Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Der Beklagte ist Eigentümer eines Wohnhauses in R*****. Von der Straße aus gesehen befindet sich dieses Haus hinter einer größeren asphaltierten Fläche, von der ein Weg zur Eingangstür des Hauses führt, der über einige Meter betoniert und dann asphaltiert ist. Hinweise dazu, dass der Weg zum Zweck des Zuganges zum Haus nicht benützt werden dürfte, finden sich nicht.
In den Abendstunden des 4. 12. 2001 setzte ein leichter Niederschlag ein, der bis hin zum frühen Vormittag des nächsten Tages andauerte. Durch die negative Luft- und Bodentemperatur gefror der Regen bereits ab Niederschlagsbeginn und bildete verbreitet Glatteis. Als der Niederschlag dann am frühen Vormittag endete, lockerte sich die Bewölkung auf und die Temperatur stieg gegen 5° Celsius. Der Beklagte hatte an diesem Tag bereits gegen 7.00 Uhr und danach auch 9.00 Uhr im Freien die Notwendigkeit einer Streuung gegen die Glätte erkannt, jedoch diese Streuung jedenfalls nicht hinreichend vorgenommen. Dadurch kam es im betonierten Bereich des Zugangsweges zu Eisbildungen. Gegen 10.00 Uhr kam der klagende Handelsvertreter, um einen im Haus des Beklagten arbeitenden Handwerker aufzusuchen. Der Kläger stellte seinen PKW auf der asphaltierten Fläche ab und stieg aus. Er trug Schuhe mit starken Gummiprofil und prüfte schon beim Aussteigen den Boden. Als er keine Glätte feststellte, ging er in Richtung Eingangstür des Hauses. Auf dem betonierten Bereich stürzte er und verletzte sich.
Der Kläger begehrt vom Beklagten an Schmerzengeld und Verdienstentgang insgesamt EUR 21.285,-- sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für allfällige Spät- und Dauerfolgen. Er stützt sich dem Grunde nach darauf, dass der Beklagte durch die Unterlassung der Streuung die Verkehrssicherungs- und Wegehalterpflichten verletzt habe. Es habe sich um den einzigen Zugang zum Haus des Beklagten gehandelt, den dieser für einen unbestimmten Personenkreis geöffnet habe.
Der Beklagte bestritt und wendete vor allem ein, dass es sich bei der Hauszufahrt um einen Privatgrund gehandelt habe, auf dem ein Verkehr dritter Personen eröffnet worden sei. Auch habe der Beklagte die Zufahrt geräumt und gestreut. Er sei nicht verpflichtet, den ganzen Tag bei gefrierendem Nieselregen dafür Sorge zu tragen, dass eine beständige Bestreuung gewährleistet sei.
Das Erstgericht stellte mit seinem Teilzwischenurteil fest, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Es ging dabei rechtlich im Wesentlichen davon aus, dass der Beklagte einen Zugangsweg zu seinem Haus eröffnet habe und ihn insoweit auch die Verkehrssicherungspflicht treffe, für die Hintanhaltung von Verletzungen zu sorgen. Obwohl er selbst feststellte, dass eine Streuung erforderlich sei, habe er diese nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, dass es mit Teilurteil das Zahlungsbegehren abwies. Rechtlich führte es aus, dass hier kein "Weg" im Sinne des § 1319a ABGB vorliege, da die Hauszufahrt nicht für die Benützung durch jedermann bestimmt sei. Auch eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten sei zu verneinen.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
Voranzustellen ist nun, dass entgegen den Ausführungen der Revision der Anspruch des Klägers nicht auf eine Verletzung der Streupflicht nach § 93 Abs 1 StVO gestützt werden kann. Gilt diese doch für die entlang der Liegenschaft im öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege, nicht aber für innerhalb der Liegenschaft zum Haus führende Wege (vgl dazu auch allgemein RIS-Justiz RS0023322 mwN; Pürstl/Sommereder, Straßenverkehrsordnung, 933, zur Einschränkung auf "Gehsteige"). Auch die Voraussetzungen für die Annahme einer Haftung des Beklagten aus einem Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter vermag der Kläger nicht darzustellen. Typisch für ein derartiges Schuldverhältnis mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter wäre es, wenn der Vertragspartei gegenüber Dritten Fürsorgepflichten obliegen oder sie auf die Sicherheit des Dritten eben solchen Wert legt wie auf die eigene (vgl RIS-Justiz RS0107082 = SZ 69/229; RIS-Justiz RS0021557; allgemein Harrer in Schwimann ABGB2 § 1295 Rz 94). Es muss sich also um Dritte handeln, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Abschluss des Vertrages vorhersehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigen oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat bzw denen er offensichtlich rechtlich selbst zur Fürsorge verpflichtet ist (vgl Harrer aaO; vgl etwa zu den Angestellten des Vertragspartners RIS-Justiz RS0021557; zu den Angehörigen des Bestandnehmers RIS-Justiz RS0020884 mwN, zuletzt etwa 2 Ob 216/03h dazu, dass selbst ein behandelnder Arzt nicht in den Schutzbereich einbezogen wurde). In diesem Zusammenhang wurde bei der Frage der Abgrenzung des Schutzbereiches aus Bestandverträgen auch schon ausgesprochen, dass sich nur kurz um Bestandobjekt aufhaltende Personen wie Lieferanten oder Handwerker nicht erfasst sind (vgl OGH 2 Ob 335/97x). Damit fehlt es aber an einem Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis zwischen dem Handwerker und dem beklagten Hauseigentümer.
