OGH 7Ob579/95

OGH7Ob579/956.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter T*****, vertreten durch Dr.Gerald Carli, Rechtsanwalt in Hartberg, wider die beklagte Partei Franz Z*****, vertreten durch Dr.Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 101.104 sA (Revisionsinteresse S 100.000 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 24.März 1995, GZ 2 R 233/94-24, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19.Juli 1994, GZ 13 Cg 236/93a-16, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile spielten in einer Nacht im März 1993 mit Richard Sch***** und Hannes K***** um hohe Einsätze das Glücksspiel "Färbeln". Der Beklagte verspielte zunächst an Richard Sch***** S 70.000 und akzeptierte über diese Spielschuld einen von diesen auf ihn gezogenen Wechsel. Der Kläger gewann in dieser Nacht vom Beklagten S 100.000. Da der Beklagte auch diesen Betrag nicht zahlen konnte, schlug ihm der Kläger vor, die Spielschuld durch einen Bankkredit abzustatten. Der Kläger würde für diesen Kredit bürgen. Am 9.4.1993 begaben sich die Streitteile zur Zweigstelle der Bank ***** St*****, wo der Kläger als Kunde bekannt ist. Der damals dem Beklagten nach Abgabe der Verpflichtungserklärung des Klägers als Bürge und Zahler gewährte Kreditbetrag von S 100.000 wurde dem Kläger zur Abstattung der Spielschuld noch in der Bank ausgefolgt. Da der Beklagte den Kredit zur vereinbarten Fälligkeit am 31.5.1993 nicht zurückzahlen konnte, zahlte der Kläger über Aufforderung der Bank den Betrag von S 101.104 auf das Kreditkonto des Beklagten ein.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung des Betrages von S

101.104 sA. Der Beklagte habe den Kredit zur Renovierung eines Hauses aufgenommen. Als zahlender Bürge sei er gegenüber dem Beklagten als Hauptschuldner regreßberechtigt.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der Kredit sei allein zur Abdeckung der Spielschuld aufgenommen worden. Damit sei die Spielschuld des Beklagten an den Kläger gezahlt worden. Wegen Nichtigkeit des Grundgeschäfts habe der Kläger keinen Anspruch. Hilfsweise werde jedoch eine Gegenforderung von S 100.000 aufrechnungsweise eingewendet. Der Beklagte sei berechtigt, die Zahlung der aus einen unerlaubten Kartenspiel stammenden Spielschuld zu kondizieren.

Das Erstgericht erkannte die eingeklagte Forderung als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend und verurteilte den Beklagten zur Zahlung des Betrages von S 101.104 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1993. In diesem Urteil ging es von Feststellungen aus, wonach zwar der Beklagte an den Kläger einen nicht bestimmbaren Betrag beim Spiel verloren, die Aufnahme des Kredites jedoch nicht zum Zwecke der Zahlung der Spielschulden, sondern höchstwahrscheinlich deshalb erfolgt sei, um das renovierungsbedürftige Haus des Beklagten zu sanieren. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht aus den von ihm festgestellten Sachverhalt, daß der Kläger als zahlender Bürge die Kreditforderung der Bank eingelöst habe. Zwischen der "Spielnacht" und der Darlehensaufnahme bestehe keinerlei ursächlicher Zusammenhang.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 101.104, die eingewendete Gegenforderung mit S 100.000 zu Recht bestehe und der Beklagte daher schuldig sei, dem Kläger S 1.104 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1993 zu zahlen; das Mehrbegehren wies es ab. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

