Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 818,66 EUR (darin 136,44 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Zweitbeklagte betreibt ein gepachtetes Kaffeehaus in P*****. Sie vermietete am 16. 4. 2008 an die Erstbeklagte eine Teilfläche ihres Lokals zur Aufstellung von Spielautomaten zu einem monatlichen Mietzins von 150 EUR. Sie vereinbarten, dass die Erstbeklagte auf ihre Kosten die Rechtsvertretung der Zweitbeklagten und auch allfällige Strafen übernimmt, solange die Automaten ein positives wirtschaftliches Ergebnis erzielen. Der Spielapparat wurde aufgestellt. Mit Vereinbarung, die mit 23. 4. 2008 datiert ist, wurde das Mietverhältnis mit Zustimmung der Zweitbeklagten von der Erstbeklagten auf die G***** s.r.o. übertragen. Der aufgestellte Spielapparat blieb im Lokal der Zweitbeklagten. Im Gegensatz zur schriftlichen Vereinbarung schuldete die Zweitbeklagte von Anfang an nicht nur die Bereitstellung der Fläche, sondern es war auch ihre Aufgabe, sich um das Gerät zu kümmern, die lukrierten Geldbeträge zu verwalten und zu verwahren, Gewinne an Spieler auszuzahlen und entsprechend abzurechnen. Da dies mehr Arbeit war, als sie angenommen hatte, verlangte sie eine höhere Miete. Sie erhielt sodann 620 EUR oder 650 EUR pro Monat.
Der Kläger suchte vom 14. 11. 2008 bis 13. 4. 2010 regelmäßig das von der Zweitbeklagten betriebene Kaffeehaus auf und spielte dort auf dem Spielautomaten vom Typ KJ. Bei diesem Spielapparat können nur Geldscheine eingeschoben werden, sodass zu Beginn zumindest 5 EUR in den Automaten gesteckt werden müssen, um spielen zu können. Will der Spieler nicht so lange spielen, bis 5 EUR verbraucht sind, erhält er den Restbetrag von der Zweitbeklagten nicht zurück. Diese Vorgangsweise war mit Herrn B*****, der bei der Erstbeklagten für die Betreuung von Wettautomaten zuständig ist, für die G***** s.r.o. auf Honorarbasis arbeitet und regelmäßig mit der Zweitbeklagten abrechnete, abgesprochen. Die Miete wurde bei der Abrechnung von den lukrierten Spielbeträgen ausbezahlt.
Zwischenzeitig wurde das Gerät durch ein neueres Modell ersetzt, das sich im Wesentlichen nicht von jenem unterscheidet, das im Jahr 2008 aufgestellt war. Es handelt sich nach wie vor um eine Art Internetterminal, das mit einem Spielautomaten in der Steiermark verbunden ist. Betreiber des Spielautomaten in der Steiermark ist die Erstbeklagte, die auch Trägerin der verwaltungsrechtlichen Bewilligung ist.
An dem Automaten kann man mehrere verschiedene Spiele spielen. Der Kläger spielte hauptsächlich „Simply Gold“ oder „Ring of Fire“. Bei den Spielen ist ein höherer Einsatz als 0,50 EUR möglich, dies durch einen „Würfelmultiplikator“. Es sind auch Gewinne über 20 EUR pro Spiel möglich, da der Spieler zusätzlich zu den 20 EUR auch noch sogenannte „Supergames“ gewinnen kann. Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert. Dadurch werden den Spielern Gewinne von mehreren tausenden Euro in Aussicht gestellt. Wenn man etwas gewonnen hat, kann man den Gewinn ‑ inklusive gewonnener Supergames ‑ durch „Gambeln“ auch als Einsatz benutzen, wobei man hier den Gewinn entweder verdoppeln oder zur Gänze verlieren kann. Auch dadurch sind ein Einsatz von weit über 0,50 EUR und ein Gewinn von weit über 20 EUR möglich, wobei in der Gewinntabelle wiederum nur ein Betrag von 20 EUR plus der entsprechenden Anzahl von Supergames aufscheint. Bei den Supergames handelt es sich um eine geldwerte Leistung von ‑ zumindest ‑ 10 EUR. Sowohl für den „Würfelmultiplikator“ als auch für jedes Supergame werden minimale Einsätze verlangt, dies um zu suggerieren, es handle sich um ein eigenständiges Spiel. Für den Spieler stellen sich all diese Variationen, die nur der Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen dienen, allerdings keineswegs als eigene Spiele dar. Der Anreiz durch die höheren Gewinnmöglichkeiten, die in Aussicht gestellt werden, ist der selbe, ob nun in der Gewinntabelle zB 20 EUR plus 100 Supergames oder gleich die sich daraus ergebenden 1.020 EUR angezeigt werden.
