Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Zentral ist die Klärung des Inhalts der Klausel 00 0055060, wonach die Auftragnehmerin die Verpflichtung übernimmt, von der Auftraggeberin beigestellte Materialien, Hilfsmaterialien und Anlagenteile bei Übernahme sorgfältig zu prüfen und eventuelle Beanstandungen dem Auftraggeber zu melden. Als Rechtsfolge ist vorgesehen, dass im Fall einer Unterlassung seitens des Auftragnehmers aus diesem Titel kein wie immer gearteter Einwand geltend gemacht werden kann und dass der Auftragnehmer voll auch für die vom Bauherrn beigestellten Materialien, Hilfsmaterialien und Anlagenteile haftet.
2. Wie diese (nur teilweise mit der ÖNORM übereinstimmende) Vertragsklausel auszulegen ist, kann nur einzelfallbezogen beantwortet werden (RIS‑Justiz RS0042936 [T39]). Die Auslegung des Berufungsgerichts, damit sei die Prüfpflicht in Bezug auf die Tauglichkeit der von der Werkbestellerin beigestellten Stoffe (hier: Gussrohre) auf die beklagte Partei als Werkunternehmerin übertragen worden, ist angesichts des Wortlauts der Regelung und ihres Zwecks durchaus vertretbar und bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur im Einzelfall. Die Unklarheitenregel des § 915 ABGB muss dabei nicht herangezogen werden.
3. Richtig ist, dass mit dieser Klausel keine der beiderseitigen vertraglichen Hauptleistungen festgelegt wird. Zwar hat der Oberste Gerichtshof (zu § 1168a Satz 3 ABGB) im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen Hauptleistungspflicht und Schutzpflichten ausgesprochen, dass die Warnpflicht des Werkunternehmers in bestimmten Fällen eine Hauptleistungspflicht ist, wenn durch die Warnung erst die Herstellung des Werks ermöglicht wird. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass eine die Warnpflicht regelnde Vertragsklausel eine „der beiderseitigen Hauptleistungen“ des Vertrags iSd § 879 Abs 3 ABGB festlegt, die nach herrschender Meinung möglichst eng zu verstehen sind (RIS‑Justiz RS0016908, RS0016931 [T1]; RS0128209, vgl auch RS0039027).
3.1. Auch einseitig vorformulierte, individuelle Vertragstexte wie Ausschreibungsunterlagen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB (1 Ob 144/04i = SZ 2004/123 = JBl 2006, 103 [Leitner]). Die Inhaltskontrolle orientiert sich am dispositiven Recht (RIS‑Justiz RS0014676; RS0119324; RS0121007 [T5]) oder an anerkannten Normwerken (1 Ob 144/04i = SZ 2004/123 = JBl 2006, 103 [Leitner]) als dem Leitbild eines ausgewogenen Interessenausgleichs. Nicht jede Klausel, die vom dispositiven Recht abweicht, wird dadurch sittenwidrig, sondern nur dann, wenn die Abweichung „unangemessen“ ist (RIS‑Justiz RS0016914) bzw es für sie keine sachliche Rechtfertigung gibt (RIS‑Justiz RS0016914 [T3]), wobei eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung vorzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0016914 [T46]).
3.2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die von der beklagten Partei beanstandete Klausel, mit der die Prüfpflicht hinsichtlich der bereitgestellten Materialien auf die Werkbestellerin überwälzt wird, sei nicht ‑ wegen eines Verstoßes gegen § 879 Abs 3 ABGB ‑ nichtig, ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur Warnpflicht nach § 1168a ABGB durchaus vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Im Einzelfall kann ein strengerer Maßstab an die beklagte Partei auch deshalb angelegt werden, weil es sich bei ihr um eine Unternehmerin handelt (vgl RIS‑Justiz RS0119324).
3.3. Aus diesen Erwägungen hat das Berufungsgericht vertretbar auch eine Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB verneint.
