,72,
Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 454,50,
Dienstgeberbeitrag 12/2004 in Höhe von € 102,49,
Dienstgeberbeitrag 1/2005 in Höhe von € 102,39,
Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 8,07,
Dienstgeberbeitrag 3/2005 in Höhe von € 74,37,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004 in Höhe von € 42,42,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2004 in Höhe von € 9,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1/2005 in Höhe von € 9,56,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 0,75,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2/2005 in Höhe von € 6,94,
Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2004 in Höhe von € 425,73,
Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2005 in Höhe von € 425,73,
Pfändungsgebühr 2005 in Höhe von € 520,50,
Barauslagen 2005 in Höhe von € 2,75,
Stundungszinsen 2005 in Höhe von € 118,03,
Säumniszuschlag 1 zu 2005 in Höhe von € 352,37,
Säumniszuschlag 2 zu 2005 in Höhe von € 170,91,
Säumniszuschlag 3 zu 2005 in Höhe von € 170,91,
und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Als Begründung wurde ausgeführt, dass die genannten Abgabenschuldigkeiten bei der Firma M- Gesellschaft m.b.H. als uneinbringlich anzusehen seien. Dies ergebe sich daraus, dass der Konkurs über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. mit Beschluss des Gerichtes vom 2. Februar 2007 mangels Vermögens gemäß § 166 Konkursordnung aufgehoben worden sei.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO wäre der Bf. als Geschäftsführer der GmbH verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mittel entrichtet werden. Da der Nachweis im Sinne des Vorhaltes vom 13. September 2011 zu beweisen, dass der Bf. ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen, nicht erbracht worden sei, müsse angenommen werden, dass der Abgabenrückstand durch ein offenbar schuldhaftes Verhalten des Bf. nicht entrichtet worden sei. Aus diesem Grunde sei die Haftung gegen den Bf. geltend gemacht worden.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom 30. Juni 2012 wird Folgendes - hier wortgetreu wiedergegeben - ausgeführt:
"Ich möchte die Haftungsbescheid bemängeln. Es war nicht nur meine Schuld die Zahlung zum Finanzamt nicht waren wegen die Bankprobleme. Auch die Buchhaltung hat die Arbeit geschlossen und meine Bitte weitermachen, aber auch jetzt wieder beendet.
Leider, Ich erinnere mich nicht vor 6 Jahren, Was, und Wie passiert die Abrechnung ist. Deshalb nicht meine Schuld nicht zeigen die richtige Zahlen.
Ich kann es nicht zahlen. Meine Meinung ist eine,- wegen mein Lohn, Kind und Mutter halbe Million Forint (ist so wie 1500 €) mögliche Zahlung ist.
Ich bitte die Schließung, so schnell wie möglich ist weil die Konkursverfahrung vor 6 Jahren passiert ist."
In einer Vorhaltbeantwortung vom 17. September 2012 ergänzt der Bf. wie folgt:
"Ich habe den Steuerberater und Buchhalter aufgesucht, um die notwendigen Dokumente zu erbitten. Wie ich früher geschrieben habe, er hat die Dokumente für Jähre 2004 und 2005 nicht mehr. Er hat erklärt, dass die Steuerpflicht, Steuererklärungspflicht für 2004 und 2005 schon verjährt sind, so hat er alle - mit diesen Jahren zusammenhängenden – Dokumente vernichtet.
Er hat mir erklärt, dass die Verjährungspflicht bei Einkommensteuer, Umsatzsteuer und anderen Steuerarten 5 Jahr ist.
Er hat mir die folgenden Rechnungen dargestellt:
Steuerpflicht 2004
(Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Kraftfahrzeugsteuer)
Verjährungsbeginn 01.01.2005; Verjährungspflicht (+5 Jahre) 31.12.2009
Steuerpflicht 2005
(Umsatzsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Dienstgeberbeitrag, Kraftfahrzeugsteuer)
Verjährungsbeginn 01.01.2006; Verjährungspflicht (+5 Jahre) 31.12.2010
Steuerpflicht 05-06/2005
(Umsatzsteuer)
Verjährungsbeginn 01.01.2006; Verjährungspflicht (+5 Jahre) 31.12.2010
Bescheid erhalten 2005 (+1 Jahr) 31.12.2011
Steuerpflicht 2006
(Körperschaftsteuer)
Verjährungsbeginn 01.01.2007; Verjährungspflicht (+5 Jahre) 31.12.2011
Ich kann Ihnen leider keine Dokumente schicken, weil diese schon - in Betracht der Verjährungszeit - vernichtet wurden. Ich verstehe nicht so viel dafür, aber weiß ich nicht mehr, was ich zahlen sollte."
