OGH 1Ob43/10w

OGH1Ob43/10w6.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Paul P*****, vertreten durch Raits Bleiziffer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Franz B*****, und 2. Katja B*****, beide *****, beide vertreten durch Berger & Schmolke Rechtsanwälte Partnerschaft in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert 5.300 EUR) und Unterlassung (Streitwert 500 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 16. November 2009, GZ 21 R 352/09b-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mondsee vom 25. Mai 2009, GZ 3 C 344/08x-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 614,86 EUR (darin 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist grundbücherlicher Alleineigentümer des Grundstücks Nr 400/4, auf dem ein Wohnhaus errichtet ist. Die Beklagten sind Hälfteeigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks Nr 400/2. Beide Grundstücke entstanden im Zuge einer Grundstücksteilung, im Zuge derer eine gemeinsame Zufahrt vereinbart worden war, um auch das abgeschriebene Grundstück zu erschließen. Zu diesem Zweck ist aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 17. November 1998 auf beiden Liegenschaften zu C-LNR 1 eine wechselseitige Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens einverleibt. Am 27. Oktober 2003 schlossen die damaligen Eigentümer der Grundstücke einen (neuen) Dienstbarkeitsvertrag. Der damalige Eigentümer des Grundstücks Nr 400/2 räumte für sich und seine Rechtsnachfolger dem damaligen Eigentümer der Grundstücke Nr 400/3 und 400/4 und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum auf Dauer und unentgeltlich das Recht ein, auf der im Vertrag als Beilage angeschlossenen Skizze schraffierten und entlang der Grundgrenze des Grundstücks Nr 400/2 verlaufenden Fläche zu jeder Tages- und Nachtzeit unter größtmöglicher Schonung mit Fahrzeugen aller Art zum Zwecke der Zufahrt zu den herrschenden Grundstücken zuzufahren, soweit das belastete Grundstück dies gestattet. Dieses Fahrtrecht beinhaltet auch das Gehrecht. Der Eigentümer der Grundstücke Nr 400/3 und 400/4 räumte für sich und seine Rechtsnachfolger dem damaligen Eigentümer des Grundstücks Nr 400/2 und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum auf Dauer und unentgeltlich das Recht ein, auf der in diesem Vertrag als Beilage angeschlossenen Skizze schraffierten und entlang der Grundgrenze des Grundstücks Nr 400/3 verlaufenden Fläche zu jeder Tages- und Nachtzeit unter größtmöglicher Schonung mit Fahrzeugen aller Art zum Zwecke der Zufahrt zu den herrschenden Grundstücken zuzufahren, soweit das belastete Grundstück dies gestattet. Auch dieses Fahrtrecht beinhaltet das Gehrecht (Vertragspunkte I und II). Die von der wechselseitigen Dienstbarkeit betroffenen Flächen auf den Grundstücken Nr 400/4 und 400/2 weisen jeweils eine Länge von 12 m bei einer Breite von 3,25 m sowie eine trichterförmige Ausweitung im Einmündungsbereich zum öffentlichen Gut auf. Beide Vertragsteile verpflichteten sich, den jeweils in ihrem Eigentum stehenden Teil der Zufahrt bis spätestens Ende 2005 zu asphaltieren oder gleichwertig, etwa in Form eines Kopfsteinpflasters zu befestigen (Vertragspunkt III). Die Dienstbarkeit aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 27. Oktober 2003 ist nicht verbüchert (S 11 des Berufungsurteils). Nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des Klägers unterfertigten die Streitteile den von ihren Rechtsvorgängern errichteten Dienstbarkeitsvertrag nochmals im eigenen Namen.

