Normen
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18 Abs1;
GmbHG §18;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18 Abs1;
GmbHG §18;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit 23. August 1994 alleinige Geschäftsführerin der G-GmbH.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 25. April 2001 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschulden dieser Gesellschaft im Ausmaß von 1,004.835 S (Umsatzsteuer 1993 bis 1995, Körperschaftsteuer 1993 bis 1995, Kapitalertragsteuer 1994 bis 1997 sowie Nebengebühren) herangezogen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei in keinem Moment über die Firmenkonten der G-GmbH verfügungsberechtigt gewesen. Somit habe sie auch keine Kassa verwaltet. Sie habe nicht nur keine Mittel der G-GmbH verwaltet, sondern auch keine Entlohnung bzw Aufwandsentschädigung erhalten. Bis zur Schließung der Konten der G-GmbH sei, soweit dies der Beschwerdeführerin bekannt sei, Alois A verfügungsberechtigt gewesen. Somit habe dieser alle Mittel der G-GmbH verwaltet. Haftungsbescheide seien daher eher gegen Alois A als dem einzigen Zeichnungsberechtigten der G-GmbH zu erlassen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt:
Unbestritten sei, dass die Abgabenschulden, für welche die Haftung ausgesprochen worden sei, uneinbringlich seien. Alois A sei vor dem 23. August 1994 alleiniger Geschäftsführer der G-GmbH gewesen. Seit diesem Tag sei die Beschwerdeführerin alleinige Geschäftsführerin.
Es sei Sache der Geschäftsführerin darzutun, weshalb sie nicht Sorge getragen habe, dass die Gesellschaft ihre Abgabenschulden rechtzeitig entrichtet habe. Die Beschwerdeführerin verantworte sich damit, dass sie über die Firmenkonten nicht verfügungsberechtigt gewesen sei und deshalb über keine Mittel verfügt habe. Die Mittel habe nach wie vor der ehemalige Geschäftsführer Alois A verwaltet. Dem halte die belangte Behörde entgegen, dass mit der Bestellung zum Geschäftsführer auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten verbunden sei. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden. Nehme der Geschäftsführer die Aufgaben nicht wahr, sondern übertrage er sie auf Dritte, werde er dadurch nicht vom Haftungsrisiko befreit. Es würden ihn Auswahl- und Kontrollpflichten treffen. Die Tätigkeit herangezogener Personen sei zumindest in solchen zeitlichen Abständen zu kontrollieren, dass es ausgeschlossen sei, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten verborgen bleibe.
Im gegenständlichen Fall sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin ihrer Überwachungspflicht gegenüber Alois A, der offensichtlich mit den steuerlichen Agenden der G-GmbH betraut gewesen sei, in irgendeiner Weise nachgekommen wäre. Die Beschwerdeführerin habe keine geeigneten Gründe dargetan, die für den Ausschluss eines Verschuldens sprechen würden. Infolge des Vorliegens der schuldhaften Pflichtverletzung gehe die belangte Behörde davon aus, dass die Pflichtverletzung auch die Ursache für die Uneinbringlichkeit der Abgaben sei. Die Beschwerdeführerin sei sohin zu Recht zur Haftung herangezogen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die liquiden Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, 96/15/0049).
Das zentrale Beschwerdevorbringen besteht darin, dass die Beschwerdeführerin keine Mittel der G-GmbH verwaltet habe, zumal der zeitlich vor der Beschwerdeführerin tätige seinerzeitige Geschäftsführer Alois A "keine Rechnungslegung und keine Rechenschaft über die offenen Abgaben der Gesellschaft gelegt hat". Die Beschwerdeführerin habe niemals die Zeichnungsberechtigung über die Bankkonten der G-GmbH erlangt und habe niemals die Kassa der G-GmbH bzw den Bargeldbestand übernehmen können. Nach § 80 Abs. 1 BAO hätten die Vertreter die Abgaben aus den Mittel zu entrichten, die sie verwalteten; die Beschwerdeführerin habe aber keine Mittel der G-GmbH verwaltet. Es treffe nicht zu, dass die Beschwerdeführerin Alois A bevollmächtigt oder mit bestimmten Agenden betraut habe. Vielmehr habe sie die tatsächliche Geschäftsführung gar nicht von ihm übernehmen können. Es könne sie daher kein Überwachungsverschulden treffen.
Mit diesem Vorbringen wird die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt:
Mit der Bestellung einer Person zum Geschäftsführer wird dieser Person auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übertragen. Der Geschäftsführer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, 95/13/0261).
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 97/14/0145, und vom 23. Jänner 1997, 95/15/0163). Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. März 1992, 92/17/0057, und vom 24. Mai 1993, 91/15/0063).
Rechtliche Schritte zur Erzwingung der ungehinderten Ausübung ihrer Geschäftsführungsfunktion oder die Niederlegung dieser Funktion wird von der Beschwerdeführerin gar nicht behauptet. Aus dem Beschwerdevorbringen - wie auch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren - ergibt sich vielmehr, dass sie die Einschränkung ihrer Befugnisse in Kauf genommen hat. Solcherart kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin als alleiniger Geschäftsführerin der G-GmbH ausgegangen ist.
In der Beschwerde wird auch darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Abgaben, für welche die Haftung ausgesprochen worden sei, bereits Bemessungs- und Einhebungsverjährung eingetreten gewesen sei. Dieses Vorbringen, das neben den rechtliche insbesondere auf tatsächliche Aspekte abstellt, stellt sich als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, nach den geltenden "EU-Bestimmungen" sei die schuldhafte Pflichtverletzung milder und großzügiger auszulegen, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdefall nicht in den Anwendungsbereich des EG-Rechts fällt.
Hinsichtlich der in der Beschwerde vorgetragenen Verfahrensrüge ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass die Behörde auch im Verfahren betreffend Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO nicht von jeglicher Ermittlungspflicht entbunden ist. Entspricht nämlich der Geschäftsführer seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptungen und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2001, 2000/14/0149). Die Beschwerdeführerin hat es allerdings im gegenständlichen Fall unterlassen, Gründe darzutun, die aufzeigen könnten, dass sie daran gehindert gewesen sei, die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Dass die Beschwerdeführerin nicht über die Zeichnungsberechtigung für die Bankkonten der G-GmbH und über die Barmittel der Gesellschaft verfügt hat, hat die belangte Behörde nicht in Streit gezogen; allerdings ist es der Beschwerdeführerin gerade als Pflichtverletzung vorzuwerfen, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin die Einräumung dieser Befugnisse nicht erzwungen oder sofort die Geschäftsführung niedergelegt hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 501/2001.
Wien, am 19. Februar 2002
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