European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2011160072.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GesmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 24. April 2001 der Konkurs eröffnet worden war.
Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2001 meldete das Finanzamt in diesem Insolvenzverfahren auf Grund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises Abgaben (nämlich Umsatzsteuer für 2000 und für Jänner bis März 2001) in Gesamthöhe von 416.806 S als Forderung im Konkurs an.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 21. Mai 2003 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben. Die P. GesmbH wurde am 30. Oktober 2003 gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer nach §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Umsatzsteuer für 2000 der P. GesmbH im Betrag von 8.277,33 EUR heran.
Mit Schriftsatz vom 29. August 2007 berief der Beschwerdeführer dagegen mit der Begründung, allfällige Haftungsansprüche wären bereits verjährt, weil es über einen Zeitraum von sechs Jahren zu keiner Festsetzung einer Abgabenverbindlichkeit gegenüber dem Beschwerdeführer gekommen sei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und verwies auf den erwähnten Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 24. April 2001 und die Anmeldung der Forderungen durch das Finanzamt am 18. Juni 2001. Diese Finanzamtsforderung sei mit einer Quote von 20,4291 % befriedigt worden. Die Verjährung habe mit 12. Juni 2003 (mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden sei) neu zu laufen begonnen.
Im dagegen erhobenen Vorlageantrag (Schriftsatz vom 2. Oktober 2007) wandte der Beschwerdeführer ein, über einen Zeitraum von sechs Jahren seien gegen ihn keine Verfolgungsmaßnahmen gesetzt worden, weshalb betreffend der Heranziehung des Beschwerdeführers als persönlich Haftender die Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie u.a. aus, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben mit Schreiben vom 18. Juni 2001 im Konkurs über das Vermögen der P. GesmbH angemeldet worden seien und dass dieses Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 21. Mai 2003 aufgehoben worden sei. Mit Rechtskraft des zuletzt genannten Beschlusses habe die Verjährung von neuem zu laufen begonnen und sei daher noch nicht eingetreten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht "nach eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr gemäß § 9 BAO für aushaftende Abgabenschulden der P. GesmbH in Anspruch genommen zu werden" verletzt erachtet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen verjährt gemäß § 238 Abs. 1 BAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.
Die Verjährung fälliger Abgaben wird nach § 238 Abs. 2 leg. cit. durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Gemäß § 9 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Konkursordnung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 370/1982 wird die Verjährung der angemeldeten Forderung durch die Anmeldung im Konkurs unterbrochen und beginnt die Verjährung der Forderung gegen den Gemeinschuldner von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist.
Der Beschwerdeführer trägt vor, die Einhebungsverjährung werde nur gegenüber dem Hauptschuldner und nicht gegenüber einem andernfalls Haftenden unterbrochen, und verweist dabei auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 91/15/0154).
Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass die hg. Rechtsprechung seit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, 0038, VwSlg 7.038/F, Unterbrechungshandlungen im Sinn des § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen sieht und somit solche Unterbrechungshandlungen nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfälligen Haftungspflichtigen Wirkungen entfalten (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 18 zu § 238 zitierte hg. Rechtsprechung sowie das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2009, Zl. 2007/13/0017).
Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, der "materiell-rechtliche Haftungsanspruch" sei spätestens zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der P. GesmbH am 24. April 2001 entstanden, die Forderungsanmeldung des Finanzamtes im Konkursverfahren sei am 18. Juni 2001 erfüllt und dem Beschwerdeführer gegenüber seien bis zur Erlassung des Haftungsbescheides am 26. Juli 2007 über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren keinerlei Verfolgungsmaßnahmen gesetzt worden, vernachlässigt er, dass der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des § 9 Abs. 1 KO zufolge die Verjährung von neuem erst mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, zu laufen begann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2009, Zl. 2009/16/0084).
Hat demnach der Lauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 238 Abs. 1 BAO) erst mit Rechtskraft des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien über die Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der P. GesmbH im Jahr 2003 (neuerlich) zu laufen begonnen, so wurde der Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 26. Juli 2007 noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen.
Die Beschwerde zeigt somit nicht auf, dass der Beschwerdeführer in dem von ihm geltend gemachten Recht (mit dem Ausdruck "Verfolgungsverjährung" meint der Beschwerdeführer offensichtlich "Einhebungsverjährung") verletzt worden wäre.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. September 2011
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