Zum Zeitpunkt, als das Grundstück vom Rechtsvorgänger der Beklagten, an den Rechtsvorgänger des Klägers veräußert wurde, war die Errichtung einer gemeinsamen Garage nicht geplant. Die damaligen Eigentümer der Grundstücke verkauften diese noch vor der Bebauung. Erst aufgrund einer Auflage der Naturschutzbehörde entschlossen sich die nunmehrigen Streitteile eine gemeinsame Tiefgarage zu errichten. Diese befindet sich zum Teil auf dem Grundstück des Klägers, zum Teil auf jenem der Beklagten; die Grundgrenze geht quer durch die Garage. Es sind dem Kläger und den Beklagten je zwei Abstellplätze zugewiesen. Die Einfahrt verläuft über die auf den beiden Liegenschaften der Streitteile befindliche und vom Dienstbarkeitsvertrag 2003 erfasste gemeinsame Zufahrt. Ein Zufahren zur Tiefgarage ohne Benützung der vom Dienstbarkeitsvertrag 2003 erfassten Grundstücksflächen ist nicht möglich. Etwa drei Jahre lang vermieteten die Beklagten die ihnen zugewiesenen Abstellplätze an gemeinsame Nachbarn. Die Nachbarin parkte ihr Fahrzeug in dieser Zeit etwa dreißig bis vierzig mal in der Tiefgarage, insbesondere bei Schneelage.

Die Liegenschaft der Beklagten ist als Wohngebiet gewidmet. Am 13. August 2007 fand eine Bauverhandlung zum Bauvorhaben der Beklagten statt. Der Kläger musste zur Kenntnis nehmen, dass die Beklagten die Errichtung eines Wohnhauses mit Büroräumlichkeiten beabsichtigten, für welches vier Pkw-Abstellplätze herzustellen sind; das Ausmaß der geplanten Büronutzung im Verhältnis zur Wohnnutzung beträgt ein Drittel. Die Baubehörde erteilte die Baubewilligung trotz Einwendungen des Klägers. Mit Schreiben vom 20. August 2007 forderte der Kläger die Beklagten auf, die gegenständliche Dienstbarkeit ausschließlich im eingeräumten Ausmaß auszuüben und Nichtberechtigten die Zufahrt über die Dienstbarkeitsfläche ausnahmslos zu untersagen.

Mit seiner am 24. Juni 2008 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, die Beklagten und deren Rechtsnachfolger im Eigentum des herrschenden Grundstücks Nr 400/2 seien nicht berechtigt, die zu C-LNR 1 einverleibte Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens dadurch zu erweitern, dass Kunden, Angestellte oder Mieter von Garagenstellplätzen über die Dienstbarkeitsfläche in die gemeinsame Tiefgarage zu- und einfahren oder die Dienstbarkeitsfläche für sonstige mit einer gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Zwecke genutzt wird (Pkt 1). Weiters begehrt der Kläger die Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort jede zu Pkt 1 des Urteilsspruchs genannte Erweiterungshandlung und jede ähnliche derartige Handlung zu unterlassen. Er bringt im Wesentlichen vor, es sei immer nur die Errichtung von Einfamilienhäusern geplant gewesen. Die Dienstbarkeit sei ausschließlich für die damaligen Liegenschaftseigentümer und deren Rechtsnachfolger eingeräumt worden. Die Zufahrt anderer Personen insbesondere von Kunden und/oder Angestellten sowie Mietern der Garagenabstellplätze gehe über das im Dienstbarkeitsvertrag eingeräumte Maß hinaus. Wenngleich der Kläger und die Beklagten gemeinsam ein Bauunternehmen mit der Errichtung der Tiefgarage beauftragt und deren Kosten jeweils zur Hälfte übernommen hätten, sei die Begründung von Miteigentum nicht beabsichtigt gewesen. Der Dienstbarkeitsvertrag sei weiterhin aufrecht und hinsichtlich der Zufahrt zur Garage maßgeblich.

