OGH 9ObA122/14b

OGH9ObA122/14b28.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Weixelbraun‑Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Horst Nurschinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17‑19, 1011 Wien, wegen 105.025,80 EUR brutto sA (Revisionsinteresse 49.264,41 EUR brutto sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2014, GZ 10 Ra 18/14m, 10 Ra 22/14z‑100, mit dem das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 17. April 2013, GZ 21 Cga 13/09y‑74, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung eines Betrags von 55.761,39 EUR brutto sA unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Umfang des Zuspruchs von 49.264,41 EUR brutto sA sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der am ***** 1977 geborene Kläger ist seit 19. Jänner 1998 bei der Beklagten beschäftigt; das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) ist auf das Dienstverhältnis anzuwenden. Der Kläger ist in der Verwendungsgruppe A2 und innerhalb dieser der Funktionsgruppe A2/5 zugeordnet. Bis Ende 2007 war er als Referent für EDV‑Angelegenheiten und geschäftsbereichübergreifende Projekte am U***** (U*****) tätig. Seine Entlohnung erfolgte nach dem Gehaltsschema V2/4.

Seit Beginn seiner Tätigkeit nahm der Kläger Aufgaben im IT‑Bereich für den U***** wahr. Die EDV‑Anlagen des U***** wurden vom Rechenzentrum des Bundeskanzleramts (BKA) betreut. Der Kläger war der Ansprechpartner dieses Rechenzentrums seitens des U***** und für die übrigen Mitarbeiter des U***** die erste Anlaufstelle bei Fragen oder Problemen im ADV‑Bereich. Im U***** gab es insbesondere drei spezielle Anwendungen (für Dokumentenmanagement, Aktenverwaltung sowie eine Herkunftsländerinformationsdatenbank); im Folgenden: „drei Kernapplikationen“.

Im Jahr 2003 wechselte die Ressortzuständigkeit für den U***** vom BKA zum Bundesministerium für Inneres (BMI). Die drei Kernapplikationen des U***** konnten jedoch vom BMI nicht betreut werden; ab diesem Zeitpunkt musste der Kläger weitergehende Aufgaben übernehmen. Er erhielt die Superadministratorenrechte für die gesamte IT‑Anlage des U***** und musste in Eigeninitiative die anstehenden Probleme lösen. Diese Tätigkeiten gingen über den üblichen Aufgaben‑ und Verantwortungs‑, aber auch Qualifikationsbereich eines First Level Support Mitarbeiters oder Leitbedieners einer externen Dienststelle hinaus und wurden üblicherweise von Mitarbeitern eines Rechenzentrums wahrgenommen. Ende 2004 wurde entschieden, dass das BMI den U***** in das BMI Netzwerk integrierte. Ab diesem Zeitpunkt änderte sich die Tätigkeit des Klägers. Grundsätzlich wurde die Neuinstallation von PCs danach vom Rechenzentrum des BMI vorgenommen und der Kläger war nur mehr koordinierend tätig. Er erstattete die Meldung über den Bedarf an das BMI und das Rechenzentrum erledigte die Durchführung. Die drei Kernapplikationen musste allerdings weiterhin der Kläger installieren. Ab Herbst 2005 wurde der Kläger Leiter des Projekts U***** eVA (elektronische Verfahrens‑Administration). Der Kläger war in alle Fragen der Weiterentwicklung und Aufrechterhaltung des U***** IT‑Systems eingebunden und stellte die Schnittstelle zwischen dem Rechenzentrum, allfälligen externen Firmen und dem U***** dar. Soweit es sich um die drei Kernapplikationen handelte, musste der Kläger Aufgaben und Verantwortungen wahrnehmen, die in Hinblick auf Applikationen sonst von Mitarbeitern eines Rechenzentrums wahrgenommen werden. Soweit es sich um Tätigkeiten handelte, die üblicherweise in den Bereich des First Level Supports fielen, hatte der Kläger im Rahmen dieser Tätigkeiten für die drei Kernapplikationen von Seiten des Rechenzentrums des BMI nicht jene Unterstützung, die ein Leitbediener oder First Level Support Mitarbeiter einer nachgeordneten Dienststelle üblicherweise hat. Daher musste der Kläger diese Aufgaben und die dafür erforderlichen Vorgaben oder Rahmenbedingungen selbst erarbeiten. Diese Tätigkeiten gingen wiederum über den üblichen Aufgaben‑ und Verantwortungs‑, aber auch Qualifikationsbereich eines First Level Support Mitarbeiters oder Leitbedieners einer externen Dienststelle hinaus und wurden üblicherweise von Mitarbeitern eines Rechenzentrums wahrgenommen. Auch die Leitung des Projekts U***** eVA ging weit über die Tätigkeit eines First Level Support Mitarbeiters oder eines Leitbedieners hinaus. Diese Tätigkeiten machten im Zeitraum von Beginn des Jahres 2004 bis Ende 2007 sowohl zeitlich als auch nach der Bedeutung die weit überwiegende Haupttätigkeit des Klägers aus.

