European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00183.22F.0531.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Die Antragsteller sind die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft (Reihenhausanlage mit vier Wohneinheiten).
[2] Mit den – in einer gemeinsamen Urkunde errichteten – Dienstbarkeitsverträgen vom 2. 5. 2022 räumten sich die Antragsteller gegenseitig mit Wirksamkeit für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der insgesamt 1466/1466 Anteile an der Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum an den TOPs W01 bis W04 untrennbar verbunden ist, somit den jeweiligen Eigentümern der TOPs W01 bis W04 die zu verbüchernde Dienstbarkeit der Alleinbenützung an bestimmten Allgemeinflächen, und zwar den Zugängen und Vorplätzen zu ihren jeweiligen Wohnungseigentumsobjekten ein. Das Alleinbenützungsrecht besteht gemäß der vertraglichen Regelung darin, die Dienstbarkeitsfläche so zu benützen, wie die Benützung von privaten Hauszugängen und Hausvorplätzen im dortigen Gemeindegebiet ortsüblich ist, somit insbesondere zum Gehen und zum Befahren, zur Durchführung von Ladetätigkeiten, zum Parkieren von Fahrzeugen, als Spielmöglichkeit für Kinder und dergleichen.
[3] Die Antragsteller beantragten die Einverleibung und Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeiten jeweils ob der gesamten Liegenschaft.
[4] Das Erstgericht wies den Antrag ab.
[5] An den Flächen, auf die sich die Dienstbarkeitsvereinbarung beziehe, könne kein Wohnungseigentum begründet werden; das weder als Zuschlag zum jeweiligen Wohnungseigentumsobjekt (Bestandteil), noch als Zubehör. Durch die Dienstbarkeit solle daher ein Zustand erreicht werden, der nach dem WEG nicht zulässig sei. Damit sei auch die Begründung solcher Dienstbarkeiten nicht zulässig. Dienstbarkeiten und Nutzungsvorbehalte (Gestaltungsrechte) an Teilen der Liegenschaft, an denen Wohnungseigentum nicht bestehen könne, seien zudem nach § 38 Abs 1 Z 1 WEG rechtsunwirksam.
[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
[7] Bei im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaften bestünden drei wohnungseigentumsrechtliche Kategorien: Wohnungseigentumsobjekt, Zubehör und allgemeine Teile der Liegenschaft. An notwendig (zwingend) allgemeinen Teilen könne Wohnungseigentum nicht begründet werden. Ausschließliche Zugänge oder Durchgänge zu allgemeinen Teilen der Liegenschaften oder zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt zählten zu diesen notwendig allgemeinen Teilen der Liegenschaft. An diesen Verkehrsflächen könnten daher mangels rechtlicher Verfügbarkeit Benützungsregelungen nicht begründet werden.
[8] Aus den Dienstbarkeitsvereinbarungen ergebe sich, dass es sich bei den betroffenen Zugangsflächen jeweils um den ausschließlichen und notwendigen Zugang zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt handle, sodass von einem verfügbaren allgemeinen Teil nicht die Rede sein könne. Gleiches geltefür die den jeweiligen Wohnungseigentumsobjekten vorgelagerten Vorplätze, an denen mangels sinnlich wahrnehmbarer deutlicher Abgrenzung gleichermaßen Wohnungseigentum oder Zubehör-Wohnungseigentum nicht begründet werden könne.
[9] Mit der Einräumung einer Dienstbarkeit würden Liegenschaftsteile einem Wohnungseigentümer zur alleinigen, die übrigen Wohnungseigentümer ausschließenden Benützung gleich einem Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekt zugewiesen. Es sei nicht statthaft, eine solche nach wohnungseigentumsrechtlichen Kriterien nicht zulässige Zuweisung von Liegenschaftsteilen zur ausschließlichen Benützung durch das Einräumen von Nutzungsrechten mit dinglicher Wirkung vorzunehmen und damit die Strukturprinzipien des WEG zu umgehen. Ein abweichender Widmungsakt sei unbeachtlich, weil die sachenrechtlichen Grenzen für die zulässige Begründung von Wohnungseigentum nicht privatautonom veränderbar seien.
[10] Es sei zwar richtig, dass im Wohnungseigentum Dienstbarkeiten auch zu Lasten und zu Gunsten der einzelnen Mindestanteile bestellt werden können. Die Belastung des Mindestanteils mit einer Grunddienstbarkeit sei aber nur insoweit möglich, als sich ihr Ausübungsbereich auf das ausschließliche Nutzungs- und Verfügungsrecht des Wohnungseigentümers beschränke. Das bloße Mitbenützungsrecht des Wohnungseigentümers an allgemeinen Teilen könne hingegen nicht zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden.
