Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig, weil die Vorinstanzen weder von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind noch der vom Vater aufgeworfenen Rechtsfrage „des Verhältnisses der Erziehungssuffizienz und der Menschenrechte des Kindes und des leiblichen Elternteils auf Umgang miteinander" Präjudizialität zukommt. Die Zurückweisung kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG):
1. Das in § 148 Abs 1 ABGB normierte Recht des minderjährigen Kindes und des mit ihm nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils, miteinander persönlich zu verkehren (Besuchsrecht), ist ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung, das aber im Konfliktfall gegenüber dem Wohl des Kindes zurückzustehen hat, wenn die nachteiligen Auswirkungen für das Kind klar jenes Maß überschreiten, das als Folge der Zerrüttung der Eltern ganz allgemein in Kauf genommen werden muss RIS-Justiz RS0048068, RS0047777, RS0047754). Übliche, allein auf Spannungen zurückzuführende Irritationen, wie sie häufig nach dem Scheitern einer Ehe zu beobachten sind, reichen nicht aus, um das Besuchsrecht zu untersagen; dafür müssen triftige und schwerwiegende Gründe vorliegen (RIS-Justiz RS0047996, RS0047950, RS0047955). Oberster Grundsatz jedes Besuchsrechts ist die Bedachtnahme auf das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047958, RS0048056). Zufolge § 148 Abs 1 Satz 2 ABGB hat das Gericht nötigenfalls, besonders wenn die Beziehungen des Kindes zu dem Elternteil, bei dem es aufwächst, unerträglich gestört würden, die Ausübung des Besuchsrechts ganz zu untersagen. In einem solchen Konfliktfall hat der Besuchsrechtsanspruch eines Elternteils gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten, auch wenn es immer nur vorübergehend oder bis auf weiteres, grundsätzlich aber nicht für immer untersagt werden kann (RIS-Justiz RS0047950 [T10], RS0048068 [T9]). Wenn auch § 108 AußStrG auf eine noch nicht Vierzehnjährige keine Anwendung findet, kommt dennoch der Verweigerung des Kontakts mit dem Vater durch eine unmündige Minderjährige ein gewisses Gewicht bei der Beurteilung zu, inwieweit gegen ihren feststehenden Willen die Ausübung des Besuchsrechts ermöglicht werden soll, weil dadurch die ablehnende Haltung des Kindes vertieft und verstärkt werden kann (5 Ob 59/08z = iFamZ 2008/95 mwN). Mündigkeit stellt keine starre Grenze für die Beachtlichkeit der Verweigerung des persönlichen Verkehrs durch Minderjährige dar; auch gewinnt ihre Einstellung zum Besuchsrecht mit zunehmenden Alter größeres Gewicht (RIS-Justiz RS0047981 [T4 und T9]).
Ob die Weigerung einer bei ihrer Befragung noch nicht 11 ½ Jahre alten Unmündigen zu beachten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0047981 [T5] - im vorliegenden Fall stand das Mädchen im Zeitpunkt ihrer Befragung am 30. April 2008 ON S-18 im 11. Lebensjahr). Auch die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil das Besuchsrecht verweigert werden soll, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG liegen daher nur vor, wenn leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden (RIS-Justiz RS0097114), was vorliegend nicht der Fall ist.
Es steht fest, dass (vor allem) ohne neutrale Haltung beider Eltern zueinander - die derzeit nach der Aktenlage weit entfernt zu sein scheint - und einer Änderung beider Verhalten Besuchskontakte des Vaters schwer durchführbar sind und - bei Durchsetzung gegen den klar und mehrfach erklärten Willen der nunmehr im 13. Lebensjahr befindlichen Minderjährigen - diese in eine ihr Kindeswohl gefährdende belastende psychische Situation bringen würden. Bei dieser Sachlage verstößt die Auffassung der Vorinstanzen, dass ein gegen den Willen des Kindes angeordnetes Besuchsrecht aufgrund der Gefährdung des Wohls der Minderjährigen durch erzwungene Besuchskontakte abzulehnen ist, keineswegs gegen leitende Grundsätze der Rechtsprechung, zumal auch im unverschuldeten Konfliktfall der Besuchsrechtsanspruch eines Elternteils gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten hat (RIS-Justiz RS0048068 [T5], RS0047777 [T4] = RS0047955 [T6] = RS0047950 [T9]). Auf die Beurteilung der erzieherischen Fähigkeiten des Vaters kommt es dann aber nicht mehr entscheidend an.
2. Das gilt auch betreffend die vom Vater begehrten Anbahnungsmaßnahmen für den Kontakt mit ihm - entsprechend seinem Antrag im Revisionsrekurs - „im Sinne eines begleiteten Besuchsrechtes". Das Verfahren hat nämlich keinen Hinweis darauf ergeben, dass eine Besuchsbegleitung die aufgezeigte Gefährdung des Kindeswohls beseitigen könnte; vielmehr hat die beigezogene Sachverständige ausdrücklich erklärt, es sei derzeit verfrüht, Besuchskontakte festzusetzen (ON S-43, S-4). Auch dazu liegt daher keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts vor.
3. Die Anordnung von Zwangsmitteln nach § 79 Abs 2 AußStrG zur Durchsetzung von Besuchsrechtsregelungen sieht § 110 Abs 1 AußStrG nur für gerichtliche oder gerichtlich genehmigte Regelungen vor. Überdies ist es deren Zweck, nicht für die Vergangenheit zu bestrafen, sondern dem Besuchsrecht in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen (RIS-Justiz RS0007310 [T8 und T10]).
Für die Zeit nach dem 30. Juni 2008 existiert weder ein festgesetztes noch ein genehmigtes Besuchsrecht (an die Stelle des gerichtlich genehmigten und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vergleichs vom 28. Mai 2002 [ON 18 in 7 P 117/07v des Bezirksgerichts Liesing] trat der nur den Zeitraum zwischen 3. Februar 2008 und 30. Juni 2008 regelnde, ebenfalls genehmigte Vergleich vom 15. Jänner 2008 [ON S-13 in diesem Pflegschaftsverfahren]); der Besuchsrechtsantrag des Vaters wurde nunmehr abgewiesen, sodass ihm vorerst (!) kein solches zusteht. Schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Erstgerichts fehlte es daher an einem durchzusetzenden Besuchsrechtstitel und einer sonstigen Verfügung/Entscheidung des Pflegschaftsgerichts, wogegen die Mutter verstoßen hätte können. Von der Verhängung oder Androhung von Geldstrafen haben die Vorinstanzen daher in vertretbarer Weise ohne aufzugreifende Fehlbeurteilung abgesehen.
4. Die vom Antragsgegner gerügte Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt jedoch nicht vor, weil im Besuchsrechtsverfahren nicht (jedenfalls vorrangig) die Tauglichkeit des Lebens- und Erziehungsstils des betreuenden Elternteils zu prüfen ist, sondern - wie bereits dargestellt - darauf abzustellen ist, ob durch eine Ausübung des Rechts auf den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil das Wohl des minderjährigen Kindes gefährdet ist (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).
5. Trotz Bekämpfung der Rekursentscheidung im vollen Umfang enthält das Rechtsmittel zur Übertragung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN weder einen darauf gerichteten Rechtsmittelantrag noch substantielle inhaltliche Ausführungen.
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