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom 20. November 2012 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und wie folgt ausgeführt:
"Unbestritten ist, dass Ihnen als selbständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Firma M- Gesellschaft m.b.H. die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.
Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin ist ebenfalls unbestritten. Mit Beschluss des Gerichtes vom 2. Februar 2007 wurde der Konkurs über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. mangels Vermögens gemäß § 166 Konkursordnung aufgehoben, somit steht die Uneinbringlichkeit fest.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers nachzuweisen, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf.
In der Berufungsbegründung wird ausgeführt, dass Sie nicht Schuld daran seien, dass Abgabenrückstände entstanden sind. Die Bank habe keine Überweisungen vorgenommen und auch die Buchhaltung habe die Arbeit niedergelegt. Aufgrund der bereits lange verstrichenen Zeit können keine Unterlagen mehr vorgelegt werden, diese seien nach Ablauf der Verjährungsfrist vernichtet worden.
Für das Haftungsverfahren ist entscheidungswesentlich, ob der Geschäftsführer bei Fälligkeit der Abgabenverbindlichkeiten Mittel zur Bezahlung zur Verfügung hatte. Der Geschäftsführer muss die ihm zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller fälligen Verbindlichkeiten verwenden, wenn die Mittel zur Befriedigung aller Gläubiger nicht ausreichen.
Die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger bezieht sich auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits. Der Vertreter darf hiebei Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden.
Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung heranzuziehende Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Wird der Nachweis, dass die Abgabenbehörde gegenüber anderen Gläubigern nicht schlechter behandelt worden ist, vom Geschäftsführer nicht erbracht, darf die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen. Den Vertreter trifft im Haftungsverfahren eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast. Kommt der Vertreter seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des Nachweises, dass liquide Mittel teilweise fehlten und die vorhandenen Mittel gleichmäßig auf alle Gläubiger verteilt wurden nicht nach, ist eine Haftung für den gesamten beim Primärschuldner offen gebliebenen Abgabenbetrag zulässig. Deutliche Anhaltspunkte für die völlige Mittellosigkeit der Gesellschaft zu den Fälligkeitstagen ergeben sich laut Aktenlage keine.
Die Lohnsteuer ist vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Betreffend die Lohnsteuer ist die abgabenrechtlich relevante Pflichtverletzung schon gemäß § 78 Abs. (ergänzt: 3) Einkommensteuergesetz gegeben. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausgezahlt werden und sind sie anteilig zu kürzen. Die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten.
Ihrer Ausführung, dass bereits Verjährung eingetreten sei, ist entgegenzuhalten, dass durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderungen unterbrochen wird. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist. Im gegenständlichen Fall lagen die frühesten Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben im Jänner 2005 (für Umsatzsteuer 11/2004 und Lohnabgaben 2004). Gemäß § 238 Abs. 1 BAO wäre diesfalls die Einhebungsverjährung frühestens am 31. Dezember 2010 eingetreten. Die Verjährung wurde aber durch das eröffnete Konkursverfahren unterbrochen. Die fünfjährige Verjährungsfrist begann erst wieder mit Beendigung des Konkursverfahrens am 2. Februar 2007 neu zu laufen. Der Grund dafür, dass das Haftungsverfahren erst am 13. September 2011 gegen Sie eingeleitet wurde, liegt daran, dass Ihr Aufenthaltsort nicht früher ermittelt werden konnte. Es wurden nach Konkursaufhebung der Primärschuldnerin laufend Abfragen im zentralen Melderegister und beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger durchgeführt, die aber alle negativ verliefen. Ihre Adresse konnte erst im Jahr 2011 durch ein Auskunftsersuchen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2008/55 EG an die ungarische Abgabenbehörde ermittelt werden.
Da Sie der Aufforderung im Sinne des Vorhaltes vom 8. August 2012 zu beweisen, dass Sie ohne Ihr Verschulden gehindert waren für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen, nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass der Abgabenrückstand durch Ihr offenbar schuldhaftes Verhalten nicht entrichtet worden ist.
Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte die Haftungsinanspruchnahme zu Recht. Die Berufung musste aus Rechtsgründen abgewiesen werden."
In der Eingabe vom 20. Dezember 2012 wurde die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt und im Schriftsatz vom 22. März 2013 Folgendes ausgeführt:
"Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. November 2012 hat die Behörde erster Instanz meine Berufung als unbegründet abgewiesen.
