VwGH Ra 2014/16/0026

VwGHRa 2014/16/002616.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache des D H in B, Ungarn, vertreten durch Mag. Dr. Geza Simonfay, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. Juli 2014, Zl. RV/7101096/2013, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §238 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
BAO §238 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht einer Beschwerde gegen die Inanspruchnahme des Revisionswerbers als Haftungspflichtigen nach §§ 9 und 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma M Gesellschaft m.b.H. im Ausmaß von insgesamt EUR 29.864,03 teilweise statt, setzte die Haftungssumme für einzeln bezeichnete Abgaben und Zeiträume um insgesamt EUR 14.950,90 herab und wies darüber hinaus die Beschwerde als unbegründet ab. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof - so der letzte Spruchpunkt - sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Beschwerdefallbezogen führte das Bundesfinanzgericht in seinen Entscheidungsgründen u.a. aus:

" Insolvenzverfahren:

...

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid dargestellten Abgaben fest, da über das Vermögen der Firma M Gesellschaft m.b.H. mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 5. April 2006 ... das Konkursverfahren eröffnet wurde und mit weiterem Beschluss vom 2. Februar 2007 das Konkursverfahren mangels Vermögens gemäß § 166 Konkursordnung aufgehoben wurde.

Verjährung:

§ 238 BAO regelt die - für die Erlassung eines Haftungsbescheides relevante - Verjährung fälliger Abgaben. ...

Davon zu unterscheiden ist die vom Bf. immer wieder erwähnte Festsetzungsverjährung im Sinne der Bestimmungen §§ 207 bis 209a BAO ...

...

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates (VwGH 18.10.1995, 91/13/0037) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Zulässigkeit der Erlassung eines Haftungsbescheides verjährungsrechtlich im Lichte der Bestimmung des § 238 Abs. 1 BAO ausschließlich daran zu messen sei, ob diese Einhebungsmaßnahme innerhalb der in § 238 Abs. 1 BAO geregelten, allenfalls durch - gegen wen immer 'gerichtete' - Amtshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO unterbrochenen Einhebungsfrist gesetzt worden ist. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es umso wichtigere Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung bleibe, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und aus dieser Beurteilung der Rechtslage, zumal auch hinsichtlich des Elementes der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit, resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten ...

In diesem Erkenntnis des verstärkten Senates hat der Verwaltungsgerichtshof sodann für den damals zu beurteilenden Bereich der Einhebungsverjährung die anspruchsbezogene Wirkung von Unterbrechungshandlungen als dem Gesetz entsprechend angesehen. Wenn schon, wie dies im Erkenntnis des verstärkten Senates ausgesprochen wird, jede Amtshandlung nach § 238 Abs. 2 BAO die Verjährung des in § 238 Abs. 1 BAO genannten Rechtes gegenüber jedem unterbricht, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, gilt dies im Hinblick auf § 224 Abs. 3 und § 238 Abs. 1 BAO entsprechend auch für Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches iSd § 209 Abs. 1 BAO ...

Im Konkursverfahren über das Vermögen der Firma M Gesellschaft m.b.H. wurden laut Rückstandsausweis vom 24. Mai 2006 vom Finanzamt insgesamt EUR 48.702,21 an Abgabenschulden (darunter auch die hier verfahrensgegenständlichen Abgaben) als Forderungen angemeldet. Diese Anmeldung im Konkurs ist eine zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung und somit jedenfalls als Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zu betrachten.

Die Verjährung der im Konkurs angemeldeten Forderungen wird nach der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des (im Beschwerdefall noch anwendbaren) § 9 Abs. 1 KO durch deren Anmeldung unterbrochen. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, von neuem zu laufen ...

Da mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 2. Februar 2007 das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma M Gesellschaft m.b.H. mangels Vermögens gemäߧ 166 Konkursordnung aufgehoben wurde, hat die fünfjährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, (laut oben zitierter Judikatur) neu zu laufen begonnen hat, sodass für die verfahrensgegenständlichen Abgaben erst am 14. März 2012 (laut Mitteilung des Konkursgerichtes) geendet hat.

