OGH 9Ob136/03w

OGH9Ob136/03w19.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Gernot K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Bernd Oberhofer und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Elisabeth K*****, Stewardess, ***** vertreten durch Dr. Siegmund Rosenkranz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Duldung einer Servitut (Streitwert EUR 7.267,28), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Juli 2003, GZ 4 R 245/03p-44, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 17. März 2003, GZ 18 C 274/03-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,39 (darin EUR 83,23 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Anlässlich einer Liegenschaftsteilung im Jahr 1995 räumte die Beklagte als Eigentümerin der dienenden Liegenschaft EZ ***** mit dem Grundstück Nr ***** Grundbuch ***** dem Vater und Rechtsvorgänger des Klägers im Eigentum der herrschenden Liegenschaft EZ ***** mit den Grundstücken ***** und ***** Grundbuch ***** die Dienstbarkeit des immerwährenden Geh- und Fahrtrechtes auf dem Grundstück Nr ***** ein. Die Trasse des Weges wurde nur sehr grob festgelegt, und zwar dahin, dass die Breite 2,5 m betragen, der Weg eine annähernde West-Ost-Richtung haben und ein im Teilungsplan eingezeichneter Vermessungspunkt an der Grenze die Oberkante des Weges darstellen sollte. Diese Formulierung wurde gewählt, weil in der Natur noch keine Wegtrasse bestand, die Klägerin daran interessiert war, den Weg möglichst weit entfernt von ihrem nördlich gelegenen Haus zu halten (- der Hang für die Wegtrasse fällt von Norden nach Süden ab -) und der Rechtsvorgänger des Klägers daran interessiert war, den Weg möglichst weit oben am Hang zu führen. Weiters heißt es im Servitutsvertrag, dass das Zufahrtsrecht dort zu verlaufen habe, wo es die Bodenbeschaffenheit am günstigsten zulasse sowie weiters dort, wo dies nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten am sinnvollsten sei. Ohne dass es zu weiteren Gesprächen gekommen wäre, ließ der Rechtsvorgänger des Klägers im Jahr 1996 einen Weg errichten, dessen obere Begrenzung den vorgenannten Vermessungspunkt noch nicht erreichte. Der Kläger bzw sein Rechtsvorgänger nutzten zunächst bis Ende 2000 den Weg in der 1996 angelegten Form, wobei eine Benützung bei Schneelage nur mittels Ketten bzw stellenweise überhaupt nicht möglich war. Der Kläger fasste daher den Plan, den Weg durch streckenweise Aufschüttungen derart zu nivellieren, dass die Steilheit vermindert würde. Zunächst nahm er diese Anschüttungen auf seinen Grundstücken und dann auf dem Grundstück Nr 246 der beklagten Partei vor, welche sich jedoch diesem Unterfangen zunächst erfolgreich mit einer Besitzstörungsklage widersetzte. Durch die geplanten Aufschüttungen, deren Duldung der Kläger mit der vorliegenden Klage von der Beklagten begehrt, wird die Höhe des im seinerzeitigen Vertrag genannten Grenzpunktes nicht überschritten. Allerdings müssen einige Obstbäume der Beklagten entfernt bzw zugeschüttet werden.

Die beklagte Partei begehrte die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen damit, dass die seit 1996 bestehende Trasse der seinerzeit getroffenen Vereinbarung entspreche und andererseits die geplanten Aufschüttungen einer schonenden Servitutsausübung widersprächen und einen unzulässigen Eingriff in die Rechte der Beklagten darstellten.

Das Erstgericht gab dem Duldungsbegehren des Klägers Folge. Es vertrat im Wesentlichen die Rechtsauffassung, dass die vom Kläger geplante Trassenführung dem Dienstbarkeitsvertrag nicht widerspreche, sondern vielmehr notwendig sei, um dem Kläger die vertragskonforme Ausübung der Servitut zu ermöglichen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe einer Klarstellung. Es vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, dass zwischen den Streitteilen bzw ihren Rechtsvorgängern keine vom ursprünglichen Servitutsvertrag abweichende Vereinbarung zustande gekommen, insbesondere in der Trassierung des Jahres 1996 und der darauffolgenden Benützung kein Verzicht auf die vertragskonforme Herstellung des Weges gelegen sei. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil gesicherte Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei Festlegung eines Rahmens für die Servitutsausübung und anschließender Konkretisierung des Trassenverlaufs und Wegerrichtung in diesem Sinne, wodurch allerdings der Vertragszweck verfehlt worden sei, eine spätere Änderung des Wegeverlaufes im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Servitut zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Das Ausmaß der Dienstbarkeit, der Umfang der dem Inhaber zustehenden Befugnisse, richtet sich nach dem Inhalt des Titels (SZ 56/60 ua), bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist (RIS-Justiz RS0011720). Schon daraus wird deutlich, dass die Auslegung von Servitutsverträgen regelmäßig eine Frage des Einzelfalls ist. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, wonach mit der Trassierung aus dem Jahr 1996 schlüssig weder vom ursprünglichen Servitutsvertrag abgegangen werden noch eine endgültige vertragliche Festlegung der Oberkante des Weges für die Zukunft erfolgen sollte, ist als Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall jedenfalls vertretbar. Nur eine die Belastung des dienenden Gutes erheblich erschwerende Änderung der Benützungsart des herrschenden Gutes stellt eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit dar (RIS-Justiz RS0016370). Soweit das Berufungsgericht in der Aufschüttung des schon bestehenden Weges bis zu einer Höhe, welche über das seinerzeit vereinbarte Höhenniveau nicht hinausgeht, und selbst in der notwendigen Entfernung einiger Obstbäume des dienenden Grundstückes keine erhebliche Erschwerung sieht, ist auch diese Beurteilung vertretbar und somit nicht revisibel.

Die Revisionswerberin vermag keine Argumente für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels aufzuzeigen, welche über diejenigen des Berufungsgerichtes hinausgingen. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit das Berufungsgericht mit seiner Rechtsauffassung von der Rechtsprechung abgewichen wäre.

Die Revision erweist sich daher als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Stichworte