OGH 5Ob167/21a

OGH5Ob167/21a6.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. F* Gesellschaft m.b.H., *, 2. T* GmbH, *, beide vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen Einreihung einer Urkunde und Einverleibung eines Bestandrechts ob EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 23. Juni 2021, AZ 7 R 73/21x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 30. April 2021, TZ 1940/2021, Uh 3/21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00167.21A.0406.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

 

Urkunden

1 Urkunde vom 22.03.2021

2 Mietvertrag vom 31.05.2013

 

I. Abgewiesen wird

1 in EZ * KG *

die Einreihung der Urkunde vom 22.03.2021 zur Ersichtlichmachung der Urkundeneinreihung für die Selbstbedienungstankstelle auf dem der Liegenschaft EZ * KG * inneliegenden GSt Nr. * gemäß Urkunde vom 22.03.2021.

 

II. Bewilligt wird

in EZ * KG *

die Einverleibung des Bestandrechts für die Zeit bis 31.12.2033 gemäß Punkt 4. der Urkunde vom 22.03.2021 für F* Gesellschaft m.b.H., FN *.

 

Verständigt werden:

1 Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt,

*

2 F* Gesellschaft m.b.H.,

*

3 T* GmbH,

*

4 Marktgemeindeamt *

*

5 Finanzamt *

*

 

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerinnen begehrten zu einer Liegenschaft 1. die Einreihung einer Urkunde zur Ersichtlichmachung der Urkundeneinreihung für eine Selbstbedienungstankstelle auf dem den Grundbuchkörperbildenden Grundstück sowie 2. die Einverleibung eines Bestandrechts für die Erstantragstellerin.

[2] Das Erstgericht wies beide Antragsbegehren ab.

[3] Das Einreihungsbegehren sei durch den Inhalt der vorgelegten Urkunden nicht begründet. Das Objekt, auf das sich die Eintragung beziehe, sei aufgrund dieser Urkunden nicht zweifelsfrei zu identifizieren; diesem fehle aber auch die für ein Superädifikat erforderliche Bauwerkseigenschaft. Außerdem hätten die Antragsteller die einzureihende Urkunde entgegen § 3 Abs 3 UHG nicht in der Urschrift vorgelegt.

[4] Da zum Zweck der Errichtung eines Superädifikats vermietet worden, diese Superädifikatseigenschaft aber nicht gegeben sei, sei iSd § 97 GBG auch das Begehren auf Einverleibung des Bestandrechts abzuweisen.

[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerinnen nicht Folge.

[6] In Punkt 2.a) der Urkunde vom 22. 3. 2021 werde zwar von einem bereits errichteten Superädifikat gesprochen, während in Punkt 1.c) derselben Urkunde ausgeführt werde, dass zum Zweck der Errichtung bzw zum Einbau von Anlagen und Anlagenteilen als Superädifikat vermietet werde. Dieser vom Erstgericht aufgezeigte Widerspruch lasse sich allerdings mit dem Abschluss des Mietvertrags am 31. 5. 2013 und der Errichtung der Urkunde am 22. 3. 2021 erklären. Offensichtlich seien diese Anlagen(‑teile) in dieser Zeitspanne bereits errichtet worden.

[7] Der Mietvertrag vom 31. 5. 2013 lasse aber nicht zweifelsfrei erkennen, welche Anlagen und Anlagenteile im Eigentum der Vermieterin verblieben und welche durch die Mieterin errichtet worden seien. So seien in der Beilage ./B des Mietvertrags als im Eigentum der Vermieterin verbleibend unter anderem Zapfsäulen, das Tankstellendach samt Tankstellenbeleuchtung und ein Gebäude (Kiosk) angeführt. Im Punkt 2.e) des Mietvertrags seien als Superädifikate die über die in dieser Beilage ./B genannten Anlagen und Anlagenteile hinausgehenden Anlagen und Anlagenteile, so vor allem die Produktzapfsäulen, die Tankautomaten, das Videoaufzeichnungsgerät samt Zubehör, die Notruftaste, die Not-Aus-Taste, Preisauszeichnung samt LED-Anzeigen und der PC, jeweils samt Zubehör und Leitungen, genannt. Fraglich bleibe, welche Zapfsäulen im Eigentum der Vermieterin verblieben und welche von der Mieterin errichtet worden seien. Eine jeden Zweifel ausschließende Klarstellung, welche Teile der Tankstellenanlage (nicht) als Superädifikat anzusehen seien, fehle.