Die Beklagten wendeten im Wesentlichen ein, sie hätten von Beginn an die Errichtung eines Wohn- und Bürogebäudes geplant. Durch die gemeinsame Errichtung einer Garage über der Grenze sei eine Miteigentumsgemeinschaft an der Garage und der Zufahrt begründet worden. Letztere sei als Bestandteil der im Miteigentum stehenden Garage anzusehen. Die Streitteile hätten durch die gemeinsame Errichtung und Benützung der Garage den Dienstbarkeitsvertrag außer Kraft gesetzt. Dem Kläger fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung; das Klagebegehren sei rechtlich verfehlt und unschlüssig.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die wörtliche Auslegung des Dienstbarkeitsvertrags ergebe, dass das Recht zur Zufahrt nur dem jeweiligen Eigentümer des jeweils herrschenden Grundstücks eingeräumt sei. Eine gewerbliche Nutzung durch Kunden, Angestellte oder Mieter stelle eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit dar, die der Kläger nicht hinnehmen müsse. Durch die gemeinsame Errichtung der Garage sei kein Miteigentum entstanden; der Dienstbarkeitsvertrag sei weiterhin aufrecht.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand als 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Auswirkungen eines von den benachbarten Grundeigentümern einvernehmlich gemeinsam errichteten Grenzüberbaus auf die Eigentumsverhältnisse und ein entlang der jeweiligen Liegenschaftsgrenze verlaufendes wechselseitiges Geh- und Fahrtrecht. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, der Kläger habe bei Formulierung seines Klagebegehrens erkennbar übersehen, dass im Grundbuch lediglich das Geh- und Fahrtrecht laut Dienstbarkeitsvertrag vom 17. November 1998 einverleibt sei, während der Dienstbarkeitsvertrag vom 27. Oktober 2003 (auf den er sich ausschließlich berufen habe) nicht verbüchert sei. Zwar haben die Streitteile die wechselseitig eingeräumte Dienstbarkeit gekannt, sodass auch die nicht verbücherte vertragliche Dienstbarkeit inter partes binde. Dennoch wäre die Nichtverbücherung des Dienstbarkeitsvertrags vom 27. Oktober 2003 mit den Parteien zu erörtern gewesen. Das Unterbleiben der Erörterung schade aber nicht, weil sich die Klage aus anderen Gründen als erfolglos erweise. Die Tiefgarage samt Zufahrt sei als unteilbar anzusehen. Abgesondertes Eigentum an unselbstständigen Gebäudeteilen sei unzulässig, sodass analog §§ 415 f ABGB an der Tiefgarage und den zu ihrer Benutzung notwendigen Grundflächen Miteigentum entstanden sei. Die Miteigentumsgemeinschaft habe den Dienstbarkeitsvertrag nicht aufgehoben; ein Verzicht oder eine Aufhebungsvereinbarung in Ansehung des Dienstbarkeitsvertrags sei nicht behauptet worden. Die Dienstbarkeit eines Miteigentümers an einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sache sei möglich. Da die Streitteile die Entstehung von Miteigentum nicht bedacht hätten, sei eine Vertragslücke gegeben, die durch ergänzende Auslegung des Dienstbarkeitsvertrags zu schließen sei. Diese ergebe, dass zu Gunsten jeder der beiden Liegenschaften das Geh- und Fahrtrecht über die im Miteigentum stehende Zufahrt bestehen solle, um diese nach Zufahren und Abstellen der Fahrzeuge zu erreichen. Da der Benutzerkreis nicht konkret festgelegt sei, liege eine ungemessene Servitut vor. Bei dieser seien die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten im Rahmen der ursprünglichen oder vorhersehbaren Art der Bewirtschaftung maßgebend. Da das Grundstück der Beklagten als Wohngebiet gewidmet sei, sei § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 zur Auslegung heranzuziehen. Nach diesem sind als Wohngebiet Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen. Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Selbst wenn die Streitteile ursprünglich nur von der Errichtung von Einfamilienhäusern ausgegangen sein sollten, hätten sie gemäß der bereits damals geltenden Fassung des § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 damit zu rechnen gehabt, dass in Einfamilienhäusern auch Büros oder Kanzleien betrieben werden könnten. Halte sich die Nutzung im Rahmen des § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994, sei die Zufahrt auch von Kunden und Angestellten gestattet. Aufgrund der beschränkten Anzahl der Parkplätze entstehe keine unzumutbare Mehrbelastung, weil die Zufahrt ohnedies nur von wenigen Personen befahren werden könne. Das Feststellungs- und Unterlassungsbegehren betreffend die Nutzung durch Kunden und Angestellte sei deshalb abzuweisen. Da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Zufahrt für andere, mit einer gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Zwecke verwendet werden solle, sei auch das Feststellungs- und Unterlassungsbegehren der Nutzung der Dienstbarkeitsfläche für sonstige mit einer gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Zwecke abzuweisen. Die bestehende Dienstbarkeit rechtfertige allerdings nicht das Zufahren von Mietern der den Beklagten zugewiesenen Stellplätze in der Garage, weil das Geh- und Fahrtrecht nur zu Gunsten der Stammliegenschaften der Streitteile bestehe, die die Mieter der Garagenabstellplätze gar nicht erreichen wollen. Die Vermietung der Garagenabstellplätze stehe daher im Widerspruch zum Dienstbarkeitsvertrag. Dennoch seien die Beklagten infolge ihrer Stellung als Miteigentümer zur Vermietung der Abstellplätze berechtigt. Die Benützungsbefugnis sei mangels gegenteiliger Vereinbarung der Ausübung nach übertragbar. Das Feststellungs- und das Unterlassungsbegehren betreffend die Zufahrt seien daher auch in diesem Umfang abzuweisen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der Beklagten nicht zulässig.

