OGH 6Ob49/13v

OGH6Ob49/13v4.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. I***** A*****, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH, 1040 Wien, Rainergasse 31/8, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.000 EUR sA, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. November 2013, GZ 2 R 246/12d-16, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 1. Juni 2012, GZ 56 Cg 11/12d-9, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Der Revision der Klägerin wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:

„Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin 17.104 EUR samt 4 % Zinsen seit 10. 2. 2012 und 4 % Zinseszinsen seit 10. 2. 2012 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der Beklagten zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von 2.896 EUR samt 4 % Zinsen seit 10. 7. 2006 und 4 % Zinseszinsen seit 22. 12. 2011 sowie 4 % Zinsen vom 10. 7. 2006 bis 9. 2. 2012 und 4 % Zinseszinsen vom 22. 12. 2011 bis 9. 2. 2012 jeweils aus 17.104 EUR wird abgewiesen.“

III. Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist die nach § 32 Z 8 WAG idF BGBl Nr 753/1996 (WAG 1996) eingerichtete Ent-schädigungseinrichtung nach den §§ 23b bis 23d WAG 1996. Die Klägerin veranlagte bei einem der Mitgliedsunternehmen der Beklagten (A*****) im Juli und August 2001 zu den Depotnummern ***** und ***** den Betrag von 14.534,56 EUR als Einmalerlag und zu den Depotnummern ***** und ***** im Rahmen von Sparplänen monatliche Beträge von 436,06 EUR. Insgesamt legte die Klägerin bei A***** bis Dezember 2005 38.429 EUR an. Über das Vermögen von A***** wurde am 2. 11. 2005 der Konkurs eröffnet.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten 20.000 EUR; es liege ein Entschädigungsfall nach § 23b Abs 3 WAG vor.

Das Berufungsgericht verpflichtete - in teilweiser Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts - die Beklagte zur Zahlung von 16.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 10. 2. 2012 und 4 % Zinseszinsen seit 10. 2. 2012 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der Beklagten und wies ein Mehrbegehren von 4.000 EUR ab. Es sprach aus, dass die Revision zulässig ist, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob (künftige) Ausschüttungen aus der S*****-Liquidationsmasse an Anleger die Haftung der Beklagten reduzieren, ob die Beklagte Anspruch darauf hat, dass ihr die Anleger Zug um Zug gegen die Entschädigung nach § 23b Abs 2 WAG 1996 Ansprüche abtreten, die ihnen gegenüber der S*****-Liquidationsmasse zustehen, und ob die Beklagte die Anleger quotenmäßig zu befriedigen hat, wenn das gemäß § 76 Abs 6 WAG 2007 gebildete Treuhandvermögen zur vollständigen Erfüllung der Ansprüche nicht ausreicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und auch teilweise berechtigt; jene der Beklagten ist nicht zulässig.

I. Zur Revision der Beklagten:

1. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst (9 Ob 37/13a) in einem die Mutter der Klägerin betreffenden Verfahren bei einem vergleichbaren Sachverhalt und weitgehend identen Revisionsausführungen der - in beiden Verfahren - Beklagten zu den vom Berufungsgericht und von der Beklagten als erheblich bezeichneten Rechtsfragen ausführlich Stellung genommen.

1.1. Zur Frage der nicht ausreichenden urkundlichen Legitimierung hat der 9. Senat in der erwähnten Entscheidung klargestellt, dass der Oberste Gerichtshof nicht vorgeben kann, mit welchen Mitteln der Nachweis von Forderungen gegenüber der Beklagten zu führen ist, weil es hiefür maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Dem 9. Senat lagen Anlegerzertifikate und Depotberichte vor, aus denen sich neben Anlegerin, Anlegergesellschaft, „A***** Sparplan“, Depotnummer und Verrechnungskonto die Höhe der Einmalerlage und bei den Ansparplänen die Höhe der monatlichen Einzahlungen sowie die Summe der Gesamteinzahlungen bis zu einem bestimmten Stichtag ergaben; die Summe der Einzahlungen nach diesem Stichtag ergab sich aus den Aussagen der dortigen Klägerin. Diese Unterlagen hielt der 9. Senat für ausreichend.

Wenn nun im vorliegenden Fall die Vorinstanzen bei Vorliegen eben solcher Unterlagen und darüber hinaus noch von Einzahlungsbestätigungen eine ausreichende urkundliche Legitimierung annahmen, begegnet dies keinen Bedenken.

1.2. Eine Prüffrist von drei Monaten erachtete der 9. Senat unter Hinweis auf die Entscheidung 2 Ob 171/12d und die europarechtliche Vorgabe einer raschen Entschädigung und einer deshalb zu verlangenden unverzüglichen Prüfung der Anmeldungen als ausreichend.