In dieser wird unter anderem ausgeführt, dass ich als ehemaliger organschaftlicher Vertreter der Firma M- Gesellschaft m.b.H. meine Pflichten schuldhaft verletzt hätte, indem die Abgabenschulden nicht ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Es wird weiters festgehalten, dass mir der Beweis nicht gelungen wäre, dass die zu meiner Verfügung gestanden Mittel anteilig für alle fälligen Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Die Behörde erster Instanz verwirft auch meinen Einwand der Verjährung und verweist auf die herrschende Judikatur, nach der mit der Aufhebung des Konkurses die Verjährung neu zu laufen begonnen hätte.
Zuerst möchte ich festhalten, dass ich lediglich Geschäftsführer, nicht aber wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaft war. Aus all diesen Gründen habe ich faktisch auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft wenig Einfluss gehabt. Trotz diesem Umstand war ich stets bemüht, meinen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen. Nach dem Aufkommen der finanziellen Unregelmäßigkeiten habe ich unverzüglich dafür Sorge getragen, dass das Konkursverfahren eröffnet wird.
Die erstinstanzliche Behörde ist der Meinung, dass ich entsprechende Nachweise vorlegen müsste, um meine Unschuld zu beweisen. Sie vermeint auch, dass die Verjährung nach der Aufhebung des Konkurses neu zu laufen begonnen hat, weshalb die Ansprüche noch nicht verjährt seien. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache. dass die von der Behörde festgestellten Abgabenschulden acht bzw. neun Jahre zurückliegen.
Die Behörde erster Instanz hat mich zuerst im Jahre 2011 kontaktiert, sohin zu einem Zeitpunkt, als seit der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheide (gemeint wohl richtig: Abgabenbescheide) bereits sieben Jahre vergangen waren. Die Behörde begründet diesen Umstand damit, dass sie meine Adresse trotz regelmäßiger Abfragen im zentralen Melderegister nicht finden konnte. Diese Behauptung ist umso mehr verwunderlich, da ich während des gesamten hier relevanten Zeitraums immer ordnungsgemäß gemeldet war. Der Behörde war selbstverständlich bekannt, dass ich ungarischer Staatsbürger bin, weshalb sie von Anfang an die Möglichkeit hatte, bei der ungarischen Meldebehörde die entsprechenden Informationen einzuholen. Dass die Behörde 4 Jahre gebraucht hätte, um meine ungarische Adresse zu erforschen, ist im Hinblick auf die mittlerweile hervorragende Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union unglaubwürdig.
Mit der verspäteten Benachrichtigung hat mir die Behörde allerdings die Möglichkeit genommen, mich entsprechend verteidigen zu können, da die notwendigen Unterlagen von der Steuerberatungs- und Buchhaltungskanzlei - nach ordnungsgemäßer Aufbewahrung von 7 Jahren - vernichtet worden sind.
Selbstverständlich habe ich damals die zu meiner Verfügung stehenden Mittel anteilig verwendet und ich habe das Finanzamt in keiner Weise anders behandelt, als andere Schuldner.
Umgekehrt: die Tilgung diverser Abgabenschulden hat vor anderen Verbindlichkeiten immer eine Priorität gehabt. Meine Behauptungen kann ich aber leider nicht mehr mit Unterlagen beweisen. Hätte mich die Behörde nur ein Jahr früher kontaktiert, wäre ich durchaus noch in der Lage gewesen, die Buchhaltungsunterlagen einzuholen und diese der Behörde vorzulegen.
Ich wurde im August 2012 aufgefordert, eine Aufstellung vorzulegen, aus der ersichtlich ist, wie hoch die an den jeweiligen Fälligkeitstagen vorhanden gewesenen Mittel, die jeweiligen Verbindlichkeiten und die jeweiligen Zahlungen waren. Die Behörde verlangt daher von mir Beweise und Unterlagen, deren Vorlage durch die verspätete Benachrichtigung und den zwischenzeitigen Zeitablauf von vornherein unmöglich ist.
Die Verjährung dient dem Schutz vor unberechtigtem Ansprechen, weil die Ermittlung der relevanten Tatsachen und damit der Rechtslage mit zunehmendem zeitlichen Abstand schwieriger wird. Laut herrschender Lehre ist der Schuldner auch vor berechtigten, aber ihn überraschenden Ansprüchen zu schützen (vgl. Spiro, Begrenzung 10). Dabei wird ein ganz entscheidendes Erfordernis der Sachgerechtigkeit der Verjährung deutlich: Sie muss so ausgestaltet werden, dass es dem Berechtigten typischerweise möglich ist, sein Recht ohne übermäßige Bemühungen durchzusetzen (vgl. Koziol-Welser, Bürgerliches Recht 1). In diesem Sinne dürfte aber die Behörde nicht auf Beweislastumkehr verweisen, wenn die Erbringung der Beweise - z.B. Buchhaltungsunterlagen - durch den Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen nicht mehr möglich ist.