Wären diese Aufgaben, die tatsächlich der Kläger wahrgenommen hat, vom Rechenzentrum wahrgenommen worden, so hätte sie grundsätzlich ein Abteilungsleiter des Rechenzentrums koordiniert und an Mitarbeiter des Rechenzentrums delegiert, die je nach Schwierigkeit der konkreten Aufgabe im ADV‑Sondervertragsschema in die Bedienstetengruppen 3 bis 5 einzustufen gewesen wären. Weder im BKA noch im BMI gab es außerhalb des jeweiligen Rechenzentrums Bedienstete, die vergleichbare Tätigkeiten wie der Kläger ausgeführt haben.

Sowohl im BKA als auch im BMI wurden (und werden) die zentralen Kompetenzen für die Aufgaben im Bereich der IT und der ADV in Rechenzentren gebündelt. Ein Rechenzentrum ist eine organisatorische Einheit. Es besteht aus Personen, die mit diesen Tätigkeiten betraut sind (primär ADV‑Technikern). Aufgrund der sowohl im BKA als auch im BMI verfolgten Strategie, das Know‑How für IT und ADV in eigenen organisatorischen Einheiten (Rechenzentren) zu bündeln, wurden die Bediensteten, die diese beim U***** ausgewiesene Planstelle besetzten, tatsächlich dem Rechenzentrum zugeordnet und in die Struktur des Rechenzentrums eingegliedert. Die koordinierenden Tätigkeiten für die Weiterentwicklung der ADV‑Infrastruktur des U*****, insbesondere die Koordinierung und die Leitung der Betreuung der drei Kernapplikationen sowie die Benutzerbetreuung, hätten im Rahmen dieses Konzepts systemkonform vom Rechenzentrum wahrgenommen werden müssen.

Der Kläger forderte ‑ mit Unterstützung des Vorsitzenden des U***** ‑ den Abschluss eines ADV‑Sondervertrags. Mit dem Leiter des Bereichs Informations- und Kommunikationstechnologie und Technik des BMI wurde vorbesprochen, dass der Kläger organisatorisch in das Rechenzentrum wechseln und im Zuge dessen einen ADV‑Sondervertrag erhalten sollte. Geplant war, dass der Kläger dann nicht mehr ausschließlich eine Spezialaufgabe für den U***** wahrnehmen, sondern im Rahmen des Rechenzentrums auch andere Aufgaben übernehmen sollte. Es wurde auch in Aussicht genommen, für den Kläger entsprechende Schulungen zu organisieren, um ihm die Einarbeitung in diese Aufgaben zu ermöglichen. Dieser Plan wurde jedoch nicht durchgeführt und auch sonst nichts unternommen, um den Kläger etwa zu entlasten.

Sowohl im Rechenzentrum des BKA, als auch im Rechenzentrum des BMI gibt es sowohl Mitarbeiter, die im allgemeinen Verwaltungsschema eingeordnet sind, als auch Mitarbeiter, die einen ADV‑Sondervertrag haben, und zwar unabhängig von ihrer Tätigkeit; auch Mitarbeiter, die ausschließlich mit ADV‑ oder IT‑Aufgaben befasst sind, sind fallweise im Verwaltungsschema eingestuft. Grundsätzlich ist es diesen Mitarbeitern freigestellt, ob sie einen ADV‑Sondervertrag anstreben. Auch in den Jahren 2004 bis 2007 gab es diese Möglichkeit und diejenigen Mitarbeiter des Rechenzentrums des BMI, die dies wollten, erhielten in diesem Zeitraum ADV‑Sonderverträge.

