European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00037.23H.0524.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Klauselentscheidungen
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung als Teilurteil lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, es binnen drei Monaten zu unterlassen, die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu empfehlen:
7. Bei Vorhandensein einer Wärmeversorgungsanlage ist der Vermieter berechtigt, die Abrechnung der Wärme- bzw. Kaltwasserkosten über Dritte durchführen zu lassen. Der Mieter verpflichtet sich in diesem Fall, mit einem von Vermieter beauftragten Abrechnungsunternehmen einen Einzelwärmelieferungsvertrag zur Direktverrechnung der Wärme- bzw. Kaltwasserkosten abzuschließen.
17. Es wird Wertbeständigkeit des in § 3 genannten Hauptmietzinses nach Maßgabe der in § 5 RWG vorgesehenen Wertsicherung (Neufestsetzung) der Richtwerte – ausgehend von dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Richtwert – vereinbart. Sollte diese Wertsicherung nicht mehr zur Anwendung gelangen können, so erfolgt die Wertsicherung nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 oder dem an seine Stelle tretenden Index. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die für den Monat der letzten Festsetzung der Richtwerte verlautbarte Indexzahl. Anpassungen werden unmittelbar nach Änderung des RWG vorgenommen.
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, je binnen drei Monaten die Verwendung der nachstehend genannten Klausel oder sinngleicher Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern für den Abschluss von Wohnungsmietverträgen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes iSd § 1 MRG im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind, und es außerdem zu unterlassen, die Verwendung der nachstehend genannten Klausel oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu empfehlen, wird abgewiesen:
6. Festgehalten wird, dass dem Mieter zur Deckung der Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben (§§ 21, 22 und 23 MRG), sowie besonderer Aufwendungen (§ 24 MRG), die im Laufe eines Kalenderjahres anfallen, ein gleich bleibender monatlicher Pauschalbetrag von derzeit EUR 205,15 (inklusive Umsatzsteuer) fällig im Voraus jeweils am Fünften des Kalendermonats vorgeschrieben wird (Jahrespauschalverrechnung gemäß § 21 MRG).
Die Kostenentscheidung des Teilurteils bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“
Im vom Teilurteil nicht berührten Umfang wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Im Umfang der Rückverweisung sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Beklagte betreibt eine der größten privaten Hausverwaltungen Österreichs. Sie tritt beim Abschluss von Mietverträgen im Vollanwendungsbereich des MRG als Stellvertreterin des Vermieters auf und verwendet dabei Vertragsformblätter, die unter anderem die im Spruch ersichtlichen Klauseln enthalten.
[2] Die Klägerin begehrte von der Beklagten, es zu unterlassen, neunzehn der in diesen Vertragsformblättern enthaltenen Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern für den Abschluss von Wohnungsmietverträgen im Vollanwendungsbereich des MRG zu verwenden, sich darauf zu berufen oder sie zu empfehlen, sowie die österreichweite Veröffentlichung des klagsstattgebenden Urteils in einer Samstagsausgabe der Kronenzeitung.
[3] Die Beklagte anerkannte die Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich sechzehn dieser Klauseln, woraufhin ein Teilanerkenntnisurteil erging, sodass nunmehr lediglich die Klauseln 6, 7 und 17 strittig sind. Die Beklagte wendet ein, dass diese Klauseln zulässig seien. Außerdem könne die Beklagte nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, weil sie die Mietverträge nicht im eigenen Namen abschließe. Nachdem die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch teilweise anerkannt habe, bestehe insoweit keine Wiederholungsgefahr und kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung.
[4] Mit dem angefochtenen Endurteil gab das Erstgericht der Klage auch hinsichtlich der Klauseln 6, 7 und 17 statt und ermächtigte die Klägerin zur österreichweiten Veröffentlichung des Teilanerkenntnisurteils und des Endurteils in einer Samstagsausgabe der Kronenzeitung. Die Klauseln 6 und 7 seien aufgrund ihres sachlichen Zusammenhangs gemeinsam zu beurteilen. Da für den Mieter nicht ersichtlich sei, ob die in Klausel 7 angesprochenen Kosten über den in Klausel 6 angeführten Pauschalbetrag hinausgehen würden, liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Zudem sei die in Klausel 7 enthaltene Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen mit Dritten gröblich benachteiligend, weil für den Mieter weder der Vertragspartner noch der Vertragsinhalt abschätzbar sei. Die Wertsicherungsvereinbarung in Klausel 17 verstoße gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, weil sie schon innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsschluss eine Erhöhung des vereinbarten Mietzinses ermögliche. Durch den Verweis auf das „RWG“ anstelle richtig „RichtWG“ sei die Klausel zudem intransparent. Die Passivlegitimation der Beklagten ergebe sich aus ihrem Eigeninteresse an der Verwendung dieser Klauseln, die der Erleichterung ihrer Tätigkeit als Hausverwalterin dienen würden. Der Abschluss der Mietverträge sei zudem eine notwendige Bedingung für ihre eigene Tätigkeit. Da die betroffenen Verkehrskreise ein berechtigtes Interesse an einer Aufklärung über die Rechtswidrigkeit der Klauseln hätten, bestehe ungeachtet des Teilanerkenntnisses der Beklagten ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung.