Somit ist für die im Haftungsbescheid angeführten Abgabenschuldigkeiten gemäß § 238 BAO noch keine Verjährung fälliger Abgaben eingetreten, da der Bf. am 19. September 2011 den Vorhalt des Finanzamtes vom 13. September 2011 erhalten hat, der ebenfalls eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO darstellt.

Aufbewahrungsfrist:

...

Der Bf. verweist selbst in seiner Beschwerde darauf, dass seiner Ansicht nach 'ihn die Behörde zuerst im Jahre 2011 kontaktiert hat, sohin zu einem Zeitpunkt, als seit der Erfassung der verfahrensgegenstandliehen Haftungsbescheide (vermutlich gemeint: Abgabenbescheide) bereits sieben Jahre vergangen waren.

Mit der verspäteten Benachrichtigung hat ihm die Behörde die Möglichkeit genommen, sich entsprechend verteidigen zu können, da die notwendigen Unterlagen von der Steuerberatungs- und Buchhaltungskanzlei - nach ordnungsgemäßer Aufbewahrung von 7 Jahren - vernichtet worden sind, beweisen. Hätte ihn die Behörde nur ein Jahr früher kontaktiert, wäre er durchaus noch in der Lage gewesen, die Buchhaltungsunterlagen einzuholen und diese der Behörde vorzulegen. Die Vorlage von Beweisen und Unterlagen war durch die verspätete Benachrichtigung und den zwischenzeitigen Zeitablauf von vornherein unmöglich.'

Aus der Schilderung des Bf. im Vorlageantrag geht jedoch hervor, dass er erstmals im Jahr 2011 (gemeint hier: der Vorhalt des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom 13. September 2011, zugestellt am 19. September 2011) von der Inanspruchnahme als Haftender für die gegenständlichen EUR 29.864,03 Kenntnis erlangt hat.

Für die das Jahr 2004 betreffenden Abgabenschuldigkeiten hat gemäß § 132 Abs. 1 BAO die siebenjährige Aufbewahrungsfrist am 1. Jänner 2005 begonnen und am 31. Dezember 2011 geendet. Soweit der Bf. selbst vermeint bzw. auf eine Aussage seines Steuerberaters (zur Festsetzungsverjährung) verweist, dass die Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren bereits abgelaufen gewesen wäre und er deshalb keine Unterlagen mehr vorlegen könne, kann nur darauf hingewiesen werden, dass er (oder sein damaliger Steuerberater) sich beim Ablauf der sieben Jahre schlicht und einfach verrechnet hat. Zum Zeitpunkt 19. September 2011 war die siebenjährige Aufbewahrungsfrist (auch für Abgaben des Jahres 2004) keinesfalls abgelaufen, sodass er sich auch nicht zu Recht darauf berufen kann.

...

Der damalige steuerliche Vertreter des Bf. hat mit Schreiben vom 30. November 2011 um Verlängerung der Frist zur Erbringung der Beweisführung bis 15. Dezember 2011 ersucht. Damit wäre es am Bf. gelegen, vor Ablauf der von ihm ins Treffen geführten Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren (für Abgaben des Jahres 2004 bis Ende 2011) entsprechende Beweisvorsorge zu treffen. Wie der Bf. selbst dargelegt hat, hat er das jedoch nicht getan und verweist vielmehr darauf, dass die Aufbewahrungsfrist zwischenzeitig abgelaufen wäre.

