European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00043.18X.0627.000
Spruch:
Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Betreibende beantragte aufgrund eines vollstreckbaren Urteils des Landesgerichts Wels, ihr zur Durchsetzung ihres Anspruchs die Exekution nach § 350 EO sowie die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Exekutionskosten zu bewilligen.
Das Erstgericht wies den Antrag an.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Betreibenden mit dem Antrag, den Beschluss dahin abzuändern, dass die Exekution im beantragten Umfang bewilligt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.
1. Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 Abs 1 EO ist der Revisionsrekurs grundsätzlich auch im Exekutionsverfahren (RIS‑Justiz RS0002321 [T14 und T18]) jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist (RIS‑Justiz RS0012387 [T13, T15, T16]).
2. Von dieser Regelung macht die EO nur in den Fällen des § 402 Abs 1 letzter Satz (Entscheidungen im Provisorialverfahren), § 411 Abs 4 EO (Erteilung oder Versagung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels) und § 418 Abs 4 EO (Entscheidungen über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung) eine Ausnahme. Wegen des generellen Verweises in § 88 Abs 2 EO auf das GBG gilt das nach der Rechtsprechung auch für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung (3 Ob 5/14b).
3.1 Seit der Entscheidung 3 Ob 41/93 (SZ 66/87) lehnt der Senat zudem die Anwendung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für die Rechtslage nach der WGN 1989 auch im Bereich der Exekution nach § 350 EO ab. Dem liegt der Umstand zugrunde, dass im Grundbuchsverfahren konforme Rekursentscheidungen seit dieser Novelle anfechtbar sind (vgl § 126 Abs 2 GBG).
3.2 Diese Rechtsprechung reduzierte die Vorschriften des § 78 Abs 1 EO bzw § 528 Abs 2 Z 2 ZPO teleologisch im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgebots dahin, „ dass sie auf Grund ihres durch die WGN 1989 überschießend gewordenen Wortlautes auf Exekutionsführungen nach § 350 EO nicht mehr anzuwenden sind “. Die dadurch entstandene Lücke sei durch eine analoge Anwendung des § 126 Abs 2 GBG bzw die Rechtsmittelnormen des AußStrG zu schließen (RIS‑Justiz RS0022851) und die Zulässigkeit des Rekurses bei § 350 EO nach § 126 GBG zu beurteilen. Dies deshalb, weil der Exekutionstitel gleichzeitig gemäß § 33 GBG eine Urkunde bilde, aufgrund derer die Einverleibung stattfinden könne, sodass die in der angeführten Gesetzesstelle geregelten Eintragungen und Löschungen in der Regel auch im Grundbuchsverfahren beantragt werden könnten (3 Ob 41/93).
3.3 Der Entscheidung 3 Ob 41/93 lag allerdings ein Fahrnisexekutionsverfahren zugrunde, weshalb die Ausführungen zu § 350 EO nur obiter erfolgten. In weiterer Folge lehnte der exekutionsrechtliche Fachsenat eine Ausnahme vom Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für die Zwangsversteigerung ab und hob dabei den Unterschied zur Exekution nach § 350 EO hervor (3 Ob 289/97i SZ 70/205, 3 Ob 199/06w).
3.4 Später wurde zu 3 Ob 134/07p die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses in einem Exekutionsverfahren nach § 350 EO in Anknüpfung an die Entscheidung 3 Ob 41/93 mangels Anwendbarkeit des Rechtsmittelausschlusses gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO verneint. An dieser Linie hielt der Senat auch zu 3 Ob 17/09k ungeachtet der Kritik in der Lehre (vgl unten) „ aus den in 3 Ob 41/93 dargelegten Erwägungen “ fest, woran sich weitere Entscheidungen anschlossen (3 Ob 26/09h, 3 Ob 245/10s, 3 Ob 127/11i, 3 Ob 236/12w, 3 Ob 155/13k, 3 Ob 136/14t). Dabei wurde – auch zuletzt – betont, es solle kein Unterschied in der Anfechtbarkeit derartiger Entscheidungen – nach deren Erlassung im Grundbuchs- oder im Exekutionsverfahren – bestehen (RIS-Justiz RS0022851 [T2], jüngst 3 Ob 136/14t).
4.1 Gegen die referierte Judikaturlinie wurde eingewendet ( Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner , 19. Lfg [2014], § 65 EO Rz 36), es sei aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung des exekutions- und grundbuchsrechtlichen Rechtsmittelverfahrens inkonsequent und erscheine zumindest bedenklich, eine nicht bestehende Gesetzeslücke durch teleologische Reduktion zu schaffen und diese gleichzeitig durch Analogie zu schließen. Eine teleologische Reduktion sei nur dann zulässig, wenn der Wortlaut eines Gesetzes einen Fall erfasse, der dem Sinn nach nicht erfasst sein sollte. Dadurch, dass es der Gesetzgeber ermöglicht habe, die Ansprüche auf Durchsetzung bücherlicher Eintragungen auch im Exekutionsverfahren und nicht nur nach dem GBG geltend zu machen, sei bewusst eine Doppelgleisigkeit geschaffen worden. Dem Berechtigten stehe das Wahlrecht zu, seinen Anspruch exekutiv oder im Wege des Grundbuchsverfahrens durchzusetzen, wo der Exekutionstitel nach § 33 GBG als Urkunde fungiere, welche die Grundlage einer Einverleibung bilden könne. Dass die Doppelgleisigkeit die Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen zur Folge habe, sei dem Gesetzgeber bewusst gewesen, wenngleich bezüglich der Anfechtbarkeit konformer Beschlüsse zur Zeit der Schaffung des § 350 EO im GBG 1871 und der EO kein Unterschied bestanden habe.