Der Kläger begehrte mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Zahlung der Differenz seiner Bezüge zu jenen, die er erhalten hätte, wenn mit ihm ein Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 nach dem ADV‑Sondervertragserlass des BMF abgeschlossen worden wäre, für den Zeitraum von April 2004 bis Dezember 2007 (zuletzt 105.025,80 EUR brutto sA). Zusammengefasst brachte der Kläger vor, die von ihm in der genannten Zeit erbrachten Tätigkeiten seien regelmäßig nach dem sogenannten ADV‑Sondervertragsschema bewertet worden; er habe jedoch trotz Bemühen keinen entsprechenden Sondervertrag von der Beklagten erhalten, wodurch die Beklagte den ‑ auch für Sonderverträge nach § 36 VBG 1948 anzuwendenden ‑ arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt habe. Aufgrund seiner Tätigkeit habe der Kläger Anspruch auf Entlohnung nach dem ADV‑Sondervertragsschema für die Bedienstetengruppe 2. Er schlüsselte sein Zahlungsbegehren detailliert auf und begehrte (hilfsweise) allfällige Minderzusprüche als Differenzbeträge zu geringeren Entlohnungsgruppen innerhalb des Sondervertragsschemas, insbesondere SV3, SV4 oder SV5. Klagsgegenständlich sei auch ein Minderzuspruch auf Grundlage des gesetzlichen allgemeinen Vertragsbedienstetenschemas nach v1/1, weil auch eine unrichtige Bewertung seiner Tätigkeit nach § 65 VBG vorliege; der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund der Anforderungen zumindest mit v1/1 zu bewerten gewesen. Der Kläger habe sich nur deshalb nicht gegen die unrichtige Arbeitsplatzbewertung zur Wehr gesetzt, weil er eine mündliche Zusage erhalten habe, dass eine adäquate Lösung für ihn gefunden werden sollte, und es laufend entsprechende Gespräche gegeben habe. Eine nachvollziehbare Bewertung des Arbeitsplatzes liege nicht vor; mit der Arbeitsplatzbeschreibung des Klägers habe die Beklagte sich inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Ein Vergleich mit anderen Arbeitsplatzbewertungen aus dem Bereich des BKA zeige, dass die Bewertung des Arbeitsplatzes des Klägers unzureichend sei; die ‑ näher dargestellten ‑ Tätigkeiten des Klägers hätten die von der Beklagten vorgenommene Bewertung in v2/4 deutlich überstiegen und entsprächen einer Wertigkeit in v1/1.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, mit Vertragsbediensteten, die zwar eine spezifische IT‑Tätigkeit, aber nicht in einem Rechenzentrum ausgeübt hätten, sei zu keinem Zeitpunkt ein ADV‑Sondervertrag abgeschlossen worden. Eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes könne schon deswegen nicht vorliegen, denn der Kläger habe nie in einem Rechenzentrum gearbeitet und aus diesem Grund keinen solchen Sondervertrag erhalten. Die Zuordnung des Arbeitsplatzes des Klägers und seine Entlohnung seien richtig; seine Tätigkeit passe zum Anforderungsprofil seiner Arbeitsplatz-beschreibung; Anhaltspunkte für die vom Kläger angestrebte Höherbewertung lägen nicht vor. Der Kläger könne keine Gleichbehandlung mit solchen Mitarbeitern, die eine IT‑spezifische Tätigkeit in einem Rechenzentrum ausüben würden und einen Sondervertrag hätten, begehren. Die vom Kläger tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten seien außerdem mit den in einem Rechenzentrum erbrachten nicht gleichwertig gewesen.

