VwGH 93/07/0002

VwGH93/07/000215.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der P Gesellschaft mbH in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 19. November 1992, Zl. 8W-En-53/2/1992, (mitbeteiligte Partei: C), betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §431;
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §121;
ABGB §431;
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §121;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der an die Bezirkshauptmannschaft (BH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz gerichteten Eingabe vom 8. August 1988 beantragte die Beschwerdeführerin die "Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Abänderung des im Wasserbuch unter Postzahl X eingetragenen Wasserrechtes für den Betrieb einer Säge auf Erzeugung einer elektrischen Energie für den Eigenbedarf". Zu der von der BH für den 19. September 1988 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde die mitbeteiligte Partei (MP) persönlich nicht geladen. Eine öffentliche Kundmachung über die Anberaumung der Verhandlung erfolgte nicht. Die MP ist zur Verhandlung am 19. September 1988 nicht erschienen.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1988 bewilligte die BH der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der motorischen Kraft des Mühlkanals zum Zwecke der Versorgung der Parzelle 481/1 KG S mit elektrischer Energie sowie zur Errichtung der hiefür erforderlichen Anlage auf die Dauer von 30 Jahren ab Rechtskraft dieses Bescheides unter - im Bescheid näher angeführten - Bedingungen und Auflagen. In der Begründung dieses Bescheides führte die BH aus, durch die wasserrechtliche Bewilligung würden folgende Parzellen in Anspruch genommen: 783/2 und 783/1 KG S (Stadtgemeinde S), 1180/1 KG S (öffentliches Wassergut), 1148/1 KG S (Stadtgemeinde S), .232/3 .232/4, 232/5 und 458/1 je KG S (Stadtgemeinde S). Die Parzelle, mit der das Wasserrecht verbunden sei, sei Grundstück Nr. 458/1 KG S. Die Bedingungen und Auflagen seien im öffentlichen und privaten Interesse in den Bescheid aufzunehmen gewesen.

Dieser Bescheid wurde der MP nicht zugestellt.

Die für den 4. September 1991 von der BH anberaumte mündliche Verhandlung zur Überprüfung der mit dem vorgenannten Bescheid vom 19. Dezember 1988 vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen bezüglich Genehmigung zur Errichtung einer hydroelektrischen Anlage am Mühlkanal in S wurde öffentlich kundgemacht. Zur Verhandlung am 4. September 1991 ist die persönlich nicht geladene MP nicht erschienen.

Mit Anbringen vom 3. Dezember 1991, bei der BH eingelangt am 16. Dezember 1991, beantragte die MP die Zustellung des Bescheides vom 19. Dezember 1988 "als übergangene Partei" und führte hiezu aus, sie sei grundbücherliche Eigentümerin der "Grundstücke 9/1, 10 und .1" je KG S; ihr Grundstück 9/1 KG S grenze unmittelbar an den Mühlkanal Grundstück Nr. 1180/1. Um die erforderliche Energie zu gewinnen, sei mit dem vorstehend zitierten Bescheid nicht nur die Ausnützung der motorischen Kraft, sondern auch die Errichtung einer Mauer mit ca. 30 lfm über die gesamte Grenze ihres Grundstückes bewilligt worden. Im wasserrechtlichen Verfahren sei sie weder dem Ortsaugenschein beigezogen noch im sonstigen Ermittlungsverfahren als Partei gehört worden, obwohl sie dem Bewilligungsverfahren als Partei beigezogen hätte werden müssen. Da die Wasserrechtsbehörde diesem zwingenden Erfordernis nicht entspochen habe, beantrage sie als übergangene Partei die Zustellung des Bescheides zwecks Ausnützung ihrer Rechtsmittelmöglichkeiten. Durch die Errichtung der Mauer sei sie in ihrer Sicherheit beeinträchtigt, weil diese teilweise in technisch unzureichender Form nur mit hohen Blocksteinen ausgeführt worden sei, wodurch den statischen Erfordernissen nicht Rechnung getragen worden sei.