4. List iSd § 870 ABGB ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (Betrug). Der Vertragschließende wird durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen in seinem Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluss bestimmt. Täuschung durch Verschweigen erfordert zudem, dass eine Aufklärungspflicht verletzt wurde, was nach den Anschauungen des redlichen Verkehrs zu beurteilen ist. Dabei kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an (6 Ob 7/06g = SZ 2006/22 = RIS‑Justiz RS0014790 [T4]), nach denen sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass Arglist auf Seite der klagenden Partei zu verneinen sei, durchaus im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bewegt.
Dies gilt auch für den behaupteten Geschäftsirrtum.
5. Ob der beklagten Partei grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, kann ebenfalls nur aus den Umständen des Einzelfalls abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0087606 ua). Auch in diesem Zusammenhang ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts ‑ einzelfallbezogen ‑ durchaus vertretbar.
Gleiches gilt für die Verschuldensabwägung (RIS‑Justiz RS0021766; RS0021930 [T7]). Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Beurteilung liegt nicht vor; bewertet doch die höchstgerichtliche Rechtsprechung die Verantwortlichkeit des Werkunternehmers in der Regel höher als jene des Bestellers (RIS‑Justiz RS0021766 [T5]; RS0021930 [T6]).
Die gewählte Vorgangsweise der klagenden Partei, keine geologischen Untersuchungen und Baugrunderkundungen in der Planungs- und Ausschreibungsphase durchzuführen, sondern nur eine baubegleitende Betreuung auszuschreiben, entspricht nicht den Regeln der Technik und den einschlägigen ÖNORMEN sowie den Sorgfaltspflichten von Werkvertragsparteien. In jedem Fall wären zusätzliche, spezielle Erhebungen zur Beschaffenheit des Untergrundes im Bereich der Rohrleitungskünette (spätestens nach dem Antreffen von Toteis bzw Permafrost beim Grabenaushub) notwendig gewesen. Die schwierigen Untergrundverhältnisse waren nicht nur für die klagende Partei, sondern auch für die beklagte Partei erkennbar. Spätestens nach dem Antreffen von Toteis bzw Permafrost beim Grabenaushub hätte die beklagte Partei gegenüber der klagenden Partei Bedenken anmelden oder weitere Erkundungen oder planerische und berechnungstechnische Abklärungen verlangen müssen; musste ihr doch bewusst sein, dass zu Baubeginn keine grundlegenden geologisch‑geotechnischen Erkundungen im Baufeld vorlagen. Weiters hätte die beklagte Partei vor der Verlegung der von der klagenden Partei bereitgestellten Rohre hinterfragen müssen, ob eine Statik vorliegt und ob die Rohre für den Einbau unter den konkreten Überschüttungshöhen geeignet sind.
6. Schließlich hat das Berufungsgericht auch das Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung angewendet. Ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer nur einen Teil des Schadens, so bleibt der Versicherungsnehmer Gläubiger des Schadenersatzanspruchs in der Höhe des Unterschieds zwischen seinem Schaden und der erhaltenen Versicherungsleistung (RIS‑Justiz RS0081384 [T1]). Das Quotenvorrecht) ist aber nur innerhalb des Gegenstands des betreffenden Versicherungsverhältnisses wirksam.
Hier konnte das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen durchaus vertretbar davon ausgehen, dass ein versicherungsgedeckter Schadensfall aus der Leitungswasserversicherung vorliegt und die Versicherung aus diesem Grund eine Leistung an den Versicherungsnehmer erbrachte, wie immer sie diese auch bezeichnet hat („Prozesskostenablöse“): Es gibt nämlich keine Anhaltspunkte, dass es sich bei der „Ablöse“ etwa um eine Kombination aus kongruenten und inkongruenten Schadenspositionen gehandelt hat; liegt doch der klageweise geltend gemachte Schadensbetrag weit über der „Ablöse“.
7. Mangels erheblicher Rechtsfrage sind die außerordentlichen Revisionen zurückzuweisen.
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