European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121373
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 36 Abs 3 AußStrG ist jeder Beschluss nur im Rahmen des Gegenstands des Verfahrens zu fassen, wobei auf die Interessenlage und die zivilrechtlich wirksamen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien Bedacht zu nehmen ist. In Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden können, ist der Beschluss im Rahmen der Anträge zu fassen (§ 36 Abs 4 Satz 1 AußStrG). § 36 Abs 3 und Abs 4 Satz 1 AußStrG sind die Parallelbestimmungen zu § 405 ZPO (7 Ob 173/11h = SZ 2011/135). Gemäß § 55 Abs 2 AußStrG darf auch das Rekursgericht – mit einer im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahme für Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können – nur im Rahmen des Rekursbegehrens entscheiden. Das hat das Rekursgericht beachtet.
2. Der erkennende Fachsenat hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Ablauf der Frist des § 95 EheG einer Aufteilungsentscheidung nur insoweit entgegensteht, als es um die Zuweisung von Vermögensgegenständen geht, die nicht innerhalb der Jahresfrist zum Gegenstand des darauf abzielenden Antrags gemacht wurden. Beim Anspruch auf eine Ausgleichszahlung im Rahmen des Aufteilungsverfahrens (§ 94 Abs 1 EheG) handelt es sich um keinen konkreten, der Aufteilung unterliegenden Vermögensgegenstand, sondern vielmehr um ein Instrument, mit dem bei der realen Zuteilung (oder Belastung) des vorhandenen Vermögens verbleibende Unbilligkeiten ausgeglichen werden sollen (vgl RIS‑Justiz RS0057583 [T13]; RS0109615 [T5]). Geht es – wie im vorliegenden Fall – lediglich um die Ausgleichszahlung, ist grundsätzlich das gesamte nach den §§ 81 ff EheG der Aufteilung unterliegende Vermögen zu erfassen. Von diesen Grundsätzen ging das Rekursgericht aus, ohne dass der Antragsgegner eine Fehlbeurteilung aufzuzeigen vermöchte.
3. Nach § 91 Abs 1 EheG ist der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen, wenn ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen [...], wenn die eheliche Lebensgemeinschaft vor Einbringung der Klage aufgehoben worden ist, frühestens zwei Jahre vor dieser Aufhebung eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht. Es ist so vorzugehen, als ob dem Ehegatten der Vermögenswert, um den er die Aufteilungsmasse verringert hat, bei der Aufteilung zugekommen wäre (RIS‑Justiz RS0003990 [T1]; RS0057915). Zwar sind von § 91 Abs 1 EheG vor allem Verringerungen von Ersparnissen erfasst, die während der ehelichen Krise dadurch entstehen, dass ein Ehegatte plötzlich einen aufwendigen Lebensstil pflegt und mehr für seinen persönlichen Bedarf ausgibt, als es bisher den Lebensgewohnheiten in der Ehe entsprochen hat (RIS‑Justiz RS0057929), jedoch ist – entgegen der Meinung des Antragsgegners – das Bestehen einer „ehelichen Krise“ kein Tatbestandsmerkmal dieser Bestimmung (vgl RIS‑Justiz RS0057913).
Der Antragsgegner behob innerhalb des Zeitraums von zwei Jahren vor Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft von einem Sparbuch 23.900 EUR und von einem Konto 27.800 EUR. Die Beträge verwendete er wie die Verkaufserlöse für zwei Autos weder für die Lebensführung der Streitteile oder die Renovierung der Ehewohnung, noch wurden damit (eheliche) Schulden zurückbezahlt. Davon, dass diese Abhebungen und Erlöse gemäß § 91 Abs 1 EheG miteinzubeziehen sind (RIS‑Justiz RS0003990 [T1]; RS0057940 [T1]), weil die Vermögensverringerung mit Rücksicht auf die Lebensverhältnisse der Parteien bedenklich erscheint und den Verdacht nahelegt, der Antragsgegner habe in der Absicht gehandelt, die Antragstellerin bei der Aufteilung der ehelichen Ersparnisse zu benachteiligen, ging das Rekursgericht jedenfalls vertretbar aus (vgl RIS‑Justiz RS0057913). Auf die Annahme des Rekursgerichts, dass „das Geld demnach noch vorhanden ist“, kommt es nicht an.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
5. Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil eine Beantwortung vor ihrer Freistellung durch den Obersten Gerichtshof nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dient (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO analog; RIS‑Justiz RS0124792).
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