Objektiv betrachtet ist die siebenjährige Aufbewahrungsfrist des Bf. deshalb abgelaufen, weil er zunächst um Fristverlängerung angesucht hat. Nach wiederholter Fristverlängerung ist rechnerisch die Aufbewahrungsfrist zwar abgelaufen. Aufgrund der Anhängigkeit des Haftungsverfahrens wäre es am Bf. gelegen, entsprechende Beweisvorsorge zu treffen, um auch nach Ablauf dieser Frist seine Aussagen unterstützen zu können. Es kann nicht im Sinne der Gesetzesbestimmungen sein, es der Willkür eines Abgabepflichtigen zu überlassen, durch wiederholte Ansuchen um Fristverlängerung zur Vorlage von Unterlagen die Aufbewahrungsfrist zu umgehen bzw. auszuhebeln.

Der Hinweis im Vorlageantrag, der Bf. sei im August 2012 aufgefordert worden, Beweise und Unterlagen vorzulegen, deren Vorlage durch die verspätete Benachrichtigung und den zwischenzeitigen Zeitablauf von vornherein unmöglich ist, kann im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen wohl nur als Ablenkung von der fehlenden Vorsorge durch den Bf. im Jahr 2011 angesehen werden.

Diesem Beschwerdevorbringen war daher ein umfassender Erfolg versagt.

Der Vollständigkeit halber bleibt festzuhalten, dass für Abgaben des Jahres 2005 die Aufbewahrungsfrist erst am 31. Dezember 2012 geendet hat, somit jedenfalls zu einem Zeitpunkt nach Aufforderung durch die Abgabenbehörde.

Zentrales Melderegister:

Die Aussage im Vorlageantrag, der Bf. wäre während des gesamten hier relevanten Zeitraums immer ordnungsgemäß gemeldet gewesen, ist insoweit zu relativieren, als der Bf. laut Abfrage im Zentralen Melderegister seinen Hauptwohnsitz vom 1. Jänner 2004 bis 13. März 2006 an der Adresse K... gehabt hat.

Zum Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung eines Haftungsbescheides, wobei sich hier speziell die Frage der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin erst mit Abschluss des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma M Gesellschaft m.b.H. mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 2. Februar 2007 herausgestellt hat, war der Bf. allerdings in Österreich nicht mehr aufrecht gemeldet.

Rechtliche Erwägungen zur Haftung:

Außer Streit steht, dass der Bf. in der Zeit von 16. Jänner 2004 bis zur Konkurseröffnung am 5. April 2006 Geschäftsführer der M Gesellschaft m.b.H. gewesen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabebehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Nicht die Abgabebehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei den er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze.

Zudem kommt einer Berufungsvorentscheidung (neu:

Beschwerdevorentscheidung) Vorhaltscharakter zu ... Der Bf. wurde

in der Berufungsvorentscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass kein Nachweis darüber erbracht wurde, dass die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt worden seien.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war ...

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Der Vertreter hat den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger- bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits- an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung.

Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom 25. November 2009, Zl. 2008/15/0220 und Zl. 2008/15/0263, ausgeführt hat, ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften -jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind ...

Ein Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlichen Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem

Vertreter ... Festgehalten wird, dass ein entsprechender

Liquiditätsstatus nicht vorgelegt wurde, der Bf. vielmehr wiederholt darauf hingewiesen hat, dass er deshalb keine Unterlagen mehr für den Beweis einer Gleichbehandlung hätte, da die Aufbewahrungsfrist bereits abgelaufen wäre (dazu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen).

Maßgebend für die Vertreterhaftung gemäß § 9 BAO ist die gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer der GmbH. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Person tatsächlich als Geschäftsführer oder zum Beispiel nur als 'pro forma­

Geschäftsführer' ... oder 'nur auf dem Papier' ... tätig ist. Die

Haftungsbestimmung des § 9 BAO stellt nicht auf die faktische Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten ab, ob der Geschäftsführer seine Funktion persönlich ausübt oder ein Dritter die Funktion tatsächlich ausübt. Soweit der Bf. darauf verweist, er wäre nur Geschäftsführer, nicht jedoch Eigentümer der GmbH gewesen, kann ihn das nicht aus der Verantwortung als ehemaligen Geschäftsführer entlasten.