[8] Die Einordnung von Anlagen und Anlagenteilen als Bauwerk iSd § 435 ABGB richte sich ausschließlich nach der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung. Bei Superädifikaten müsse es sich um selbständige Gebäude, nicht bloß Gebäudeteile, handeln. Der Oberste Gerichtshof habe zwar bereits eine Tankstellenanlage als Superädifikat beurteilt. In dieser Entscheidung (5 Ob 144/08z) habe aber der Bestandnehmer eine Zapfanlage mit vier Zapfsäulen und einem Flugdach sowie ein Gebäude errichtet. Und eben nur dieses Gebäude sei als Superädifikat iSd § 435 ABGB gewertet worden. Hier verbleibe das bereits auf der Liegenschaft errichtete Gebäude (Kiosk) ebenso wie das allenfalls als Bauwerk zu qualifizierende Flugdach im Eigentum der Vermieterin. An diesen könne daher kein Superädifikat begründet werden. Dagegen seien im Mietvertrag Anlagenteile angeführt, die nicht einmal nach der von den Antragstellerinnen bemühten Definition Bauwerke seien, wie etwa der PC, das (nicht näher definierte) Videoaufzeichnungsgerät samt Zubehör oder die Notruftaste.

[9] Auch im Urkundenhinterlegungsverfahren seien Rechtsanwälte gemäß § 89c GOG zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet; bezughabende Urkunden hätten sie daher gemäß § 10 Abs 2 ERV (2006) in einem Urkundenarchiv iSd § 91c GOG zu hinterlegen. Die Forderung des § 3 UHG, die zu hinterlegende Urkunde in Urschrift anzuschließen, sei damit aber nicht obsolet; diese Formgebote bestünden vielmehr nebeneinander.

[10] Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei die Begründung des Superädifikats an den Anlagen(-teilen) zwar keine Bedingung des Mietvertrags iSd § 97 GBG. In Punkt 1.c) der Urkunde vom 22. 3. 2021 werde jedoch festgehalten, dass zum Zweck der Errichtung bzw zum Einbau von Anlagen und Anlagenteilen als Superädifikat vermietet werde. Dem Mietvertrag lasse sich aber nicht entnehmen, welche Anlagen(-teile) konkret Inhalt des Bestandvertrags seien, weil Punkt 2.e) und die Beilage ./B des Bestandvertrags, insbesondere in Bezug auf die Zapfsäulen, undeutlich formuliert seien. Der Mietvertrag sei daher nicht verbücherungsfähig; ein allfälliger Rechtsnachfolger müsse dem einverleibten Bestandvertrag den Bestandgegenstand unzweifelhaft entnehmen können.

[11] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

[12] Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerinnen, in dem sie die Abänderung im Sinn einer Bewilligung der Anträge anstreben.

Rechtliche Beurteilung

[13] Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch teilweise berechtigt.

I. Zum Antrag auf Einreihung einer Urkunde

[14] 1. § 1 Abs 1 UHG unterscheidet die Urkunden, die in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden aufzunehmen sind, danach, ob die betroffenen Rechte und Lasten bzw deren dingliche Wirkung konstitutiv mit der Hinterlegung der Urkunden entstehen (§ 1 Abs 1 Z 1 UHG) oder mit der Aufnahme der Urkunden lediglich deklarative Wirkung verbunden ist (§ 1 Abs 1 Z 2 UHG). Im Fall der bloß deklarativen Wirkung ist die Einreihung vorzunehmen (5 Ob 178/17p).