Die von der Behörde zitierte Judikatur, nach der die Aufhebung des Konkurses die Verjährung unterbrechen würde, ist auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Die Steuerberatungskanzleien haben die Unterlagen 7 Jahre lang aufzubewahren. Wenn aber die Verjährung durch die Aufhebung des Konkurses neu zu laufen beginnt, kann es dazu kommen - wie im gegenständlichen Fall - dass zur Entlastung des Antragstellers Unterlagen vorzulegen wären, die nicht mehr verfügbar sind. Die Annahme der Unterbrechung der Verjährung ist aus diesem Grund ausschließlich dann gerechtfertigt, wenn die gesetzliche Aufbewahrungsfrist hinsichtlich der erforderlichen Unterlagen nicht abgelaufen ist. In allen anderen Fällen – auch wie in hier gegenständlichem Fall - ist der Verweis auf die Beweislastumkehr nach Ablauf von mehr als 7 Jahren mit dem eigentlichen Zweck der Verjährung nicht vereinbar.
Ich möchte ergänzend ausführen, dass ich nicht in der finanziellen Lage bin, die Abgabenschulden zu bezahlen. Ich beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.690. Dieses Einkommen mag zwar zu ungarischen Verhältnissen überdurchschnittlich sein, ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass derzeit unsicher ist, wie lange ich noch diese Arbeitsstelle behalten kann. Nachdem meine Tätigkeit bzw. Position von der aktuellen Politik stark beeinflusst ist, ist zu befürchten, dass ich meinen Job - sollte es zu einem Regierungswechsel kommen - verlieren werde. Ich verfüge über kein Vermögen, das heißt, ich besitze weder Liegenschaften noch Fahrzeuge oder sonstige Vermögensgegenstände. Ich bin hingegen verpflichtet, für meine Tochter monatliche Unterhaltszahlungen i.H.v. € 670 (HUF 200.000) zu leisten.
Beweis: Einkommensbestätigung in beglaubigter Übersetzung; Bestätigung über die Höhe des Unterhaltes in beglaubigter Übersetzung
Aus all diesen Gründen kann ich die von der Behörde festgesetzten Abgabenschulden nicht bezahlen und diese wären auch im Falle einer Exekution in Hinblick auf meine derzeitige Einkommenssituation uneinbringIich.
Ich halte daher meine Berufung bzw. den Antrag, den Haftungsbescheid vom 30. Mai 2012 aufzuheben, vollinhaltlich aufrecht."
Mit Eingabe vom 19. Juni 2013 hat der Bf. dem Finanzamt gegenüber mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 8. September 2013 durch Kündigung aufgelöst wurde.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Übergangsregelung, Rechtslage:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am 31. Dezember 2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Mit der Einführung des Bundesfinanzgerichtes haben sich auch diverse Bezeichnungen geändert. So wurde das frühere Rechtsmittel der Berufung ab 1. Jänner 2014 zur Beschwerde. Die Ausdrücke werden in weiterer Folge jeweils angepasst.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
§ 132 Abs. 1 BAO: Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sind sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluß des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluß des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluß des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Insolvenzverfahren:
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (VwGH 24.2.1997, 96/17/0066). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (VwGH 3.7.1996, 96/13/0025). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (VwGH 26.5.2004, 99/14/0218).
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid dargestellten Abgaben fest, da über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. mit Beschluss des Gerichtes vom 5. April 2006, AZ, das Konkursverfahren eröffnet wurde und mit weiterem Beschluss vom 2. Februar 2007 das Konkursverfahren mangels Vermögens gemäß § 166 Konkursordnung aufgehoben wurde.
Verjährung:
§ 238 BAO regelt die - für die Erlassung eines Haftungsbescheides relevante - Verjährung fälliger Abgaben. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe (VwGH 21.1.2009, 2008/17/0138). Für Abgaben des Jahres 2004 war dies rechnerisch mit Ablauf des Jahres 2009 eingetreten, sofern keine Unterbrechungshandlung gesetzt worden wäre.
