OGH 3Ob571/81

OGH3Ob571/814.11.1981

SZ 54/157

Normen

ABGB §1174 Abs2
GlücksspielG §1 Abs1
StGB §168 Abs1
ABGB §1174 Abs2
GlücksspielG §1 Abs1
StGB §168 Abs1

 

Spruch:

Verbotene Spiele im Sinne des § 1174 Abs. 2 ABGB sind alle jene, die den im § 168 Abs. 1 StGH und im § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz angeführten Charakter haben. Zusätzlich können auch noch Spiele durch Verordnung zu Glücksspielen erklärt werden

OGH 4. November 1981, 3 Ob 571/81 (OLG Graz 7 R 60/81; LG Klagenfurt 27 Cg 189/80)

Text

Am 13. September 1979 spielten die Streitteile und ein weiterer Spieler im Gasthaus S in Klagenfurt das Kartenspiel "Färbeln", ein Glückspiel, bei dem Gewinn und Verlust weitgehend vom Zufall abhängen. Nachdem der Beklagte seinen Bargeldvorrat von 4000 S verloren hatte, folgte ihm der Kläger Geldbeträge von 5000 S und 10 000 S gegen Erhalt zweier Schecks in gleicher Höhe aus. Der Beklagte verspielte auch diese Beträge bis auf den Rest von 100 S oder 150 S, mit dem er seine Zeche bezahlte. Am nächsten Tag ließ der Beklagte bei seiner Bank die beiden Schecks sperren.

Der Kläger begehrte mit der vorliegenden Scheckklage die Bezahlung der beiden Scheckbeträge von zusammen 15 000 S samt Anhang.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage unter Hinweis darauf, daß die beiden Schecks zum Zweck der Ermöglichung eines verbotenen Spiels gegeben worden seien.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß der Kläger ohne nennenswertes eigenes Einkommen sei und sich seit Jahren im Gasthaus S aufhalte, um dort Karten zu spielen. Der Beklagte verdiene aus dem Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes lediglich das zur Erhaltung seiner vierköpfigen Familie Nötige. Die Streitteile und eine dritte Person hätten vereinbart, das Kartenspiel "Färbeln" zu betreiben. Zuerst hätten sie um geringe Einsätze gespielt, dann aber um größere Einsätze von 2000 S bis 3000 S pro Spiel, was für die Lebensverhältnisse der beiden Streitteile sehr hoch sei. Nachdem die drei Personen einige Zeit lang gespielt hätten, habe der Beklagte seinen Bargeldvorrat verloren gehabt und den Kläger ersucht, ihm 5000 S gegen einen Scheck zu leihen. Der Kläger habe ihm dann 5000 S gegeben, die der Beklagte in der Folge zur Gänze verspielt habe. Genauso habe es sich mit einem weiteren Darlehensbetrag von 10 000 S verhalten.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß der Kläger dem Beklagten zweimal das Geld " zum Weiterspielen" geliehen habe und sich auch nach der Darlehenshingabe weiter selbst am Spiel beteiligt habe. Im übrigen war das Erstgericht der Auffassung, daß der Kläger durch die Gewährung des Darlehens an den Beklagten diesem die Möglichkeit verschafft habe, weiterhin an einem gemäß § 168 StGB verbotenen Kartenspiel teilzunehmen, sodaß er das zur Bewirkung unerlaubter Handlungen gegebene Geld gemäß § 1174 ABGB nicht zurückfordern könne. Wenn man aber davon ausgehe, daß Färbeln ein erlaubtes Kartenspiel sei, liege die versteckte Kreditierung einer Spielschuld vor, die nicht einklagbar sei.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, war jedoch der abweichenden Rechtsansicht, daß § 1174 ABGB der Einklagung der beiden Schecks nicht im Wege stehe, weil seit Aufhebung der früheren Verordnung über verbotene Spiele nicht mehr gesagt werden könne, daß das Färbeln ein verbotenes Spiel sei. Der Kläger könne auch nicht als Veranstalter oder Förderer des fraglichen Kartenspieles im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB angesehen werden. Ein zum Zweck eines Spieles gegebenes Darlehen stelle keine Spielschuld dar und könne daher grundsätzlich zurückgefordert werden, außer die Darlehensgewährung stelle sich als eine verhüllte Kreditierung der Spielschuld dar. Sollte der Beklagte den Darlehensbetrag nur beim Spielen mit dem Kläger verloren haben, wäre diese Voraussetzung gegeben, nicht aber, wenn der Beklagte das Geld mit einem anderen Spielpartner verloren haben sollte. Das Erstgericht habe diese Frage nicht geklärt, weshalb ein Feststellungsmangel vorliege.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Strafbestimmungen des § 168 StGB (ebenso früher § 522 StG) erstrecken sich einerseits auf Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, und andererseits auf Spiele, die ausdrücklich verboten sind, ohne daß ein Unterschied in der Wertung beider Arten von Spielen gemacht würde. Grundsätzlich verboten sind also nach § 168 StGB beide dort näher umschriebenen Arten von Glücksspielen.