[15] Nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG sind Urkunden über den Erwerb eines dinglichen Rechts, sofern für den Rechtserwerb nicht die Hinterlegung erforderlich ist, durch Einreihung aufzunehmen. Nach den Materialien (RV 1106 BlgNR 13. GP  6) sind von dieser Bestimmung insbesondere Urkunden erfasst, mit denen ein Liegenschaftseigentümer einem anderen das Recht eingeräumt hat, auf seiner Liegenschaft ein Bauwerk zu errichten (5 Ob 178/17p).

[16] 2. Ein auf einer Liegenschaft errichtetes Gebäude ist grundsätzlich unselbständiger und daher nicht sonderrechtsfähiger Bestandteil der Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0009946 [T3]); dieses teilt notwendig das sachenrechtliche Schicksal der Liegenschaft. Das Eigentum an dem auf fremdem Grund errichteten Gebäude fällt dem Grundeigentümer zu (§ 297 ABGB; „superficies solo cedit“; vgl RS0009939). Eigentümeridentität ist die Regel, Sonderrechtsfähigkeit die Ausnahme (RS0009946 [T5]).

[17] Eine solche Ausnahme gilt für Superädifikate im Sinn des § 435 ABGB. Der Grundsatz des § 297 ABGB, dass das Eigentum an dem auf fremdem Grund errichteten Gebäude dem Grundeigentümer zufällt, schlägt demnach dann nicht durch, wenn das Gebäude nicht in der Absicht errichtet wurde, auf dem Grund zu bleiben (RS0009939). Entscheidend dafür, ob ein Gebäude durch seine Errichtung kraft Gesetzes zum (unselbstständigen) Bestandteil des Grundes und damit Eigentum des Liegenschaftseigentümers wird, ist also nicht, ob es ohne wesentliche Zerstörung der Substanz wieder demontiert werden kann, sondern die Belassungsabsicht des Erbauers im Zeitpunkt der Errichtung (RS0009939 [T3]; RS0009865 [T7, T8]; RS0011252 [T10]). Dabei kommt es nicht auf die (unkontrollierbare) innere Absicht der Erbauers, sondern auf das äußere Erscheinungsbild an, das vornehmlich aus dem Zweck des Gebäudes, aber auch seiner Beschaffenheit oder anderen Umständen erschlossen werden kann (RS0009865 [T9]; RS0011252 [T8, T12]; RS0015107).

[18] Superädifikate entstehen durch die Errichtung des Bauwerks unter den Voraussetzungen des § 435 ABGB. Mit dem Eintritt dieser Voraussetzungen wird originär Eigentum erworben, also mit einem Vorgang, der urkundlich nicht erfasst ist. Anders als für die Übertragung dieses Eigentumsrechts, ist die Hinterlegung einer Urkunde dafür also nicht erforderlich (RS0011245 [T1, T2]; vgl auch RS0011102).

[19] 3. Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Grundbuchsnovelle 2008 war das Bauwerk ersichtlich zu machen (§ 19 Abs 1 UHG aF). Die Grundbuchsnovelle 2008 hat § 19 Abs 1 UHG (aF) durch § 10 Abs 1a UHG ersetzt, sodass nicht mehr das Bestehen eines Bauwerks im Grundbuch, sondern – geht es um ein originär erworbenes Superädifikat – der Umstand der Einreihung einer Urkunde gemäß § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG für ein solches Bauwerk ersichtlich zu machen ist (§ 10 Abs 1a UHG iVm § 1 Abs 3 UHG). Die Hinterlegung einer Urkunde nach dem UHG wäre daher nicht zulässig (5 Ob 178/17p mwN). Wenn derjenige, der behauptet, an einem Bauwerk iSd § 435 ABGB durch dessen Errichtung originär Eigentum erworben zu haben, die Ersichtlichmachung des Bauwerks im Grundbuch erreichen will, hat er also die Einreihung einer Urkunde iSd § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG zu beantragen (RS0037902).

[20] 4. Die Hinterlegung einer Urkunde ist gemäß § 9 UHG zu bewilligen, wenn 1. kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Hinterlegung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Hinterlegung betrifft, oder gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreiten vorhanden ist, 2. das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet ist und 3. die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung der Hinterlegung erforderlich ist (§ 4 Abs 3 UHG).