1.3. Wie schon die Entscheidung 2 Ob 171/12d hielt auch der 9. Senat fest, dass die Anlegerentschädigungsforderungen gegen die Beklagte ohne Rücksichtnahme auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungsunter-nehmens, aber auch des S*****-Fonds zur Zahlung fällig sind. Damit kommt es im vorliegenden Verfahren nicht auf die von der Beklagten geltend gemachte Aktenwidrigkeit beziehungsweise Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens an: Maßgeblich ist, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen bisher nur 5.565,80 EUR zur Anweisung an die Klägerin gebracht wurden; ob noch weitere Zahlungen zu erwarten sind, spricht entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine Rolle.

1.4. Der 9. Senat hat sowohl in der Entscheidung 9 Ob 37/13a als auch in der Vorentscheidung 9 Ob 50/09g klargestellt, dass die Haftung der Beklagten „bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen der beklagten Partei“ nicht weiter beschränkt oder präzisiert werden muss.

1.5. Für die Haftung der Beklagten existiert auch nach der WAG-Nov 2009, BGBl I Nr 2009/39, nur ein einheitliches Treuhandvermögen (und nicht zwei getrennte Treuhandfonds), das auch für davor entstandene „Altfälle“ zur Verfügung steht (1 Ob 21/13i; 9 Ob 37/13a).

1.6. Für eine von der Beklagten wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds begehrte kridamäßige Verteilung des Treuhandvermögens fehlt eine gesetzliche Grundlage (2 Ob 171/12d; 1 Ob 21/13i; 9 Ob 37/13a). Für die Zahlungspflichten der Beklagten gilt daher das Prioritätsprinzip.

1.7. So wie in dem der Entscheidung 9 Ob 37/13a zugrunde liegenden Verfahren wendet sich die Beklagte auch hier gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach sie im Wege der Legalzession (§ 1358 ABGB) durch Befriedigung der Klägerin in deren Anspruch gegen die S*****-Liquidationsmasse eintrete; ihre Zahlungspflicht sei vielmehr Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die S*****-Liquidationsmasse beziehungsweise deren Liquidatoren, gegen die Republik Österreich sowie gegen die B***** GmbH und die D***** AG - Zweigniederlassung W***** auszusprechen. Dazu hat der 9. Senat ausgeführt:

Die Beklagte richtet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass sie im Wege der Legalzession (§ 1358 ABGB) durch Befriedigung der Klägerin in deren Anspruch gegen die S*****-Liquidationsmasse eintrete. Ihre Zahlungspflicht sei vielmehr Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die S*****-Liquidationsmasse bzw deren Liquidatoren, gegen die Republik Österreich sowie gegen die B***** und die D***** AG - Zweigniederlassung W***** auszusprechen, weil es sonst zu einer Bereicherung der Klägerin kommen könnte.

Für eine Haftung der Republik Österreich, der B***** GmbH und der D***** AG - Zweigniederlassung W***** fehlt jegliche Sachverhaltsgrundlage, sodass darauf nicht näher einzugehen ist. Aber auch hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin gegen die S*****-Liquidationsmasse ist das Zug-um-Zug-Begehren nicht berechtigt, weil keine Grundlage für eine Pflicht der Klägerin, diese Ansprüche rechtsgeschäftlich an die Beklagte abzutreten, erkennbar ist. Sie ist auch nicht erforderlich:

Die Anwendung österreichischen Zessionsrechts wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt (vgl auch Art 15 Rom I; Art 19 Rom II).

Unstrittig handelt es sich bei dem Entschädigungsanspruch eines Anlegers gegenüber der Beklagten um eine eigene, von den Sondervorschriften über die Teilnahmeansprüche im Konkurs des Wertpapierdienstleistungsunternehmens losgelöste Forderung gegen die Sicherungseinrichtung. Dem Anleger stehen damit voneinander unabhängige Anspruchsgrundlagen - und Schuldner - zur Verfügung (vgl Kalss/Linder, Ausgewählte Fragen zur Anlegerentschädigung gemäß §§ 23b ff WAG, ÖBA 2006, 824, 833; Isola/Rapani in Brandl/Saria, WAG § 75 Rz 15; Linder in Gruber/Raschauer, WAG, § 75 Rz 34).

Zur Vermeidung einer Bereicherung des Anlegers sind Konkurs- und Entschädigungsforderung wechselseitig anzurechnen (Isola/Rapani aaO; Linder, aaO, jeweils mit Beispielen), wobei nochmals darauf hinzuweisen ist - und in den zitierten Beispielen auch als selbstverständlich zugrunde gelegt wird -, dass von der Anrechnung nur jener Teil der Konkursforderung des Anlegers und damit auch nur der auf diesen Teil entfallende Teil der Konkursquote betroffen ist, der den garantierten Höchstbetrag von 20.000 EUR nicht übersteigt.

