OGH 3Ob129/13m

OGH3Ob129/13m21.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** AG, *****, vertreten durch Mag. Rudolf Siegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Mag. Okan Ersoy, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 6. März 2013, GZ 39 R 368/12z‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 29. August 2012, GZ 36 C 12/12i‑12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.018,35 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 137,39 EUR an USt und 194 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte, ihr Ehemann (in Hinkunft: Vater) und deren gemeinsamer, im September 1998 geborener Sohn lebten seit 1998 in der nunmehr aufgekündigten Wohnung in Wien 20. Im Zusammenhang mit der Scheidung im Jahr 2009 zog der Vater aus und von Vermieterseite wurde die alleinige Mieterstellung der Beklagten anerkannt. Im Jahr 2010 beabsichtigte die Beklagte, aus der etwa 80 m² großen Wohnung, in der für den Sohn ein eigenes Zimmer eingerichtet ist, auszuziehen. Da der Sohn, für den der Beklagten die alleinige Obsorge zukommt, nicht wegziehen wollte, weil Verwandte im selben Haus wohnen und das von ihm besuchte Gymnasium nur wenige Gehminuten entfernt ist, vereinbarten die Eltern, dass der Vater statt der Beklagten einziehen werde. Dem entsprechend zog der Vater im September 2010 in die Wohnung ein und die Beklagte übersiedelte in eine etwa 70 m² große Wohnung in Wien 12, die sie mit ihrem Lebensgefährten bewohnt; ein eigenes Zimmer für den Sohn ist dort nicht vorhanden. Seither wohnen Vater und Sohn in der Wohnung in Wien 20. Der Mietzins wurde vorerst für einige Zeit von der Beklagten, danach vom Vater bezahlt.

Die Klägerin als Vermieterin kündigte der Beklagten die Wohnung in Wien 20 mit Schriftsatz vom 12. Jänner 2012 (zugestellt am 20. Jänner 2012) auf, weil sie (soweit in dritter Instanz noch relevant) den Mietgegenstand ohne Zustimmung des Vermieters zur Gänze weitergegeben habe und die Wohnung nicht zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses oder jenes eintrittsberechtigter Personen regelmäßig verwendet werde. Die Beklagte sei ständig an einer anderen Adresse wohnhaft und gemeldet und befriedige dort ihr dringendes Wohnbedürfnis. In dieser 70 bis 80 m² großen Wohnung sei auch der Sohn ausreichend wohnversorgt.

Die Beklagte erhob Einwendungen, gestand ihren Auszug zu und brachte ua vor, die gekündigte Wohnung werde nach wie vor vom Vater und dem gemeinsamen Sohn bewohnt. Dieser habe seinen Lebensmittelpunkt in Wien 20 und besuche dort die Schule, weshalb er die Wohnung ununterbrochen für ein dringendes Wohnbedürfnis nütze.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung vom 17. Jänner 2012 auf. Ausgehend vom eingangs zusammengefasst dargestellten Sachverhalt bejahte es die Stellung des Sohnes als eintrittsberechtigte Person iSd § 14 Abs 3 MRG. Im Hinblick auf den mit Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit absehbaren Verlust des im Familienrecht begründeten Wohnanspruchs sei ein aktuelles und dringendes Wohnbedürfnis des Sohnes an der gekündigten Wohnung anzunehmen, der Zeit seines Lebens immer dort gewohnt und wegen der in der Nähe befindlichen Schule und der im Haus wohnenden Verwandten sogar darauf verzichtet habe, mit seiner obsorgeberechtigten Mutter in deren neue Wohnung zu übersiedeln. Deshalb sei der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil im Sinn einer Rechtswirksamerklärung der Aufkündigung ab. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Dem zwölfjährigen Sohn der Beklagten mangle es am dringenden Wohnbedürfnis an der gekündigten Wohnung. Zum Zeitpunkt der Weitergabe im September 2010 sei seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht absehbar gewesen, sodass ein über seinen familienrechtlichen Anspruch auf Wohnversorgung hinausgehender dringender Bedarf an der Sicherung der Wohnmöglichkeit zu verneinen sei. Es stehe ihm sowohl gegenüber der Beklagten ein solcher Anspruch zu, als auch gegenüber seinem Vater, allerdings mangels dessen Eintrittsberechtigung nicht im aufgekündigten Objekt. Die rechtsgeschäftliche Gebrauchsüberlassung beruhe auf einer Willenseinigung zwischen Mieter und Übernehmer und setzte daher auf beiden Seiten (volle) Geschäftsfähigkeit voraus. Eine Willenseinigung zwischen der Beklagten und ihrem unmündigen Sohn scheide schon mangels dessen Geschäftsfähigkeit (und mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung, deren Vorliegen nicht behauptet worden sei) aus. Damit sei der Kündigungsgrund der gänzlichen Weitergabe wegen der Überlassung an den nicht eintrittsberechtigten Vater verwirklicht.

