Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.189,44 (darin EUR 198,24 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gem. § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:
Bei der Lösung der Frage, ob eine Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist (§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG), muss vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen und ohne Koppelung mit anderen Tatbeständen oder Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen des betroffenen Arbeitnehmers beeinträchtigt werden (Arb 10.755; DRdA 1989/24 [Floretta]; RdW 1996, 332; RIS-Justiz RS0051640, RS0051746). Für diese Umstände ist der anfechtende Arbeitnehmer behauptungs- und beweispflichtig (Arb 10.874; RdW 2001/250; RIS-Justiz RS0051640). Dieser Nachweis ist dem Kläger nicht gelungen.
In die Untersuchung, ob durch eine Kündigung wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden, sind nicht nur die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes bzw der damit verbundene Einkommensverlust einzubeziehen; es ist vielmehr auf die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers abzustellen (Kuderna, DRdA 1975, 9 [11 ff]; Schwarz in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht, § 105 Erl 20; Arb 10.755; DRdA 1989/24 [Floretta]; DRdA 1992/53 [Mosler]; DRdA 1994/20 [Trost]; WBl 1999/369; 9 ObA 197/00m; RIS-Justiz RS0051703, RS0051741, RS0051806, RS0110944 ua), sodass im vorliegenden Fall neben dem jugendlichen Alter des Klägers und der (in Erfüllung gegangenen) Prognose (RdW 1997, 299; RIS-Justiz RS0051772), dass es für ihn kein Problem sei, einen neuen Arbeitsplatz - wenngleich mit etwas geringerem Einkommen - zu erlangen, auch das Fehlen ins Gewicht fallender Schulden und von Sorgepflichten des Klägers zu berücksichtigen sind. Das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG hat die primäre Funktion, den Kündigungsschutz jenen Arbeitnehmern zu gewähren, die auf ihren Arbeitsplatz zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind (RdW 1994, 253); auf die Beibehaltung des konkreten Arbeitsverhältnisses kann es dabei - ungeachtet der Vorteile einer längeren Betriebszugehörigkeit - nicht ankommen (WBl 1999/369). Eine finanzielle Schlechterstellung genügt zur Annahme einer Interessenbeeinträchtigung nicht (9 ObA 40/01z), es sei denn, sie erreicht ein solches Ausmaß, dass sie - unter Berücksichtigung aller Faktoren - eine fühlbare, ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat (Kuderna, DRdA 1975, 9 [12]; DRdA 1992/53 [Mosler]). Gewisse Schwankungen in der Einkommenslage muss nämlich jeder Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitslebens hinnehmen (Kuderna, DRdA 1975, 9 [12]; ZAS 1994/4; ARD 5001/13/99); dabei ist nicht auf starre Prozentsätze bei den Einbußen abzustellen (vgl Schwarz aaO § 105 Erl 20; 9 ObA 261/98t; 9 ObA 174/01f). Da jede Kündigung die Interessen eines Arbeitnehmers beeinträchtigt und damit soziale Nachteile verbunden sind, müssen zusammenfassend Umstände vorliegen, die über das normale Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machen (WBl 1999/369; RIS-Justiz RS0051727, RS0051753). Derartige Gründe liegen hier insgesamt unter Bedachtnahme auf die festgestellte wirtschaftliche und soziale Gesamtsituation des Klägers nicht vor. Da somit der Anfechtungsgrund der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers nicht gegeben ist, ist auf die Ausnahmetatbestände des § 105 Abs 3 Z 2 lit a und b ArbVG nicht weiter einzugehen und kann daher in diesem Zusammenhang auch die Frage unerörtert bleiben, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine von ihm trotz seiner verletzungsbedingten Behinderung bewältigbare Arbeit zuzuweisen. Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz des § 105 ArbVG - dessen Voraussetzungen nach dem vom Kläger behaupteten Sachverhalt nicht gegeben sind - kann sich der Arbeitnehmer auch auf Sittenwidrigkeit der Kündigung gemäß § 879 ABGB berufen (SZ 66/95; 9 ObA 76/94). Eine Kündigung ist nur dann sittenwidrig, wenn ihr Beweggrund gänzlich unsachlich und insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligen ist (SZ 66/95; 9 ObA 76/94). Davon kann aber hier keine Rede sein, steht doch fest, dass der Kläger nach seinem Arbeitsunfall rund 8 Monate - unterbrochen lediglich durch insgesamt 10 Tage, an denen der Kläger "Arbeitsversuche" unternahm, - in Krankenstand war. Derartige Krankenstände werden aber üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr in Kauf genommen (RIS-Justiz RS0051801). Dass die Beklagte dem Kläger in Schädigungsabsicht keine die verletzte rechte Hand nicht belastende Arbeit angeboten habe, um ihm aus unlauteren Motiven die Weiterarbeit unmöglich zu machen, behauptet der Kläger nicht. Selbst wenn die Beklagte ein (Mit-)Verschulden am Zustandekommen des Arbeitsunfalles treffen sollte, würde die Kündigung dadurch allein nicht sittenwidrig, sodass die Vorinstanzen zu Recht keine weiteren Feststellungen zum Unfallhergang getroffen haben.
Auch das Vorliegen einer den Grundwertungen des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG ähnlichen sittenwidrigen "Vergeltungskündigung" wurde im Verfahren nicht glaubhaft gemacht, wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargestellt haben. Die Beklagte hat vielmehr nach dem Arbeitsunfall des Klägers dessen befristetes Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes übergeleitet. Das Vorbringen des Klägers, die von ihm initiierten behördlichen Erhebungen über den Unfallhergang seien Motiv der Kündigung gewesen, geht an der Tatsache der langen Krankenstände vorbei, die den wesentlich wahrscheinlicheren (vgl § 105 Abs 5 ArbVG) Kündigungsgrund darstellen, sodass von gänzlich unsachlichen Beweggründen der Beklagten nicht die Rede sein kann. Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG. Wird eine Bewertung des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes in Rechtsstreitigkeiten nach § 50 Abs 2 ASGG, in denen eine Kostenbemessung nur vor dem Obersten Gerichtshof erfolgt, vorerst unterlassen, ist gemäß § 14 lit a RATG die Bemessungsgrundlage "im Zweifel" mit EUR 21.800,- anzunehmen (RIS Justiz RS0109949; 9 ObA 329/99v ).
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