[21] Diese Bewilligungsvoraussetzungen gelten für die Einreihung einer Urkunde sinngemäß (§ 1 Abs 3 UHG). Sie entsprechen außerdem im Wesentlichen § 94 Abs 1 Z 2 bis 4 GBG, daher kann auf die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (5 Ob 180/17g).

[22] 5. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat das Grundbuchsgericht bei einem Antrag auf Urkundenhinterlegung die rechtliche Qualifikation eines Bauwerks als Superädifikat iSd § 435 ABGB zwar grundsätzlich nicht zu prüfen (RS0077193). Ungeachtet dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis muss für die Bewilligung das Begehren aber durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet sein (§ 9 Abs 1 Z 2 UHG). Ein Hinterlegungsbegehren ist daher etwa dann abzuweisen, wenn aus den beigebrachten Urkunden selbst unzweifelhaft die Nichtexistenz des Bauwerks hervorgeht oder ein nicht als Superädifikat zu beurteilendes Gebäude vorliegt (5 Ob 35/15f; 5 Ob 190/14y).

[23] Aus § 4 UHG folgt weiters das Erfordernis der Bestimmtheit des Bauwerks iSd § 435 ABGB. In dem Antrag ist die Liegenschaft durch die Einlagezahl, erforderlichenfalls durch die Grundstücksnummer zu bezeichnen (§ 4 Abs 1 UHG). Dem Antrag kann ein Plan über die Lage des Bauwerks angeschlossen werden (§ 4 Abs 2 UHG). Urkunden eignen sich zur Hinterlegung nur, wenn sie den §§ 432437, 451, 481 ABGB entsprechen. Soweit diese Bestimmungen nicht unmittelbar anzuwenden sind, gelten die §§ 432, 433 ABGB sinngemäß (§ 4 Abs 3 UHG). Form und Inhalt der Urkunden müssen daher praktisch ident mit jenen anderer Grundbuchsurkunden sein. Die Urkunde muss das Objekt so ausreichend bezeichnen, dass an seiner Identität kein Zweifel aufkommen kann (5 Ob 35/15f; 5 Ob 85/16k mwN), etwa durch die Vorlage eines Plans oder durch eine Beschreibung des Bauwerks nach (beispielsweise) seiner Bauweise, Größe oder Umfang der verbauten Fläche in der Urkunde. Die Bezeichnung als „Superädifikat“ reicht nicht aus (RS0130030).

[24] Für die Einreihung einer Urkunde gemäß § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG kann im Wesentlichen nichts anderes gelten (arg § 1 Abs 3 UHG).

[25] 6. Die Bestimmtheit des Objekts und deren Bauwerkseigenschaft iSd § 435 ZPO sind daher gemäß § 9 Abs 1 Z 2 UHG anhand des Urkundeninhalts zu prüfende Voraussetzungen für die Bewilligung der Hinterlegung oder Einreihung einer Urkunde. Beide Voraussetzungen haben die Vorinstanzenhier zu Recht verneint.

[26] Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs muss es sich auch bei den nicht für Dauer bestimmten Bauwerken („Überbauten“, „Superädifikaten“) um selbständige Gebäude, nicht bloß Gebäudeteile handeln (RS0009868; RS0009906). Gebäude ist alles, was auf Grund gebaut und mit [diesem] fest verbunden ist. Dazu gehören nicht nur Häuser, sondern auch andere Bauten, gleichviel aus welchem Material sie bestehen, zB Umfassungsmauern, Holzzäune, Eisengitter, ständige Flaggenmasten, auch Aussichtswarten, Maschinenschuppen, Scheunen, Transformatorenhäuser. Auch Fertigteilhäuser, Fertigteilschwimmbecken und Fertigteilgaragen werden dem Begriff des Gebäudes nach § 297 ABGB zugeordnet (RS0009921; 1 Ob 139/20b). Aufbauten auf realen Gebäuden sind hingegen keine Superädifikate (RS0009921 [T6]).

[27] Für die Ansicht der Antragstellerinnen, zumVerständnis des Begriffs des Bauwerks iSd § 435 ABGB sei darüber hinaus auf § 1319 ABGB und die dazu ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen, gibt es keine sachliche Rechtfertigung. Das ABGB und die Rechtsprechung verwenden die Begriffe „Gebäude“ und „Bauwerk“ teilweise synonym, teilweise wird letzterer aber auch als Überbegriff gebraucht (1 Ob 139/20b). Eine einheitliche Auslegung des Begriffs des Bauwerks sowohl nach § 435 ABGB als auch nach § 1319 ABGB ist dabei weder geboten noch angezeigt, weil das Superädifikat eine sachenrechtliche Qualifikation ist, derenZweckbestimmung nicht mit jener der schadenersatzrechtlichen Haftung nach § 1319 ABGB übereinstimmt. Der Begriff des „Werkes“ iSd § 1319 ABGB ist weit auszulegen, weil dieser Haftungstatbestand nach dem Gesetzeszweck alle typischen Gefahren, die sich aus Statik und Dynamik eines Werks ergeben, umfassen soll (vgl RS0029880; RS0029970; RS0029932). § 435 ABGB ist hingegen eine Ausnahme zum zwingenden sachenrechtlichen Grundsatz superficies solo cedit (vgl RS0009887; RS0009890), Ausnahmebestimmungen sind grundsätzlich nicht ausdehnend auszulegen (RS0008903). Auch der Zweck des § 435 ABGB, Bauwerken als an sich unselbstständigen Bestandteilen einer Liegenschaft ausnahmsweise Sonderrechtsfähigkeit zu verleihen (vgl Kletečka, Der Bauwerksbegriff im Superädifikatsrech immolex 2004, 264), gebietet keine noch weitere Auslegung.

[28] Jene Objekte, denen nach Ansicht der Antragstellerinnen Superädifikatseigenschaft zukommen soll, sind im Pkt 2.e) des Mietvertrags vom 31. 5. 2013 beispielhaft (arg „vor allem“) angeführt. Demnach sollen sämtliche vom Mieter auf dem Mietgegenstand zusätzlich zu den in der Beilage ./B genannten Anlagen und Anlagenteile neu errichteten und angebrachten Anlagen sowie Anlagenteile, so vor allem die Produktzapfsäulen, die Tankautomaten, das Videoaufzeichnungsgerät samt Zubehör, die Notruftaste, die Not-Aus-Taste, Preisauszeichnung samt LED‑Anzeigen, der PC und zwar jeweils samt sämtlichem Zubehör und allen dafür notwendigen Leitungen im uneingeschränkten Eigentum des Mieters verbleiben und in der Absicht ihrer nicht dauernden Belassung auf dem Mietgegenstand eingerichtet bzw errichtet werden.

[29] Anders als in der Entscheidung 5 Ob 144/08z, die eine von einem Flugdach bedeckte Zapfsäule und ein Gebäude im Ausmaß von 5 bis 6 m x 4 m betraf, soll hier demnach sowohl das Gebäude als auch das Tankstellendach im Eigentum des Vermieters stehen. Dass das Videoaufzeichnungsgerät samt Zubehör, die Notruftaste, die Not-Aus-Taste, Preisauszeichnung samt LED-Anzeigen, der PC und zwar jeweils samt sämtlichem Zubehör und allen dafür notwendigen Leitungen nicht als Bauwerke iSd § 435 ABGB zu qualifizieren sind, bedarf keiner weiteren Erörterung; es fehlt schon an der erforderlichen festen Verbindung mit Grund und Boden. Anders könnten die (wohl grundfest errichteten) Produktzapfsäulen und Tankautomaten gesehen werden. Aber gerade diese Objekte sind auf Basis der vorgelegten Urkunden nicht eindeutig zu identifizieren, weil nach Beilage ./B ebenso nicht weiter spezifizierte Zapfsäulen im Eigentum des Vermieters verbleiben sollen. Auch inVerfahren nach dem Urkundenhinterlegungsgesetz ist es dem Grundbuchsgericht verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Gesuchs zu führen (5 Ob 190/14y; RS0060573).