Die ordentliche Revision sei zulässig, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die gänzliche Weitergabe einer Wohnung an eine eintrittsberechtigte Person den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG auch dann nicht verwirkliche, wenn die eintrittsberechtigte Person unmündig oder zumindest minderjährig ist.

Dagegen erhob die Beklagte eine Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klageabweisung, hilfsweise auf Aufhebung. Inhaltlich wendet sich die Beklagte zusammengefasst gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, ein dringendes Wohnbedürfnis ihres Sohnes sei zu verneinen, weil er über keine ausreichende und gleichartige alternative Wohnmöglichkeit verfüge.

Dem tritt die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils berechtigt .

1. In dritter Instanz ist ausschließlich der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG zu prüfen, der gegeben ist, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in nächster Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen dringend benötigt. Die Erfüllung des Kündigungstatbestands setzt also das Vorliegen zweier Tatbestandsmerkmale voraus, nämlich einerseits die gänzliche Weitergabe und andererseits den Nichtbedarf. Fehlt es an einem dieser Tatbestandsmerkmale, so ist der Kündigungsgrund nicht erfüllt (7 Ob 709/89).

2. Zur Weitergabe

2.1. Das Berufungsgericht erachtete eine Weitergabe an den seinerzeit 12‑jährigen Sohn der Beklagten für ausgeschlossen, weil die rechtsgeschäftliche Gebrauchsüberlassung auf beiden Seiten volle Geschäftsfähigkeit voraussetze und berief sich dazu auf die Entscheidung 3 Ob 142/97x. Darin wird klargestellt, dass die Weitergabe iSd § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG eine Willenseinigung zwischen Mieter und Übernehmer voraussetzt, also rechtsgeschäftlicher Natur ist. Diese Entscheidung blieb allerdings vereinzelt; sie hatte sich mit der Abgrenzung zu einer eigenmächtigen Inbesitznahme des Mietgegenstands durch einen Dritten ohne Wissen und Willen der demenzkranken und deshalb allenfalls geschäftsunfähigen Mieterin zu beschäftigen und betonte wohl deshalb, dass es einer Willenserklärung (auch) des Mieters bedarf. Im Übrigen wird unter der hier in Rede stehenden Weitergabe jede entgeltliche oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung verstanden (RIS‑Justiz RS0070718; RS0070650).

2.2. Der erkennende Senat vermag sich der Rechtsansicht, die Weitergabe iSd § 30 Abs 2 Z 4 1. Fall MRG setze das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts voraus, nicht anzuschließen. Anders als im Fall der Mietrechtsabtretung nach § 12 MRG, die zu einem Vertragsübergang führt, und deshalb eine darauf gerichtete Willenseinigung zwischen Alt‑ und Neumieter erfordert (RIS‑Justiz RS0069256), geht es dabei um die Überlassung des Mietgegenstands an Dritte, also um den tatsächlichen Vorgang des Verlassens der Wohnung durch den Mieter und deren Übernahme durch einen Dritten, die zu keiner Änderung der Parteien des bestehenden Mietvertrags führt, sondern nur uU zur Kündbarkeit. Dass dieser Vorgang vom Willen der Parteien, vor allem des die Wohnung verlassenden Mieters, umfasst sein muss (vgl RIS‑Justiz RS0068541; Illedits‑Lohr in Illedits/Reich‑Rohrwig Wohnrecht § 30 MRG Rz 89), ergibt sich schon aus der ‑ bereits zu 3 Ob 142/97x hervorgehobenen ‑ Notwendigkeit, die Verwirklichung des Kündigungsgrundes zu verhindern, wenn sich jemand ohne Wissen und Willen des Mieters eines Mietgegenstands bemächtigt.

Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel daran bestehen, dass das Verlassen der Wohnung durch die Beklagte und der Verbleib ihres Sohnes in der aufgekündigten Wohnung vom Willen beider Seiten getragen war, weshalb an einer Weitergabe des Mietgegenstands an den Sohn nicht zu zweifeln ist.

2.3. Unstrittig ist im Verfahren, dass der Vater, der statt der Beklagten in die Wohnung einzog, nicht zu den Eintrittsberechtigten zählt und deshalb eine isolierte Betrachtung der Weitergabe an ihn zum Ergebnis führen könnte, der angezogene Kündigungsgrund sei schon deshalb verwirklicht worden.