Nach § 1319a ABGB haftet nun der für den ordnungsgemäßen Zustand eines Weges verantwortliche Halter für die durch den mangelhaften Zustand eines Weges eingetretenen Verletzungen, sofern er oder seine Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet haben. Dies gilt dann nicht, wenn der Schaden bei einer unerlaubten, insbesondere widmungswidrigen Benützung des Weges entstanden ist und die Unerlaubtheit der Benützung entweder nach der Art des Weges oder durch entsprechende Verbotszeichen bzw eine Abschrankung erkennbar gewesen ist. Unter Weg im Sinne des § 1319a Abs 1 ABGB wird zufolge Abs 2 dieser Bestimmung eine Landfläche verstanden, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist. Die wesentliche Grundlage für diese Einschränkung der Haftung des Wegehalters auf grobe Fahrlässigkeit liegt in der Interessenneutralität des Wegehalters, was auch als Grundlage für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser Regelung herangezogen wird (vgl Reischauer in Rummel ABGB3 § 1319a Rz 1 und 13 mit zahlreichen wN, ähnlich Harrer in Schwimann ABGB2 § 1319a mit zahlreichen wN). Dementsprechend wurde auch etwa zur Abgrenzung zu § 1319 ABGB auf die Interessenneutralität, also inwieweit der Wegehalter ein eigenes Interesse hat, abgestellt (vgl etwa zuletzt OGH 10. 7. 2003, 2 Ob 158/03d, ähnlich OGH 2. 4. 2003, 7 Ob 58/03k). Vom Anwendungsbereich des § 1319a ABGB werden im Regelfall innerhalb eines Grundstückes befindliche Wege ausgenommen, weil ihnen das die sachliche Rechtfertigung für die haftpflichtrechtliche Sonderbehandlung bildende belastende Merkmal der "Zulässigkeit der allgemeinen Benützung" fehlt (vgl RIS-Justiz RS0030061 mwN; RIS-Justiz RS0029988 mwN, insb 2 Ob 335/97x; zur mangelnden Erfassung von in Innenhöfen liegenden Wegen RIS-Justiz RS0109222).
Es bleibt damit bei der Beurteilung des vorliegenden Anspruches auf Grundlage der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Jeder der auf einen ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffnet oder unterhält, hat für die Verkehrssicherung Sorge zu tragen (vgl allgemein RIS-Justiz RS0023355 mwN; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1295 Rz 40 f). Zutreffend hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass dies nur für jenen Personenkreis gilt, für den ein Verkehr eröffnet wird (vgl RIS-Justiz RS0023355 mwN, insb 8 Ob 240/76 und 3 Ob 72/02p). Eine Zugangsbeschränkung kann sich nur aus dem konkret kundgemachten Eröffnungswillen desjenigen, der den Verkehr eröffnet, aus der Zweckwidmung des Zuganges oder durch eine bereits für die Zufahrt zu dem eröffneten Zugang bestehende Beschränkung der Zulassung des Verkehrs ergeben (vgl RIS-Justiz RS0023929 mwN, zuletzt 7 Ob 51/00a).
Hier hat nun der Beklagte zwar uneingeschränkt den Zugang vom Gehsteig über den Asphalt und den betonierten Weg zu seinem Haus eröffnet. Eine Einschränkung aus dem Eigentumsrecht an der Liegenschaft wurde in keiner Weise ersichtlich gemacht.
Die Frage des konkreten Umfanges der Verkehrssicherungspflichten hängt aber immer von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere davon, ob einem sorgfältigen Menschen erkennbar war, dass die Gefahr der Verletzung von anderen besteht und ob bestimmte Maßnahmen zur Vermeidung dieser Gefahr auch zuzumuten sind (vgl allgemein RIS-Justiz RS0110202; zur Zumutbarkeit insb RIS-Justiz RS0023397 mwN, zuletzt 1 Ob 103/04k, RIS-Justiz RS0023801). Sie stellt damit typischerweise keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 502 Rz 3). Selbst bei einem Verstoß gegen die Streupflicht nach § 93 Abs 1 StVO wird berücksichtigt, inwieweit durch ständigen Schneefall oder Regen eine Streuung ineffektiv wäre bzw eine dahingehende Sicherung der Verkehrswege nicht zugemutet wird (vgl etwa OGH 22. 11. 1981, 3 Ob 569/81, ZVR 1982/261; zur allgemeinen Verkehrssicherungspflicht RIS-Justiz RS0023397 insb 7 Ob 594/83). Wenn das Berufungsgericht insgesamt hier eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten verneinte, so liegt darin auch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
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