In Bezug auf diese Anrechnung hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 21/13i an den bereits zur Einlagensicherung nach dem BWG entwickelten Grundsätzen festgehalten, wonach die berechtigten Forderungen des Einlegers gegen die Sicherungseinrichtung unabhängig davon gleich hoch sein müssen, ob sie vor oder nach Quotenausschüttung im Konkursverfahren geltend gemacht werden. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallende Quote ausbezahlt, so ist diese auf den Höchstbetrag anzurechnen, da ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Dieses Verhältnis von Entschädigungsforderung und Konkursforderung im Konkurs des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ist auch hinsichtlich der Forderung eines Anlegers gegenüber der S*****-Liquidationsmasse zu berücksichtigen, weil auch durch dessen Ausschüttungen der gesetzliche Sockelbetrag anteilig getilgt wird (1 Ob 21/13i). Wird im umgekehrten Fall zuerst die Entschädigungsleistung ausbezahlt, so verringert dies die Forderung des Anlegers gegen den Gemeinschuldner beziehungsweise - wie hier - gegen die Liquidationsmasse des S*****-Fonds. Eine dort bereits angemeldete Forderung ist daher im der ausgezahlten Entschädigungsleistung entsprechenden Umfang zu reduzieren (s wiederum die Bsp bei Isola/Rapani aaO; Linder, aaO).

Die Beklagte will mit ihrem Zug-um-Zug-Begehren offenkundig Rückforderungsansprüche gegenüber der S*****-Liquidationsmasse sichergestellt wissen. Dafür besteht aber schon von Gesetzes wegen eine Rückgriffsmöglichkeit:

Zwischen den Streitteilen ist nicht strittig, dass Anleger wie die Klägerin direkte Forderungsrechte gegenüber der S*****-Liquidationsmasse haben (ebenso Urteil des Bezirksgerichts Luxemburg vom 12. 3. 2009).

Soweit die Beklagte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts bekämpft, dass sie bereits im Wege der Legalzession (§ 1358 ABGB) in die Rechte der Anleger gegenüber der S*****-Liquidationsmasse eintrete, so ist es zwar richtig, dass die Beklagte grundsätzlich für den Ausfall jener Forderung eines Anlegers haftet, die gegenüber dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen besteht (s §§ 23b Abs 3 WAG 1996; § 75 Abs 3 WAG 2007). Zu bedenken ist aber auch, dass die in der Liquidationsmasse des S*****-Fonds vorhandenen Gelder vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen mittelbar gehalten wurden und eben diese Konstellation den Entschädigungsfall begründete (9 Ob 50/09g). Würde man in einem solchen Fall den gesetzlichen Rückgriff gerade gegen denjenigen Rechtsträger versagen, bei dem die unter dem Einfluss des Wertpapierdienstleisters veranlagten Gelder vorhanden sind und gegen den ein Anleger auch ein direktes Forderungsrecht hat, so würden der Beklagten besonders raffinierte Umgehungskonstruktionen des Wertpapierdienstleisters grundlos zum Nachteil gereichen. Ein derart einschränkendes Verständnis des gesetzlichen Rückgriffs gebietet auch Art 12 der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger nicht, wonach unbeschadet anderer Rechte aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften die Systeme, die Zahlungen zur Entschädigung der Anleger leisten, berechtigt sind, „beim Liquidationsverfahren in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlung in die Rechte dieser Anleger einzutreten“.

Selbst wenn man aber eine Legalzession nach § 1358 ABGB verneinen wollte, wäre für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen, weil bei einem engeren Verständnis des § 1358 ABGB aufgrund der im Umfang des Entschädigungsbetrags bestehenden gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten und des S*****-Fonds bei Zahlung der Beklagten die Regressregel des § 896 ABGB zum Tragen käme. Sie gilt unabhängig davon, ob die Gesamtschuld auf gemeinsamen Rechtsgrund beruht oder nicht (zB Gamerith in Rummel ABGB3 § 896 Rz 1 mwN). Beim Rückgriff nach dieser Gesetzesstelle ist stets auf das „besondere Verhältnis“ zwischen den Mitschuldnern abzustellen, das selbst einen Anspruch auf vollen Rückgriff ergeben kann (P. Bydlinski in KBB ABGB3 § 896 Rz 3 mwN). Auch dafür bedarf es jedoch keiner rechtsgeschäftlichen Abtretung einer Forderung durch die Klägerin, weil dieser Regressanspruch bereits von Gesetzes wegen besteht (arg § 896 ABGB: Rückgriff „auch ohne geschehene Rechtsabtretung“; vgl auch den gesetzlichen Rückgriffsanspruch nach § 93 Abs 3 S 8 BWG [„Der Sicherungseinrichtung stehen Rückgriffsansprüche gegen das betroffene Kreditinstitut in Höhe der geleisteten Beträge und der nachgewiesenen Kosten zu.“]).

