Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 32.263,40 (darin S 3.168,90 Umsatzsteuer und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem in Notariatsaktsform errichteten Kaufvertrag vom 23.5.1990 erwarben die am 24.12.1994 verstorbene Mutter der Klägerin und der Beklagte die prozeßverfangene Liegenschaft mit dem darauf errichteten Einfamilienhaus zu gleichen Teilen. Im Punkt 8. des genannten Notariatsaktes räumten sie sich "für den - von ihnen bedachten - Fall der neuerlichen Verehelichung" ein gegenseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB sowie ein bücherlich sicherzustellendes Vorkaufsrecht ein. Während ihr gleichteiliges Eigentumsrecht und das vereinbarte Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen wurden, unterblieb - mangels neuerlicher Eheschließung - die Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes. Der Klägerin wurde der Nachlaß nach ihrer Mutter als gesetzlicher Alleinerbin eingeantwortet. Sie erklärte dem Beklagten, die Eigentumsgemeinschaft mit ihm nicht fortsetzen zu wollen. Vorprozessuale Einigungsversuche der Parteien scheiterten an den jeweiligen Preisvorstellungen für den zu übernehmenden/bzw zu überlassenden Hälfteanteil. Außer Streit steht, daß die Liegenschaft nicht real geteilt werden kann und die Begründung von Wohnungseigentum ausscheidet.
Die Klägerin begehrte die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung und brachte vor, der Beklagte habe entgegen seinen Behauptungen kein lebenslängliches Wohnrecht am Teilungsobjekt erworben, ein allenfalls von ihrer Mutter dennoch vereinbartes Wohnrecht werde aufgekündigt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit folgendem Vorbringen: Er und die Mutter der Klägerin hätten einander die Befugnis zur unentgeltlichen Benützung der Liegenschaft, sohin ein obligatorisches Wohnrecht im Sinne des § 521 ABGB, eingeräumt, diese Verpflichtung sei auf die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin übergegangen. Da sie dieses Recht bestreite, habe er zur Klärung des Wohnrechtes eine Feststellungsklage eingebracht. Dieses Feststellungsverfahren stelle ein - vorübergehendes - Teilungshindernis dar. Im übrigen werde das Teilungsbegehren auch zur Unzeit bzw zum Nachteil des Beklagten erhoben, weil er die nicht verbücherte Dienstbarkeit des Wohnrechtes im Falle der gerichtlichen Feilbietung der Liegenschaft verlöre.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte weiters fest:
Bereits beim Einzug in das gegenständliche Haus sei zwischen dem Beklagten und der Mutter der Klägerin die neuerliche Eheschließung beabsichtigt gewesen. Konkret hätte die Eheschließung am 10.10.1994 in Venedig erfolgen sollen, der Termin sei sodann auf Frühjahr 1995 verschoben worden. Der Beklagte und die Mutter der Klägerin hätten seit dem genannten Kaufvertrag die gemeinschaftliche Liegenschaft samt Einfamilienhaus in seiner Gesamtheit gemeinsam benützt und gebraucht. Zwischen ihnen sei im Verlaufe ihres Zusammenlebens sinngemäß vereinbart worden, daß sie beide in dem gemeinsam erworbenen Haus ihren Lebensabend verbringen und dort bis an ihr Lebensende wohnen sollten und für den Fall, daß einer von ihnen vor dem anderen sterben sollte, dieser jedenfalls im Haus bleiben solle. Nach dem Tode der Mutter der Klägerin habe der Beklagte der Klägerin zunächst erklärt, aus "seelischen Gründen" nicht mehr im Haus wohnen zu können. Die Klägerin habe daraufhin vorgeschlagen, das Haus zu verkaufen. Weil der Beklagte zunächst die Verhältnisse des von ihm von der Verlassenschaft übernommenen Transportunternehmens regeln habe wollen, habe er erst im März 1995 ein Gutachten zur Ermittlung des Werts der Liegenschaft in Auftrag gegeben. Er habe nunmehr doch beabsichtigt, den Hälfteanteil der Klägerin zu erwerben. Erst anläßlich der ab Juli 1995 geführten Kaufverhandlungen habe der Kläger erstmalig erklärt, über ein ihm von der Mutter der Klägerin eingeräumtes Wohnrecht an der Gesamtliegenschaft zu verfügen. Ob dieses Wohnrecht schon während der vom Beklagten mit der Klägerin als Verlassenschaftskuratorin geführten Verhandlungen über den Kauf des Unternehmens zur Sprache gebracht worden sei, könne nicht festgestellt werden.
Mit einer am 29.2.1996 beim Landesgericht Innsbruck überreichten Klage begehrt der Beklagte gegenüber der Klägerin die Feststellung, er sei ob dem Hälfteanteil in dem auf der Liegenschaft errichteten Wohnhaus berechtigt, auf Lebzeiten unentgeltlich zu wohnen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, das dem Beklagten von der verstorbenen Mutter der Klägerin eingeräumte obligatorische Wohnrecht stelle keine dingliche Belastung dar und komme sohin als Teilungshindernis der "Unzeit" nicht in Betracht. Auch im allfälligen Verlust des Wohnrechts bei der gerichtlichen Feilbietung der Liegenschaft könne kein begründetes Teilungshindernis erblickt werden, weil es sich bei den Teilungshindernissen der Unzeit oder des Nachteils der übrigen nur um in Bälde wegfallende vorübergehende Umstände handeln dürfe und nicht um solche, die durch die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft unter allen Umständen eintreten müßten. Eine vorübergehende Obdachlosigkeit des Beklagten sei nicht behauptet worden. Auch das Belastungs- und Veräußerungsverbot oder das Vorkaufsrecht bildeten kein Teilungshindernis, ebensowenig die Klageführung auf Feststellung des unentgeltlichen Wohnrechtes, weil dadurch nicht die Stellung der Streitteile als Miteigentümer in Streit gezogen werde. Es sei allerdings nicht von einer rechtsgültig vollzogenen Auflösung des Wohnrechtes aufgrund der Kündigungserklärung der Klägerin auszugehen, weil die Auflösung nicht auf einen wichtigen Grund gestützt worden sei.
Das Gericht zweiter Instanz wies infolge Berufung des Beklagten das Teilungsbegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein obligatorisches Wohnrecht stelle grundsätzlich kein Teilungshindernis dar, sei jedoch nach der Rechtsprechung gegenüber einem Rechtsnachfolger, also auch einem Ersteher der Liegenschaft bei der gerichtlichen Feilbietung, nur wirksam, wenn dieser von der Dienstbarkeit Kenntnis gehabt hätte oder wenn diese offenkundig gewesen sei. Hingegen habe der obligatorisch Wohnberechtigte den Verlust des Wohnrechtes durch den gutgläubigen Erwerb eines Dritten bei Durchführung der Zivilteilung nicht zu befürchten, wenn der Teilungskläger das obligatorische Wohnrecht ausdrücklich anerkenne oder wenn dieses gerichtlich festgestellt sei, weil der Teilungsbeklagte in diesen Fällen im Exekutionsverfahren nach § 352 EO die Aufnahme seines Wohnrechtes in die Versteigerungsbedingungen verlangen könne. Die Klägerin habe indessen das behauptete obligatorische Wohnrecht des Beklagten bestritten, weshalb dieser die Feststellungsklage erhoben habe, die sich als - vorübergehendes - Teilungshindernis erweise. Auch die im Teilungsprozeß vom Erstgericht getroffene Feststellung eines derartigen Wohnrechtes, welche von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung bestritten werde, würde dem Beklagten im Falle der Durchsetzung der Zivilteilung nichts nützen, weil im Teilungsverfahren nicht über den Bestand oder Nichtbestand des Wohnrechtes zu entscheiden sei. Vor rechtskräftigem Abschluß des Feststellungsprozesses wäre die Teilung der gegenständlichen Liegenschaft zum Nachteil des Beklagten, weil vorher eine Aufnahme des Wohnrechts in die Versteigerungsbedingungen nicht möglich wäre.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Bedeutung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht richtig beurteilt hat; sie ist auch berechtigt:
Gemäß § 830 ABGB kann jeder Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, jedoch nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen. Unzeit ist ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender Umstand, der die Teilung zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht (SZ 47/119; JBl 1973, 465 ua; Gamerith in Rummel2 Rz 6 zu § 830 mwN). Der Nachteil der übrigen bildet ein selbständiges Teilungshindernis, kraft dessen auch subjektiv einen Teilhaber betreffende Umstände berücksichtigt werden können (MietSlg 33.056, 30.067; WoBl 1994, 67 ua). In beiden Fällen ist Voraussetzung der Anerkennung als Teilungshindernis, daß es sich um bloß vorübergehende Umstände handelt, die in Bälde wegfallen werden oder beseitigt werden können (JBl 1994, 335 uva).
Ein obligatorisches Benutzungs- oder Wohnrecht, das allein vom Beklagten eingewendet wurde, stellt grundsätzlich kein Teilungshindernis dar (MietSlg 40.043 ua). Die Behauptung eines solchen Rechtes kann aber den Teilungsprozeß schon deshalb nicht hemmen, weil dem Teilungsklagebegehren - selbst nach der Auffassung der Vorinstanz - sowohl im Falle der Feststellung, als auch (jedenfalls) im Falle der Nichtfeststellung dieses Wohnrechtes Folge zu geben ist. Das Bestehen dieses Rechtes hätte nämlich allein Einfluß auf die Gestaltung der im Exektuionsverfahren festzustellenden Versteigerungsbedingungen, weil erst dort zu entscheiden sein wird, wie sich dieses - allfällige - Recht auf den Ausrufpreis usw auswirkt.
Das Wohnrecht könnte eine die Teilung hindernde "Unzeit" im Sinn des § 830 ABGB hier nicht zur Folge haben, weil im Hinblick auf das Alter des - 1942 geborenen - Beklagten, anders als etwa im Fall der Entscheidung MietSlg 30.070, nicht damit gerechnet werden könnte, daß das Teilungshindernis in Bälde wegfiele. Es muß daher nicht erörtert werden, ob der Beklagte andernfalls überhaupt die ausschließlich ihm zuzurechnende "Unzeit" mit Erfolg einwenden könnte.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann nicht nur ein anerkanntes oder gerichtlich festgestelltes Wohnrecht in die Versteigerungsbedingungen Aufnahme finden, sondern auch ein solches "bestrittenes" Recht, wenn es im Exekutionsverfahren nachgewiesen wird. Wird es in diesem Fall in den Versteigerungsbedingungen als vom Ersteher zu übernehmende Last angeführt, so ist auch dieser daran gebunden, weshalb ein Nachteil für den wohnungsberechtigten Miteigentümer nicht entstehen kann (vgl MietSlg 33.065). Da hierüber im Exekutionsverfahren zu entscheiden ist, muß entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht das Ergebnis des Rechtsstreites abgewartet werden, den der Beklagte zur Feststellung des von ihm behaupteten Rechtes eingeleitet hat, zumal die - an sich mögliche (SZ 47/119; MietSlg 33.065 ua) - Feststellung der Versteigerungsbedingungen nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens ist.
Diese Erwägungen führen zur spruchgemäßen Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
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