Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 838,44 EUR (darin enthalten 139,74 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der Frage, wann die Forderungen gemäß § 23b Abs 2 WAG 1996 fällig seien, oberstgerichtliche Judikatur fehle.
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Klägerin vertritt als Anlegerin die Rechtsansicht, sie könne sich bei dem Verlangen und Legitimieren nach § 23b Abs 2 WAG 1996 damit begnügen, auf einer Liste von Geschädigten ihren Namen und Adresse, die Depotnummer und ihre Forderung anzugeben. Die Beklagte müsse dann im Hinblick auf ihre in der Entscheidung 9 Ob 50/09g ausgesprochene Mitwirkungspflicht (nötigenfalls auch nach klagsweiser Durchsetzung der Unterstützungspflicht gegen den Masseverwalter) die Forderung prüfen, ohne dass die Anlegerin eine wie immer geartete Bescheinigung ihres Anspruchs vornehmen müsse. Da die Beklagte eine Überprüfung abgelehnt habe, sei der Klagsanspruch fällig.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits dargelegt, dass auch bei einem Verfahren gegen die Beklagte die Behauptungs- und Beweislast demjenigen obliegt, der einen Anspruch für sich reklamiert (RIS-Justiz RS0037797), also den Anleger, der von der beklagten Entschädigungseinrichtung Zahlung begehrt. Die Revision übergeht, dass in den Entscheidungen 9 Ob 50/09g und 7 Ob 165/10f ausgesprochen wurde, dass der Anleger unter bestimmten Voraussetzungen nicht den Negativ-Beweis erbringen muss, dass nicht alle Gelder und Finanzinstrumente durch Halten verloren gegangen sind. Der Anleger hat dort bewiesen, dass die Gelder oder Finanzinstrumente in bestimmter Höhe vom Mitglieds-WPDLU (Wertpapierdienstleistungsunternehmen) der Beklagten „gehalten“ wurden, sowie dass diese in Konkurs verfallen und nicht in der Lage ist, die Gelder der Anleger zurückzuzahlen oder die Finanzinstrumente zurückzugeben. Werden dem Anleger vom WPDLU falsche Auskünfte erteilt und falsche Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt, kann der Negativ-Beweis, dass nicht alle Gelder und Finanzinstrumente durch Halten verloren gegangen sind, nicht vom Anleger verlangt werden. Wegen der Bestimmung des § 23b Abs 2 letzter Satz WAG 1996 in Verbindung mit § 93 Abs 3 vorletzter Satz BWG steht der Beklagten nämlich ein wesentlich breiteres Feld der Erkundungsmöglichkeiten zur Verfügung als den Anlegern. Die Beklagte kann sich daher nicht bloß auf undifferenzierte Einwendungen zurückziehen, sondern hat zu beweisen, dass nicht alle Kundengelder und -instrumente im Zuge des „Haltens“ durch das Mitglieds-WPDLU abhanden gekommen sind. Sie hat zu beweisen, in welchem Umfang trotz des festgestellten „Sammelkontos“ ein Zugriff der Anleger auf Gelder beziehungsweise Instrumente besteht.
Durch die beiden Entscheidungen ist damit die Frage der Beweislast der Anleger geklärt. Ebenso, dass der Anleger keinen Anspruch gegen die Beklagte hat, wenn er nicht beweist, dass und in welcher Höhe es (zunächst) zu einem „Halten“ durch das WPDLU gekommen ist. Die Klägerin übersieht, dass zur Haftung dem Grunde nach der Nachweis gehört, dass überhaupt ein Betrag an das WPDLU gezahlt wurde. Die Zahlung ist nicht nur eine Frage der Höhe des Anspruchs.
Die Beklagte trifft - wie dargelegt - nur in bestimmten Situationen für bestimmte Umstände eine Beweislast (von der Revision als Mitwirkungspflicht bezeichnet). Im Zusammenhalt von Beweislast und dem klaren und eindeutigen Text des § 23b Abs 2 WAG 1996, der eine „Legitimierung“ verlangt, liegt es - im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Klägerin - auf der Hand, dass der Anleger mehr tun muss, als nur seine Daten bekannt zu geben. Er muss sein Verlangen nach § 23b Abs 2 WAG 1996 bescheinigen. Dies macht vordergründig schon deshalb Sinn, weil vermieden werden soll, dass die Beklagte vergebliche Überprüfungshandlungen etwa wegen bloßer Schreibfehler setzen muss. Die Feststellung der Forderung knüpft nicht an die Anmeldung der Forderung im Konkurs an, sondern beruht auf einer selbständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung (6 Ob 235/09s; vgl RIS-Justiz RS0126982).
Die Frage, ob die Beklagte in Ausnahmefällen, in denen der Anleger in Bescheinigungsnotstand ist, die Verpflichtung haben könnte, bestimmte Beiträge zur Legitimierung zu leisten, stellt sich nicht, weil die Klägerin Entsprechendes gar nicht behauptet hat.
Nach den Feststellungen gab die Beklagte zwar hinsichtlich der Ansprüche der Anleger „laut Liste Verjährungsverzicht - Salpius Rechtsanwalts GmbH“, auf der der Name der Klägerin samt Depotnummer und Forderung steht, einen Verjährungsverzicht ab, doch hielt sie gleichzeitig ausdrücklich fest, dass mit dieser Erklärung weder eine Anerkennung irgendeines Sachverhaltselements noch irgendeines Anspruchs verbunden sei. Soweit die Klägerin nun behauptet, durch den Verjährungsverzicht habe die Beklagte gleichsam auf eine Legitimierung verzichtet, setzt sie sich über die Feststellungen hinweg.
Auf welche Art und in welchem Umfang der Anleger seinen Anspruch für eine Legitimierung nach § 23b Abs 2 WAG 1996 bescheinigen muss, braucht im vorliegenden Fall nicht geklärt zu werden, legte doch die Klägerin erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. 3. 2011 Urkunden vor. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass selbst dann, wenn damit eine Legitimierung erfolgt wäre, bei Schluss der Verhandlung erster Instanz die Forderung jedenfalls noch nicht fällig gewesen wäre, ist nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte die Prüfung bisher jedenfalls nicht ungerechtferigt verweigerte, sondern wiederholt die Legitimierung von der Klägerin einforderte. Die Beklagte hat zwar fristgerechte Anmeldungen einer unverzüglichen Prüfung zu unterziehen, es ist ihr aber dafür eine angemessene Prüfungszeit zuzubilligen, wobei eine Überschreitung von sechs Monaten nur in besonderen Fällen gerechtfertigt sein wird (7 Ob 165/10f, 6 Ob 235/09s; RIS-Justiz RS0126982).
Es liegen keine erheblichen Rechtsfragen vor.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.
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