Damit hat das Berufungsgericht das Begehren der Beklagten auf Einschränkung ihrer Leistungspflicht Zug um Zug gegen Abtretung der genannten Forderungen zu Recht als unberechtigt erachtet. Dass die Beklagte auch nach tatsächlicher Entschädigung eines Anlegers und infolge eines gesetzlichen Regressanspruchs keine Ansprüche gegenüber dem S*****-Fonds geltend machen könnte, hat sie nicht behauptet.

1.8. Dass der Klägerin nicht nur Zinsen, sondern auch Zinseszinsen zustehen, hat der 9. Senat ebenfalls bereits klargestellt (9 Ob 37/13a).

2. Damit war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

II. Zur Revision der Klägerin:

1. Die Klägerin strebt den Zuspruch weiterer 4.000 EUR an. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern ist, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgt sei. Diese Auffassung wurde allerdings bereits in der Entscheidung 1 Ob 21/13i verworfen. Der 9. Senat hat dazu in der Entscheidung 9 Ob 37/13a zusammenfassend ausgeführt:

Grundsätzlich ist von jener Anlegerforderung gegen das betreffende Mitgliedsinstitut auszugehen, die dem Anleger zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung zustand. Die Frage, wie dem Anleger später zukommende Teilausschüttungen zu behandeln sind und welchen Einfluss sie auf die Höhe der gesetzlichen Entschädigung haben, wurde im Zusammenhang mit der Einlagensicherung nach dem BWG dahin beantwortet, dass die berechtigten Forderungen des Einlegers gegen die Einlagensicherungseinrichtung unabhängig davon gleich hoch sein müssen, ob sie vor oder nach Quotenausschüttung im Konkursverfahren geltend gemacht werden. Insbesondere soll der Anspruch nach § 93 Abs 2 BWG nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Begünstigung des Einlegers führen. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallene Quote ausbezahlt, so ist diese daher auf den Höchstbetrag anzurechnen, da ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Es ist daher der zu ermittelnde Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgt ist (RIS-Justiz RS0116893). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Gesetz den Sparer beziehungsweise Anleger lediglich mit einem bestimmten „Sockelbetrag“ vollständig sichern will und dieser bei einem darüber hinausgehenden Gesamtschaden im Übrigen auf die Konkursquote beschränkt ist. Diese Erwägungen treffen gleichermaßen auf die Ansprüche nach § 23b Abs 2 WAG 1996 zu, sodass auch der nach dieser Bestimmung gesicherte Betrag von 20.000 EUR um jenen Prozentsatz zu mindern ist, der der ausgeschütteten Quote entspricht. Ergänzend sei zur Klarstellung festgehalten: Nicht von der Anrechnungsproblematik betroffen ist jener Teil der Konkursforderung des Anlegers (und sohin auch nicht der auf diesen Teil entfallende Teil der Konkursquote), der den garantierten Höchstbetrag von 20.000 EUR übersteigt.

Der Klagsanspruch wurde daher auch im vorliegenden Verfahren vom Berufungsgericht zutreffend quotenmäßig gekürzt.

2. Allerdings macht die Klägerin mit Recht geltend, dass sie nach den Feststellungen der Vorinstanzen zwar lediglich 5.565,80 EUR ausbezahlt erhalten hat, ihr das Berufungsgericht jedoch weitere 2.120 EUR aufgrund einer „kurz bevorstehenden“ Zahlung anrechnete, wofür es keine Sachverhaltsgrundlagen gegeben habe; dem tritt auch die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung inhaltlich nicht entgegen.

Damit ist aber bei einer Veranlagung von 38.429 EUR und einer Auszahlung von 5.565,80 EUR von einer Quote von lediglich 14,48 % auszugehen. Die Auszahlung bezieht sich damit mit einem Teilbetrag von 2.896 EUR (14,48 % von 20.000 EUR) auf den Garantiebetrag von 20.000 EUR und mit 2.669,80 EUR auf den den Garantiebetrag übersteigenden Veranlagungsbetrag. Angerechnet auf den Garantiebetrag wird nur jener Teil der Quote, der sich im Konkurs auf die 20.000 EUR bezog, also 2.896 EUR, nicht hingegen die übrige Quote (9 Ob 37/13a; Isola/Rapani in Brandl/Saria, WAG § 75 Rz 16 f; Linder in Gruber/Raschauer, WAG § 75 Rz 34). Zieht man den Teilbetrag von 2.896 EUR vom Garantiebetrag ab, ergibt sich eine Forderung der Klägerin gegenüber der Beklagten in Höhe von 17.104 EUR.

3. Insoweit war somit der Revision der Klägerin (teilweise) Folge zu geben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Erstgericht, das sich die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten hat, hat nun nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren zu entscheiden (§ 52 Abs 1 bis 3 ZPO).

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