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht nur der Pächter oder Mieter der gesamten Liegenschaft (RIS-Justiz RS0011713) sondern auch der Pächter oder Mieter von Teilen der Liegenschaft zur Ausübung einer Dienstbarkeit legitimiert (6 Ob 320/02f; 6 Ob 705/88). Haben die Beklagten ihre Liegenschaft nicht zur Gänze, sondern lediglich zum Teil (im Umfang der Garagenabstellplätze) vermietet, besteht die für die Servitutsausübung maßgebliche Rechtsgemeinschaft aus ihnen und den Teilmietern; die Beklagten üben dabei ihr dingliches Recht aus; die Teilmieter ein abgeleitetes Recht. Entscheidend ist nur, dass für den Servitutsverpflichteten keine Verschlechterung eintritt. Bedenkt man weiters, dass eine Dienstbarkeit eines Miteigentümers an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sache möglich wäre (RIS-Justiz RS0011528), kann eine abschließende rechtliche Beurteilung bereits durch Auslegung des Dienstbarkeitsvertrags erfolgen. Die Beantwortung der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage nach dem Entstehen von Miteigentum an der Garage und der Zufahrt kann demnach dahingestellt bleiben.

2. Das Ausmaß der Dienstbarkeit und der Umfang der dem Inhaber zustehenden Befugnisse richtet sich nach dem Inhalt des Titels. Maßgeblich ist insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit (RIS-Justiz RS0011720; RS0107851). Schon daraus wird deutlich, dass die Auslegung von Servitutsverträgen regelmäßig eine Frage des Einzelfalls ist (7 Ob 12/07a; 9 Ob 136/03w).

3. Nach den Feststellungen wurde der Servitutsvertrag von den Rechtsvorgängern der Streitteile zu einem Zeitpunkt formuliert und abgeschlossen, als die Grundstücke noch nicht verbaut waren. Der Zweck des Vertrags ging dahin, die Zufahrt nach Teilung der Liegenschaft auch zum abgeschriebenen Grundstück zu ermöglichen. Im Hinblick auf diese Vorgeschichte, den Zweck der Servitutseinräumung und die damals noch nicht vorhandene Bebauung stellt die Ansicht des Berufungsgerichts keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, wenn es davon ausging, aus dem Wortlaut des Vertrags könne nicht abgeleitet werden, dass nur der Eigentümer und dessen Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft über das dienende Grundstück zufahren dürfte. Vielmehr sei die Dienstbarkeit so zu verstehen, dass sie (wechselseitig) zu Gunsten der jeweils herrschenden Liegenschaft bestehen solle, ohne dass der berechtigte Personenkreis bestimmt sei.