Davon zu unterscheiden ist die vom Bf. immer wieder erwähnte Festsetzungsverjährung im Sinne der Bestimmungen §§ 207 bis 209a BAO (vgl. § 207 Abs. 1 BAO: Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung), die einen anderen Sachverhalt betrifft und hier nicht zur Anwendung kommt. Wenn – wie der Bf. behauptet – ihn sein Steuerberater "nur" über die Festsetzungsverjährung aufgeklärt hat, sagt das im Übrigen nichts über die Einhaltung der Aufbewahrungsfrist für Unterlagen aus.
Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zählt, dass sie nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet ist und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte (vgl. z.B. Ritz, BAO5, § 238 Tz 12, mit Hinweisen auf die hg. ständige Judikatur; VwGH 29.3.2007, 2005/16/0095; VwGH 18.12.2013, 2010/13/0153).
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates (VwGH 18.10.1995, 91/13/0037) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Zulässigkeit der Erlassung eines Haftungsbescheides verjährungsrechtlich im Lichte der Bestimmung des § 238 Abs. 1 BAO ausschließlich daran zu messen sei, ob diese Einhebungsmaßnahme innerhalb der in § 238 Abs. 1 BAO geregelten, allenfalls durch - gegen wen immer "gerichtete" - Amtshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO unterbrochenen Einhebungsfrist gesetzt worden ist. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es umso wichtigere Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung bleibe, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und aus dieser Beurteilung der Rechtslage, zumal auch hinsichtlich des Elementes der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit, resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten (in diesem Sinne auch VwGH 3.9.2008, 2006/13/0159).
In diesem Erkenntnis des verstärkten Senates hat der Verwaltungsgerichtshof sodann für den damals zu beurteilenden Bereich der Einhebungsverjährung die anspruchsbezogene Wirkung von Unterbrechungshandlungen als dem Gesetz entsprechend angesehen. Wenn schon, wie dies im Erkenntnis des verstärkten Senates ausgesprochen wird, jede Amtshandlung nach § 238 Abs. 2 BAO die Verjährung des in § 238 Abs. 1 BAO genannten Rechtes gegenüber jedem unterbricht, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, gilt dies im Hinblick auf § 224 Abs. 3 und § 238 Abs. 1 BAO entsprechend auch für Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches iSd § 209 Abs. 1 BAO (VwGH 25.11.2010, 2009/15/0157).
Im Konkursverfahren über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. wurden laut Rückstandsausweis vom 24. Mai 2006 vom Finanzamt insgesamt € 48.702,21 an Abgabenschulden (darunter auch die hier verfahrensgegenständlichen Abgaben) als Forderungen angemeldet. Diese Anmeldung im Konkurs ist eine zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung und somit jedenfalls als Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zu betrachten.
Die Verjährung der im Konkurs angemeldeten Forderungen wird nach der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des (im Beschwerdefall noch anwendbaren) § 9 Abs. 1 KO durch deren Anmeldung unterbrochen. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, von neuem zu laufen (vgl. VwGH 12.10.2009, 2009/16/0084; VwGH 27.9.2012, 2009/16/0181).
Da mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 2. Februar 2007 das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. mangels Vermögens gemäß § 166 Konkursordnung aufgehoben wurde, hat die fünfjährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, (laut oben zitierter Judikatur) neu zu laufen begonnen hat, sodass für die verfahrensgegenständlichen Abgaben erst am 14. März 2012 (laut Mitteilung des Konkursgerichtes) geendet hat.
Somit ist für die im Haftungsbescheid angeführten Abgabenschuldigkeiten gemäß § 238 BAO noch keine Verjährung fälliger Abgaben eingetreten, da der Bf. am 19. September 2011 den Vorhalt des Finanzamtes vom 13. September 2011 erhalten hat, der ebenfalls eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO darstellt.
Aufbewahrungsfrist:
Gemäß § 132 Abs. 1 BAO sind Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sieben Jahre aufzubewahren.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt für Bücher und Aufzeichnungen mit Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen vorgenommen worden sind bzw. für Belege, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen.
Die Aufbewahrungsfrist verlängert sich für Bücher, Aufzeichnungen und hiezu gehörige Belege, solange die Unterlagen für (am Ende der Siebenjahresfrist anhängige) Verfahren, die die Abgabenerhebung betreffen, von Bedeutung sind, wenn in solchen Verfahren diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften (z.B. § 125 BAO, § 76 EStG 1988, § 18 Abs. 1 UStG 1994) die Bücher bzw. Aufzeichnungen zu führen waren oder ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden.
Die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist stellt zwar nicht auf die subjektive Kenntnis von der Anhängigkeit des Verfahrens ab. Jedoch wird die Partei meist hievon Kenntnis haben (Ritz, BAO, 5. Aufl. 2014, § 132 RZ 7).