[5] Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass das Klagebegehren hinsichtlich der Verwendung der Klausel 6 in Verträgen zwischen Verbrauchern abgewiesen wurde, bestätigte im Übrigen aber die klagsstattgebende Entscheidung des Erstgerichts. Die Klausel 6 sei intransparent, weil offen bleibe, ob der Pauschalbetrag auch die Kosten einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage umfasse, sodass diese Klausel im Unternehmer-Verbrauchergeschäft, nicht aber zwischen Verbrauchern unzulässig sei. Die in Klausel 7 enthaltene Verpflichtung des Mieters, einen Einzelwärmeliefervertrag mit einem vom Vermieter bestimmten Dritten abzuschließen, sei nicht nur gröblich benachteiligend, sondern auch überraschend. Die Klausel 17 sei gröblich benachteiligend und überraschend, weil sie gegebenenfalls schon kurz nach Vertragsabschluss eine sachlich nicht gerechtfertigte Preissteigerung ermögliche. Die Beklagte sei als Hausverwaltung im Verbandsprozess passivlegitimiert. Das Eigeninteresse der Beklagten ergebe sich schon aus dem mit dem Abschluss gleichlautender Mietverträge verbundenen Rationalisierungseffekt, der nicht nur das Aushandeln der Verträge betreffe, sondern auch dazu führe, dass sich die Beklagte bei der täglichen Arbeit nicht erst in die jeweiligen Verträge einlesen müsse. Dass einzelne dieser Klauseln – wie die Wertanpassung – zu einem Mehraufwand für die Beklagte führen würden, schade nicht. Der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung diene der Information des Publikums und bestehe deshalb unabhängig vom Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision im Hinblick auf die Frage der Passivlegitimation der Beklagten zulässig sei.
[6] Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie eine gänzliche Klagsabweisung anstrebt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[7] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[8] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist teilweise auch berechtigt.
Zu Klausel 6:
„Festgehalten wird, dass dem Mieter zur Deckung der Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben (§§ 21, 22 und 23 MRG), sowie besonderer Aufwendungen (§ 24 MRG), die im Laufe eines Kalenderjahres anfallen, ein gleich bleibender monatlicher Pauschalbetrag von derzeit EUR 205,15 (inklusive Umsatzsteuer) fällig im Voraus jeweils am Fünften des Kalendermonats vorgeschrieben wird (Jahrespauschalverrechnung gemäß § 21 MRG).“
[9] 1.1. Die Klausel 6 berechtigt den Vermieter, monatliche Pauschalbeträge zur Deckung der Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben nach §§ 21, 22 und 23 MRG sowie besonderer Aufwendungen nach § 24 MRG vorzuschreiben, wie dies auch in § 21 Abs 3 MRG vorgesehen ist. Eine solche Vereinbarung ist damit weder gröblich benachteiligend noch überraschend. Auch wenn die vom Mieter zu tragenden Kosten nicht ausdrücklich geregelt werden, ist eine solche Vereinbarung nach der Rechtsprechung dahin auszulegen, dass die im MRG aufgezählten Betriebskosten gemeint sind (RIS‑Justiz RS0123383; ebenso Lovrek in Rummel/Lukas 4 § 1099 ABGB Rz 7). Im vorliegenden Fall besteht schon durch den Verweis auf die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen kein Zweifel, dass die monatlichen Vorschreibungen nur die im MRG genannten Aufwendungen umfassen dürfen. Das Transparenzgebot erfordert auch nicht die vollständige Wiedergabe des Gesetzestextes, solange der Unternehmer die Rechtslage dem Gesetzeswortlaut entsprechend und in nicht irreführender Weise wiedergibt (RS0121951; RS0132958).