4. Ist Ausmaß und Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse im Titel nicht eindeutig umschrieben, liegt eine „ungemessene“ Servitut vor (RIS-Justiz RS0011752). Deren Inhalt orientiert sich zwar am jeweiligen Bedürfnis des herrschenden Guts, doch findet ein solches Recht seine Grenzen in der ursprünglichen Bewirtschaftungsart oder in der vorhersehbaren Art der Ausübung (RIS-Justiz RS0097856). Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt nur dann vor, wenn das dienende Grundstück dadurch erheblich schwerer belastet wird (RIS-Justiz RS0011733). Diese gemäß § 484 ABGB vorzunehmende Interessenabwägung ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und stellt daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (5 Ob 23/08f). Eine Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber nicht auf:

Das Berufungsgericht hat in Einklang mit dieser Rechtsprechung auf die objektiv vorhersehbare Nutzung abgestellt (5 Ob 23/08f). Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang der sich aus § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 ergebende Nutzungsumfang wesentlich. Diese Regelung, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Servitutsvertrags in Geltung stand, erklärt auch in Wohngebäuden die Errichtung von Büros und Kanzleien als zulässig, soweit dieser Zweck nicht überwiegt. § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 knüpft nicht daran an, ob die Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegt, sondern setzt die in § 2 Abs 1 Z 10 der GewO genannten freiberuflichen Tätigkeiten (etwa eines Rechtsanwalts, Notars, Ziviltechnikers oder Wirtschaftstreuhänders) mit der Gewerbeordnung unterliegenden Bürotätigkeiten (etwa eines Versicherungsvermittlers oder Agenten) gleich. War eine sich im Rahmen des § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 haltende Nutzungsart von Anfang an vorhersehbar, kann sie zu keiner unzulässigen Erweiterung des Verkehrs auf der Zufahrt führen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, es stehe somit nicht im Widerspruch zum Dienstbarkeitsvertrag, wenn Angestellte und Kunden die Zufahrt benützen, soweit diese Nutzung im Zusammenhang mit einer § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 unterfallenden Bürotätigkeit im Wohnhaus der Beklagten erfolgt, hält sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung. Dem vom Berufungsgericht erzielten Auslegungsergebnis steht auch jene Vertragsbestimmung nicht entgegen, nach der die Dienstbarkeit „zu jeder Tages- und Nachtzeit unter größtmöglicher Schonung“ ausgeübt werden könne. Schon aus der Formulierung ergibt sich, dass die Vertragsparteien dabei vor allem an die Art und Weise des Zufahrens (zB Lärmerregung) gedacht haben. Wenn der Revisionswerber an seinem Standpunkt festhält, es sei bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags die Bebauung mit „Einfamilienhäusern“ geplant gewesen, unterstellt er dem Begriff „Einfamilienhaus“ neuerlich sein Verständnis der ausschließlichen Nutzung zu Wohnzwecken und negiert die nach § 22 Abs 1 des Oö Raumordnungesetzes 1994 zulässige (Teil-)Nutzung zu Büro- und Kanzleizwecken. Auch damit zeigt er nicht auf, dass die Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht mit den Auslegungsgrundsätzen in Widerspruch steht. Von der Einschränkung des Verkehrs auf der Zufahrt für (reine) Wohnzwecke sind die Rechtsvorgänger der Streitteile bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags wohl schon deshalb nicht ausgegangen, weil dies zu einer geminderten Nutzungsmöglichkeit beider Grundstücke und zu entsprechend geringeren Verkaufspreisen geführt hätte. Selbst wenn man - etwa anlässlich der behaupteten Unterfertigung des Dienstbarkeitsvertrags durch die Streitteile - eine Erklärung des Klägers annehmen wollte, die Dienstbarkeit bezwecke die Zufahrt zu noch zu errichtenden „Einfamilienhäusern“, konnten dies die Beklagten nach dem redlicherweise zu unterstellenden Zweck des Dienstbarkeitsvertrags so verstehen, dass die Zufahrt von jenen Personen und in der Art nutzbar sein soll, wie es ein gemäß den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Wohngebiet errichtetes Gebäude erfordert. Der subjektiv unerkennbare einseitige Parteiwille (hier allenfalls jener der Beschränkung auf reine Wohnzwecke) hat bei der Vertragsauslegung unmaßgeblich zu bleiben (Binder in Schwimann, ABGB3 § 914 Rz 62). Ein rechtlich relevanter Feststellungsmangel liegt nicht vor.