Nach Ablauf der siebenjährigen (oder einer im Falle von offenen Verfahren längeren) Aufbewahrungspflicht kann im Falle einer späten Haftungsinanspruchnahme kein Nachweis für die Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten gefordert werden (UFS vom 05.07.2007, RV/0310-W/07).
Der Bf. verweist selbst in seiner Beschwerde darauf, dass seiner Ansicht nach "ihn die Behörde zuerst im Jahre 2011 kontaktiert hat, sohin zu einem Zeitpunkt, als seit der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheide (vermutlich gemeint: Abgabenbescheide) bereits sieben Jahre vergangen waren.
Mit der verspäteten Benachrichtigung hat ihm die Behörde die Möglichkeit genommen, sich entsprechend verteidigen zu können, da die notwendigen Unterlagen von der Steuerberatungs- und Buchhaltungskanzlei - nach ordnungsgemäßer Aufbewahrung von 7 Jahren - vernichtet worden sind, beweisen. Hätte ihn die Behörde nur ein Jahr früher kontaktiert, wäre er durchaus noch in der Lage gewesen, die Buchhaltungsunterlagen einzuholen und diese der Behörde vorzulegen. Die Vorlage von Beweisen und Unterlagen war durch die verspätete Benachrichtigung und den zwischenzeitigen Zeitablauf von vornherein unmöglich."
Aus der Schilderung des Bf. im Vorlageantrag geht jedoch hervor, dass er erstmals im Jahr 2011 (gemeint hier: der Vorhalt des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom 13. September 2011, zugestellt am 19. September 2011) von der Inanspruchnahme als Haftender für die gegenständlichen € 29.864,03 Kenntnis erlangt hat.
Für die das Jahr 2004 betreffenden Abgabenschuldigkeiten hat gemäß § 132 Abs. 1 BAO die siebenjährige Aufbewahrungsfrist am 1. Jänner 2005 begonnen und am 31. Dezember 2011 geendet. Soweit der Bf. selbst vermeint bzw. auf eine Aussage seines Steuerberaters (zur Festsetzungsverjährung) verweist, dass die Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren bereits abgelaufen gewesen wäre und er deshalb keine Unterlagen mehr vorlegen könne, kann nur darauf hingewiesen werden, dass er (oder sein damaliger Steuerberater) sich beim Ablauf der sieben Jahre schlicht und einfach verrechnet hat. Zum Zeitpunkt 19. September 2011 war die siebenjährige Aufbewahrungsfrist (auch für Abgaben des Jahres 2004) keinesfalls abgelaufen, sodass er sich auch nicht zu Recht darauf berufen kann.
Darüber hinaus obliegt es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Vertreter, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. VwGH 25.11.2009, 2008/15/0263; VwGH 18.3.2014, 2011/16/0187).
Der damalige steuerliche Vertreter des Bf. hat mit Schreiben vom 30. November 2011 um Verlängerung der Frist zur Erbringung der Beweisführung bis 15. Dezember 2011 ersucht. Damit wäre es am Bf. gelegen, vor Ablauf der von ihm ins Treffen geführten Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren (für Abgaben des Jahres 2004 bis Ende 2011) entsprechende Beweisvorsorge zu treffen. Wie der Bf. selbst dargelegt hat, hat er das jedoch nicht getan und verweist vielmehr darauf, dass die Aufbewahrungsfrist zwischenzeitig abgelaufen wäre.
Objektiv betrachtet ist die siebenjährige Aufbewahrungsfrist des Bf. deshalb abgelaufen, weil er zunächst um Fristverlängerung angesucht hat. Nach wiederholter Fristverlängerung ist rechnerisch die Aufbewahrungsfrist zwar abgelaufen. Aufgrund der Anhängigkeit des Haftungsverfahrens wäre es am Bf. gelegen, entsprechende Beweisvorsorge zu treffen, um auch nach Ablauf dieser Frist seine Aussagen unterstützen zu können. Es kann nicht im Sinne der Gesetzesbestimmungen sein, es der Willkür eines Abgabepflichtigen zu überlassen, durch wiederholte Ansuchen um Fristverlängerung zur Vorlage von Unterlagen die Aufbewahrungsfrist zu umgehen bzw. auszuhebeln.
Der Hinweis im Vorlageantrag, der Bf. sei im August 2012 aufgefordert worden, Beweise und Unterlagen vorzulegen, deren Vorlage durch die verspätete Benachrichtigung und den zwischenzeitigen Zeitablauf von vornherein unmöglich ist, kann im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen wohl nur als Ablenkung von der fehlenden Vorsorge durch den Bf. im Jahr 2011 angesehen werden.