[10] 1.2. Die Vorinstanzen haben nichtsdestoweniger einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG angenommen, weil offen bleibe, ob der Pauschalbetrag auch die Kosten des Betriebs einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage umfasse, wie sie nach Klausel 7 über Dritte verrechnet werden können. Zutreffend ist, dass sich ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG im Einzelfall auch daraus ergeben kann, dass unklar ist, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken aufeinander bezogener Bestimmungen ergeben (RS0122040). Auch hat die Auslegung von Klauseln im Rahmen der Verbandsklage im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen, weshalb von der für den Verbraucher ungünstigsten möglichen Auslegung auszugehen ist (RS0016590). Im vorliegenden Fall besteht aber kein Grund zur Annahme, dass sich der Vermieter eine doppelte Verrechnung der Wärme- und Kaltwasserkosten vorbehalten wollte, weshalb die Klauseln selbst bei kundenfeindlichster Auslegung nur dahin verstanden werden können, dass die vom Vermieter verrechneten Pauschalbeträge nicht jene Wärme- und Kaltwasserkosten enthalten dürfen, die aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung über einen Dritten abgerechnet werden. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts verstößt die Klausel 6 damit für sich genommen nicht gegen das Transparenzgebot. Die Entscheidung der Vorinstanzen war daher hinsichtlich der Klausel 6 abzuändern.
Zu Klausel 7:
„Bei Vorhandensein einer Wärmeversorgungsanlage ist der Vermieter berechtigt, die Abrechnung der Wärme- bzw. Kaltwasserkosten über Dritte durchführen zu lassen. Der Mieter verpflichtet sich in diesem Fall, mit einem von Vermieter beauftragten Abrechnungsunternehmen einen Einzelwärmelieferungsvertrag zur Direktverrechnung der Wärme- bzw. Kaltwasserkosten abzuschließen.“
[11] 2.1. Die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für die Versorgung des Hauses mit Wasser gelten nach § 21 Z 1 MRG als Betriebskosten, die nach § 21 Abs 3 MRG vom Vermieter abzurechnen sind. Zumindest in jenen Fällen, in denen eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage besteht und der Vermieter als Wärmeabgeber iSd § 2 Z 3 HeizKG anzusehen ist, trifft ihn nach § 17 Abs 1 HeizKG die Verpflichtung zur periodischen schriftlichen Abrechnung der Heizkosten (RS0111294). Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Klausel auf Fälle, in denen der Vermieter nicht Wärmeabgeber ist, kann der Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung nicht entnommen werden (RS0016590). Die Auslagerung der Verpflichtung zur Abrechnung von Wärme- und Kaltwasserkosten auf einen Dritten, wie dies in Klausel 7 vorgesehen ist, hätte zur Folge, dass der Mieter seine Ansprüche nicht mehr gegenüber dem Vermieter durchsetzen könnte, sondern eine Klage gegen ein „Abrechnungsunternehmen“ anstreben müsste, sodass die Klausel 7 gegen zwingende gesetzliche Vorschriften des MRG und HeizKG verstößt.
[12] 2.2. Eine Verpflichtung des Mieters, mit einem vom Vermieter bestimmten Unternehmen Verträge abzuschließen, ist weder dem MRG noch dem HeizKG zu entnehmen. Die Frage, ob ein Vermieter den Mietvertrag vom Abschluss eines Einzelwärmelieferungsvertrags mit einem bestimmten Unternehmen anhängig machen kann, ist hier nicht verfahrensgegenständlich. Die beanstandete Klausel geht nämlich darüber hinaus, indem sie den Mieter zum Abschluss von Lieferverträgen auch mit solchen Unternehmen verpflichtet, die vom Vermieter erst nachträglich beauftragt wurden. Die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung zur Übernahme von vertraglichen Zahlungspflichten, die für den Mieter im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags weder vorhersehbar noch einschätzbar sind, eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB darstellt. Dies trifft umso mehr zu, wenn gar nicht geklärt ist, ob der Mieter einen entsprechenden Bedarf hat.