Weder der „Würfelmultiplikator“ noch das Supergame noch das „Gambeln“ können alleine ‑ ohne Bezug auf das „Hauptspiel“ ‑ angewählt werden. Durch Betätigen einer „Automatiktaste“ werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort „Game Over“, das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann ‑ wenn überhaupt ‑ nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist.
Bei sämtlichen Spielen am Automaten handelt es sich um Glücksspiele, die ausschließlich bzw vorwiegend vom Zufall abhängig sind und vom Spieler in keiner Weise durch Geschick beeinflusst werden können. Der Unterhaltungswert tritt ‑ insbesondere bei Betätigen der „Automatiktaste“ ‑ zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund. Am Terminal vor Ort befinden sich die Buchhaltungssoftware sowie diverse Grafiksoftware. Die übrige Software befindet sich am Automaten in der Steiermark, mit dem das Internetterminal verbunden ist.
Sämtliche Gewinne, die der Kläger am Automaten im Kaffeehaus der Zweitbeklagten lukrieren konnte, „steckte er zur Gänze wieder in den Automaten hinein“. Unter Berücksichtigung der Gewinne hat der Kläger im genannten Zeitraum an diesen Automaten mindestens 20.000 EUR verspielt. In erster Linie hat er mit einem Grundeinsatz von 0,50 EUR und ohne Automatiktaste gespielt, jedoch die Funktion „Gambeln“ regelmäßig genutzt, sodass im Ergebnis immer wieder höhere Beträge (unter Berücksichtigung von Supergames) eingesetzt wurden und am Ende kein Ausgleich von vorherigen Verlusten stattfand. Er hat jedoch den „Würfelmultiplikator“ zur Erhöhung des Grundeinsatzes von über 0,50 EUR und die „Automatiktaste“ verwendet. Je höher der Einsatz ist, desto höher sind auch die in Aussicht gestellten Gewinnmöglichkeiten. Nur durch die hohen Gewinnmöglichkeiten hat sich der Kläger zu höheren, auch über 0,50 EUR gelegenen Einsätzen hinreißen lassen.
Wären bei dem Automaten nicht derart hohe Gewinne von bis zu 15.000 EUR (unter Einrechnung der Supergames) in Aussicht gestellt worden, hätte der Kläger ‑ wenn überhaupt ‑, viel weniger gespielt und ‑ wenn überhaupt ‑ nur geringe, kaum nennenswerte Verluste zu verbuchen.
Beiden Beklagten war bewusst, dass der Spielapparat (zumindest) den verwaltungsrechtlichen Vorschriften widerspricht; dies war ihnen jedoch egal.