5. Zum Klagebegehren, Mieter von Garagenabstellplätzen seien zur Benützung der Zufahrt nicht berechtigt:

Entscheidungswesentlich ist, ob für den Kläger durch die Vermietung der Garagenabstellplätze eine Verschlechterung eintritt (siehe oben Pkt 1). Diese könnte darin liegen, dass die Zufahrt zu den den Beklagten zur Verfügung stehenden Abstellplätzen schon benutzt wurde, obwohl die Beklagten ihr Wohnhaus erst zu einem späteren Zeitpunkt errichteten. Zu berücksichtigen ist aber, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstbarkeitsvertrags der Bau einer gemeinsamen Garage noch nicht absehbar war. Bedenkt man weiters, dass die Beklagten sich zum Bau der gemeinsamen Garage unter Tragung der halben Baukosten bereit erklärten, obwohl sie die Errichtung des Wohnhauses auf ihrer Liegenschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht nahmen, musste der Kläger damit rechnen, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Abstellplätze bis zur Fertigstellung des Wohnhauses nicht gänzlich ungenützt lassen werden; die nachträgliche Vereinbarung über den gemeinsamen - aus Sicht der Beklagten „vorzeitigen“ - Garagenbau, darf bei der (allenfalls ergänzenden) Vertragsauslegung nicht unberücksichtigt bleiben. Der Kläger hat eine ihm durch die bisherigen Mieter entstandene unzumutbare Mehrbelastung gegenüber einer Nutzung durch die Beklagten selbst gar nicht behauptet, noch hat er vorgebracht, in Hinkunft wäre eine Mehrbelastung dadurch zu befürchten, dass Mieter von Abstellplätzen anstelle der Beklagten oder zusätzlich zu diesen die Garage benützen könnten. Ist nun für den Kläger keine Verschlechterung eingetreten oder zu befürchten, stellt (auch) die Abweisung des Klagebegehrens betreffend Mieter von Garagenabstellplätzen keine Fehlbeurteilung dar.

6. Zum Klagebegehren betreffend die Nutzung der Dienstbarkeitsfläche für „sonstige mit einer gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Zwecke“:

Vorerst ist festzuhalten, dass der Begriff der „gewerblichen Tätigkeit“ mehrere Auslegungen zulässt. So könnte er etwa iSd § 1 Abs 2 der GewO zu verstehen sein (im Sinn einer selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betriebenen Tätigkeit zwecks Erzielung eines Ertrags oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils). Denkbar wäre aber auch, dass nur der Gewerbeordnung unterfallende Tätigkeiten - etwa die in § 2 GewO aufgezählten Tätigkeiten - gemeint sind. Das Klagebegehren erweist sich in jedem Fall als unberechtigt.

Soweit Nutzungen angesprochen sein sollten, die sich im Rahmen der nach § 22 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 zulässigen (auch „gewerbsmäßigen“) Nutzungen als Büro halten, sind diese nach der unbedenklichen Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht - wie bereits dargelegt - vom Dienstbarkeitsvertrag umfasst. Dass die Zufahrt auch für Zwecke verwendet werden soll, die im Widerspruch zu § 22 des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 stehen (etwa für Zwecke eines zu errichtenden gewerblichen Produktionsbetriebs) haben die Beklagten nicht angekündigt. Haben sie nun durch eine solche Ankündigung die Rechtsstellung des Klägers nicht gefährdet, fehlt diesem das rechtliche Interesse an der begehrten (negativen) Feststellung. Mangels eines (drohenden) Zuwiderhandelns gelten gleichartige Erwägungen auch für das Unterlassungsbegehren (RIS-Justiz RS0114254; Fasching in Fasching/Konecny² § 226 ZPO Rz 18, 19).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Da die Beklagten auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, waren ihnen die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen (§§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO).

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