[11] Die von den Antragstellern begehrte „Alleinbenutzung“ der jeweiligen Vorplätze sei auch nicht mit der Möglichkeit der Wohnungseigentumsbegründung an einem Kfz-Stellplatz in Einklang zu bringen, zumal die Vorplätze, wie sich aus der Dienstbarkeitsvereinbarung ergebe, nicht nur zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs gewidmet worden seien.
[12] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
[13] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller. Sie beantragen, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern, dem Grundbuchsgesuch stattzugeben und die begehrten Eintragungen zu bewilligen.
Rechtliche Beurteilung
[14] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die von den Vorinstanzen genannten Gründe die Abweisung des Antrags nicht tragen; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
[15] 1.1. An notwendig allgemeinen Teilen kann weder Wohnungseigentum noch Zubehör-Wohnungseigentum begründet werden (RIS‑Justiz RS0117164; RS0097520 [T3, T7]); sie können auch nicht Gegenstand einer Benützungsregelung sein (RS0117862 [T1, T3]; RS0105691 [T4]).
[16] Notwendig allgemeine Teile der Liegenschaft sind solche, deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht (§ 2 Abs 4 WEG), die also Kraft ihrer faktischen Beschaffenheit von vornherein nicht als Wohnungseigentumsobjekt oder Zubehör nutzbar sind, weil ihnen die Eignung fehlt, selbständig und ausschließlich benützt zu werden (RS0117164 [T3]). Dabei muss der allgemeine Teil nicht zwingend von sämtlichen Miteigentümern benützt werden können; es genügt, wenn auch nur ein Teil der Miteigentümer auf die Benützung angewiesen ist, um ihre individuellen oder gemeinschaftlichen Nutzungsrechte ausüben zu können (RS0117164; RS0097520 [T3, T8]).
[17] 1.2. Zugänge oder Durchgänge zu allgemeinen Teilen der Liegenschaften sind dann notwendig allgemeine Teile der Liegenschaft, wenn sie die einzigen derartigen Flächen der Liegenschaft sind (RS0117164 [T5]; RS0097520 [T13, T14, T19]; RS0125757 [T4]; RS0013189 [T1]). Solchen Verkehrsflächen fehlt daher die rechtliche Verfügbarkeit für eine Benützungsregelung (RS0117862 [T2]; RS0105691 [T5]). Das gilt allerdings dann nicht, wenn die mit dem Zu- oder Durchgang erschlossenen Teile der Liegenschaft in Sondernutzung eines Wohnungseigentümers stehen (5 Ob 264/08x; 5 Ob 202/11h; 5 Ob 76/20t). Zugangswege, die nicht mehr als einem Wohnungseigentumsobjekt dienen, also nur den Zugang zu einem einzigen Wohnungseigentumsobjekt ermöglichen und auf die andere Wohnungseigentümer nicht angewiesen sind, sind also keine notwendig allgemeinen Teile der Liegenschaft. Umfasst sind nur jene Liegenschaftsteile, die zwingend mehr als ein Wohnungseigentümer zur Ausübung seines Nutzungsrechts an seinem Objekt braucht (Ofner, GeKo Wohnrecht II § 2 WEG Rz 33).
[18] 1.3. Die hier zu beurteilenden Zugangsflächen dienen nach der Konzeption der Reihenhausanlage, wie sie sich aus den Dienstbarkeitsvereinbarungen ergibt, jeweils ausschließlich dem Zugang zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt. Kein anderes Wohnungseigentumsobjekt ist auf deren Nutzung angewiesen. Gleiches gilt für die diesen Wohnungseigentumsobjekten jeweils räumlich unmittelbar vorgelagerten Vorplätze.
[19] Die fehlende Verfügbarkeit dieser Allgemeinflächen steht daher – entgegen der Ansicht des Rekursgerichts – der Begründung eines ausschließlichen Nutzungsrechts (in Gestalt einer Dienstbarkeit) an den Zugängen und Vorplätzen jeweils zu Gunsten der auf deren Nutzung angewiesenen Wohnungseigentumsobjekte (zu Gunsten der Mindestanteile, mit denen dieses Wohnungseigentum verbunden ist) nicht entgegen.