Das Erstgericht gab der Klage im Umfang von 49.264,41 EUR brutto sA (Differenzbeträge auf die Bedienstetengruppe 5 des Sondervertragserlasses für „Benutzerbetreuer“) statt und wies das Mehrbegehren von 55.761,39 EUR brutto sA (höhere Differenzbeträge bezogen auf die Bedienstetengruppen 2, 3 und 4 des Sondervertragsschemas) ‑ unbekämpft ‑ ab. Aus dem ‑ auch für Vertragsbedienstete geltenden ‑ arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der dem Arbeitgeber eine willkürliche Differenzierung zwischen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen verbiete, ergebe sich, dass der Kläger Anspruch auf Entlohnung nach dem ADV‑Sondervertragserlass, Bedienstetengruppe 5, habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils nicht Folge. Die Beweisrüge sei unberechtigt und die behaupteten sekundären Verfahrensmängel lägen nicht vor; Feststellungen über die organisatorische Qualität eines Rechenzentrums seien rechtlich unerheblich, weil der Kläger überwiegend Arbeiten zu erledigen gehabt habe, die üblicherweise von Mitarbeitern des Rechenzentrums wahrgenommen worden seien. Gründe für eine sachliche Differenzierung habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Behauptungen darüber, weshalb der in § 49a Satz 1 ASGG festgelegte Zinssatz nicht zustehe, habe die Beklagte nicht aufgestellt, weshalb der Kläger Zinsen in dieser Höhe beanspruchen könne. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zuzulassen.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts zulässig; sie ist auch ‑ im Umfang eines in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens ( Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 471 Rz 4 mwN) ‑ berechtigt .

1.1 Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl RIS‑Justiz RS0060204; RS0016817) gilt nach herrschender Rechtsprechung grundsätzlich auch für Vertragsbedienstete (9 ObA 21/06p; 9 ObA 49/06f; 9 ObA 9/13h mwN; RIS‑Justiz RS0031453). Seine Grenze findet er jedoch in den ‑ zwingenden Charakter aufweisenden ‑ Einstufungs‑ und Entlohnungsvorschriften des Vertragsbedienstetenrechts (vgl 9 ObA 23/14v; 9 ObA 89/14z). Die Entlohnung eines Vertragsbediensteten hat nämlich grundsätzlich nach den jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen (8 ObA 43/12z mwN; 8 ObA 60/07t; RIS‑Justiz RS0050823). Entlohnungen, die darüber hinaus gehen, können nur in Sonderverträgen vereinbart werden (9 ObA 89/14z mwN).

1.2 Gemäß § 36 Abs 1 VBG können in Ausnahmefällen im Dienstvertrag vom VBG abweichende Sondervereinbarungen getroffen werden, die als Sonderverträge zu bezeichnen sind und der Genehmigung des Bundeskanzlers bedürfen. Schriftform und Genehmigung durch den Bundeskanzler sind gesetzliche Wirksamkeitserfordernisse solcher Verträge (RIS‑Justiz RS0115297).

Soweit § 36 VBG für Vertragsbedienstete in Ausnahmefällen den Abschluss von Sonderverträgen erlaubt, die als solche zu bezeichnen sind und der Genehmigung des Bundeskanzlers bedürfen, ist es ständige Rechtsprechung, dass Ausnahmefälle im Sinne dieser Bestimmung nur dann anzunehmen sind, wenn sie infolge der besonderen Lage im Einzelfall nach den zwingenden Normen des VBG nicht ohne weiteres eingeordnet werden können und daher einer abweichenden Sonderregelung bedürfen, wobei ausnahmsweise auch eine gegenüber dem VBG ungünstigere Regelung nicht ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0081680 [T5, T6, T13]). Die Betonung des Ausnahmecharakters im Gesetz sowie der zwingende Charakter der Einstufungs‑ und Entlohnungsvorschriften des VBG verlangen eine strenge Auslegung, weil sonst zum Nachteil des Vertragsbediensteten diese Vorschriften sowie der Grundsatz, dass es für die Einstufung nicht auf die vereinbarten, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt, auf dem Umweg über „Sonderverträge“ außer Wirksamkeit gesetzt werden könnten (RIS‑Justiz RS0081680 [T14]; RS0008975).

Die Schutzfunktion dieser Bestimmung zugunsten des Dienstgebers liegt darin, dass eine nachgeordnete Dienststelle ohne Genehmigung des Bundeskanzlers einen Sondervertrag nach § 36 VBG nicht eingehen kann (RIS‑Justiz RS0115297). Darüber hinaus haben die Bestimmungen über die Sonderverträge auch Schutzfunktionen zugunsten der Allgemeinheit der Steuerzahler (9 ObA 125/10p). Fehlt die erforderliche Genehmigung des Vertrags, so scheidet ein Vertrauensschutz aus; der Vertrag ist rechtsunwirksam (RIS‑Justiz RS0029314 ua; Rebhahn , Vertrauensschutz in gesetzlich determinierten Dienstverhältnissen, DRdA 2002, 202 ff [204]). Eine konkludente Genehmigung eines Sondervertrags kommt nicht in Betracht, sondern die Genehmigung muss jedenfalls ausdrücklich erfolgt sein (RIS‑Justiz RS0029331). Nur Sonderverträge nach § 36 VBG ermöglichen daher in Ausnahmefällen Abweichungen vom grundsätzlich zwingend geltenden VBG, insbesondere von dessen Einstufungsvorschriften; sie erfordern jedoch die Einhaltung der gesetzlichen Formerfordernisse.

2. Richtig ist, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei Sondervereinbarungen nach § 36 VBG angewendet werden kann (RIS‑Justiz RS0031488). Diese Gleichbehandlungspflicht schränkt zwar das Ermessen des Dienstgebers grundsätzlich nicht ein (RIS‑Justiz RS0016822), verwehrt ihm aber insbesondere, die von ihm selbst zugrunde gelegten Kriterien im Einzelfall willkürlich und ohne sachlichen Grund zu verlassen und einzelnen Dienstnehmern das vorzuenthalten, was er den anderen zubilligt (RIS‑Justiz RS0060204; RS0031488 [T2]; 9 ObA 9/13h).

In der Entscheidung 9 ObA 49/06f hat der Oberste Gerichtshof mit Hinweis auf die Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgesprochen, die vom dortigen Kläger geforderte Entlohnung nach dem ADV‑Sondervertragsschema könne nicht schon mit dem Argument abgelehnt werden, dass mit ihm kein Sondervertrag nach § 36 VBG abgeschlossen wurde. Dies kann aber naturgemäß nur dort relevant sein, wo nicht zwingende Einstufungs‑ und Entlohnungsvorschriften eine bestimmte Entlohnung gebieten (siehe Punkt 1.1). Nach dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war aber ohnehin davon auszugehen, dass ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz schon deswegen nicht vorlag, weil kein mit dem dortigen Kläger vergleichbarer Dienstnehmer nach dem ADV‑Sondervertragsschema entlohnt, sondern die besondere Entlohnung nur jenem speziellen Kreis von Bediensteten gewährt wurde, die im Zentralen Informatikdienst und am Institut für Informationswissenschaft an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät tätig waren (9 ObA 49/06f mwN).

3. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Kläger im Zeitraum April 2004 bis Dezember 2007 (zusammengefasst) überwiegend solche Tätigkeiten erbracht hat, die über den üblichen Verantwortungs‑ und Qualifikationsbereich eines First Level Support Mitarbeiters oder Leitbedieners einer externen Dienststelle hinausgingen und sonst von Mitarbeitern eines Rechenzentrums wahrgenommen wurden, allerdings gehörte der Kläger zu keinem Zeitpunkt selbst einem Rechenzentrum an. Planstellen für Vertragsbedienstete mit ADV‑Sondervertrag waren in den Jahren 2004 bis 2007 nur für solche Bedienstete vorgesehen, die organisatorisch einem Rechenzentrum zugehörten. Dies war beim Kläger nicht der Fall. Es wurde erörtert, dass der Kläger organisatorisch in das Rechenzentrum wechseln sollte, was jedoch letztlich nicht zustande kam. Der Kläger hätte in diesem Fall nicht mehr nur Spezialaufgaben für den U***** erfüllen, sondern auch andere Aufgaben übernehmen sollen, wofür auch entsprechende Einschulungsmaßnahmen in Aussicht genommen waren.

