OGH 1Ob240/11t

OGH1Ob240/11t26.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** R*****, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH, Wien 4, Rainergasse 31/8, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.000 EUR sA über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. August 2011, GZ 16 R 117/11k-15, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 31. März 2011, GZ 8 Cg 127/10w-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach dem im vorliegenden Fall unstrittig anzuwendenden § 23b Abs 2 Satz 3 WAG 1996 ist die beklagte Partei als Entschädigungseinrichtung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, den Anleger auf Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt sind, zu entschädigen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision wegen fehlender Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Interpretation dieser dreimonatigen Leistungsfrist als Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung eines Anlegers zu.

Die Revision des Klägers ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der klagende Anleger vertritt die Rechtsansicht, es reiche für seine Legitimation nach § 23b Abs 2 Satz 3 WAG 1996 aus, auf einer Liste von Geschädigten neben Namen und Adresse lediglich eine Depotnummer und die Höhe der gestellten Forderung anzugeben. Die beklagte Partei müsse dann die Forderung prüfen, ohne dass der Anleger seinen Anspruch bescheinigen müsse. Die Ablehnung einer Überprüfung durch die beklagte Partei bewirke den Eintritt der Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs auf Entschädigung.

Diese Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in mehreren Entscheidungen, die einen jeweils gleichgelagerten Sachverhalt betrafen, eindeutig abgelehnt (7 Ob 222/11i; 8 Ob 110/11a; 9 Ob 62/11z). Im Sinn dieser Judikatur muss grundsätzlich der geschädigte Anleger nachweisen, welche Zahlungen er an das nunmehr insolvente Wertpapierdienstleistungsunternehmen geleistet hat. Dass die beklagte Partei betreffend die Ansprüche einer Vielzahl von angeblich geschädigten Anlegern (zu denen auch der Kläger gehörte) auf den Einwand der Verjährung verzichtete, ändert an dieser Nachweispflicht nichts, wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits klarstellte (7 Ob 222/11i).

Der Kläger legte hier erstmals mit einem am 10. 3. 2011 im ERV übermittelten Schriftsatz Urkunden zu seiner Veranlagung vor (Anlegerzertifikate, Kontoauszüge). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der eingeklagte Anspruch sei zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 17. 3. 2011 mangels Ablaufs einer angemessenen Prüfungsfrist und der dreimonatigen Zahlungsfrist noch nicht fällig gewesen, entspricht der erst jüngst ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, § 50 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte