Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.135 S (darin 1.522,50 S USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger war vom 1.Juli 1989 bis 21.September 1994 geschäftsführendes Vorstandmitglied einer gemeinnützigen Bauvereinigung (im folgenden nur GBV) nach den Bestimmungen des WGG. Nach § 29 Abs 1 WGG unterliegt die gesamte Geschäftsführung gemeinnütziger Bauvereinigungen der behördlichen Überwachung durch die zuständige Landesregierung als Aufsichtsbehörde. Die beklagte Landesrätin als Mitglied der Tiroler Landesregierung ist seit 5.April 1994 für die Aufsicht über die gemeinnützigen Bauvereinigungen zuständig. Vorstand der dafür zuständigen Präsidialabteilung IV ist seit 1.Juli 1994 Dr.Klaus U*****; sein Vorgänger war Dr.Josef R*****. Bereits während dessen Amtszeit kam es zu Differenzen zwischen den Organen der GBV, die seit April 1993 auch von den Medien aufgegriffen wurde. Bereits Dr.Josef R***** hatte den "Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband" um eine Stellungnahme ersucht, wobei es im wesentlichen um den Verkauf von zwei Wohnungen durch die GBV an die Ehegattin des Klägers in einem näher bezeichneten Objekt ging. Der Revisionsverband hatte dazu mitgeteilt, daß der GBV durch den Verkauf dieser beiden Wohnungen kein wirtschaftlicher Nachteil entstanden sei. Noch zwischen Dr.Josef R***** und dem Vorgänger der Beklagten als Landesrat war besprochen, daß mit einer Überprüfung auch ein privater Sachverständiger beauftragt werden könne. In den Medien war kritisiert worden, daß der Revisionsverband "einäugig" sei und nicht "alles entsprechend dem WGG" untersuche. In diesem Stadium übernahmen die Beklagte und Dr.Klaus U***** die Angelegenheit.
Am 21.Juni 1994 erteilte das Amt der Tiroler Landesregierung im Auftrag der Beklagten der T*****-GmbH den Auftrag, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob durch den Verkauf der beiden Wohnungen an die Ehegattin des Klägers "Benachteiligungen" entstanden seien und ob dabei der Grundsatz der Gemeinnützigkeit eingehalten worden sei. Weitere Zusatzaufträge erteilte die Beklagte am 7.Juli 1994. Bei der Auftragserteilung äußerte sie ausdrücklich den Wunsch, daß die Untersuchung vom geschäftsführenden Gesellschafter Mag.Dr.Richard S***** persönlich vorgenommen werde. Dieser erstattete am 26.August 1994 ein Gutachten. Nach dessen Vorliegen teilte das Amt der Tiroler Landesregierung dem Vorstand der GBV mit Schreiben vom 1.September 1994 mit, daß das Gutachten des privaten Sachverständigen folgende Mängel aufgezeigt habe:
"1) Im Untersuchungszeitraum hatte die ... (GBV) einen 4-bis 6-gliedrigen gemischten Vorstand, bestehend aus drei bis fünf ehrenamtlichen Mitgliedern und einem hauptamtlichen Mitglied, das als Geschäftsführer im Dienstverhältnis fungiert. Diese Konstruktion entspricht nicht mehr den sich aus dem in den letzten Jahren beträchtlich erweiterten Geschäftsumfang der ... (GBV) ergebenden Notwendigkeiten.
2) Bei dem als angestellter Geschäftsführer fungierenden Vorstandsmitglied ... (Kläger) liegen Tatsachen vor, die Zweifel an seiner geschäftlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen (§ 24 WGG): Der Prüfer hat festgestellt, daß sich ... (Kläger) über eindeutige Vorgaben und Beschlüsse des Vorstandes, die er auszuführen gehabt hätte, hinweggesetzt hat, seiner unbedingten Berichterstattungspflicht gegenüber dem Vorstand nicht nachgekommen ist und seine Vorstandskollegen bewußt falsch informiert hat, so etwa bei der Anführung von 34 (statt) 32 Dienstnehmerwohnungen in der Wohnanlage ... , beim Verkauf von zwei Wohnungen daraus an seine Ehefrau, bei der Kündigung und Suspendierung von ... und bei der Bestellung von ... zum technischen Leiter. Dieses Verhalten wiegt umso schwerer, als bei der unter Pkt 1) genannten Organisationsstruktur eines Kollegialvorstandes mit ehrenamtlichen Mitgliedern und einem angestellten Mitglied bei einer gleichen kollektiven Haftung die mangelnde Information oder gar die Fehlinformation der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder durch das hauptamtliche als Geschäftsführer fungierende Vorstandmitglied für jene bedeutende Nachteile bringen kann. Des weiteren hat ... (Kläger) die in seinem Dienstvertrag geforderte Schriftlichkeit von Änderungen für die kollektivvertragliche Kaufkraftanpassung nicht eingehalten. Er bezieht somit seit Jänner 1990 Gehaltsanteile, nämlich die eben genannten Anpassungen, ohne ausreichende rechtliche Grundlage. ...
Zur Abstellung dieser Mängel ordne ich nach § 29 (1) WGG an, daß so bald wie möglich, spätestens jedoch bis zum 31.Dezember 1994
1) die Satzung der ... (GBV) in dem hiefür vorgehenden rechtlich einwandfreien Verfahren so zu ändern ist, daß die Besorgung der dem Vorstand obliegenden geschäftlichen Pflichten zwei hauptamtlich angestellten Geschäftsführern zu übertragen ist, die nicht dem Vorstand angehören dürfen,
2) das als angestellter Geschäftsführer fungierende Vorstandsmitglied ... (Kläger) aus dieser Organstellung abzuberufen ist.
Auf die Bestimmungen des § 29 (3) WGG weise ich hin.
Mit freundlichen Grüßen.
Dr.U***** eh."
In einer Aussendung des Pressedienstes des Amts der Tiroler Landesregierung vom 2.September 1994 wurden diese Vorwürfe wiederholt und darauf hingewiesen, daß gemäß Anordnung der Landesregierung vom 1.September 1994 das als Geschäftsführer fungierende Vorstandsmitglied ... (Kläger) abzuberufen ist. Auch in der Pressekonferenz der Beklagten vom 2.September 1994 zum Thema Sonderprüfung der GBV erklärte die Beklagte, daß Tatsachen, die Zweifel an der geschäftlichen Zuverlässigkeit des Geschäftsführers und Vorstandsmitglieds ... (Kläger) rechtfertigen, vorlägen, und dies einen gravierenden Mangel bei der GBV darstelle. Mit Schreiben vom 7.September 1994 versandte die Beklagte eine detaillierte Zusammenfassung, in der sämtliche Untersuchungsergebnisse aus der Überprüfung der GBV enthalten waren, an alle Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der GBV und faßte dort zusammen:
"Für die Aufsichtsbehörde hat sich deutlich ergeben, daß nach den Vorschriften des WGG die Zuverlässigkeit von ... (Kläger) nicht mehr gegeben ist und deshalb seine Abberufung als Hauptgeschäftsführer und Vorstand der ... (GBV) notwendig ist. Solange ... (Kläger) Vorstand der ... (GBV) bleibt, werden die Wohnbauförderungsmittel an die ... (GBV) nicht weitergegeben werden. Sollte ... (Kläger) vom Aufsichtsrat und vom Vorstand nicht abberufen werden, wird in letzter Konsequenz der Entzug der Gemeinnützigkeit zu diskutieren sein."
Am 21.September 1994 wurde der Kläger vom Vorstand der GBV als Geschäftsführer mit dem Hinweis auf den medialen und politischen Druck, der auf sie ausgeübt worden war, abberufen. In einer Presseaussendung vom 23.September 1994 widersprach die Beklagte mit dem Hinweis, daß die Abberufung nicht aufgrund politischen Drucks, sondern deshalb erfolgt sei, weil genügend Fakten gegen den Kläger vorgelegen seien. Ihrer Meinung nach sei ein besonderer Maßstab anzuwenden, wenn es um die Verwaltung öffentlicher Gelder gehe; diese Korrektheit habe der Kläger vermissen lassen.
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Unterlassung von Äußerungen des Inhalts, in der Person des Klägers lägen Tatsachen vor, die Zweifel an seiner geschäftlichen Zuverlässigkeit rechtfertigten und nach denen er bei der Verwaltung öffentlicher Gelder die gebotene Korrektheit habe vermissen lassen, sowie den öffentlichen Widerruf dieser Äußerungen durch Einschaltung in einem Printmedium und in der Fernsehsendung "Tirol Heute". Er brachte vor, diese Behauptungen der Beklagten seien unwahr und gefährdeten seinen Kredit, seinen Erwerb und sein Fortkommen. Die Äußerungen der Beklagten hätten in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, daß der Kläger durch seine Handlungen der Allgemeinheit geschadet und damit moralisch verpönt gehandelt habe.