[20] 2.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt dem Wohnungseigentümer im Rahmen seines Alleinverfügungsrechts auch das Recht zu, seinen Anteil mit Dienstbarkeiten zu belasten. Dies gilt nicht nur für persönliche Dienstbarkeiten, wie zum Beispiel das Wohnrecht, sondern grundsätzlich auch für Grunddienstbarkeiten. Gerade bei diesen ist anerkannt, dass herrschendes und dienendes „Grundstück“ Wohnungseigentumsrechte derselben Gemeinschaft sein können. Die Dienstbarkeit kann also zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils bestellt werden (5 Ob 238/18p mwN; RS0082754; vgl auch RS0126482 [T1]; RS0106354 [T2]; RS0011520). Eine solche Dienstbarkeit muss dabei von vornherein (bloß) an dem Mindestanteil begründet und (nur) auf diesem eingetragen werden (5 Ob 88/07p = RS0011520 [T3]).
[21] 2.2. Die Grenze der zulässigen Begründung von Dienstbarkeiten zwischen zwei Wohnungseigentümern bildet dabei das ausschließliche Nutzungs- und Verfügungsrecht des Wohnungseigentümers. Der Wohnungseigentümer allein kann seinen Mindestanteil also nur soweit mit einer Grunddienstbarkeit belasten, als sich ihr Ausübungsbereich auf sein ausschließliches Nutzungs- und Verfügungsrecht beschränkt (5 Ob 21/08m; RS0082754 [T5]; RS0011520 [T1]; Rainer, Grunddienstbarkeiten bei Mit- und Wohnungseigentum, immolex 2019, 81).
[22] Sein „bloßes Mitbenützungsrecht“ an allgemeinen Teilen des Hauses kann der einzelne Wohnungseigentümer allein nicht zum Inhalt einer Dienstbarkeit machen (RS0011520). Die Begründung von Dienstbarkeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft setzt nach der Rechtsprechung die Zustimmung aller Miteigentümer voraus (RS0011520 [T4]; RS0114010 [T3, T4]; vgl auch RS0011685 [T1]). Der Grundsatz, dass das österreichische Sachenrecht eine sogenannte „Eigentümerdienstbarkeit“ grundsätzlich nicht vorsieht und eine solche daher nicht ins Grundbuch eingetragen werden kann, gilt für den Fall des Miteigentums nicht (5 Ob 238/18p; RS0122304 [T1]). Eine Dienstbarkeit eines Miteigentümers an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sache ist nach ständiger Rechtsprechung möglich (RS0011528).
[23] 2.3. Diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Möglichkeit der Begründung von Dienstbarkeiten im Wohnungseigentum wurde in der Literatur von T. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 [2017] § 2 WEG Rz 11a, 11b) kritisiert. Diese Judikaturlinie suche die Falllösung bei Durchbrechungen des jedenfalls bei Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten geltenden – bei Zubehörflächen und Kfz-Abstellplätzen müsse dies naturgemäß auf gewisse Schwierigkeiten stoßen – Abgeschlossenheits- bzw Trennungsgrundsatzes unter Heranziehung von (obligatorischen oder dinglichen) Nutzungsrechten, darunter in erster Linie Grunddienstbarkeiten. Ebenso wenig erscheine es zulässig, den Zutritt über Flächen, welche aus rechtlicher Sicht nicht von anderen als dem jeweiligen Wohnungseigentümer verwendet werden dürften, aber in der Regel frei oder jedenfalls ohne größere Hindernisse zugänglich seien, zu gestatten. Folgte man dieser Rechtsprechung, wären sämtliche, der Rechtssicherheit dienenden Strukturprinzipien des WEG zur Makulatur verurteilt, was einer ganz zentralen Auslegungsmaxime widerspreche. Anders formuliert würden sich die systematischen Vorgaben des Gesetzgebers als weitgehend sinnlos oder irrelevant erweisen, weil ja nicht einzusehen wäre, warum zB die jeweiligen Eigentümer zweier neben- oder übereinander liegender Objekte diese nicht auch durch eine Tür verbinden und sich wechselseitig das Recht der unbeschränkten Nutzung der jeweiligen Einheit (mit dinglicher Wirkung kraft Eintragung im Grundbuch) einräumen dürften. Völlig zutreffend habe der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 113/95 (Dienstbarkeit des Gehens durch ein vorgesehenes Wohnungseigentumsobjekt zu Gunsten der anderen Miteigentümer der Liegenschaft) ausgeführt, dass die Unmöglichkeit der Bestellung von Wohnungseigentum nicht dadurch vermieden werden könne, dass der präsumptive Wohnungseigentümer eine Dienstbarkeit des Gehens zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der anderen Wohnungseigentumsobjekte bestelle. Abschließend sei aber klargestellt, dass mit dieser Sichtweise – selbstverständlich – nicht einer völligen Abschaffung des Rechtsinstituts der Dienstbarkeiten im Wohnungseigentumsrecht das Wort geredet werden solle, vielmehr könne dies nur dann ein Thema sein, wenn dadurch dessen fundamentale Strukturprinzipien zur Bedeutungslosigkeit degradiert würden.