Der Kläger begehrt von den Beklagten Zahlung von 10.000 EUR sA. Der Glücksspielautomat vom Typ „KJ Multigame“, der im Kaffeehaus der Zweitbeklagten aufgestellt gewesen sei, verletze die bislang geltenden Grenzen des kleinen Glücksspiels. Es seien sowohl Einsätze über 0,50 EUR als auch Gewinne von 20 EUR möglich gewesen. Die Erstbeklagte hafte als Bewilligungsinhaber für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Sie sei auch Betreiberin des Glücksspielautomaten. Sie und die G***** s.r.o. hätten eine gemeinsame Organisation. Die Beklagten hätten gegen ein Schutzgesetz verstoßen. Der Kläger habe daher Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Aufgrund seines etwaigen Mitverschuldens von 50 % werde nur ein Teilbetrag von 10.000 EUR geltend gemacht.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte betreibe den Glücksspielapparat nicht. Die Zweitbeklagte habe mit dessen Aufstellung und Betrieb nichts zu tun. Dem Kläger sei ein Mitverschulden von zumindest 50 % anzulasten. Bei den verwendeten Internetterminals handle es sich lediglich um Eingabe‑ und Auslesestationen, wobei keine selbsttätigen Programmentscheidungen durchgeführt würden. Bei diesen Internetterminals könne nicht „unbedingt“ davon ausgegangen werden, dass diese Geräte elektronische Lotterie anbieten. Für die angebotenen Walzenspiele mache es keinen Sinn, sie in Form einer elektronischen Lotterie anzubieten. Die Spielergebnisse der über das Internet verbundenen Glücksspielgeräte würden am Server errechnet. Das eigentliche Spiel werde an einem Server generiert und von der lokal verwendeten Software nur visualisiert.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich beurteilte es den Sachverhalt dahin, ein Automatenglücksspielvertrag komme grundsätzlich durch die Aufstellung des Automaten in Verbindung mit Spielanleitungen bzw den publizierten Spielbedingungen als Offert an das interessierte Publikum durch den Betreiber und durch den Einwurf eines Einsatzes sowie das Drücken der Starttaste durch den Spieler als Annahme des Offerts zustande. Da die Betragsgrenzen des § 4 Abs 2 GSpG aF überschritten worden seien, handle es sich in Wahrheit um ein „großes“ Glücksspiel, das dem staatlichen Glücksspielmonopol unterliege. Da die Erstbeklagte Betreiberin und Bewilligungsinhaberin des in der Steiermark situierten Geräts sei, sei sie jedenfalls als Mitveranstalterin der Spiele anzusehen, dies unabhängig davon, wer Eigentümer des Geräts oder Mieter der Fläche sei. Es möge zutreffen, dass die G***** s.r.o. sich nur noch ausschließlich um Belange des Geräts in P***** kümmerte, der in der Steiermark befindliche Automat, der das Spiel in P***** bestimme, falle jedoch in die Verantwortung der Erstbeklagten. Beide Beklagten hafteten aufgrund der schuldhaften Verletzung eines Schutzgesetzes. Es sei auch der Tatbestand des § 168 StGB erfüllt, weil der Spielveranstalter vorsätzlich „Serienspiele“ veranlasst habe oder zu solchen Gelegenheit geboten habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Da in erster Instanz weder der Kläger das gesetzwidrige Betreiben einer elektronischen Lotterie geltend gemacht habe noch die Beklagten überhaupt das (theoretische) Vorliegen einer elektronischen Lotterie eingewendet hätten, seien auch im Berufungsverfahren Rechtsfragen der elektronischen Lotterie nicht zu überprüfen. Aus technischer Sicht hätten die Spiele am Aufstellungsort in P***** stattgefunden. Die Betragsgrenzen des kleinen Glücksspiels seien weit überschritten worden. Zutreffend habe das Erstgericht den Umstand, dass die Beklagten unzulässigerweise mit diesen Automaten ein dem Glücksspielmonopol des Bundes vorbehaltenes großes Glücksspiel betrieben, als Schutzgesetzverletzung gewertet. Es sei auch der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen. Die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes bezweckten nicht bloß den Schutz öffentlicher Interessen, sondern verfolgten zumindest auch den Schutz der (Vermögens‑)Interessen des einzelnen Spielers mit. Im zu entscheidenden Fall gehe es auch nicht um eine Verletzung des § 25 Abs 3 GSpG durch die Beklagten. Ihr rechtswidriges Verhalten bestehe schon in der Veranstaltung des das Glücksspielmonopol verletzenden Glücksspiels und nicht bloß in der mangelhaften Beaufsichtigung eines an sich zulässigen Glücksspiels. Für die Annahme eines 50 % übersteigenden Mitverschuldens des Klägers bestehe weder aufgrund des festgestellten Sachverhalts noch aufgrund der erstinstanzlichen Parteienerklärung noch aufgrund der insoweit unsubstantiierten Rechtsrüge der Beklagten Veranlassung.
Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu der wesentlichen Rechtsfrage, ob und inwieweit der Betrieb eines „derartigen Geräts“ unter dem Aspekt des § 4 Abs 2 GSpG aF Schadenersatzpflichten auslöse, höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1. Mit den Ausführungen unter Punkt 1.5 der Revision bekämpfen die Rechtsmittelwerber die nicht revisible Beweiswürdigung der Vorinstanzen.
Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden (hier: Unterlassung der Beischaffung von Akten), können nach ständiger Rechtsprechung nicht mit Revision geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0043111; RS0042963).
2. Die Revisionswerber meinen, die Rechtsansicht, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen von elektronischer Lotterie irrelevant sei, sei verfehlt. Der einzige Begriff, unter den man „gegenständliche Terminals“ eventuell ‑ was bestritten werde ‑ einordnen könne, wäre nämlich der Begriff der elektronischen Lotterie.
Dem ist zu erwidern:
3. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, dass der Betrieb der strittigen Spielautomaten in der vom Erstgericht festgestellten Form und nach den Behauptungen der Beklagten gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Die Beklagten haben in das Glücksspielmonopol gemäß § 3 GSpG 1989 eingegriffen.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes 1989 (§ 1 Abs 1 in der Stammfassung, §§ 2 und 12a idF BGBl I 1997/69, §§ 4 und 14 idF BGBl I 2001/59) lauten:
„§ 1. (1) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.
...
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.
(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.
(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.
(4) Eine Ausspielung liegt auch dann vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs. 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird.
§ 3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).
§ 4. (1) Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 0,50 Euro nicht übersteigt.
(2) Ausspielungen mittels eines Glücks-spielautomaten unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn
1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und
2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt.
...
§ 12a. Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen der Spielvertrag über elektronische Medien abgeschlossen, die Entscheidung über Gewinn oder Verlust zentralseitig herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird und der Spielteilnehmer unmittelbar nach Spielteilnahme vom Ergebnis dieser Entscheidung Kenntnis erlangen kann.
...
§ 14. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b durch Erteilung einer Konzession übertragen.
...“
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen, in denen Geräte mit einem ausgelagerten Rechner, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeiführt, verbunden sind, ausgeführt, dass in einem solchen Fall ‑ wie er auch hier gegeben ist ‑ das Spielergebnis „zentralseitig“ herbeigeführt wird. In einem solchen Fall handelt es sich weder um einen Glücksspielapparat nach § 2 Abs 2 GSpG 1989 noch um einen Glücksspielautomat nach § 2 Abs 3 GSpG 1989 (VwGH 2011/02/0127; 2009/17/0147; 2009/17/0202). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Demnach handelt es sich bei dem im Kaffeehaus der Zweitbeklagten aufgestellten Gerät, der mit dem „Spielautomaten“ der Erstbeklagten in der Steiermark via Internet verbunden ist, nicht um einen Glücksspielautomaten oder Glücksspielapparat.