Die Beklagte wendete ua ein, das Schreiben des Amts der Landesregierung vom 1.September 1994 sei im Rahmen ihrer hoheitlicher Tätigkeit ergangen. Auch bei ihrer Presseaussendung und der Pressekonferenz habe die Beklagte lediglich über die von der Aufsichtsbehörde festgestellten Mängel berichtet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Beklagte hoheitlich als zuständige Landesrätin und damit als Organ iSd § 1 Abs 1 AHG gehandelt habe. Ihr Verhalten sei nicht exzessiv gewesen, sodaß sie nicht nach § 1330 ABGB in Anspruch genommen werden könne.
Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung des Klägers das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück, weil für eine unmittelbar gegen ein Organ gerichtete Klage wegen dessen hoheitlicher Tätigkeit der Rechtsweg unzulässig sei.
Der Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Nach nunmehr stRspr des erkennenden Senats (SZ 68/220; 1 Ob 50/95; SZ 69/49 ua, zuletzt 1 Ob 2406/96x; RIS-Justiz RS0087676, RS0050130; Zechner in JBl 1996, 48; Mader in Schwimann2 § 9 AHG Rz 9) sind entgegen früherer Rspr gegen das Organ aus dessen hoheitlichem Handeln gerichtete Klagen in jedem Fall zurück- und deren Begehren in keinem Fall abzuweisen. Bei der gemäß § 9 Abs 5 AHG erforderlichen Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs gegen ein Organ ist jeweils zu untersuchen, ob die klagende Partei die beklagte Partei inhaltlich aus einem Hoheitsakt in Anspruch nimmt; dabei kommt es für die prozessualen Konsequenzen der Bejahung eines solchen absoluten Prozeßhindernisses nicht darauf an, ob sich dieses bereits aus der Klageerzählung ergibt oder ob erst im Lauf des Verfahrens offenkundig wird, daß das Klagebegehren ausdrücklich auf Amtshaftung gestützt oder darauf gerade nicht gestützt wird, und ob der Anspruch in merito zu Recht besteht (1 Ob 303/97h ua). Das Gesetz hat die materiellrechtliche Norm des § 1 Abs 1 erster Satz AHG, nach der das Organ selbst dem Geschädigten nicht haftet, durch die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 9 Abs 5 AHG ergänzt. Ist eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur, so sind es nach stRspr auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen, seien sie auch bloß vorbereitender oder sonst hoheitlichen Zielsetzungen dienender Art, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen (SZ 55/17, SZ 60/156, SZ 64/85 uva, zuletzt 1 Ob 117/97f; RIS-Justiz 0049948; Mader aaO § 1 AHG Rz 27 mwN). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tätigkeit zum überwiegenden Teil dem Schutz der Allgemeinheit und damit öffentliche Interessen dient (SZ 69/188), und gilt auch bei Befugnis- oder Zuständigkeitsüberschreitung (SZ 54/171 ua, zuletzt 1 Ob 117/97f; Schragel, AHG2, Rz 118), ja sogar bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Handlungen (SZ 54/109; 1 Ob 303/97h ua; Mader aaO § 1 AHG Rz 27). Der Tätigkeitsbereich, der die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zum Gegenstand hat, ist einheitlich als hoheitlich anzusehen, selbst wenn einzelne Teile dieser Aufgabe so erfüllt werden, wie sie für sich genommen nach diesem äußeren Erscheidungsbild von jedermann vorgenommen werden könnten. Davon abzugrenzen sind Handlungen und Unterlassungen mit Schadensfolgen, die vom Organ anläßlich bzw bei Gelegenheit außerhalb seines Tätigkeitsbereichs begangen werden, etwa wenn das Organ etwas aus privater Gefälligkeit (SZ 55/82) tut. An diesen Leitgedanken ist der vorliegende Rechtsfall zu messen.