[24] Eine solche Umgehung der fundamentalen sachenrechtlichen Strukturprinzipien des Wohnungseigentumsrechts ist im Fall der Begründung einer Grunddienstbarkeit an einem nicht notwendig allgemeinen Teil nicht zu sehen. Die Begründung einer solchen Dienstbarkeit gerät – anders als in 5 Ob 113/95 – nicht in Konflikt mit den Objektkategorien des WEG und den für die entsprechende Einordnung von Liegenschaftsteilen jeweils erforderlichen Eigenschaften; diese soll nicht die Begründung von Wohnungseigentum an einem an sich nicht wohnungseigentumstauglichen Objekt ermöglichen. Die Zugänge und Vorplätze, auf die sich die Dienstbarkeiten beziehen, sind vielmehr allgemeine Teile der Liegenschaft iSd § 2 Abs 4 WEG; sie sind aber eben nicht notwendig allgemeine Teile und damit grundsätzlich einer Sondernutzung durch einen Wohnungseigentümer zugänglich. Dass Mit- und Wohnungseigentümern eine solche Sondernutzung von an sich verfügbaren allgemeinen Teilen jedenfalls nur in der Form des Zubehör-Wohnungseigentums (§ 2 Abs 3 WEG) oder einer bloß obligatorischen Benützungsvereinbarung (§ 17 WEG) eingeräumt werden darf, ist aus den die jeweiligen Voraussetzungen dafür normierenden Bestimmungen nicht abzuleiten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach der Konzeption des Wohnungseigentumsrechts mit diesen beiden Rechtsinstituten dem Interesse der Wohnungseigentümer an einer Sondernutzung an sich verfügbarer allgemeiner Teile entsprochen sein soll. Die Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum kommt ja nur dann nicht in Betracht, wenn diese Teile mit dem Wohnungseigentumsobjekt baulich verbunden sind (§ 2 Abs 3 WEG).
[25] 2.4. (Auch) dervom Rekursgericht genannte Abweisungsgrund der generellen Unzulässigkeit der Begründung einer Dienstbarkeit an einer nicht (zubehör-)wohnungseigentumstauglichen Liegenschaftsfläche liegt somit nicht vor.
[26] 3.1. Nach Ansicht des Erstgerichts stehe der Eintragung der Dienstbarkeiten auch die Rechtsunwirksamkeit ihrer Vereinbarung nach § 38 Abs 1 WEG entgegen.
[27] 3.2. Die Wohnungseigentümer trafen die Dienstbarkeitsvereinbarungen allerdings – wie sie in der Präambel betonen – erst nach der Begründung des Wohnungseigentums und bewusst ohne Einbindung des Wohnungseigentumsorganisators. Abgesehen davon, dass § 38 Abs 1 WEG daher schon grundsätzlich nicht anwendbar ist, hätte ein Verstoß dagegen auch nur eine relative Nichtigkeit zur Folge, die im Grundbuchsverfahren nicht von Amts wegen wahrzunehmen ist (RS0083310; RS0083338; RS0126363).
[28] 4.1. Die von den Vorinstanzen erkannten Eintragungshindernisse liegen demnach nicht vor. Damit ist den Antragstellern aber im Ergebnis nicht geholfen, weil der Bewilligung des Antrags andere Eintragungshindernisse entgegenstehen: Das hier zu beurteilende Alleinbenützungsrecht ist nicht als Grunddienstbarkeit einverleibungsfähig. Zudem ist das Antragsbegehren nicht auf die zur Verbücherung der vereinbarten und einzutragenden Rechte gebotenen Eintragungen gerichtet.
[29] 4.2. Die – gemäß § 9 GBG einverleibungsfähige – Dienstbarkeit ist das dingliche Recht der beschränkten Nutzung einer fremden Sache (5 Ob 29/22h). Eine Grunddienstbarkeit muss dabei der vorteilhafteren oder bequemeren Benützung des herrschenden Grundstücks dienen (§ 473 ABGB; RS0011597 [T1]; RS0011582). Dieses Erfordernis der Nützlichkeit oder Bequemlichkeit bezieht sich immer auf das Grundstück selbst, nicht auf persönliche Vorteile seines Eigentümers (RS0011593 [T1]). Entscheidend für die Einordnung als Dienstbarkeit sind also nur liegenschaftsbezogene Utilitätserwägungen (5 Ob 29/22h).
