Spruch:
I. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Zahlungsbegehren (Punkt 1 und 2 der Entscheidungen) dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:
1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 16.000 EUR samt 4 % Zinsen und 4 % Zinseszinsen seit 16. 12. 2011 bei Exekution in das Treuhandvermögen der beklagten Partei zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, weitere 4.000 EUR samt 4 % Zinsen aus 20.000 EUR vom 10. 7. 2006 bis 15. 12. 2011 und aus 4.000 EUR seit 16. 12. 2011 sowie 4 % Zinseszinsen vom 10. 12. 2010 bis 15. 12. 2011 zu bezahlen, wird abgewiesen.
II. Die Kostenaussprüche der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.
III. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
IV. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 839,44 EUR (darin enthalten 139,74 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung und 648 EUR an anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist die nach § 32 Z 8 WAG idF BGBl I Nr 743/1996 (WAG 1996) eingerichtete Entschädigungseinrichtung nach §§ 23b bis 23d WAG 1996. Der Kläger veranlagte bei Mitgliedsunternehmen Gelder. Am 22. 2. 2001 wurde für den Kläger das Anlegerzertifikat mit der Depotnummer ***** über den Einmalerlag von 500.000 ATS (36.336,42 EUR) ausgestellt. Diesen Betrag bezahlte der Kläger in der Folge mit Buchungsdatum 9. 3. 2001. Am 7. 7. 2001 wies eine Depotnachricht unter Bezugnahme auf die bisherige Einzahlung von 500.000 ATS den Wert der Fondsteile per 30. 6. 2001 aus. Auszahlungen erfolgten nicht.
Unstrittig ist, dass die Gelder des Klägers von AMIS gehalten wurden und dass über das Vermögen dieses Unternehmens am 2. 11. 2005 der Konkurs eröffnet wurde. Mit Schreiben vom 27. 2. 2006 meldete der Klagevertreter die Forderung des Klägers zusammen mit Forderungen anderer Anleger bei der Beklagten an. In der Liste waren die Namen der Anleger, ihre Anschriften, Depotnummern und Höhe der Forderungen angeführt. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 10. 4. 2006 zusätzliche konkret genannte Urkunden zur Überprüfung der angemeldeten Ansprüche, unter anderem Identitätsnachweise der Anleger, Einzahlungs‑ und Auszahlungsnachweise, Depot‑ und Kontoauszüge sowie Belegkopien. Nach Darlegung der Gesetzeslage führte sie aus, dass die Kunden keine Gelder an das Unternehmen eingezahlt hätten. Es müsste die Forderung zurückgewiesen werden, sofern nicht Unterlagen vorgelegt würden, die die Forderungen dem Grunde und der Höhe nach nachwiesen. Mit Schreiben vom 14. 2. 2007 teilte die Beklagte mit, dass die Forderungen jener Anleger, die von der Klagevertreterin vertreten würden, mangels Überprüfbarkeit wegen Nichteinreichung angeforderter Unterlagen abgewiesen würden. Am 6. 5. 2008 erklärte die Beklagte durch Unterzeichnung einer Liste „Verjährungsverzicht“, dass sie auf den Einwand der Verjährung bis 31. 12. 2010 in Bezug auf die aufgelisteten Forderungen (darunter auch jene des Klägers) verzichte. Bis zu diesem Schreiben hatte die Beklagte hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs keine eigenen Nachforschungen angestellt. Der Kläger stellte der Beklagten erstmals während des Verfahrens das Anlegerzertifikat mit Schriftsatz vom 26. 4. 2011 und den Einzahlungsbeleg mit Schriftsatz vom 15. 6. 2011 zur Verfügung.