5. Es wird in der Revision nicht bestritten, dass die hier zu beurteilenden Spiele nach den Feststellungen des Erstgerichts Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG 1989 und Ausspielungen iSd § 2 Abs 1 GSpG 1989 sind. Für den Begriff der Ausspielung ist es nicht von Bedeutung, ob die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch den Apparat selbsttätig herbeigeführt wird oder zentral gesteuert ist. Die zu beurteilenden Ausspielungen erfüllen schon deshalb nicht den Tatbestand der Ausnahme nach § 4 Abs 2 GSpG 1989, weil sie nicht mittels eines Glücksspielautomaten durchgeführt wurden. Wäre der Apparat ein Glücksspielautomat gewesen, so wären ‑ wie die Vorinstanzen zutreffend feststellten ‑ die für die Qualifikation als kleines Glücksspiel normierten Bagatellbetragsgrenzen überschritten worden. Da auch kein anderer im Glücksspielgesetz normierter Ausnahmetatbestand verwirklicht ist und die Ausspielungen unstrittig ohne Konzession durchgeführt wurden, ist die Durchführung der Ausspielungen ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes. Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, ob die gegenständlichen Geräte „elektronische Lotterien“ iSd § 12a GSpG 1989 sind.
6. Zutreffend ist das Erstgericht auch davon ausgegangen, dass die Ausspielungen in Niederösterreich stattfanden und von einer Bewilligung des Apparats in der Steiermark nicht erfasst waren. Der Kläger erteilte die Spielaufträge in Niederösterreich, wo er die Einsätze leistete, den Ablauf der Spielvorgänge durch Betätigen von Tasten am Gerät steuerte und beobachtete und wo ein eventueller Gewinn an ihn ausbezahlt wurde oder worden wäre. Bei diesem Geschehensablauf fanden Bestandteile des Spiels und die Ausspielungen in Niederösterreich statt. Die „Auslagerung von Teilen des Spiels“ (Positionierung der virtuellen Walzen) in die Steiermark, die vom Aufenthaltsort des Klägers via Internet gesteuert und beobachtet wurden, vermochte daran nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der sich der erkennende Senat anschließt, nichts zu ändern (vgl VwGH 2011/17/0155 und 0150; 2011/17/0269).
7. § 1 Abs 1 NÖ Spielautomatengesetz, LGBl 7071, nimmt jene Spielautomaten, die dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, vom Anwendungsbereich des Landesgesetzes aus. Da der Tatbestand einer Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes ‑ wie ausgeführt ‑ hier nicht vorliegt, ist das Landesgesetz nicht anwendbar.
8. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind jene Spiele iSd § 1174 Abs 2 ABGB verboten und damit nichtig iSd § 879 Abs 1 ABGB, die den in § 168 Abs 1 StGB und in § 1 Abs 1 GSpG 1989 angeführten Charakter haben, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen (5 Ob 506/96 SZ 69/69 mwN). Was auf der Grundlage eines unerlaubten und damit unwirksamen Glücksvertrags gezahlt wurde, ist rückforderbar. Verbotene Spiele erzeugen nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die gezahlte Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder § 1432 ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde. Den Rückforderungsanspruch zu verweigern, würde dem Zweck der Glücksspielverbote widersprechen (7 Ob 579/95; 5 Ob 506/96 in Ablehnung der Entscheidung SZ 19/184; vgl Rummel in Rummel , ABGB³ § 1174 Rz 6; Krejci in Rummel , ABGB³ §§ 1267‑1274 Rz 66; Binder in Schwimann , ABGB³ § 1272 Rz 7 mwN). Den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die Erstbeklagte und/oder die Zweitbeklagte in dem Zeitraum, in dem der Kläger an dem im Kaffeehaus der Zweitbeklagten aufgestellten Apparat spielte, Betreiber/Aufsteller dieses Geräts gewesen wären. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sie durch die Aufstellung des Automaten iVm Spielanleitungen bzw den publizierten Spielbedingungen ein Offert an das interessierte Publikum macht, das der Spieler durch einen Einwurf seines Einsatzes annimmt (vgl P. Bydlinski , Zivilrechtsfragen des „kleinen“ Automatenglücksspiels, ÖJZ 2008/73, 699). Da demnach nicht feststeht, dass der Kläger die Einsätze den Beklagten in Erfüllung mit ihnen geschlossener, ungültiger Glücksspielverträge geleistet hat, stehen sie nicht als Bereicherungsschuldner fest (vgl Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB³ Vor §§ 1434‑1437 Rz 3 mwN).