Soweit der Bf. damit andeuten wollte, er wäre an der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit eingeschränkt gewesen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Hat sich ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf genommen oder sich (aufgrund fehlender Kenntnisse) eine derartige Beschränkung sogar selbst ausbedungen,

begründete dies bereits ein für die Haftung relevantes ... Das

Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, befreit demnach nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen. Eine Untätigkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft trotz gegebener Geschäftsführerfunktion stellt ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten dar ...

Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. weder triftige Gründe vor, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, noch Argumente, die den Bescheidinhalt widerlegen hätten können, sodass von einem schuldhaften Verhalten des Bf. auszugehen ist.

Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall ...

Ermessen:

...

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates (VwGH 18.10.1995, 91/13/0037) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Zulässigkeit der Erlassung eines Haftungsbescheides verjährungsrechtlich im Lichte der Bestimmung des § 238 Abs. 1 BAO ausschließlich daran zu messen sei, ob diese Einhebungsmaßnahme innerhalb der in § 238 Abs. 1 BAO geregelten, allenfalls durch - gegen wen immer 'gerichtete' - Amtshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO unterbrochenen Einhebungsfrist gesetzt worden ist. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es umso wichtigere Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung bleibe, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und aus dieser Beurteilung der Rechtslage, zumal auch hinsichtlich des Elementes der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit, resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten ...

Zudem kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden bei ihren

Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigen ... und stehen

persönliche Umstände wie die 'wirtschaftliche Leistungsfähigkeit' (das Arbeitsverhältnis des Bf. wurde laut ergänzendem Beschwerdevorbringen zum 8. September 2013 durch Kündigung aufgelöst) oder eine Vermögenslosigkeit des Haftenden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung ...

Berücksichtigt man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Bf. einbringlich gemacht werden können, so war im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) der Vorzug zu geben gegenüber dem Interesse des Bf., nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung), da eine andere Möglichkeit der Einbringlichkeit nicht besteht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ... ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen ...

Im gegenständlichen Fall wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss vom 2. Februar 2007 mangels Vermögens aufgehoben. Im Falle des Konkurses der Gesellschaft steht die Uneinbringlichkeit regelmäßig nach Verteilung des Massevermögens und erfolgter Konkursaufhebung fest, sodass die Entscheidung über die Geltendmachung der Haftung in einem angemessenen Zeitraum nach diesem Zeitpunkt erfolgen muss. Die Heranziehung des Bf. zur Haftung ist erst mit Bescheid vom 30. Mai 2012 erfolgt, somit mehr als fünf Jahre später, sodass man keinesfalls von einer zeitnahen Bescheiderlassung sprechen kann.

Liegen keine besonderen Umstände vor, die eine so späte Inanspruchnahme des ehemaligen Geschäftsführers zur Haftung rechtfertigen könnten (das Finanzamt hat erst vier Jahre nach Abschluss des Konkursverfahrens ein Rechtshilfeersuchen an die ausländische Verwaltung gestellt), ist die Unbilligkeit der Geltendmachung der Haftung angesichts lange verstrichener Zeit gegenüber der vom Finanzamt ins Treffen geführten Zweckmäßigkeitserwägung jedenfalls zu berücksichtigen.

Bei der Ermessensübung ist auch auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen.

Allerdings ist zugunsten des Bf. festzuhalten, dass er sich hinsichtlich des Ablaufes der Aufbewahrungsfrist auf seinen damaligen Steuerberater verlassen hat. Dabei dürfte es beim Bf. zu einem Missverständnis hinsichtlich der Ausführungen seines Steuerberaters gekommen sein, der ihn - aus seiner Sicht - insoweit falsch beraten hat, als der Bf. die Frist für die Verjährung zur Festsetzung von Abgaben als Beschwerdegrund dargestellt hat, obwohl für den Haftungsbescheid die Einbringungsverjährung gemäß § 238 BAO bzw. die Aufbewahrungsfrist des § 132 BAO relevant sind.