Gegen den in der Folge zugestellten Bescheid vom 19. Dezember 1988 erhob die MP Berufung, in welcher sie ausführte, im bekämpften wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid sei nicht nur die Ausnützung der motorischen Kraft, sondern auch die Errichtung einer Mauer mit ca. 30 lfm über die gesamte Grenze ihres Grundstückes bewilligt worden. Sie habe im damaligen Wasserrechtsverfahren ihre berechtigten Einwendungen nicht geltend machen können, da es die Wasserrechtsbehörde erster Instanz unterlassen habe, sie als Partei dem Verfahren beizuziehen. Die Bauweise (Hohlblockweise) dieser Mauer übe negative Auswirkungen auf ihr Grundstück aus, da die statisch keineswegs ausreichende Ausführung die Gefahr in sich berge, daß der gegebene Wasserdruck zu einem Ausbrechen der Mauerteile führe, wodurch ihr Grundstück nicht nur beeinträchtigt, sondern darüberhinaus die Sicherheit auf ihrem Grundstück in eklatanter Weise gefährdet werde. Es werde daher beantragt, das Wasserrechtsverfahren neu aufzurollen und nach Vornahme eines Augenscheines den Nutzungsberechtigten (Beschwerdeführerin) zu verpflichten, die Mauer so herzustellen, daß keine wie immer gearteten Auwirkungen auf ihr Grundstück befürchten werden müßten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. November 1992 behob der Landeshauptmann von Kärnten gemäß § 66 Abs. 2 AVG den bekämpften Bescheid der BH vom 19. Dezember 1988 und verwies die Angelegenheit zur Entscheidung über die in der Berufung angeführten Einwendungen an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurück. Ausgehend von dem vordargestellten Sachverhalt führte die belangte Behörde hiezu aus, nach § 107 Abs. 2 WRG 1959 könne zwar eine übergangene Partei ihre Einwendungen nach Abschluß der mündlichen Verhandlung nur bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorbringen, doch trete diese Rechtsfolge nur ein, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich bekannt gemacht worden sei. Mangels einer solchen öffentlichen Bekanntmachung stehe der übergangenen Partei die nachträgliche Erhebung von Einwendungen offen. Die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 2 WRG 1959 sei somit im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Nach § 102 Abs. 1 lit. b iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 besäßen u.a. die Grundeigentümer Parteistellung, wenn ihre Rechte berührt würden. Der Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes, auf das eine wasserrechtlich bewilligte Stützmauer Rückwirkungen auszuüben geeignet sein könne, sei dem Bewilligungsverfahren als Partei beizuziehen. Von § 66 Abs. 2 AVG sei insbesonders deshalb Gebrauch zu machen gewesen, da zur Überprüfung der Einwendungen der MP die Durchführung einer Verhandlung notwendig erscheine.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. dadurch verletzt, "weil Bestimmungen des AVG und WRG 1959 unrichtig angewendet wurden" und "weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf; und weil keine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die gegenständliche Mauer - welche überhaupt nicht Gegenstand der Wasserrechtsverhandlung vom 19. September 1988 gewesen sei - befände sich auf dem Grundstück Nr. 1180/1 (öffentliches Wassergut). Als grundbücherlicher Eigentümer scheine die MP nicht auf. Aus dem Grundbuch sei lediglich ersichtlich, daß beim Bezirksgericht S zu AZ. E 9098/90 ein Zwangsversteigerungsverfahren betreffend das Grundstück Nr. 9/1 KG S, inneliegend der Liegenschaft EZ. 1261 KG S gegen den (offensichtlich) grundbücherlichen Eigentümer Ing. G. S., durchgeführt und der MP zu TZ 2195/91 der Zuschlag erteilt worden sei. Der Mühlkanal samt den dazugehörigen Bauwerken falle in die Erhaltungspflicht der Wasserwerksgenossenschaft S. Dies werde auch durch den Umstand bekräftigt, daß die gegenständliche Ufermauer erst nach Abschluß des wasserrechtlichen Verfahrens im Jahre 1988 von dieser Genossenschaft in zwei Teilabschnitten (nämlich im Dezember 1988 und im März 1990) errichtet worden sei. Dieses Bauvorhaben sei über Anregung des Ing. G. S. erfolgt, der sich mit der Aufstockung der Ufermauer ausdrücklich einverstanden erklärt habe. Die MP sei daher zur Erhebung der Berufung gar nicht legitimiert, da sie im Jahr 1988 nicht grundbücherlicher Eigentümer gewesen sei. Da die Beschwerdeführerin dem Berufungsverfahren nicht beigezogen worden sei, habe sie entsprechendes Beweisvorbringen - mangels Gewährung des Parteiengehörs - im Berufungsverfahren nicht geltend machen können. Keinesfalls hätte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid der BH seinem gesamten Umfange nach gemäß § 66 Abs. 2 AVG beheben dürfen.

Dem Vorbringen kommt schon aus folgenden Erwägungen Berechtigung zu:

Parteien im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sind neben dem Antragsteller gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 - in der von der BH anzuwendenden Fassung vor der Wasserrechtsgesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 252, - diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1).

Gemäß § 107 Abs. 2 leg. cit. kann eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie persönlich nicht verständigt worden war, selbst dann, wenn die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung öffentlich bekannt gemacht worden ist (§ 41 Abs. 2 AVG), ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Da die im § 107 Abs. 2 WRG 1959 geregelte Folge nur dann eintritt, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich bekannt gemacht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 87/07/0197 mit weiteren Nachweisen), dies jedoch im vorliegenden Fall betreffend das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren nicht geschehen ist, ist für die MP als übergangene Partei - sofern ihr tatsächlich Parteistellung im Sinne der bestehenden Gesetzeslage zukommen konnte - die Möglichkeit zu nachträglichen Einwendungen offen geblieben. Die öffentliche Kundmachung zur Überprüfungsverhandlung am 4. September 1991 gemäß § 121 WRG 1959 ändert daran nichts, da im letzteren Verfahren Einwendungen, die sich gegen das Vorhaben selbst bzw. gegen den Bewilligungsbescheid richten, nicht erhoben werden können (vgl. die bei Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht Rz. 3 zu § 121, Seite 509 referierte hg. Rechtsprechung).