b) Hat ein Organ im Zusammenhang mit seiner hoheitlichen Tätigkeit gegenüber Dritten in Briefen und sonstigen Mitteilungen falsche Tatsachen behauptet, so besteht gegen das Organ kein privatrechtlicher Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf. Vom erkennenden Senat wurde bereits zur "Rufschädigung durch hoheitlich handelnde Organe" in den Entscheidungen 1 Ob 47/89 (SZ 63/25 = MuR 1990, 96 = ecolex 1990, 607 [Kletecka] zu verschiedenen, aufgrund von Beschwerden verfaßten Schreiben eines Bürgermeisters im Zusammenhang mit einem anhängigen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren; beklagt war das Organ), 1 Ob 2/92 (zu Äußerungen des Leiters der Bundespolizeidirektion Salzburg in einem ORF-Interview; belangt waren zwei Rechtsträger), 1 Ob 8/96 (ecolex 1996, 597 [Kletecka] zu Äußerungen des Abteilungsleiters für das Minderheitenschulwesen beim zuständigen Landesschulrat; beklagt war das Organ) ausgesprochen, auch wenn die "Rufschädigung durch hoheitlich handelnde Organe" behauptet werde, unterfielen der Unterlassungs- und der Widerrufsanspruch wegen Verbreitung kreditschädigender Tatsachen nach § 1330 ABGB den Bestimmungen des § 1 Abs 1 bzw § 9 Abs 5 AHG. In der Entscheidung 1 Ob 117/97f (Leserbrief eines Gerichtspräsidenten in einer Lokalzeitung als Reaktion auf Leserbriefe des Klägers; beklagt war das Organ) wurde an dieser Rspr festgehalten und diese Auffassung zuletzt in der Entscheidung 1 Ob 303/97h für das Sicherungsverfahren bekräftigt: Dort hatte der Beklagte als Abteilungsleiter im "Gesundheitsministerium" mit dem Aufgabenbereich der Unbedenklichkeits- und Qualitätssicherheit für Blut und Blutprodukte einen Rundbrief des "Gesundheitsministeriums" an die WHO, an Ministerien im In- und Ausland sowie an die wichtigsten österreichischen Geschäftspartner der klagenden Parteien veranlaßt, worin ua der dringende Verdacht geäußert wurde, die Produkte der (dort) klagenden Parteien, die mit Blutplasma und Plasmaprodukten handelten, seien nicht virussicher und somit gesundheitsgefährdend, es bestehe weiters der Verdacht, daß nicht für die Anwendung am Menschen bestimmte Diagnostika der klagenden Parteien als Arzneimittel für den menschlichen Gebrauch gekennzeichnet sein könnten und schließlich, die Produkte der klagenden Parteien dürften in Österreich nicht in den Verkehr gebracht werden. Die Auffassung Kleteckas (aaO, ders, Schutz gegen "hoheitliche Kreditgefährdung"? in ecolex 1993, 441 ff), habe das Organ nicht im Bereich der Hoheitsverwaltung im "engeren Sinn" gehandelt, sei die Tatsachenmitteilung nicht Teil eines hoheitlichen Akts im engeren Sinn und könne der Verletzte den Rechtsträger angesichts der Beschränkung der Amtshaftungsansprüche auf Schadenersatz in Geld nicht in Anspruch nehmen, so sei ein direkter (Unterlassungs-)Anspruch gegen das Organ mit dem AHG vereinbar, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in der Entscheidung 1 Ob 303/97h abgelehnt, weil durch derartige gerichtliche Unterlassungsgebote der verfassungsrechtlich angeordneten Gewaltentrennung (Art 94 B-VG) zuwidergehandelt werden würde. Die Rechtsmittelausführungen des Klägers bieten keinen Anlaß, sich der somit bereits abgelehnten Auffassung Kleteckas anzuschließen, der im übrigen selbst bei Vorliegen von "Hoheitsverwaltung im weiteren Sinn" nur Unterlassungs-, aber keine Widerrufsansprüche gegen das Organ für zulässig erachtet.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Unterlassungsklage gegen das Organ ist nicht daran anzuknüpfen, ob die Tatsachenmitteilung Teil eines hoheitlichen Akts im engeren Sinn ist, sondern daran, ob die Tatsachenmitteilung einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe des Organs aufweist. Besteht ein solcher Zusammenhang, so soll das Organ nach den Wertungen des § 9 Abs 5 AHG nicht in ein Prozeßrechtsverhältnis hineingezogen werden können. Eine in diesem Zusammenhang bei Unterlassungsansprüchen gegen den Rechtsträger oder das Organ bestehende allfällige Rechtsschutzlücke zum Nachteil des durch - im obigen Sinn - hoheitlich erfolgte kreditschädigende Äußerungen Betroffenen entzieht sich einer Schließung durch die Rechtsprechungsorgane (1 Ob 303/97h).
c) Der hinreichend enge und äußere Zusammenhang zwischen der von der beklagten Landesrätin auszuübenden und ausgeübten Hoheitsgewalt und dem Schreiben des Amts der Tiroler Landesregierung vom 1.September 1994, der Pressekonferenz der Beklagten vom 2.September 1994 und deren Presseaussendung vom 23.September 1994 ist an folgenden gesetzlichen Regelungen zu messen:
Gemäß Art 101 B-VG übt die Vollziehung jedes Landes eine vom Landtag zu wählende Landesregierung aus (Abs 1). Sie besteht aus dem Landeshauptmann, der erforderlichen Zahl von Stellvertretern und weiteren Mitgliedern (Abs 3). Die Landesregierung ist die höchste Verwaltungsinstanz des Landes, ihr oberstes Organ (Mayer, B-VG2, Art 101 Anm I.1.). Die Beklagte war bei Abgabe der hier inkriminierten Äußerungen als Landesrätin "weiteres Mitglied". Auf Grund einer entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelung ist der genaue Wirkungsbereich der einzelnen Mitglieder der Landesregierung in der Geschäftsordnung der Landesregierung zu bestimmen; diese ist von der Landesregierung zu erlassen und stellt eine gesetzesvertretende Verordnung dar (Mayer aaO Anm I.4.). Die Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung ist durch die Verordnung der Landesregierung vom 12.April 1994, LGBl 1994/42, geregelt. Gemäß deren § 2 Abs 2 haben die einzelnen Mitglieder der Landesregierung die ihnen zugewiesenen Angelegenheiten, sofern diese nicht nach den Abs 3 und Abs 4 eines Kollegialbeschlusses bedürfen, im Namen der Landesregierung selbständig zu besorgen. Die sich aus § 29 Abs 1 WGG ergebende Aufsichtspflicht der Landesregierung zählt nach § 2 Abs 3 Z 1 bis Z 51 und Abs 4 nicht zu den Angelegenheiten, die eines Kollegialbeschlusses bedürfen. In Tirol war im hier zu beurteilenden Zeitraum die Aufsicht über die gemeinnützigen Bauträger nach dem Anhang zur Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung der Beklagten zugewiesen. Sie war daher jenes Mitglied der Tiroler Landesregierung, das zur Ausübung des Aufsichtsrechts gemäß § 29 Abs 1 WGG über gemeinnützige Bauvereinigungen, also auch über die hier zu beurteilende GBV, deren Organ der Kläger war, berufen war. Gemäß Art 58 Abs 1 des Landesverfassungsgesetzes vom 21.September 1988 über die Verfassung des Landes Tirol (Tiroler Landesordnung 1989), LGBl 1988/61 idgF haben sich der Landeshauptmann, die Landesregierung und ihre Mitglieder, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, bei der Besorgung ihrer Aufgaben des Amts der Landesregierung zu bedienen. Damit konnte sich auch die Beklagte, etwa zur Vornahme einer Presseaussendung, des Amts der Landesregierung bedienen.
Gemäß § 29 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WohnungsgemeinnützigkeitsG - WGG), BGBl 1979/139 idgF, unterliegt die gesamte Geschäftsführung gemeinnütziger Bauvereinigungen der behördlichen Überwachung. Die Landesregierung ist berechtigt, in alle Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen, die Geschäftsgebarung und die Rechnungsabschlüsse zu überprüfen, die Abstellung von Mängeln anzuordnen und zu einzelnen Geschäftsfällen Berichte einzuholen. Gemäß § 29 Abs 2 WGG ist die Landesregierung in Ausübung ihres Aufsichtsrechts berechtigt, Prüfungen vorzunehmen; sie kann sich hiebei des Revisionsverbands bedienen oder private Sachverständige beauftragen. Nach § 29 Abs 3 WGG hat die Landesregierung die Bauvereinigung, sofern diese der Anordnung zur Abstellung von Mängeln nicht nachgekommen ist, die Behebung der festgestellten Mängeln innerhalb angemessener Frist mit Bescheid aufzutragen. Wenn die Bauvereinigung den behördlichen Auftrag nicht erfüllt hat, so ist, falls andere Zwangsmittel nicht zum Ziele führten, nach § 35 WGG (Entziehung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit Bescheid) vorzugehen. Zu beachten ist, daß "Anordnungen" keine förmlichen Rechtsakte in Form eines Bescheids, jedoch einem förmlichen Rechtsakt gleichzuhalten sind, weil das WGG für die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts ausdrücklich auch formfreie Akte vorsieht (vgl dazu Korinek, Möglichkeiten und Grenzen wirtschaftsaufsichtsrechtlicher Sanktionen über gemeinnützige Wohnungsunternehmungen in WBl 1987, 290 ff, 292). Die Anordnung der Abstellung von Mängeln hat zunächst formlos zu erfolgen. Sofern die Bauvereinigung derartigen formlosen Anordnungen nicht nachkommt, hat die Landesregierung in einem Verwaltungsverfahren festzustellen, ob der Mangel tatsächlich besteht und bejahendenfalls der Bauvereinigung mit Bescheid aufzutragen, den festgestellten Mangel innerhalb angemessener Frist abzustellen. Erst wenn die Bauvereinigung diesem formellen Antrag nicht nachkommt, können Zwangsmittel eingesetzt werden. Führen Zwangsmittel nach dem VVG nicht zum Ziel, so kann ein Verfahren zum Entzug der Gemeinnützigkeit eingeleitet werden (Korinek aaO 292 f mwN in FN 25 ff). Mit der Erlassung eines Bescheids nach § 29 Abs 3 WGG kann die Verwaltungsbehörde nach der eindeutigen gesetzlichen Textierung nur dann vorzugehen, wenn eine gemeinnützige Bauvereinigung einer Anordnung zur Mängelabstellung nicht nachgekommen ist (VwGH WoBl 1990/14, 25). Ein Rechtsträger wird hoheitlich tätig, wenn er zur Erreichung von Verwaltungszielen Hoheitsakte setzt, wenn der Rechtsträger dem Staatsbürger also mit Befehl- und Zwangsgewalt ausgestattet gegenübertritt (Mader aaO Rz 26). Im vorliegenden Fall war die Einholung eines Privatgutachtens durch § 29 Abs 2 WGG determinierter Hoheitsakt, ebenso ist es die durch das Amt der Landesregierung ausgesprochene Aufforderung zur Behebung von Mängeln, weil das WGG insoweit, wie bereits oben dargestellt, eben ein mehrstufiges Verfahren vorsieht. Die Beklagte war als nach der Geschäftsordnung der Landesregierung - als Behörde der staatlichen Wirtschaftsaufsicht - zuständige Landesrätin berechtigt, gegenüber der GBV die Abstellung von Mängeln anzuordnen. Solche Mängel können grundsätzlich auch im Verhalten des Vorstands oder einzelner Vorstandsmitglieder einer gemeinnützigen Bauvereinigung liegen, sodaß die sich aus § 29 Abs 1 WGG ergebende Befugnis, die Abstellung von Mängeln anzuordnen, auch Anordnungen in bezug auf den gesamten Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder umfassen kann, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte. Deshalb ist jedenfalls die - erkennbar im Auftrag der hiefür zuständigen Beklagten - erlassene Anordnung iSd § 29 WGG vom 1.September 1994 hoheitliches Handeln.
Im vorliegenden Fall standen somit sowohl die Presseaussendungen als auch die Pressekonferenz der Beklagten im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anordnung des Amts der Tiroler Landesregierung vom 1.September 1994 und damit in ausreichend engem Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe, wurde doch damit hoheitliches Handeln der interessierten Öffentlichkeit erkennbar deshalb zur Kenntnis gebracht, weil über die GBV bereits früher in den Medien berichtet worden war. Daran ändert auch nichts, daß Presseaussendung und Pressekonferenz nicht zu den abgestuften Maßnahmen des § 29 WGG zählen, weil eben selbst im Extremfall das Organ - was hier keinesfalls zutrifft - sein Amt mißbraucht (1 Ob 117/97f ua; RIS-Justiz RS0103735), Amtshaftung eintritt. Demnach müssen aber die inkriminierten Äußerungen der Beklagten als in unmittelbarem ausreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit ihrem hoheitlichen Handeln selbst beurteilt werden.
Das vom Kläger erhobene Unterlassungs- und Widerrufsbegehren wurde von der zweiten Instanz zutreffend gemäß § 1 Abs 1 zweiter Satz und § 9 Abs 5 AHG wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen. Die vom Kläger massiv bestrittene Vertretbarkeit des Handelns der Beklagten iSd § 1 AHG im Sinn rechtlicher und nicht bloß politischer Verantwortlichkeit des Rechtsträgers ist hier nicht zu prüfen, weil keine auf Schadenersatz gerichtete Klage gegen den Rechtsträger zu beurteilen ist.
Dem Rekurs kann kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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