Gemäß § 3 Glücksspielgesetz, BGBl. 169/1962, i. d. F. BGBl. 626/1976, ist die Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten. Glücksspiele sind nach § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 1 Glücksspielgesetz i. d. F. BGBl. 98/1979 ist auf das von den Streitteilen betriebene Färbeln nicht anwendbar, weil der Einsatz 2 S überstieg und beim Färbeln ein Bankhalter fungiert (vgl. dazu die bei Altmann - Jacob, Komm. z. öst. Strafrecht I, 1020, angeführten Spielregeln). Das von den Streitteilen betriebene Kartenspiel durfte daher nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht durchgeführt werden und war auch aus diesem Gründe verboten.

Zutreffend verweist zwar das Berufungsgericht darauf, daß es zur Zeit keine Liste ausdrücklich verbotener Spiele gibt, weil die seinerzeit in der Glücksspielverordnung, BGBl. 253/1923, i. d. F. BGBl. 6/1933, enthaltene Liste verbotener Spiele heute keine Gesetzeskraft mehr hat und der Bundesminister für Finanzen von der ihm durch § 1 Abs. 2 Glücksspielgesetz erteilten Ermächtigung, durch Verordnung bestimmte Spiele als Glücksspiele zu bezeichnen, bisher keinen Gebrauch gemacht hat (Liebscher in Wiener Kommentar zum StGB, Anm. 5 zu § 168 StGß; Leukauf - Steininger, Kommentar zum StGB[2], Anm. 5 und 6 zu § 168 StGB).

"Verbotene" Spiele sind aber nicht etwa nur die in einer Liste namentlich angeführten Glücksspiele. Vielmehr sind in erster Linie jene Spiele verboten, die den in § 168 Abs. 1 StGB und § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz angeführten Charakter haben; zusätzlich können auch noch Spiele namentlich zu Glücksspielen erklärt werden. Daß nach § 168 StGB nicht mehr schlechthin jede Beteiligung an einem verbotenen Glücksspiel, sondern nur mehr die gewerbsmäßige Beteiligung an einem solchen Spiel (§ 169 Abs. 2 StGB) bzw. das aus Gewinnsucht betriebene Veranstalten und Fördern solcher Spiele (§ 168 Abs. 1 StGB) unter Strafe gestellt wird, ist somit nicht dafür entscheidend "was als ein verbotenes Spiel anzusehen ist, sondern nur dafür, welche Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem verbotenen Spiel strafbar sind, ohne daß dadurch an einer zivilrechtlich gegebenen Unerlaubtheit der genannten Spiele selbst etwas ausgesagt würde (vgl. Höpfel, ÖJZ 1978, 421 und 458, vor allem aber auch Seelig, Das Glücksspielstrafrecht, 160 ff. und 181 ff., wo zwischen verbotenen Spielen einerseits und strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit einem verbotenen Spiel andererseits unterschieden wird).

Auch die Motive des Gesetzgebers sprechen für eine Anwendbarkeit des § 1174 Abs. 2 ABGB auf den vorliegenden Fall. Die durch die 3. Teilnovelle eingeführte Bestimmung des § 1174 Abs. 2 ABGB bezog sich nicht nur auf die in einer bestimmten Liste von Glücksspielen namentlich angeführten Spiele, sondern es sollten alle Glücksspiele erfaßt werden, weil man jedes Mittel zur Erschwerung von Hasardspielen versuchen wollte (Schey, Materialien zur III. TN, 372).

Dem Sinn der Bestimmung des § 1174 Abs. 2 ABGB gerecht werdend muß nach dem Gesagten auch angesichts des nunmehrigen § 168 StGB das Färbeln in der von den Streitteilen betriebenen Art weiterhin als - zivilrechtlich - verboten angesehen werden. Ohne daß geprüft werden müßte, inwieweit sich hier einer der Beteiligten nach § 168 StGB strafbar gemacht hat, ist also davon auszugehen, daß das strittige Darlehen jedenfalls zum Zweck eines (zumindest) zivilrechtlich verbotenen Spieles im Sinne des § 1174 Abs. 2 ABGB gegeben wurde und daher vom Kläger nicht zurückgefordert werden kann. Daß die Bestimmungen des Scheckrechtes dem nicht entgegenstehen, weil der Scheck vom Kläger nicht weitergegeben wurde (Art. 22 SchG), wurde schon von den Vorinstanzen zutreffend erkannt. Bei dieser Rechtsansicht muß auch nicht geklärt werden, ob der Gewinn aus dem nach den Feststellungen des Erstgerichtes von beiden Streitteilen und einem Dritten gemeinsam betriebenen Kartenspiel (Färbeln kann ähnlich wie Pokern mit einer unbegrenzten Zahl von Personen gespielt werden) dem Kläger oder dem namentlich nicht festgestellten dritten Spielpartner zugeflossen ist, weil feststeht, daß die gesamte Darlehensvaluta beim Spiel verloren ging (vgl. Koziol - Welser[5] I, 341). Die Sache ist spruchreif im Sinne einer Bestätigung des Ersturteiles.

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