"Färbeln" sei ein Kartenspiel, bei welchem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhänge. Da die Streitteile dieses Spiel (mit weiteren Mitspielern) um hohe Einsätze gespielt hätten, hätten sie sich an einen verbotenen Spiel beteiligt. Verbotene Spiele seien nach § 879 ABGB nichtig, so daß hiebei bzw hiefür gezahlte Spielschulden nach § 877 und § 1431 ABGB zurückgefordert werden könnten. Somit sei der Beklagte berechtigt, den im Rahmen seiner Aufrechnungseinrede geltend gemachten Spielverlust von S 100.000 aus dem Titel der Bereicherung zurückzuverlangen. Der Kredit, den der Beklagte aufgenommen habe, habe zwar der Begleichung der Spielschuld gedient, der Kredit gewährenden Bank sei dieser Zweck aber verborgen geblieben. Seine Rückzahlung unterfalle daher nicht der Sanktion des § 1174 Abs 2 ABGB. Der Kläger habe die Forderung der Bank durch seine Zahlung als Bürge gemäß § 1358 ABGB erworben, sodaß auch die eingeklagte Forderung zu Recht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist unzulässig aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß das von den Streitteilen (mit zwei weiteren Mitspielern) um hohe Einsätze gespielte Kartenspiel "Färbeln" zivilrechtlich verboten ist. Verbotene Spiele sind die in § 168 Abs 1 StGB und § 1 Abs 1 GlücksspielG gekennzeichneten Spiele, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, soweit nicht die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 1 GlücksspielG zutrifft. Daß es derzeit keine Liste ausdrücklich verbotener Spiele gibt, ändert daran nichts. Ebensowenig ist entscheidend, daß das Strafgesetzbuch nicht mehr schlechthin jede Beteiligung an einem verbotenen Glücksspiel, sondern nur mehr die gewerbsmäßige Beteiligung an einem solchen Spiel und das aus Gewinnsucht betriebene Veranstalten und Fördern solcher Spiele unter Strafe stellt (SZ 54/157; SZ 59/117).

Punkt 1) der Entscheidung des Berufungsgerichtes, daß die eingeklagte Forderung mit S 101.104 zu Recht besteht, hat der Beklagte nicht bekämpft. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger auf Grund der Legalzession des § 1358 ABGB - eine aufrechte Kreditforderung der Bank erworben hat, entspricht der Rechtsprechung, daß für den Ausschluß der Klagbarkeit eines Darlehens für ein verbotenes Spiel im Sinne des § 1174 Abs 2 ABGB in subjektiver Hinsicht die Kenntnis des Verwendungszwecks durch den Darlehensgeber erforderlich ist, wobei dolus eventualis genügt (SZ 59/117; vgl auch SZ 63/139).

Der Kläger bekämpft mit seiner Revision die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte das wegen des Verlustes im Rahmen eines verbotenen Spieles Gezahlte zurückfordern kann. Verbotene Spiele sind jedoch wegen § 879 ABGB ungültig und erzeugen daher nicht einmal eine Naturalobligation. Die gezahlte Wett- oder Spielschuld kann deshalb vom Verlierer wieder zurückgefordert werden. Der Rückforderung steht § 1174 Abs 1 ABGB nicht entgegen, weil die Leistung nicht "Zur Bewirkung" der unerlaubten Handlung, sondern als "Einsatz" gegeben wurde (Koziol/Welser I10, 413; Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 66 zu § 1267 bis 1274; Wilburg in Klang2 V/488 ff; Wolff in Klang2 V 995; SZ 63/139 = JBl 1991, 524 [Honsell]). Das Problem, daß der an einen verbotenen Spiel teilnehmende Spieler das Verlorene zurückverlangen, das zum Zwecke der Begleichung der Spielschuld aufgenommene Darlehen - unter der bereits genannten Voraussetzung der Kenntnis des Darlehensgebers vom verbotenen Zweck - aber gemäß § 1174 Abs 2 ABGB nicht zurückzahlen muß, tritt im vorliegenden Fall nicht auf, weil der Darlehensgeber (Bank) keine Kenntnis von den verbotenen Zweck hatte und das Darlehen vom Bürgen somit zu Recht zurückerhalten hat. Soweit die Revision darauf hinweist, daß der Kläger mit seiner Zahlung als Bürge an die Bank belastet ist, übersieht sie die Feststellung, daß dem Kläger die Darlehensvaluta zum Zwecke der Begleichung der Spielschuld zugekommen ist.

Der mit der Gegenforderung geltend gemachte Rückforderungsanspruch wurde vom Berufungsgericht auf Grund einheitlicher Lehre, die in der Rechtsprechung bereits ihren Niederschlag gefunden hatten, bejaht. Von einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO hängt die Entscheidung somit nicht ab.

Ungeachtet des nicht bindenden (§ 508 a Abs 1 ZPO) Ausspruches des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision zulässig sei, war die Revision daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO hat der Beklagte nicht hingewiesen.

Stichworte