Allerdings ist eine ‑ von der Klägerin ohnehin nicht verlangte ‑ isolierte Betrachtung deshalb unzulässig, weil die Aufnahme des Vaters in die Wohnung ja nicht ohne jeden Zusammenhang mit dem Verbleib des Sohnes erfolgte, sondern notwendig war, um die Pflege und Erziehung des 12‑jährigen durch einen Elternteil zu gewährleisten. Sollte daher ein Bedarf des Sohnes am Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 4 1. Fall MRG zu bejahen sein, wäre darin eine durch die zulässige Weitergabe an einen Privilegierten gedeckte Aufnahme eines nahen Angehörigen zu erblicken.

3. Zum dringenden Wohnbedürfnis

3.1. Trotz gänzlicher (oder dieser gleichzustellender) Weitergabe ist der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 1. Fall MRG nicht gegeben, wenn der Mieter oder eintrittsberechtigte Personen (§ 14 Abs 3 MRG) am Mietgegenstand offenbar in naher Zeit einen dringenden Bedarf haben. Dies ergibt schon ein Größenschluss:

Reicht bei Überlassung an Eintrittsberechtigte schon ihr künftiger Bedarf aus, den Kündigungsgrund abzuwenden, muss das umso mehr gelten, wenn dieser Bedarf bereits im Überlassungszeitpunkt besteht ( Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht 22 § 30 MRG Rz 32 mwN).

3.2. Die Überlassung an Eintrittsberechtigte stellt somit keinen Kündigungsgrund dar (RIS‑Justiz RS0069472).

Bei Weitergabe der gemieteten Wohnung an eine eintrittsberechtigte Person muss diese ‑ neben den weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs 3 MRG ‑ auch ein dringendes Wohnbedürfnis haben, um dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG wirksam entgegentreten zu können (RIS‑Justiz RS0070493).

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Eintrittsrechts bei einer solchen Weitergabe ist jener der Weitergabe (RIS‑Justiz RS0069472 [T3]).

3.3. Da es sich beim Sohn der Beklagten um einen nahen Angehörigen iSd § 14 Abs 3 MRG handelt, der seit 1998 im gemeinsamen Haushalt mit der Beklagten als Mieterin in der aufgekündigten Wohnung wohnte, hängt die weitere Beurteilung davon ab, ob er im Zeitpunkt der Weitergabe, also im September 2010, als er das 12. Lebensjahr vollendete, bereits ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung hatte oder ob dieser Bedarf offenbar in naher Zeit verwirklicht sein wird.

3.4. Ein dringendes Wohnbedürfnis ist grundsätzlich im Sinn eines schutzwürdigen Interesses zu verstehen und nur dann zu verneinen, wenn eine andere ausreichende (angemessene) Unterkunft zur Verfügung steht (RIS‑Justiz RS0069974). Die alternative Wohnmöglichkeit muss ausreichend und gleichartig, also rechtlich abgesichert sein (RIS‑Justiz RS0069957, RS0068181).

Die Frage, ob eine bloß im Familienrecht begründete andere Wohnmöglichkeit des nahen Angehörigen eine rechtlich gleichwertige Alternative darstellt, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet (vgl die Darstellung zu 7 Ob 145/09p). Eine Auseinandersetzung mit dieser Judikaturdivergenz erübrigt sich hier aus folgenden familienrechtlichen Überlegungen:

3.4.1 Der Unterhaltsanspruch von Kindern, die im Haushalt des Unterhaltspflichtigen leben, ist grundsätzlich auf Naturalunterhalt gerichtet, etwa durch Beistellung einer Wohnung (RIS‑Justiz RS0034807). Dieser Anspruch des unterhaltsberechtigten Kindes auf Naturalunterhalt durch Wohnversorgung wandelt sich nicht schon dadurch in einen solchen auf Geldunterhalt, dass der Unterhaltspflichtige aus der Wohnung auszieht (RIS‑Justiz RS0047463).

3.4.2 Die Beklagte lebte mit ihrem Sohn bis September 2010 im gemeinsamen Haushalt und war deshalb ihm gegenüber naturalunterhaltspflichtig; dem kam sie ua dadurch nach, dass sie ihm die von ihr (seit der Scheidung 2009 allein) gemietete Wohnung zur Verfügung stellte. Sie erfüllte ihre, durch den Auszug unverändert aufrecht gebliebene Naturalunterhaltspflicht auf Wohnversorgung auch danach, weil sie die Wohnung ihrem Sohn überließ, dessen Pflege und Erziehung durch den Vater zulässigerweise (RIS‑Justiz RS0047941) sicherstellte und den Mietzins zumindestens für einige Monate weiter bezahlte.

3.4.3 Im für die Prüfung des dringenden Wohnbedürfnisses relevanten Zeitpunkt der Weitergabe wurde somit der aus dem Unterhaltsansprch abgeleitete familienrechtliche Wohnanspruch des Sohnes von der beklagten Mutter in einer (nach der Aktenlage) dem Kindeswohl entsprechenden Weise, die die Betreuung durch einen Elternteil sicherstellt (vgl 3 Ob 2075/96k) gedeckt.

Für eine Durchsetzung eines auf die Aufnahme des Sohnes in die nunmehr von der Mutter bewohnte Wohnung in Wien 12 gerichteten Anspruchs gegenüber der Beklagten bleibt daher jedenfalls solange kein Raum, als die Mutter über die aufgekündigte Wohnung noch verfügungsberechtigt ist. Die österreichische Rechtsordnung kennt keine Bestimmung, die einem Minderjährigen ein Wohnrecht im Sinne eines Anspruchs auf Benutzung einer bestimmten Wohnung gegenüber dem Unterhaltspflichtigen einräumt; es kann lediglich ein Anspruch auf Wohnversorgung im Rahmen des Naturalunterhaltsanspruchs eines unterhaltsberechtigten Kindes bestehen (RIS‑Justiz RS0122680).

3.4.4 Denkbar wäre daher nur, den Sohn darauf zu verweisen, dass er nach erfolgreicher Aufkündigung des Mietverhältnisses gegenüber seiner Mutter einen Anspruch auf Wohnversorgung geltend machen könnte.

Ausgehend davon, dass eine Einigung der Eltern feststeht, wonach der Sohn nicht in der Wohnung der Mutter wohnversorgt sein soll, stellt sich diese Möglichkeit nicht als rechtlich gleichwertige Alternative zur Wohnversorgung in der aufgekündigten Wohnung dar. Gerade weil der Unterhaltsberechtigte keinen Anspruch auf Wohnversorgung in der derzeit von der Beklagten benützten Wohnung hat, stünde bei einer Verweisung des Sohnes auf einen familienrechtlichen Wohnversorgungsanspruch nicht einmal fest, in welcher konkreten Unterkunft er in Zukunft wohnversorgt wäre.

Darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall ganz wesentlich von der etwa in der Entscheidung 7 Ob 145/09p vorliegenden Konstellation: Dort war im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung zu klären, ob nach dem Tod des bisherigen Mieters nur dessen Ehegattin oder auch die zum Todeszeitpunkt des Mieters in der Wohnung lebenden Kinder im Alter von 14 und sieben Jahren in die Mietrechte nach dem Vater eingetreten waren. Dabei stand fest, dass der Wohnversorgungsanspruch der Kinder ‑ nämlich in der konkreten Wohnung ‑ von der Mutter bereits befriedigt wurde. Hier hingegen würde der Sohn der Beklagen bei Rechtswirksamerklärung der Aufkündigung seine bisherige Wohnmöglichkeit verlieren und auf die Geltendmachung eines aus den dargelegten Gründen nur allgemeinen, nicht aber auf eine konkrete Unterkunft gerichteten, Wohnversorgungsanspruch verwiesen.

3.5. Aufgrund der besonderen Konstellation des vorliegenden Falls kann daher der Sohn der Beklagten nicht auf eine andere, im Familienrecht begründete Wohnmöglichkeit verwiesen werden, weshalb sein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung und sein Eintrittsrecht iSd § 14 MRG samt allen weiteren Voraussetzungen zu bejahen ist.

3.6. Im Ergebnis führt dies angesichts des geringen Alters des Sohnes zwar zu einer langfristigen Sicherung seiner Wohnmöglichkeit; dies hätte allerdings auch durch eine, von einer ‑ grundsätzlich nicht auszuschließenden ‑ pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung abhängige (RIS‑Justiz RS0108923) Abtretung des Mietrechts gemäß § 12 Abs 1 MRG erreicht werden können. Abgesehen davon hat die hier erfolgte Weitergabe zur Konsequenz, dass dem Sohn im Fall des Todes der beklagten Mieterin mangels Bestehens eines gemeinsamen Haushalts kein Eintrittsrecht zukommt.

Das Argument, es bedürfe einer strengen Prüfung des dringenden Wohnbedürfnisses, weil der gesetzliche Eintritt in ein Mietverhältnis mit Austausch des Vertragspartners einen deutlichen Eingriff in die Privatautonomie des Vermieters darstelle ( Dirnbacher, Eanm zu wobl 1998/87), versagt hier, weil ein Mieterwechsel nicht eintritt.

4. Zusammengefasst wurde der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 1. Fall MRG von der Beklagten nicht verwirklicht. Die vom Erstgericht ausgesprochene Aufhebung der Aufkündigung war daher wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat der erfolgreichen Beklagten die richtig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung und der Revision zu ersetzen.

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