Der vom Kläger an AMIS eingezahlte Betrag wurde in die Luxemburger Fonds AMIS SICAV Fonds und TTM Fonds SICAV, die sich beide mittlerweile in Liquidation befinden, angelegt. Die Liquidatoren dieser Fonds erachteten die Beklagte nicht als Gläubigerin und erteilten ihr keinerlei Informationen über sich aus den Liquidationsprozeduren ergebende Umstände. Die Beklagte meldete eine Eventualforderung in der Höhe von 109 Mio EUR für den Fall an, dass sie Anleger in Österreich entschädigen müsse. Die Liquidatoren der Luxemburger Fonds begannen seit Herbst 2009, an die von ihnen als berechtigt angesehenen Gläubiger eine Quote von 20 % auszuzahlen. So erhielt der Kläger am 11. 10. 2010 7.267,28 EUR. Es steht nicht fest, wie hoch die Quote aus den Konkursmassen letztendlich sein wird und wann sie ausbezahlt werden kann.
Der Kläger dehnte sein auf Bezahlung des Haftungsbetrags gerichtetes Klagebegehren unter Abzug der ausbezahlten 20 %‑Quote in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28. 3. 2012 auf 20.000 EUR aus. Da seine Forderung den Haftungshöchstbetrag von 20.000 EUR übersteige, sei die bezahlte Quote nur vom veranlagten Betrag, nicht jedoch vom Haftungshöchstbetrag in Abzug zu bringen. Die Beklagte habe bei der Anmeldung der Forderung am 27. 2. 2006 über Jahre hinweg die zumutbare Prüfung unterlassen und habe die Forderung letztlich mit Schreiben vom 10. 4. 2006 dem Grunde nach abgelehnt. Damit sei die Prüffrist abgelaufen, sodass die Forderung nach Ablauf der dreimonatigen Auszahlungsfrist mit 10. 7. 2006 fällig sei. Die Ansprüche des geschädigten Klägers unterlägen der dreißigjährigen Verjährungsfrist. Der Kläger habe seine Ansprüche noch vor Ablauf des Verjährungsverzichts gerichtlich geltend gemacht.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, insbesondere des Zinsenbegehrens. Die Überprüfung, ob der Betrag vom Kläger eingezahlt worden sei, habe erst durch Vorlage des Einzahlungsbelegs vorgenommen werden können. Die Fälligkeit trete erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist von sechs Monaten und der daran anschließenden dreimonatigen Auszahlungsfrist ein. Die Forderung des Klägers sei noch nicht fällig. Der ausgedehnte Klagsbetrag sei verjährt. Der Kläger habe seit Konkurseröffnung im Jahr 2005 Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger gehabt. Ihm stünden gegen die Luxemburger Fonds weitere Forderungsrechte zu, die zu berücksichtigen seien. Die Beklagte verwalte ein unzulängliches Treuhandvermögen, es müsse eine kridamäßige Verteilung stattfinden, wobei die Quoten noch nicht feststünden. Für den Fall der Stattgebung des Klagebegehrens stellt die Beklagte Eventualanträge (Exekution nur auf das Treuhandvermögen gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I Nr 107/2007, Leistung nur Zug um Zug gegen Übertragung von Forderungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Konkursfall AMIS).
Das Erstgericht erklärte die Beklagte schuldig, dem Kläger 12.732,72 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 3. 2012 bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der Beklagten zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab. Die Eventualanträge erkannte es zwar nicht im Spruch, aber in der Entscheidung als nicht zu Recht bestehend. Erst mit Vorlage des Anlegerzertifikats und des Einzahlungsbelegs habe der Kläger seinen Anspruch belegt und sich als Vertragspartner des Wertpapierdienstleisters ausgewiesen. Ausgehend von einer maximalen Prüffrist von sechs Monaten und der dreimonatigen Auszahlungsfrist sei das Klagebegehren vor Schluss der Verhandlung fällig geworden. Die Höhe der Entschädigungssumme sei mit 20.000 EUR begrenzt. Darauf sei die erhaltene Quote anzurechnen. Ob weitere Zahlungen zu erwarten seien, sei nicht relevant. Die Verjährungsfrist habe mit Eröffnung des Konkurses am 7. 11. 2005 zu laufen begonnen. Der ursprünglich geltend gemachte Klagsbetrag sei innerhalb der Frist für den Verjährungsverzicht geltend gemacht worden. Dies treffe jedoch nicht für den darüber hinausgehenden Betrag zu, der verjährt sei. Eine nähere Präzisierung des Treuhandvermögens sei nicht notwendig. Das Zinsenbegehren bestehe ab Fälligkeit zu Recht. Dem Zug‑um‑Zug‑Einwand komme keine Berechtigung zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, dass es die Eventualanträge abwies. Die Beklagte habe nicht die Forderung abgelehnt, sondern die Vorlage von Belegen gefordert. Erst mit Vorlage des Zahlungsbelegs sei die Überprüfbarkeit eingetreten. Die Fälligkeit trete erst nach sechsmonatiger Prüffrist und dreimonatiger Zahlungsfrist ein. Die Zinseszinsen bestünden nicht zu Recht, weil die Forderung erst nach Klagseinbringung fällig geworden sei. Die Frage, ob der Anspruch der kurzen oder der langen Verjährungsfrist unterliege, könne dahingestellt bleiben, weil nach der Ausdehnung im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung die dreimonatige Auszahlungsfrist noch nicht abgelaufen und daher der Betrag von 7.267,28 EUR jedenfalls nicht fällig gewesen sei. Im Übrigen schloss es sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil noch keine oberstgerichtliche Judikatur dazu existiere, ob Ausschüttungen in der Zukunft aus der SICAV‑Liquidationsmasse bereits jetzt zu einer Reduzierung der Haftung der Beklagten führten, ob die Beklagte einen Zug‑um‑Zug‑Einwand erheben könne und ob die geschädigten Anleger bloß quotenmäßig zu befriedigen seien, wenn das gemäß § 76 Abs 6 WAG 2007 gebildete Treuhandvermögen zur vollständigen Erfüllung sämtlicher Ansprüche nicht ausreiche.
Gegen die Abweisung des Klagebegehrens richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revision der Beklagten wendet sich gegen die Stattgebung des Klagebegehrens und die Abweisung ihrer Eventualanträge.
Die Parteien beantragen, der Revision der jeweiligen Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und auch teilweise berechtigt, jene der Beklagten ist nicht zulässig.
Zur Revision des Klägers:
Grundsätzlich ist von jener Anlegerforderung gegen das betreffende Mitgliedsinstitut auszugehen, die dem Anleger zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung zustand. Die Frage, wie dem Anleger später zukommende Teilausschüttungen zu behandeln sind und welchen Einfluss sie auf die Höhe der gesetzlichen Entschädigung haben, wurde im Zusammenhang mit der Einlagensicherung nach dem BWG dahin beantwortet, dass die berechtigten Forderungen des Anlegers gegen die Einlagensicherungseinrichtung unabhängig davon gleich hoch sein müssen, ob sie vor oder nach Quotenausschüttung im Konkursverfahren geltend gemacht werden. Insbesondere soll der Anspruch nach § 93 Abs 2 BWG nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Begünstigung des Anlegers führen. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallende Quote ausbezahlt, so ist diese auf den Höchstbetrag anzurechnen, weil ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Es ist der zu ermittelnde Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Anlegers erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0116893). Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass das Gesetz den Anleger lediglich mit einem bestimmten „Sockelbetrag“ vollständig sichern will und der darüber hinausgehende Gesamtschaden im Übrigen auf die Konkursquote beschränkt ist. Diese Erwägungen treffen gleichermaßen auf die Ansprüche nach § 23b Abs 2 WAG 1996 zu, sodass auch der nach dieser Bestimmung gesicherte Betrag von 20.000 EUR um jenen Prozentsatz zu mindern ist, der der ausgeschütteten Quote entspricht. Der Klagsanspruch ist daher quotenmäßig zu kürzen (1 Ob 21/13i, 9 Ob 37/13a, 6 Ob 49/13v).
Auf die angemeldete Forderung des Klägers von 36.336,42 EUR wurde eine Quote von 20 %, nämlich 7.267,28 EUR bezahlt. Diese Auszahlung bezieht sich mit einem Teilbetrag, nämlich zu 20 % auf den Garantiebetrag von 20.000 EUR, sodass 4.000 EUR im Hinblick auf die Zahlung in Abzug zu bringen sind. Die Klagsforderung beträgt damit 16.000 EUR.
Zur Frage der Legitimation und zur Frage, wann die Prüffrist zu laufen beginnt, existiert bereits Judikatur. In einer Reihe vergleichbarer Fälle wurde bekräftigt, dass die Feststellung der Forderung gemäß § 23b Abs 2 und § 23c Abs 4 WAG 1996 auf einer selbständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung beruht und die Prüftätigkeit der Entschädigungseinrichtung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur das schlichte Verlangen des Anlegers, sondern zusätzlich dessen Legitimierung voraussetzt. Die Bekanntgabe des Namens, der Depotnummer und der Forderungshöhe reicht nicht aus. Der Anspruchsteller hat zunächst nachzuweisen, welche Gesellschaft seine Vertragspartnerin war, welchen Betrag er tatsächlich investiert hat, wann und auf welches Konto er die Überweisungen vorgenommen hat und gegebenenfalls ob und in welchem Ausmaß er aus einem Fondsvermögen bereits Befriedigung erlangt hat. Für die beklagte Entschädigungseinrichtung als am Geschäft nicht beteiligte Dritte muss die Grundlage der Haftung nachgewiesen sein, damit ihre Pflicht zur inhaltlichen Prüfung einsetzt. Mit welchen Mitteln dieser Nachweis zu führen ist, ist nicht in genereller Weise vorzugeben. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (vgl 9 Ob 37/13a mwN). In vergleichbaren Verfahren wurde bereits die Vorlage der Anlegerzertifikate und der Zahlungsbelege (9 Ob 37/13a, 1 Ob 31/13k) oder der Anlegerzertifikate und der Depotnachrichten, aus denen sich die Einzahlung ergibt (2 Ob 77/13g, 9 Ob 55/12x), für ausreichend erachtet.
Auch im vorliegenden Fall wurden das Anlegerzertifikat und der Einzahlungsbeleg getrennt vorgelegt. Das Anlegerzertifikat ist kein Beweis der Zahlung, zumal diese, wie sich aus den Urkunden eindeutig ergibt, erst nach Ausstellung erfolgte. Es ist daher auch hier davon auszugehen, dass der Beklagten erst mit Vorlage des Einzahlungsbelegs am 15. 6. 2011 die für die Überprüfung notwendigen Urkunden zur Verfügung standen.
Auch wenn die Prüffrist je nach Lage des Einzelfalls unterschiedlich lang sein kann, so wurde bisher in der Judikatur in vergleichbaren Fällen eine Frist von drei Monaten als ausreichend oder als nicht zu lang erkannt (vgl 2 Ob 171/12d, 9 Ob 62/12a, 2 Ob 77/13g, 9 Ob 55/12x, 4 Ob 182/12m, 9 Ob 37/13a, 6 Ob 49/13v). Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass die Beklagte einer Fülle von gleichartigen Forderungen gegenübersteht, die sie prüfen muss, aber nicht gleichzeitig prüfen kann. Es kommt damit nicht nur auf den Zeitaufwand für die Prüfung einer einzelnen Forderung an, wie der Kläger meint, sondern auch auf den Gesamtaufwand.
Auch unter Berücksichtigung der europarechtlich [Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger] gebotenen Notwendigkeit der raschen Entschädigung (2 Ob 171/12d; RIS‑Justiz RS0126982) ist im vorliegenden Fall, in dem keine besonderen Umstände hervorkamen, davon auszugehen, dass eine dreimonatige Prüffrist angemessen ist.
Die Verjährung tritt grundsätzlich nicht vor der Fälligkeit des Anspruchs ein. Der Anspruch wurde erst im Laufe des Verfahrens fällig. Die zur Vermeidung eines Hinauszögerns der Fälligkeit entwickelte Rechtsprechung, dass die Verjährung einer Werklohnforderung in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem dem Unternehmer die Zumittlung der Rechnung objektiv möglich gewesen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0021887, RS0034206), ist hier nicht übertragbar. Angesichts dessen, dass die Parteien den Ausgang eines ‑ 2010 entschiedenen ‑ Musterverfahrens abwarten wollten, konnte auch der Kläger davon ausgehen, dass von ihm jedenfalls bis dahin keine weiteren Handlungen erwartet wurden, ihm also auch gar kein Hinauszögern der Fälligkeit vorgeworfen werden kann (9 Ob 55/12x, 7 Ob 165/10f).
Die Fälligkeit der Klagsforderung trat sechs Monate (dreimonatige Prüffrist und dreimonatige Zahlungsfrist) nach Vorlage der Belege am 15. 6. 2011 mit 15. 12. 2011 ein. Ab diesem Zeitpunkt gebühren dem Kläger Zinsen, und, auch wenn die Fälligkeit des Klagsanspruchs erst nach Streitanhängigkeit eingetreten ist, ab diesem Tag gemäß § 1000 Abs 2 ABGB auch Zinseszinsen (9 Ob 37/13a, 2 Ob 77/13g, 6 Ob 49/13v).
Die Revision des Klägers ist daher ‑ wie im Spruch ersichtlich ‑ teilweise berechtigt.
Zur Revision der Beklagten:
Die Zurückweisung der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Die als erheblich geltend gemachten Rechtsfragen wurden mittlerweile von der Judikatur geklärt.
Zunächst ist auf den Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichts vom 18. 3. 2013 zu verweisen.
Nach gefestigter Rechtsprechung sind Entschädigungsforderungen des Anlegers nach dem WAG unabhängig vom Konkursverfahren anzumelden und nach der vorgesehenen Prüfung durch die Beklagte ohne Rücksicht auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder der SICAV‑Fonds zur Zahlung fällig. Es gilt das Prioritätsprinzip, sodass es nicht zu einer quotenmäßigen Befriedigung der Anleger durch die Beklagte kommt, falls ihr Vermögen zur Befriedigung aller Anspruchsberechtigter nicht ausreicht (2 Ob 171/12d, 4 Ob 182/12m, 1 Ob 21/13i, 9 Ob 37/13a, 6 Ob 49/13v, 2 Ob 77/13g). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es daher keiner weiteren Feststellungen dazu bedürfe, welche Quoten im Konkursverfahren über die luxemburgischen SICAV‑Fonds zu erwarten seien, hält sich im Rahmen dieser Judikatur.
Zur Frage der Beschränkung der Haftung der Beklagten auf das Treuhandvermögen „gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I Nr 107/2007“ wurde bereits judiziert, dass in Fällen wie dem vorliegenden der Rechtsgrund (das Gesetz) für die Haftung der Beklagten derselbe ist. Die eingeführte Änderung zielt gerade darauf ab, die Beklagte durch den in Form eines Treuhandvermögens neu definierten Haftungsumfang auch hinsichtlich bereits geltend gemachter Ansprüche vor einem Insolvenzrisiko zu schützen (9 Ob 50/09g, 9 Ob 35/13g). Es bestehen nicht zwei getrennte Treuhandfonds, sondern es gibt nur ein einheitliches Treuhandvermögen (9 Ob 50/09g, 9 Ob 35/13g, 1 Ob 21/13i, 1 Ob 31/13k, 9 Ob 37/13a, 6 Ob 49/13v).