[30] 7. Eine Wiederholung des Einreihungsgesuchs in Bezug auf die vorgelegten Urkunden kommt nicht in Betracht, weswegen die Prüfung der weiteren vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgründe unterbleiben kann (RS0060544; für das Urkundenhinterlegungsverfahren 5 Ob 226/11p mwN).

II. Zum Antrag auf Verbücherung des Bestandrechts

[31] 1. Das Bestandrecht kann im Grundbuch eingetragen werden (§ 9 GBG; § 1095 ABGB). Der Eintragung des Bestandrechts kommt aber keine allgemein dingliche Wirkung gegenüber dritten Personen zu (RS0020428, vgl auch RS0122463). Die Wirkung der Eintragung des Bestandrechts beschränkt sich im Wesentlichen auf die in § 1120 ABGB vorgesehenen Rechtswirkungen. Sie beseitigt also insbesondere das Kündigungsrecht des Erwerbers der Liegenschaft nach § 1120 ABGB (RS0020428 [T1, T2]). Die nach § 94 Abs 1 GBG gebotene Prüfung eines Gesuchs auf Eintragung eines Bestandvertrags muss aber nach den Erfordernissen der §§ 26 ff GBG erfolgen und insbesondere § 32 GBG genügen (RS0122463 [T2]).

[32] 2. Voraussetzung für die Verbücherung eines Bestandrechts ist demnach nicht nur die Zustimmung (also die Aufsandungserklärung) des Bestandgebers und Eigentümers, sondern auch, dass in der (die Eintragungsgrundlage bildenden) Vertragsurkunde die wesentlichen Vertragspunkte festgelegt sind. In dieser muss die Höhe des Bestandzinses angegeben und der Bestandgegenstand deutlich bezeichnet sein. Aus dem Verbot der Einverleibung von Bestandverträgen auf unbestimmte Zeit (vgl 5 Ob 212/19s mwN) folgt zudem, dass sich aus der Vertragsurkunde auch die vereinbarte Bestanddauer oder die entsprechenden Modifikationen des ordentlichen Kündigungsrechts ergeben müssen (5 Ob 146/15d mwN).

[33] 3. Der räumliche Umfang des Bestandrechts muss demnach aus den vorliegenden Urkunden klar ersichtlich sein (vgl zum Fall der Vermietung nur eines von mehreren Grundstücken einer Liegenschaft: RS0118470 [T4, T5]).

[34] Entgegen der korrekturbedürftigen Auffassung des Rekursgerichts ist dies hier der Fall. Gegenstand des Mietvertrags ist nämlich nicht bloß ein räumlicher Teil der Liegenschaft, sondern zweifelsfrei das gesamte den Grundbuchskörper bildende Grundstück. Damit ist der Bestandgegenstand mit der für das Grundbuchsverfahren gebotenen Eindeutigkeit bestimmt. Daran ändert nichts, dass im Mietvertrag einzelne bestehende Anlagen und Anlagenteile ausdrücklich genannt und als Bestandteile der Liegenschaft und damit des Bestandgegenstands qualifiziert werden und in einem Punkt dieser Aufzählung, den Zapfsäulen, die Abgrenzung gegenüber den von der Mieterin zusätzlich errichteten Anlagen und Anlagenteilen unklar blieb.

[35] 4. Der vertraglich festgehaltene Zweck des Bestandvertrags (Errichtung eines Superädifikats) ist – wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführt – keine Beschränkung oder Gegenverpflichtung iSd § 97 GBG (vgl RS0060670).

III. Ergebnis

[36] Die Abweisung des Einreihungsantrags erfolgte zu Recht, weil iSd § 9 Abs 1 Z 2 iVm § 1 Abs 3 UHG schon aus den beigebrachten Urkunden selbst hervorgeht, dass die Objekte nicht als Bauwerke und damit nicht als Superädifikat zu beurteilen und/oder nicht ausreichend bestimmt sind. Die von den Vorinstanzen für die Verbücherung des Bestandrechts angenommenen Eintragungshindernisse liegen nicht vor; andere sind nicht ersichtlich.

[37] Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben. In Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen war der Antrag auf Einverleibung des Bestandrechts zu bewilligen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte