OGH 1Ob207/14v

OGH1Ob207/14v27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Suse B*****, 2. Dr. Erich B*****, 3. Dr. Martin B*****, und 4. Dr. Michael B*****, alle vertreten durch Dr. Richard Benda und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Univ.‑Prof. Dr. Karl G*****, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung des Miteigentums an einer Liegenschaft, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. September 2014, GZ 2 R 152/14m‑14, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Juli 2014, GZ 14 Cg 2/14f‑10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00207.14V.1127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte ist Mehrheitseigentümer einer Liegenschaft, deren Zivilteilung die Kläger begehren. Ohne diese damit zu befassen, vereinbarte der Beklagte mit seiner Mutter, dass sie die Liegenschaft „für Gartenarbeiten nutzen kann“. Seine nunmehr 94 Jahre alte Mutter übt dieses Nutzungsrecht „nach wie vor in einem nicht näher feststellbaren eingeschränkten Ausmaß aus“. Strittig ist im Revisionsverfahren, ob diese Vereinbarung ein Teilungshindernis im Sinn des § 830 zweiter Satz ABGB bildet.

1. Die Vorinstanzen verneinten ein solches Teilungshindernis. Das Berufungsgericht folgte der Rechtsprechungslinie, wonach obligatorische Benutzungs- und Wohnrechte kein Teilungshindernis darstellen, weil das Bestehen derartiger Rechte allein Einfluss auf die im Exekutionsverfahren festzustellenden Versteigerungs-bedingungen habe (2 Ob 53/97a; 4 Ob 202/07w; RIS‑Justiz RS0109815).

2. Der Beklagte wendet dagegen zusammengefasst ein, auch bei einem obligatorischen Nutzungsrecht sei der Einwand der Unzeit möglich, wenn ‑ wie hier ‑ die Nutzungsberechtigte nur mehr eine eingeschränkte Lebenserwartung habe und entsprechend seinem Vorbringen durch das aufrechte Nutzungsrecht eine Erlösminderung eintrete. Diese Argumente sind nicht stichhaltig.

3. Der Beklagte behauptet keine Benützungsvereinbarung oder ‑regelung mit den anderen Miteigentümern, wonach ihm die alleinige Gartennutzung der Liegenschaft zusteht.

Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung (§ 833 ABGB) sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (RIS‑Justiz RS0013573 [T3, T4, T13, T19]; Gamerith in Rummel ³ § 833 ABGB Rz 4; Sailer in KBB 4 § 833 ABGB Rz 4). Der Abschluss von Mietverträgen mit Dritten, die auch Angehörige eines Miteigentümers sein können, ist eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung (RIS‑Justiz RS0013564), sofern sie zu gewöhnlichen Bedingungen (auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen) erfolgt (RIS‑Justiz RS0013564 [T9]; Gamerith aaO Rz 5). Grundsätzlich sind der Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrunde zu legen (RIS‑Justiz RS0041383). Die ordentliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Objekts durch die Mehrheit hat auch die Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0013561; iglS RS0013573 [T3]). Ein gegen die nicht nur dem Mehrheitseigentümer, sondern auch dem daher nicht schutzwürdigen Mieter bekannten Interessen der Minderheitseigentümer verstoßender Abschluss eines Mietvertrags ist eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme (RIS‑Justiz RS0013589). Die nach diesen Kriterien vorzunehmende Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung erfolgt immer nach den Umständen des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0013564 [T11]; RS0041383 [T2]).

Der beklagte Mehrheitseigentümer gestattete seiner Mutter die Nutzung des Gartens der Liegenschaft auf unbestimmte Zeit, ohne die Kläger damit zu befassen. Die Vereinbarung eines Entgelts für die Gartennutzung behauptet er nicht. Räumt er aber, ohne dazu im Rahmen einer Benützungsvereinbarung mit den anderen Miteigentümern berechtigt zu sein, seiner Mutter unentgeltlich ein Nutzungsrecht am gesamten Garten ein, liegt eine wichtige Veränderung (§ 834 ABGB) vor, weil die getroffene Vereinbarung den Rahmen üblicher Bedingungen sprengt und auch erkennbar nicht im Interesse der klagenden Minderheitseigentümer liegt (vgl dazu RIS‑Justiz RS0013584).

Wenn aber eine wichtige Veränderung besteht und den Minderheitseigentümern das gebührende Gehör verweigert wurde, liegt kein wirksamer Beschluss der Mehrheit (des Beklagten) vor, der durchgeführt werden dürfte. Zudem widersprechen die Kläger ‑ wie ihrem Vorbringen zu entnehmen ist ‑ dieser Maßnahme. Das führt dazu, dass bis zu einer Genehmigung durch den Außerstreitrichter der Mehrheitsbeschluss nicht durchgeführt werden darf. Diese Unwirksamkeit wirkt auch gegenüber dem Dritten und macht den mit ihm geschlossenen Vertrag ungültig (3 Ob 144/08k = RIS‑Justiz RS0013692 [T7] = immolex 2008/136, 310 [zustimmend Prader ] = wobl 2008/133, 365 [krit Call ]; Sailer aaO § 834 ABGB Rz 2; Gamerith aaO § 834 ABGB Rz 7 f, jeweils mwN).

Da die Mutter des Beklagten den Garten den Klägern gegenüber titellos nutzt, liegt schon deshalb kein Teilungshindernis (nämlich die behauptete Unzeit) vor.

4. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die ohne Mitteilung im Sinn des § 508a Abs 2 erster Satz ZPO erstattete Revisionsbeantwortung der Kläger ist nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (§ 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO). Ein Kostenersatz findet daher nicht statt.

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