Da sich der Bf. auf die Aussage eines befugten Parteienvertreters verlassen hat, kann ihm - unabhängig davon, dass der Bf. diese Aussage offensichtlich missverstanden hat - nur ein sehr eingeschränktes Verschulden an der Nichtvorlage der Unterlagen wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfrist und damit dem fehlenden Liquiditätsstatus vorgeworfen werden.

Die aufgezeigte Unbilligkeit der Geltendmachung der Haftung angesichts der bereits lange verstrichenen Zeit zwischen Beendigung des Konkursverfahrens und Erlassung des Haftungsbescheides überwog im gegenständlichen Fall die vom Finanzamt ins Treffen geführte Zweckmäßigkeitserwägung, sodass unter weiterer Beachtung des geringen Verschuldens bei Gesamtbetrachtung des Falles die Reduzierung der Haftungsbeträge im Rahmen des Ermessens um ca. 50% (und der geltend gemachten Abgaben unter EUR 10,00) auf das im Spruch unter Punkt I. dargestellte Ausmaß gerechtfertigt erscheint und der Beschwerde insoweit teilweise stattzugeben war.

Zur Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die oben jeweils näher dargestellte Judikatur wird verwiesen."

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, deren Zulässigkeit der Revisionswerber entgegen dem Ausspruch des Bundesfinanzgerichtes in den besonderen Umständen seines Falles - durch die Bestellung zum Geschäftsführer sei er zum Opfer von Betrügern geworden - sieht. Es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob die Unterbrechungswirkung nach § 238 BAO auch dann anspruchsbezogen sei, wenn dem Geschäftsführer die Geschäftsführung nicht oder nur eingeschränkt möglich und der tatsächliche Geschäftsführer eine andere Person gewesen sei. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Geschäftsführer, der sich durch Gesellschaft oder Dritte behindert fühle, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden habe, lasse außer Acht, dass die Niederlegung des Amtes in den meisten solcher Fällen gar nicht möglich sei. Betreffend die Verletzung der Aufbewahrungspflicht fehlten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob die Beweislastumkehr auch dann zum Tragen komme, wenn der Abgabepflichtige ohne sein Verschulden nicht mehr in der Lage sei, die Nachweise zu beschaffen und den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Das Bundesfinanzgericht habe im Rahmen der Ermessensübung nur die Hälfte der Abgaben erlassen. Hätte dieses alle von ihm aufgelisteten Umstände "im Sinne der obigen Judikatur" tatsächlich berücksichtigt, hätte es die Haftungsbeträge "mit wesentlich mehr als 50% reduzieren müssen".

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Revision zeigt das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf:

So hat das Bundesfinanzgericht die Frage der Unterbrechung der Verjährung gegenüber dem Haftungspflichtigen im Einklang mit der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu das in der Revision zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, /0038 = Slg. 7038/F, sowie etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. September 2011, Zl. 2011/16/0072, vom 9. November 2011, Zl. 2011/16/0067, und vom 28. Juni 2012, Zl. 2010/16/0264) beantwortet.

Soweit der Revisionswerber nunmehr faktische Hindernisse an der Zurücklegung seiner Funktion als Geschäftsführer ins Treffen führt, widerstreitet dies dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG. Gleiches gilt für sein Vorbringen, er habe sich betreffend die Aufbewahrung der steuerlichen Unterlagen auf seinen Steuerberater verlassen.

Zur Frage der Ermessensübung zeigt auch die Revision keine anderen als die vom Bundesfinanzgericht in Betracht gezogenen Umstände auf; in ihrem Begehren, die Berücksichtigung all dieser Umstände hätte die Reduktion der Haftung "mit wesentlich mehr als 50%" nach sich ziehen müssen, wirft die Revision aber keine über den vorliegenden Fall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 16. Oktober 2014

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