Zu Klausel 17:
„Es wird Wertbeständigkeit des in § 3 genannten Hauptmietzinses nach Maßgabe der in § 5 RWG vorgesehenen Wertsicherung (Neufestsetzung) der Richtwerte – ausgehend von dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Richtwert – vereinbart. Sollte diese Wertsicherung nicht mehr zur Anwendung gelangen können, so erfolgt die Wertsicherung nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 oder dem an seine Stelle tretenden Index. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die für den Monat der letzten Festsetzung der Richtwerte verlautbarte Indexzahl. Anpassungen werden unmittelbar nach Änderung des RWG vorgenommen.“
[13] 3.1. Nach § 6 Abs 2 Z 4 KSchG sind Vertragsbestimmungen unzulässig, nach denen dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass sie im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann dieses Verbot nicht auf Entgelterhöhungen beschränkt werden, die vom Willen des Unternehmers abhängen, weil eine solche Vereinbarung schon nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unzulässig ist und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG insoweit der Anwendungsbereich entzogen wäre.
[14] 3.2. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verhindern, dass der Preis im Vertrag zahlenmäßig bestimmt wird, der Unternehmer sich jedoch die Möglichkeit offenhält, für nur kurze Zeit später erbrachte Leistungen ein höheres als dieses zahlenmäßig bestimmte Entgelt zu verlangen (JAB 1223 BlgNR 14. GP 2). Auch der Mieter hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der zahlenmäßig vereinbarte Mietzins zumindest für die nächsten Monate verbindlich ist. Der Oberste Gerichtshof hat deshalb bereits zu 2 Ob 36/23t ausgesprochen, dass das Verbot des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG auch für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen gilt, wenn bei kundenfeindlichster Auslegung schon innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte.
[15] 3.3. Im Übrigen weist das Berufungsgericht mit Recht darauf hin, dass die Erhöhung des Richtwerts auch darauf zurückzuführen sein kann, dass es schon in der Zeit vor Abschluss des Mietvertrags zu einem Anstieg des Preisniveaus gekommen ist, sodass eine nachträgliche Anhebung des auf dieser Grundlage vereinbarten Mietzinses insoweit auch sachlich nicht gerechtfertigt ist. Die Klausel ist damit auch benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und damit jedenfalls unzulässig.
Zur Passivlegitimation:
[16] 4.1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann nach § 28 Abs 1 KSchG von einem nach § 29 KSchG berechtigten Verband auf Unterlassung geklagt werden. Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts hat die Beklagte die Klauseln 7 und 17 empfohlen, weshalb sie zur Unterlassung dieser Empfehlung verpflichtet ist und die Entscheidung der Vorinstanzen insoweit als Teilurteil zu bestätigen war.
[17] 4.2. Demgegenüber kann aus dieser Empfehlung kein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung und des Sich-Berufens auf diese Klauseln abgeleitet werden (RS0132959 [T1]). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Einwand der Beklagten, wonach sie die Klauseln nicht verwendet habe, weil sie bei Abschluss der Mietverträge nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreterin des jeweiligen Vermieters gehandelt und aus der Verwendung der Klauseln sohin keinen Vorteil gezogen habe.
[18] 4.3. Grundsätzlich werden Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter von demjenigen verwendet, der Partei des Vertrags ist (RS0124305). Nach herrschender Meinung kann Verwender iSd § 28 KSchG aber auch ein gewillkürter Vertreter einer Vertragspartei sein, der ein „erhebliches Eigeninteresse“ an der Verwendung der Klauseln hat (RS0129535; Riss, Die Reichweite des Unterlassungsanspruchs im Verbandsklageverfahren nach § 28 KSchG, RdW 2007/403, 395; Binder/Keiler in Keiler/Klauser, Verbraucherrecht §§ 28–30 KSchG Rz 49; Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek 5 § 30 KSchG Rz 6).
[19] 4.4. Der Oberste Gerichtshof hat zu 7 Ob 78/06f ausgesprochen, dass eine Hausverwaltung nach § 28 KSchG auf Unterlassung der Verwendung von unzulässigen Klauseln geklagt werden kann, wenn sie gegenüber den Mietern wie ein Vermieter auftritt, von ihr selbst entwickelte Vertrags-Textbausteine verwendet, über Rechtsfragen im Zusammenhang mit Änderungswünschen entscheidet, von den Vermietern zum Abschluss und zur Auflösung von Mietverträgen bevollmächtigt wurde und die entworfenen Vertragsformblätter auch der Erleichterung ihrer Verwaltungstätigkeit dienen. Im vorliegenden Fall steht aber nicht fest, ob die Beklagte wie ein Vermieter aufgetreten ist und selbständig über den Inhalt der Mietverträge entscheiden durfte.