Diesem Beschwerdevorbringen war daher ein umfassender Erfolg versagt.
Der Vollständigkeitshalber bleibt festzuhalten, dass für Abgaben des Jahres 2005 die Aufbewahrungsfrist erst am 31. Dezember 2012 geendet hat, somit jedenfalls zu einem Zeitpunkt nach Aufforderung durch die Abgabenbehörde.
Zentrales Melderegister:
Die Aussage im Vorlageantrag, der Bf. wäre während des gesamten hier relevanten Zeitraums immer ordnungsgemäß gemeldet gewesen, ist insoweit zu relativieren, als der Bf. laut Abfrage im Zentralen Melderegister seinen Hauptwohnsitz an der Adresse Adresse3 gehabt hat.
Zum Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung eines Haftungsbescheides, wobei sich hier speziell die Frage der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin erst mit Abschluss des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma M- Gesellschaft m.b.H. mit Beschluss des Gerichtes vom 2. Februar 2007 herausgestellt hat, war der Bf. allerdings in Österreich nicht mehr aufrecht gemeldet.
Rechtliche Erwägungen zur Haftung:
Außer Streit steht, dass der Bf. in der Zeit von 16. Jänner 2004 bis zur Konkurseröffnung 4/2006 Geschäftsführer der M- Gesellschaft m.b.H. gewesen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabebehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Nicht die Abgabebehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei den er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze.
Zudem kommt einer Berufungsvorentscheidung (neu: Beschwerdevorentscheidung)orhaltscharakter zu (VwGH 31.5.2011, 2008/15/0288). Der Bf. wurde in der Berufungsvorentscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass kein Nachweis darüber erbracht wurde, dass die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt worden seien.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (VwGH 29.5.2013, 2010/16/0019).
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Der Vertreter hat den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom 25. November 2009, Zl. 2008/15/0220 und Zl. 2008/15/0263, ausgeführt hat, ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind (vgl. ebenfalls VwGH 29.5.2013, 2010/16/0019).
Ein Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlichen Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter (VwGH 24.10.2000, 95/14/0090). Festgehalten wird, dass ein entsprechender Liquiditätsstatus nicht vorgelegt wurde, der Bf. vielmehr wiederholt darauf hingewiesen hat, dass er deshalb keine Unterlagen mehr für den Beweis einer Gleichbehandlung hätte, da die Aufbewahrungsfrist bereits abgelaufen wäre (dazu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen).
Maßgebend für die Vertreterhaftung gemäß § 9 BAO ist die gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer der GmbH. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Person tatsächlich als Geschäftsführer oder zum Beispiel nur als "pro forma-Geschäftsführer" (VwGH 2.7.2002, 99/14/0076) oder "nur auf dem Papier" (VwGH 19.1.2005, 2001/13/0168) tätig ist. Die Haftungsbestimmung des § 9 BAO stellt nicht auf die faktische Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten ab, ob der Geschäftsführer seine Funktion persönlich ausübt oder ein Dritter die Funktion tatsächlich ausübt. Soweit der Bf. darauf verweist, er wäre nur Geschäftsführer, nicht jedoch Eigentümer der GmbH gewesen, kann ihn das nicht aus der Verantwortung als ehemaligen Geschäftsführer entlasten.
Soweit der Bf. damit andeuten wollte, er wäre an der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit eingeschränkt gewesen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Hat sich ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf genommen oder sich (aufgrund fehlender Kenntnisse) eine derartige Beschränkung sogar selbst ausbedungen, begründete dies bereits ein für die Haftung relevantes Verschulden (vgl. VwGH 19.2.2002, 2001/14/0205; 22.1.2004, 2003/14/0097; 15.6.2005, 2005/13/0035; 30.3.2006/2003/15/0080). Das Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, befreit demnach nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen. Eine Untätigkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft trotz gegebener Geschäftsführerfunktion stellt ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten dar (VwGH 6.7.2006, 2006/15/0030).
Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. weder triftige Gründe vor, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, noch Argumente, die den Bescheidinhalt widerlegen hätten können, sodass von einem schuldhaften Verhalten des Bf. auszugehen ist.
Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall (VwGH 29.5.2001, 2001/14/0006).