[30] Die allgemeinen Teile der Liegenschaft stehen im schlichten Miteigentum aller Mit- und Wohnungseigentümer. An ihnen bestehen daher zwar anders als an den Wohnungseigentumsobjekten und deren Zubehör grundsätzlich keine exklusiven Sondernutzungsrechte. Dem einzelnen Wohnungseigentümer kommen daran aber Teilhaberrechte zu; er hat Anspruch auf eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Benützung der gemeinsamen Sache.
[31] Das mit den hier zu beurteilenden Dienstbarkeitsverträgen den jeweiligen Wohnungseigentümern eingeräumte Benützungsrecht besteht darin, die Dienstbarkeitsfläche so zu benützen, wie die Benützung von privaten Hauszugängen und Hausvorplätzen im dortigen Gemeindegebiet ortsüblich ist, somit insbesondere zum Gehen und zum Befahren, zur Durchführung von Ladetätigkeiten, zum Parkieren von Fahrzeugen, als Spielmöglichkeit für Kinder und dergleichen. Die rechtliche Möglichkeit dieser Form der Nutzung besteht allerdings schon aufgrund der den Wohnungseigentümern zukommenden Teilhaberrechten. Zweck und Rechtsfolge der Vereinbarung der Dienstbarkeit der „Alleinbenützung“ ist daher nicht die Einräumung des Rechts zu einer bestimmten Nutzung, sondern der Ausschluss der anderen Teilhaber von dieser Nutzung. Das ohnedies bestehende Nutzungsrecht wird in diesem Sinn an die persönlichen Bedürfnisse der jeweiligen Miteigentümer angepasst. Die auf individuelle Bedürfnisse des Berechtigten abgestimmte dingliche Befugnis, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu seinem Bedürfnis zu benützen, bildet allerdings die Servitut des Gebrauchsrechts iSd § 504 ABGB. Dieses Gebrauchsrecht zählt nach § 478 ABGB (wie auch das Wohnungs- und das Fruchtgenussrecht) zu den persönlichen Servituten.
[32] Eine Dienstbarkeit, die gewöhnlich eine persönliche ist, kann zwar auch als Grunddienstbarkeit bestellt werden (RS0011621). Eine solche Verbücherung ist jedoch nach Rechtsprechung und Lehre nur mit einer zeitlichen Beschränkung möglich, um die dauernde Schaffung geteilten Eigentums zu verhindern (8 Ob 42/22t mwN; RS0115508; RS0011621 [T1]). Eine solche zeitliche Beschränkung enthalten die hier vereinbarten Dienstbarkeiten nicht. Deren Verbücherungsfähigkeit als Grunddienstbarkeit ist daher jedenfalls zu verneinen. Damit erübrigt sich die Klärung der Frage (vgl RS0060544), ob die vornehmlich zum Fruchtgenussrecht ergangene Rechtsprechung, dass eine Dienstbarkeit, die gewöhnlich eine persönliche ist, als Grunddienstbarkeit bestellt werden kann, überhaupt auf das Gebrauchsrecht gemäß § 504 ABGB übertragen werden kann (vgl 2 Ob 124/09p; Hofmeister,Glosse zu 5 Ob 130/92, NZ 1993, 237; Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 479 Rz 12; Merth/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 [2019] § 479 ABGB Rz 1).
[33] 4.3. Zufolge § 85 Abs 2 GBG ist in einem Grundbuchsgesuch genau anzugeben, was im Grundbuch eingetragen werden soll. Die Antragsteller beantragten die Einverleibung und Ersichtlichmachung der zu Gunsten der jeweiligen Mindestanteile eingeräumten Dienstbarkeiten jeweils ob der gesamten Liegenschaft, nicht ob der jeweils damit belasteten Mindestanteile der anderen Mit- und Wohnungseigentümer. Die damit verbundene gleichzeitige Belastung auch des herrschenden Mindestanteils mit der zu seinen Gunsten eingeräumten Dienstbarkeit ist aber ausgeschlossen. Auch die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit sowohl der Begründung einer Grunddienstbarkeit als auch der Belastung mit einer Grunddienstbarkeit im Mit- und Wohnungseigentum bezieht sich naturgemäß auf die jeweiligen Miteigentumsanteile.
[34] Die in den Dienstbarkeitsverträgen enthaltene Aufsandungserklärung ist in diesem Zusammenhang zumindest auslegungsbedürftig. Die Bewilligung der Einverleibung und Ersichtlichmachung bloß ob der jeweils belasteten Mindestanteile der anderen Mit- und Wohnungseigentümer wäre wohl ohnedies kein bloßes die Bewilligung nicht hinderndes Minus (RS0060665).
[35] 5. Der Revisionsrekurs ist damit nicht berechtigt.
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