[20] 4.5. Der Oberste Gerichtshof verneinte zu 1 Ob 193/19t die Passivlegitimation einer Maklerin, die den Miet- und Kaufinteressenten die von ihr erstellten Vertragsformblätter bloß zum „fakultativen Gebrauch“ angeboten hatte, sodass die Kunden der Beklagten frei bestimmen konnten, ob sie diese verwenden oder ihre Miet- oder Kaufverträge selbst formulieren wollen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Formblättern zwar die Vertragsverhandlungen vereinfachen kann, dies aber primär im Interesse der Vertragspartner gelegen ist, sodass darin kein „erhebliches Eigeninteresse“ des Stellvertreters erblickt werden kann. Dass gleichlautende Vertragsbestimmungen die Tätigkeit einer Hausverwaltung erleichtern können, begründet schon deshalb kein erhebliches Eigeninteresse der Beklagten an der Verwendung der beanstandeten Klauseln, weil diese Arbeitserleichterung auch bei der Verwendung anderer Klauseln oder bei der Anwendung dispositiven Rechts in gleichem Maße bestünde. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 56/19g im Fall eines Vermittlers von Hotelgutscheinen entschieden, dass das „wirtschaftliche Eigeninteresse“ des Stellvertreters am Abschluss von Verträgen nicht ausreicht, um ihn als Verwender zu qualifizieren, wenn er über den Inhalt der beanstandeten Klausel nicht entscheiden konnte.
[21] 4.6. Im Ergebnis kann die Beklagte als bloße Stellvertreterin nur dann auf Unterlassung der Verwendung und des Sich-Berufens auf diese Klauseln in Anspruch genommen werden, wenn sie selbst über den Inhalt der von ihr abgeschlossenen Verträge entscheiden konnte. Nachdem die Vorinstanzen keine Feststellungen dazu getroffen haben, ob die Beklagte im Rahmen ihrer Tätigkeit eigenverantwortlich über den Inhalt der Mietverträge entschieden hat oder diesbezüglich an die Vorgaben ihrer Auftraggeber gebunden war, muss dies insoweit zur Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen führen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Voraussetzungen der Passivlegitimation der Beklagten mit den Parteien erörtern und entsprechende Feststellungen treffen müssen.
Zur Urteilsveröffentlichung:
[22] 5.1. Die Beklagte macht geltend, dass kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung bestehe, weil angesichts ihres Teilanerkenntnisses die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Richtig ist, dass die Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs 3 UWG iVm § 30 Abs 1 KSchG ein „berechtigtes Interesse“ voraussetzt. Bei der Verbandsklage nach dem KSchG ist dieses Interesse darin gelegen, dass die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, über die Unzulässigkeit bestimmter Geschäftsbedingungen aufgeklärt und damit in die Lage versetzt zu werden, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (RS0079737 [T29]; RS0079764 [T22, T25]). Dementsprechend kann der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nach der Rechtsprechung auch erhoben werden, wenn keine Wiederholungsgefahr mehr besteht (RS0079725). Dass es sich um ein Anerkenntnisurteil handelt, steht der Veröffentlichung daher nicht entgegen (8 Ob 107/19x).
[23] 5.2. Nichtsdestoweniger hängt die Berechtigung der Urteilsveröffentlichung davon ab, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht (RS0079737). Die Art und der Umfang des Mediums, in dem die Veröffentlichung stattfinden soll, darf nicht in einem Missverhältnis zur Publizität der rechtswidrigen Handlung stehen (RS0079737 [T4, T13]; RS0079820 [T19]). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung deshalb in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, gegenüber denen die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]).
[24] 5.3. Das Erstgericht hat sich auf die Feststellung beschränkt, dass die Beklagte eine der größten privaten Hausverwaltungen Österreichs betreibt, den schon im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwand der Beklagten, wonach sie die beanstandeten Vertragsklauseln nicht österreichweit beworben habe, aber unberücksichtigt gelassen, obwohl dieser Umstand einer österreichweiten Urteilsveröffentlichung entgegenstehen würde. Da die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht beurteilt werden kann, muss dies auch insoweit zur Aufhebung der Entscheidung führen.
[25] 5.4. Nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen hat der Kläger die besonderen Umstände, die das Veröffentlichungsinteresse rechtfertigen, darzulegen und unter Beweis zu stellen (RS0079820 [T13]). Das Erstgericht wird diese Frage daher im fortgesetzten Verfahren erörtern und sodann Feststellungen zum Kundenkreis der Beklagten treffen müssen, um auf dieser Grundlage neuerlich über die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens zu entscheiden.
[26] 6. Die Kostenentscheidung des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 2 ZPO, der Kostenvorbehalt im Aufhebungsbeschluss auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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