9. Zu Recht haben die Vorinstanzen eine schadenersatzrechtliche Haftung der Beklagten für die Spielverluste des Klägers bejaht.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerber ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes und den Spielverlusten des Klägers zu bejahen. Die Beklagten behaupten, der Schutz materieller Interessen von Einzelpersonen sei nicht Zweck des Glücksspielgesetzes. Sie stützen sich hiebei auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 7 Ob 632/76 SZ 49/107. In dieser wurde ausgesprochen, dass § 24 Abs 3 GSpG 1962 eine öffentlich‑rechtliche Bestimmung nicht zu Gunsten der materiellen Interessen von Einzelpersonen ist. Die Norm verpflichtete den Leiter einer Spielbank, dem Spieler den Eintritt in die Spielbank zu untersagen, wenn sich begründete Anhaltspunkte dafür ergaben, dass einem Spieler die persönliche Verlässlichkeit mangelt oder seine Vermögens- oder Einkommensverhältnisse die Teilnahme am Spiel nicht oder nicht in dem geübten Ausmaß gestatten.
10. Dem entgegen bejaht die seit der Entscheidung 1 Ob 214/98x SZ 72/4 ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0111940), von der abzugehen kein Grund besteht, dass § 25 Abs 3 GSpG 1989 ‑ die Nachfolgebestimmung des § 24 Abs 3 GSpG 1962 ‑ in der Stammfassung und in den novellierten Fassungen nicht bloß den Schutz öffentlicher Interessen bezweckt, sondern zumindest auch den Schutz der (Vermögens‑)Interessen des einzelnen Spielers mitverfolgt. Der Spieler soll vor einem existenzbedrohenden, somit einem seine wirtschaftlichen und damit auch sozialen und familiären Grundlagen zerstörenden Spielverhalten geschützt werden (1 Ob 175/02w, SZ 2002/125; 6 Ob 244/04g ua).
11. Die erläuternden Bemerkungen zum Glücksspielgesetz 1989 (RV 1087 BlgNR 17. GP 15) führen zur Regelung des Glücksspielwesens in ihrem Allgemeinen Teil unter anderem aus:
„Die Zielsetzungen, die der Bund mit diesem Bundesgesetz verfolgt, sind einerseits ordnungspolitischer und andererseits fiskalischer Natur. In ordnungspolitischer Hinsicht muss gesagt werden, dass idealerweise ein gänzliches Verbot von Glücksspielen die sinnvollste Regelung wäre. Angesichts des bekannten Umstands, dass der Spieltrieb dem Menschen nun einmal immanent gegeben zu sein scheint (wie dies auch sämtliche zu diesem Thema erscheinenden Studien immer wieder belegen), ist es aber wesentlich sinnvoller, diesen Spieltrieb im Interesse des Einzelnen und der Gemeinschaft in geordnete Bahnen zu lenken. Dadurch wird zweierlei erreicht:
Eine in Staaten mit gänzlichem Glücksspielverbot zu beobachtende Abwanderung des Glücksspiels in die Illegalität wird vermieden, gleichzeitig erhält sich der Staat die Möglichkeit, die nun auf legaler Basis betriebenen Glücksspiele zu überwachen. Diese Überwachung muss als oberste Zielsetzung den Schutz des einzelnen Spielers vor Augen haben. In fiskalischer Hinsicht besteht ein Interesse des Bundes, einen möglichst hohen Ertrag aus dem Glücksspielmonopol abschöpfen zu können. Hier kommt der alte Aspekt zum Tragen, der unter Monopolen (und auch Regalien) vor allem ein vermögenswertes Recht erblickt. Bei der Regelung des Glücksspielwesens hat der Bund daher ‑ unter Beachtung und Wahrung des ordnungspolitischen Ziels ‑ eine Durchführung der Glücksspiele in der Richtung anzustreben, dass ihm ein möglichst hoher Ertrag aus dem Monopol verbleibt.“
Dass § 4 Abs 2 GSpG 1989 in der hier anzuwendenden Fassung trotz der vom Gesetzgeber erkannten Gefahren einen Bereich vom Glücksspielmonopol ausnahm, erklärt sich daraus, dass bei der Geringfügigkeit der dort genannten Beträge die sonst gegebenen Gefahren des Glücksspiels vernachlässigt werden können, zumal es dann dem Landesgesetzgeber obliegt, die von ihm für erforderlich erachteten Regelungen zu treffen (vgl VwGH 88/17/0010; Schwarz/Wohlfahrt , GSpG § 4 Rz 11 mwN).
12. Aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens ist nur für jene Schäden zu haften, die die übertretene Verhaltensnorm gerade verhindern sollte (Rechtswidrigkeitszusammenhang; RIS‑Justiz RS0022933). Der Schutzzweck einer Norm ergibt sich aus ihrem Inhalt. Um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den im konkreten Fall eingetretenen Schaden verhindern wollte, ist das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren. Dabei genügt es, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen intendiert haben (RIS‑Justiz RS0008775 [T1, T2, T4]).
13. Angesichts der Absicht des Gesetzgebers, oberste Zielsetzung des Glücksspielgesetzes sei der Schutz des einzelnen Spielers, und des Grundes für den Ausnahmetatbestand des § 4 Abs 2 GSpG 1989 ist nach Auffassung des erkennenden Senats davon auszugehen, dass die Bestimmung des § 3 GSpG 1989 zumindest auch den Schutz der (Vermögens‑)Interessen der einzelnen Spieler jedenfalls dann mitverfolgt, wenn die Ausspielung mittels Spielautomaten mangels Erfüllung der kumulativen Voraussetzungen der Z 1 und 2 des § 4 Abs 2 GSpG 1989 in das Glücksspielmonopol eingriffe.
14. Die Beklagten haften nach § 1301 ABGB für den Schaden des Klägers. Ein gemeinschaftlicher Beitrag zur Schadensentstehung ist nach dieser Bestimmung auch dann gegeben, wenn einvernehmlich eine Norm (vorsätzlich oder sorgfaltswidrig) übertreten wird, die einen Schaden verhindern sollte (vgl 4 Ob 673/75, SZ 48/107; Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1301 ABGB Rz 2 mwN). Die Beklagten haben nach dem festgestellten Sachverhalt einvernehmlich (Abschluss des Mietvertrags, Erstaufstellung und Weiterbelassung des Geräts nach Vertragsübernahme, Herstellung der Internetverbindung zum Gerät der Erstbeklagten) und im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens an der Durchführung der verbotenen Ausspielungen mitgewirkt, die Erstbeklagte als Betreiberin des Apparats, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust herbeiführte, die Zweitbeklagte, indem sie das Gerät in ihrem Kaffeehaus dem interessierten Publikum zugänglich machte und die Internetverbindung zum Apparat der Erstbeklagten herstellen ließ.
15. Keiner Erörterung mehr bedürftig (§ 510 Abs 3 ZPO) ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die in § 25 Abs 3 GSpG 1989 vorgesehene Haftungsbeschränkung nicht auf Ausspielungen ausgedehnt werden kann, die in das Glücksspielmonopol des Bundes eingreifen, und dass für die Annahme eines 50 % übersteigenden Mitverschuldens des Klägers keine Grundlage besteht.
16. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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