Die MP stützt ihre Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ausdrücklich auf § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959, da "die Errichtung einer Mauer mit ca. 30 lfm über die gesamte Grenze meines Grundstückes" bewilligt worden ist, und diese wasserrechtlich bewilligte Mauer "Rückwirkungen auf das Nachbargrundstück" (gemeint ist Grundstück Nr. 9/1 KG S) ausüben kann.

Parteistellung kommt nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 den im § 12 Abs. 2 WRG 1959 genannten Rechte innehabenden Personen zu, wenn ihre Rechte durch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid berührt werden können, d.h. wenn nicht auszuschließen ist, daß diese - der bescheidförmigen Anordnung oder Bewilligung inhaltlich entgegenstehenden - Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes berührt werden können. Ob eine Beeinträchtigung dieses Rechtes tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, berührt jedoch nicht die Parteieigenschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, Zl. 90/07/0103). Soweit es - wie im vorliegenden Fall - um das Eigentum an Liegenschaften oder Anlagen geht, kommt Parteistellung - von allenfalls in Betracht kommenden Ausnahmen wie z.B. Erwerb im Versteigerungsweg abgesehen - nur dem bücherlichen Liegenschaftseigentümer zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, Zl. 94/07/0129).

Nun hat zwar die MP in ihren Einwendungen vom 3. Dezember 1991 sowie in ihrer Berufung gegen den Bescheid der BH vom 19. Dezember 1988 darauf hingewiesen, daß sie Grundstückseigentümerin des Grundstückes Nr. 9/1 KG S ist, welches an Grundstück Nr. 1180/1 grenzt, und durch die auf letztgenanntem Grundstück errichtete wasserrechtlich bewilligte Mauer ihr Grundeigentum berührt wird. Im angefochtenen Bescheid fehlen jedoch Feststellungen, ob die MP Eigentümerin des obzitierten Grundstückes im Sinne der vordargestellten Rechtslage ist, im Falle einer Rechtsnachfolge seit Erlassung des erstinstanzlichen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides, von welchem Voreigentümer auf Grund welchen Übertragungsaktes sie Eigentum erworben hat (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 240) und auf welche Beweisergebnisse sich diese Feststellungen stützen. Ebenso fehlen Feststellungen darüber, ob die in Rede stehende Mauer überhaupt Gegenstand des Bewilligungsbescheides war. War sie es nämlich nicht, kam der MP aus diesem Titel keine Parteistellung zu. Damit leidet die angefochtene Entscheidung an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, da entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente nicht festgestellt wurden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 600 f und 594 f, angeführte hg. Rechtsprechung).

Ausgehend von der - durch die Sachverhaltsfeststellungen nicht gedeckten - rechtlichen Schlußfolgerung, die MP besitze in dem zur Überprüfung vorliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung gemäß § 102 Abs. 1 lit. b iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 behob die belangte Behörde den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 19. Dezember 1988 gemäß § 66 Abs. 2 AVG.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde - außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall -, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung und Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Nicht jeder Verfahrensmangel berechtigt die Berufungsbehörde, von der Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG Gebauch zu machen, vielmehr ist eine Aufhebung nach der genannten Vorschrift nur dann zulässig, wenn sich der Mangel nicht anders als mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung beheben läßt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1986, Zl. 84/05/0097). Die Berufungsbehörde hat zu begründen, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht durch die Berufungsbehörde, sondern nur im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/07/0117). Die Berufungsbehörde besitzt hingegen nicht das Recht, von der Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG schon Gebrauch zu machen, wenn es nur darum geht, den Parteien des Verwaltungsverfahrens die ihnen bisher nicht eingeräumte Gelegenheit zu geben, angesichts des festgestellten Sachverhaltes ihr Recht und ihre rechtlichen Interessen geltend zu machen (siehe die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 524 dargestellte Rechtsprechung). Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid zwar aus, zur Überprüfung der Einwendungen der MP erscheine die Durchführung einer Verhandlung notwendig, ohne aber hiefür entsprechende Begründungsdarlegungen anzuführen. Durch die unrichtige Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG erweist sich der angefochtene Bescheid auch als inhaltlich rechtswidrig (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, (Seite 577).

Da die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 592), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Stempelgebührenaufwand konnte nur insoweit zuerkannt werden, als die vorgelegten Beilagen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren.

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