Dafür gab und gebe es aber auch hinsichtlich anderer Vorschriften Unterschiede: So richte sich etwa die Rekursfrist bei einer Entscheidung nach § 350 EO nach der EO, die Tage des Postlaufs seien in die Rekursfrist nicht einzurechnen und ein schriftlicher Rekurs müsse anwaltlich unterfertigt sein. Im Ergebnis erweise sich hier das Exekutionsverfahren schneller als das Grundbuchsverfahren, wofür sich der Berechtigte bewusst entscheiden können sollte. Der Rekurs gegen konforme Rechtsmittelentscheidungen sei somit auch im Bereich des § 350 EO unzulässig, weil die EO keine diesbezügliche Ausnahme vorsehe.
4.2 Diesen Ausführungen schloss sich Jakusch (in Angst/Oberhammer , EO 3 § 65 Rz 20/4) an und hob hervor, dass der betreibende Gläubiger die Wahl habe, ob er seinen Anspruch im Wege eines „ normalen “ Grundbuchsgesuchs, auf das gegebenenfalls auch § 126 Abs 2 GBG anzuwenden sei, verfolgen wolle oder ob er dazu den Weg der Exekution beschreite, der eine derartige Regelung eben nicht kenne.
4.3 Klicka (in Angst/Oberhammer , EO 3 § 350 Rz 7) referiert die Rechtsprechung neutral, ohne selbst Stellung zu nehmen. Höllwerth (in Deixler-Hübner , 25. Lfg [2018], § 350 EO Rz 22) verweist zur Unanwendbarkeit des Rechtsmittelausschlusses auf Konformatbeschlusse bei Exekutionsführungen nach § 350 EO infolge teleologischer Reduktion der nach der EO geltenden Rechtsmittelvorschriften auf die in den oben angeführten Entscheidungen enthaltenen Argumente und den bereits zitierten Rechtssatz (RIS‑Justiz RS0022851 [T2]).
5.1 Der Senat schließt sich nunmehr den kritischen Stellungnahmen im Schrifttum an und geht aus folgenden Überlegungen von seiner zur Rechtslage nach WGN 1989 entwickelten Rechtsprechung ausdrücklich ab:
5.2 Nach § 78 Abs 1 EO haben auch im Exekutionsverfahren die Bestimmungen der ZPO ua über das Rechtsmittel des Rekurses zur Anwendung zu kommen, „soweit in diesem Gesetze nichts anderes angeordnet ist“.
5.3 Ein Anlass für eine teleologische Reduktion des § 78 Abs 1 EO ist hier schon deshalb nicht zu finden, weil zwischen dem Grundbuchsverfahren und einem auf § 350 EO gestützten Exekutionsverfahren zahlreiche Abweichungen im Bereich des Rechtsmittelrechts bestehen, die eine Annahme fehlender Unterschiede in der Anfechtbarkeit (bzw im Rechtsmittelverfahren) klar widerlegen. Beispielsweise sind in diesem Zusammenhang die Rechtsmittelfrist (RIS-Justiz RS0002029 [keine Anwendung der 30-tägigen Rekursfrist des GBG im Exekutionsverfahren]) und ihre Berechnung (RIS‑Justiz RS0061005 [Abrechnung der Zeit für den Postweg im Exekutionsverfahren entgegen § 81 Abs 2 GBG]), die Anwaltspflicht für exekutionsrechtliche Rechtsmittel (§ 520 ZPO iVm § 78 Abs 1 EO versus § 6 AußStrG), die nach der EO zum Teil mögliche Rechtsmittelbeantwortung (§ 65 Abs 3 EO versus § 126 Abs 2 GBG) sowie das Kostenersatzrecht im Rechtsmittelverfahren nach der EO (vgl aber RIS-Justiz RS0035961 [kein Kostenersatz im Grundbuchsverfahren]) aufzuzählen.
5.4 Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in der EO an anderen Stellen durchaus generell auf die Verfahrensbestimmungen des GBG verweist (vgl § 88 Abs 2, § 89 Abs 2 und § 208 Abs 2 EO), während in § 350 Abs 2 und Abs 5 EO nur auf einzelne Regelungen des GBG Bezug genommen wird, die weder die Anfechtbarkeit an sich noch das Rechtsmittelverfahren regeln (vgl ähnliche Verweise bei § 104 Abs 1, § 138 Abs 1, § 150a, § 186 Abs 3, § 199 Abs 1 EO und § 320 Abs 3 EO).
5.5 Da das Gesetz also nicht verbietet, bei der Anfechtbarkeit von das Grundbuch betreffenden Beschlüssen danach zu unterscheiden, ob diese innerhalb oder außerhalb eines Exekutionsverfahrens gefasst wurden, besteht für eine teleologische Reduktion der Bestimmungen des § 78 Abs 1 EO bzw § 528 Abs 2 Z 2 ZPO in Exekutionsverfahren nach § 350 EO keine dogmatisch gesicherte Grundlage.
5.6 In der unterschiedlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens nach der EO und dem GBG ist aber auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erkennen, weil der Antragsteller die Möglichkeit hat, zwischen den jeweiligen Formen des Rechtsschutzes zu wählen.
6. Angesichts dieser Erwägungen kann der Fachsenat seine Rechtsprechung in Bezug auf die Anfechtbarkeit konformer Beschlüsse in Exekutionsverfahren nach § 350 EO nicht aufrecht erhalten. Daher steht dem vorliegenden Rechtsmittel der Betreibenden der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 Abs 1 EO entgegen (RIS-Justiz RS0002321, RS0002511).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)