Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 614,86 EUR (darin 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Begründung dieser Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass ein Mitgliedsunternehmen der Beklagten (A*****) mit „Anleger Certifikat“ vom 21. 2. 2002 das Anbot der Erstklägerin über die Zeichnung des A*****-Generationenplanes und eines Einmalerlags in Höhe von 7.262 EUR zur Depotnummer 9***** annahm. Der Zweitkläger war Zweitzeichner. Der Betrag wurde von der Erstklägerin zeitnah bezahlt. Infolge Konkurses von A***** meldete sie den Betrag am 27. 2. 2006 bei der Beklagten an. Die Beklagte beauftragte einen Sachverständigen mit der Beurteilung der Verlässlichkeit der Daten des Investorprogramms von A***** und in der Folge mit der Ermittlung der einzelnen (validierten) Depotstände. Jedenfalls seit 15. 9. 2011 liegen der Beklagten verlässliche Daten des Sachverständigen im Hinblick auf die Forderung der Kläger vor.
Das Berufungsgericht erachtete das mit Klage vom 16. 11. 2011 unter gleichzeitiger Vorlage des Anlegerzertifikats geltend gemachte Begehren der Kläger auf Zahlung von 7.262 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 12. 2011 und 4 % Zinseszinsen seit 27. 1. 2012 (Tag der Streitanhängigkeit durch Klagszustellung, § 1000 Abs 2 ABGB) als berechtigt.
3. Soweit sich die Beklagte gegen die Fälligkeit ihrer Zahlungspflicht richtet, weil sich die Erstklägerin nicht ausreichend legitimiert habe, so ist ihr zwar zuzugestehen, dass dafür nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung (1 Ob 240/11t, 8 Ob 110/11a, 9 Ob 62/11z, 6 Ob 94/12k ua) die Bekanntgabe des Namens, der Depotnummer und der Forderungshöhe nicht ausreicht, je nach den Umständen des Falls aber etwa mit der Vorlage des Anlegerzertifikats, eines die Ein- und Auszahlungen enthaltenden Depotberichts und/oder eines Einzahlungsbelegs ein ausreichender Nachweis geführt werden kann, um die Prüfpflicht der Beklagten in Gang zu setzen (vgl 4 Ob 182/12m; 9 Ob 55/12x). Der Beklagten ist das Anlegerzertifikat zwar erst am 27. 1. 2012 zugegangen. Im vorliegenden Fall aber ist zu berücksichtigen, dass sie bereits davor verlässliche Daten des Sachverständigen zur Forderung der Klägerin erhalten hatte, die auch von der Finanzprokuratur für ein an die Klägerin gerichtetes Vergleichsanbot herangezogen wurden. Darin wurde ausgeführt: „Vom Sachverständigen Mag. G***** wurden auf Basis Einzahlungen abzüglich Auszahlungen nachstehende Ansprüche in den beiden genannten Konkursverfahren ('feststellbarer Anspruch') ermittelt:
Depotnummer | Depotstatus | zeichnungsberechtigte Personen |
9***** | aktiv | [Erstklägerin, Zweitkläger] |
Feststellbarer Forderungsbetrag: 7.267 EUR.“
In einer solchen Konstellation würde es aber einen übertriebenen Formalismus bedeuten, wenn sich die Beklagte trotz der ihr vom Sachverständigen übermittelten Daten, die sich zur Gänze mit dem bei ihr angemeldeten Betrag decken, weiterhin darauf berufen könnte, mangels eines urkundlichen Forderungsnachweises durch die Kläger keine Prüfpflicht zu haben.
4. Es ist auch nicht weiter korrekturbedürftig, wenn das Berufungsgericht meinte, dass eine solche Prüfung der Anspruchsberechtigung bereits in der Einholung des Sachverständigengutachtens lag. Welche weitere Prüfung und „Auswertung der Einzelauswertungsergebnisse“ des Gutachtens noch erforderlich gewesen wäre, zeigt die Revision nicht auf. Danach ist es hier aber auch vertretbar, wenn die Vorinstanzen das Ende der dreimonatigen Auszahlungsfrist und somit die Fälligkeit der Klagsforderung mit 15. 12. 2011 annahmen.
5. Zum Einfluss der Ansprüche von Anlegern im Konkurs des SICAV-Fonds in Luxemburg wurde in der Entscheidung 2 Ob 171/12d ausgeführt, dass die Entschädigungsforderung des Anlegers nach dem WAG ohne Rücksichtnahme auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungs-unternehmens, aber auch des SICAV-Fonds zur Zahlung fällig sei. Ein Abwarten des Ergebnisses des Insolvenzverfahrens, das letztlich zur sicheren Kenntnis der Höhe der Forderung gegen die Entschädigungseinrichtung nötig wäre, wenn die Konkursquote abzuziehen wäre, unterliefe die von der Richtlinie mehrfach betonte Raschheit der Entschädigung.
Dass die Kläger über ein ihnen zuordenbares Einzelkundenkonto in Luxemburg oder ihnen zustehende Finanzinstrumente frei verfügen könnten, hat die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren nicht behauptet. Die bloße Aussicht auf Rückzahlung von Anlegergeldern im Rahmen der Liquidation der SICAV-Fonds kann aber keine Subsidiarität des Entschädigungsanspruchs eines Anlegers begründen.
6. Für eine von der Beklagten wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds begehrte kridamäßige Verteilung des Treuhandvermögens fehlt eine gesetzliche Grundlage (ausführlich 2 Ob 171/12d, jüngst auch 1 Ob 21/13i). Für die Zahlungspflichten der Beklagten gilt daher das Prioritätsprinzip.
7. Zur von der Beklagten begehrten Präzisierung ihrer Haftung auf das Treuhandvermögen „gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I 107/2007“ wurde in der Entscheidung 9 Ob 50/09g ausgeführt, dass in Fällen wie dem vorliegenden der Rechtsgrund (das Gesetz) für die Haftung der Beklagten derselbe sei. Die mit BGBl I Nr 2007/107 eingeführte Änderung habe gerade darauf abgezielt, die Beklagte durch den in Form eines Treuhandvermögens neu definierten Haftungsumfang auch hinsichtlich bereits geltend gemachter Ansprüche vor einem Insolvenzrisiko zu schützen. Damit liege eine durch den Gesetzgeber ausreichend determinierte Haftungsregelung vor, die keiner weiteren Konkretisierung im Klagebegehren bedürfe. Schon deshalb musste die Haftung „bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der beklagten Partei“ auch im vorliegenden Fall nicht weiter präzisiert werden. In der Entscheidung 1 Ob 21/13i wurde überdies klargestellt, dass für die Haftung der Beklagten auch nach der WAG-Novelle 2009, BGBl I Nr 2009/39, nicht zwei getrennte Treuhandfonds, sondern nur ein einheitliches Treuhandvermögen existiert, das auch für davor entstandene „Altfälle“ zur Verfügung steht. Auch insoweit besteht zur Entscheidung des Berufungsgerichts kein Korrekturbedarf.
8. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO; die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0123222).
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