Nach den Feststellungen liegt eine willkürliche, ohne sachliche Begründung vorgenommene Unterscheidung hier nicht vor. ADV‑Sonderverträge wurden von der Beklagten nur mit jenen Bediensteten abgeschlossen, die dauernd in einem Rechenzentrum beschäftigt waren. Der Kläger gehörte im maßgeblichen Zeitraum keinem Rechenzentrum an. Die Beschränkung der Sonderverträge auf organisatorisch abgegrenzte Einheiten (Rechenzentren) und dort tätige Dienstnehmer mit besonderen Aufgaben erscheint nicht unsachlich. Die Beklagte trug damit erkennbar dem in § 36 VBG gesetzlich festgelegten Ausnahmecharakter von Sonderverträgen Rechnung. Richtig ist, dass der Kläger an seiner Dienststelle besonders qualifizierte Aufgaben verrichtete, die damals von Bediensteten in Rechenzentren verrichtet wurden. Dies machte den Kläger aber nicht zum Bediensteten eines Rechenzentrums, der er schon rein organisatorisch nicht war, und setzte ihn auch sonst nicht den Bediensteten in Rechenzentren gleich, die unstrittigerweise auch noch andere Aufgaben zu verrichten hatten, für die der Kläger auch nicht eingeschult war.

Der Kläger kann sein Zahlungsbegehren daher nicht auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Bezug auf einen ‑ nach rechtskräftiger Abweisung der höheren Differenzansprüche zu SV2 bis SV4 verbleibenden ‑ ADV‑Sondervertrag in der Beschäftigungsgruppe 5 nach dem ADV‑Sondervertragserlass stützen.

4. Der Kläger hat aber sein Begehren schon zu Beginn des Verfahrens auch damit begründet, dass die Bewertung seiner Tätigkeit auch nach den allgemeinen Kriterien des VBG unrichtig sei, weshalb ihm auch aus diesem Rechtsgrund Differenzansprüche (zu v1/1) zustehen würden (ON 1, S 4 = AS 4; ON 5, S 7 ff = AS 27 ff). Aus einer Tabelle des Klägers ergibt sich eine Aufschlüsselung der Differenzansprüche zu v1/1 (ON 16, S 7 = AS 119). Die Beklagte hat eingewendet, die Zuordnung des Arbeitsplatzes des Klägers zur Verwendungsgruppe A2 und innerhalb dieser zur Funktionsgruppe A2/5 sowie die Entlohnung nach dem Gehaltsschema v2/4 sei richtig; Anhaltspunkte für die vom Kläger angestrebte Höherbewertung gebe es nicht.

In weiterer Folge konzentrierte sich das Verfahren auf die Vergleichbarkeit der Tätigkeit des Klägers mit denen von Mitarbeitern in Rechenzentren mit ADV‑Sondervertrag und die vom Kläger behauptete Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungs-grundsatzes, während die Frage, ob allenfalls ‑ wie ebenfalls vom Kläger behauptet ‑ die Änderungen seines Aufgabenbereichs seit dem Jahr 2004 auch eine andere Wertigkeit seines Arbeitsplatzes herbeigeführt haben und daher seine Einstufung und Entlohnung schon nach dem VBG möglicherweise nicht richtig war, nicht geklärt wurde. Unerörtert blieb daher, ob der Kläger weiterhin, wie zu Verfahrensbeginn, sein gesamtes Begehren auch auf die allgemeinen Einstufungsbestimmungen des VBG stützte, oder nur mehr auf jenen Betrag laut seiner Tabelle. Dies wird im fortgesetzten Verfahren noch zu klären sein.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass es für die Einstufung eines Vertragsbediensteten auf die tatsächlich geleisteten Dienste und nicht auf den Dienstvertrag ankommt (RIS‑Justiz RS0082007; 8 ObA 93/04s). Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob ihm aufgrund seiner Tätigkeiten im Zeitraum April 2004 bis Dezember 2007 nach den allgemeinen Einstufungsvorschriften des VBG allenfalls noch weitere Entgeltansprüche zustehen, kann nach dem bisher festgestellten Sachverhalt noch nicht beantwortet werden.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher zunächst die Höhe des nun noch gegenständlichen Klagebegehrens zu erörtern und schließlich dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seine Behauptungen unter Beweis zu stellen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 50, und 52 ZPO.

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