Die Beklagte will mit ihrem Zug-um-Zug‑Begehren offenkundig Rückforderungsansprüche gegenüber den SICAV‑Liquidationsmassen sicherstellen. Den Zug‑um‑Zug‑Einwand verwarf bereits die Entscheidung 9 Ob 37/13a:
Die Konstellation, dass die in der Liquidationsmasse des SICAV‑Fonds vorhandenen Gelder von Wertpapierdienstleistungsunternehmen mittelbar gehalten wurden, begründet den Entschädigungsfall (so schon 9 Ob 50/09g). Würde man in einem solchen Fall den gesetzlichen Rückgriff gerade gegen denjenigen Rechtsträger versagen, bei dem die unter dem Einfluss des Wertpapierdienstleisters veranlagten Gelder vorhanden sind und gegen den ein Anleger auch ein direktes Forderungsrecht hat, so würden der Beklagten besonders raffinierte Umgehungskonstruktionen des Wertpapierdienstleisters grundlos zum Nachteil gereichen. Ein derart einschränkendes Verständnis des gesetzlichen Rückgriffs gebietet auch Art 12 der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger nicht, wonach unbeschadet anderer Rechte auf Grund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften die Systeme, die Zahlungen zur Entschädigung der Anleger leisten, berechtigt sind, „beim Liquidationsverfahren in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlung in die Rechte dieser Anleger einzutreten“. Selbst wenn man aber eine Legalzession nach § 1358 ABGB verneinen wollte, so käme auf Grund der im Umfang des Entschädigungsbetrags bestehenden gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten und der SICAV‑Fonds bei Zahlung der Beklagten die Regressregel des § 896 ABGB zum Tragen. Auch in diesem Fall bedarf es keiner rechtsgeschäftlichen Abtretung einer Forderung durch den Kläger, weil der Regressanspruch bereits von Gesetzes wegen besteht. Dass die Beklagte auch nach tatsächlicher Entschädigung eines Anlegers und infolge eines gesetzlichen Regressanspruchs keine Ansprüche gegenüber den SICAV‑Fonds geltend machen könnte, hat sie nicht behauptet.
Diesen Ausführungen folgten bereits die Entscheidungen 6 Ob 49/13v und 2 Ob 77/13g. Die Rechtsfrage ist damit ebenfalls schon geklärt.
Es werden damit von der Revision der Beklagten keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.
Kostenentscheidung:
Die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen muss zur Neuberechnung der Verfahrenskosten führen. Die Übertragung der die Vorinstanzen betreffenden Kostenentscheidungen an das Berufungsgericht ergibt sich aus einem Größenschluss aus § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO. Wenn der Oberste Gerichtshof sogar die Entscheidung der Hauptsache dem Berufungsgericht übertragen kann, sofern die dafür erforderlichen eingehenden Berechnungen einen Zeitaufwand erfordern, der dem Höchstgericht nicht zugemutet werden soll, muss dies umso mehr für die Kostenfrage gelten, zumal sich aus den Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO ergibt, dass der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nicht mit Kostenfragen belastet werden soll (RIS‑Justiz RS0124588). Hier sind derartige eingehende Berechnungen anzustellen.
Die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren beruht auf §§ 50, 43 ZPO. Der Kläger obsiegte mit seiner Revision mit rund 55 %, sodass mit Kostenaufhebung vorzugehen ist (vgl Fucik in Rechberger 3, § 43 ZPO Rz 4). Er erhält die Hälfte der Pauschalgebühr ersetzt. Hingegen erhält er die Kosten der Revisionsbeantwortung zur Gänze. Er hat zwar in dieser nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, dies schadet aber nicht, weil die zitierte oberstgerichtliche Rechtsprechung, die die vormals erheblichen Rechtsfragen beantwortet hat, erst nach Erstattung der Revisionsbeantwortung ergangen ist (RIS‑Justiz RS0123861).
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