Ermessen:
Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates (VwGH 18.10.1995, 91/13/0037) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Zulässigkeit der Erlassung eines Haftungsbescheides verjährungsrechtlich im Lichte der Bestimmung des § 238 Abs. 1 BAO ausschließlich daran zu messen sei, ob diese Einhebungsmaßnahme innerhalb der in § 238 Abs. 1 BAO geregelten, allenfalls durch - gegen wen immer "gerichtete" - Amtshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO unterbrochenen Einhebungsfrist gesetzt worden ist. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es umso wichtigere Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung bleibe, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und aus dieser Beurteilung der Rechtslage, zumal auch hinsichtlich des Elementes der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit, resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten (in diesem Sinne auch VwGH 3.9.2008, 2006/13/0159).
Zudem kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigen (vgl. VwGH 16.12.1999, 97/16/0006) und stehen persönliche Umstände wie die "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" (das Arbeitsverhältnis des Bf. wurde laut ergänzendem Beschwerdevorbringen zum 8. September 2013 durch Kündigung aufgelöst) oder eine Vermögenslosigkeit des Haftenden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (vgl. VwGH 25.6.1990, 89/15/0067; VwGH 28.4.2009, 2006/13/0197).
Berücksichtigt man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Bf. einbringlich gemacht werden können, so war im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) der Vorzug zu geben gegenüber dem Interesse des Bf., nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung), da eine andere Möglichkeit der Einbringlichkeit nicht besteht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 3.9.2008, 2006/13/0159) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen (UFS 30.03.2012, RV/2301-W/11).
Im gegenständlichen Fall wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss vom 2. Februar 2007 mangels Vermögens aufgehoben. Im Falle des Konkurses der Gesellschaft steht die Uneinbringlichkeit regelmäßig nach Verteilung des Massevermögens und erfolgter Konkursaufhebung fest, sodass die Entscheidung über die Geltendmachung der Haftung in einem angemessenen Zeitraum nach diesem Zeitpunkt erfolgen muss. Die Heranziehung des Bf. zur Haftung ist erst mit Bescheid vom 30. Mai 2012 erfolgt, somit mehr als fünf Jahre später, sodass man keinesfalls von einer zeitnahen Bescheiderlassung sprechen kann.
Liegen keine besonderen Umstände vor, die eine so späte Inanspruchnahme des ehemaligen Geschäftsführers zur Haftung rechtfertigen könnten (das Finanzamt hat erst vier Jahre nach Abschluss des Konkursverfahrens ein Rechtshilfeersuchen an die ausländische Verwaltung gestellt), ist die Unbilligkeit der Geltendmachung der Haftung angesichts lange verstrichener Zeit gegenüber der vom Finanzamt ins Treffen geführten Zweckmäßigkeitserwägung jedenfalls zu berücksichtigen.
Bei der Ermessensübung ist auch auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen.
Allerdings ist zugunsten des Bf. festzuhalten, dass er sich hinsichtlich des Ablaufes der Aufbewahrungsfrist auf seinen damaligen Steuerberater verlassen hat. Dabei dürfte es beim Bf. zu einem Missverständnis hinsichtlich der Ausführungen seines Steuerberaters gekommen sein, der ihn – aus seiner Sicht - insoweit falsch beraten hat, als der Bf. die Frist für die Verjährung zur Festsetzung von Abgaben als Beschwerdegrund dargestellt hat, obwohl für den Haftungsbescheid die Einbringungsverjährung gemäß § 238 BAO bzw. die Aufbewahrungsfrist des § 132 BAO relevant sind.
Da sich der Bf. auf die Aussage eines befugten Parteienvertreters verlassen hat, kann ihm - unabhängig davon, dass der Bf. diese Aussage offensichtlich missverstanden hat - nur ein sehr eingeschränktes Verschulden an der Nichtvorlage der Unterlagen wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfrist und damit dem fehlenden Liquiditätsstatus vorgeworfen werden.
Die aufgezeigte Unbilligkeit der Geltendmachung der Haftung angesichts der bereits lange verstrichenen Zeit zwischen Beendigung des Konkursverfahrens und Erlassung des Haftungsbescheides überwog im gegenständlichen Fall die vom Finanzamt ins Treffen geführte Zweckmäßigkeitserwägung, sodass unter weiterer Beachtung des geringen Verschuldens bei Gesamtbetrachtung des Falles die Reduzierung der Haftungsbeträge im Rahmen des Ermessens um ca. 50% (und der geltend gemachten Abgaben unter € 10,00) auf das im Spruch unter Punkt I. dargestellte Ausmaß gerechtfertigt erscheint und der Beschwerde insoweit teilweise stattzugeben war.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die oben jeweils näher dargestellte Judikatur wird verwiesen.
Wien, am 2. Juli 2014